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Wo

manchmal selbst ein lächelndes Behagen abzwang, hieß: Es Das ließe sich freilich vermeiden, daß man fo Teichthin giebt eine ausgleichende Gerechtigkeit, nicht erst im Jenseits, über das Wollen eines Künstlers bon Rang aburtheile. die Leutnantswürde so heilig ist, daß die ganze Rechte in unruhe­schon hienieden.

Bas immer ihm zustieß, er trug's leicht in diesem Glauben. bollen Lärm ausbricht, wenn sie angetastet wird, sollte man auch mit der Künstlerwürde etwas vorsichtiger umgehen. Man braucht Unter diesem Gesichtspunkte gewann sein Leben Ziel und Be- nicht gleich dasselbe Maß von Schonung für die Künstler zu be­deutung. Ihm war viel abgebrochen worden in jedem Beanspruchen. Das wäre vielleicht eine lieberhebung. Aber zur Ehre tracht, damit ihm viel erstattet werden könne. So freute er des deutschen Namens trägt auch eine angesehene Künstlerschaft etwas sich denn selbst mit mancher Entbehrung, die er sonst unwillig bei. Im Augenblick läßt sich das im fernen Spanien beobachten. ertragen hätte. Geruhig schrieb er sie bei seinem Gott auf's Ein braver deutscher Kapellmeister mit Namen Zumpe wird in hat dort das Ver­Kerbholz, von dessen lebendigem Walten er fest überzeugt, der ihm Madrid fast enthusiastisch gefeiert; er reich und stark genug war, um zu zahlen. Warum hatte er ständniß für Richard Wagner's Kunstweise erschlossen. Man das am Ende gleichfalls die Arbeit eines Pioniers ihn sonst nicht verkommen und ganz zu Grunde gehen lassen? fann das Und daß er wußte, welcher Beschaffenheit dieses Entgelt fein nennen. er weiß, ob in Madrid nur ein paar Menschen den ganzen überquellenden Sitteneifer, wie er in unserem Parlament müsse, das war ihm ein deutliches Zeichen dafür, es sei ihm fich offenbart, verfolgen; und um einen simpeln deutschen noch aufgespart. Oder war er nicht ein hübscher Mensch? Er Musikanten drängt man sich in Madrid . So find die Werthe alle war groß, bon ansehnlicher, blondbärtiger Erscheinung und relativ. bestem Rufe. Warum sollte ihn nicht eines der reichen Bauern­mädchen, die er in der Schule hatte, warum nicht vielleicht selbst eine Erbtochter ins Herz schließen und aus dem Banne der kleinlichen Armuth erlösen, die ihn so sehr be­

drückte?

mod that bon rondo Fortsetzung folgt.) do and some ti si nalibong

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Es ist flar, daß Franz Stud nicht aus frivoler Absicht dem Reichstag eine Schmiererei" hatte anhangen wollen. Wer über seine Malerei Jagd nach dem Glück" derart abspricht, der hat eben weder die künstlerische Individualität Stud's, noch die neugewonnene Luft an dekorativer Wirkung in Deutschland mit aufmerksamem Sinn tennnen gelernt. Franz Stuck gehört zu jenen eigenthümlichen Er­scheimmgen unserer Tage, die direkt aus bäuerlicher Umgebung in pasteine grundverschiedene, nervös erregte, meinetwegen fogar hyper­flabbraffinirte Gesellschaft gerathen. Als Kind auf einem bayerischen Sonntagsplauderet. Dorfe emporgewachsen, hat er sich heute in München ein Haus Holdnach rein persönlichem Kunstgeschmad erbauen lassen. Er möchte zum Kunstwerk umgestalten, wie Nicht immer waren unsere Künstler so tapfer, wie gerade jetzt sich sein ganzes Leben der ein lugus- und tulturverwöhnter Nachkomme in München , wo sie eine Stundgebung gegen den armen Dr. Lieber jemand, ist, nicht wie jemand, der unmittelbar erst seine bäuerliche und seine parlamentarischen Helfer planen. Das muß man jagen. Bergangenheit verlaffen hat. In seiner Physiognomie selbst ist ein Woher denn plötzlich die laute Luft, wider die parlamentarische Kunst- Stück dieser Lebensgeschichte zu lesen; mit dem derben, festen auffassung zu demonstriren? Es sind schon andere Kunsturtheile ergangen; sie tamen von Grundcharakter des Kopfes vermengten sich die anerworbenen fenfitiv­ftaatlich autorisirten Stellen und konnten unmittelbaren Einfluß auf nervösen Züge.fundmist Ind 19 Gint Dieser Mann hat mit heftigem Temperament phantastisch- dekorative Die Kunstpflege üben. Sie waren von Voraussetzungen ausgegangen, Motive ersonnen. In erster Linie ist er auf dekorativ- malerische über die man nach dem heutigen Stand kulturgeschichtlicher Erkenntniß wirkung bedacht. Dabei bevorzugt er das Düstere und das Backende. nicht mehr debattirt. Sie verlangten Mägdedienste von der Kunst; Er kann sich leicht verhauen, übergeistreich werden und ins und die Künstlerschaft hörte derlei gelassen an und lächelte vielleicht insgeheim. Deffentlich darf man es ja mit Leuten in Amt und Bizarre gerathen. Es faun ihm ebenso durch sein heißblütiges insgeheim. Deffentlich darf man es ja mit Leuten in Amt und fünstlerisches Temperament ein fühner Treffer gelingen, wie fein Ist denn alle Welt so reizbar geworden? Und muß man dem großes Bild vom Krieg, das in feiner Art ein Zeitdokument ist. pathetisch selbstgerechten Dr. Lieber mit gleichen Mitteln begegnen? Hier reicht das Dekorativ- Malerische an monumentale Wirkung. Vor Man denke nur im Allgemeinen an den Entrüstungseifer im Bar- Oeffentlichkeit tam. Sein Eindruck ist mir treu geblieben. Die Ge­mehreren Jahren sah ich in München das Gemälde, als es an die Lament und man wird gerade über das Vorwalten der ver- ftalt des Krieges tommt groß einher, unbewegt und un­feinerten geistigen Elemente nicht sich beklagen dürfen. Wie fitten- betweglich, nicht leidenschaftlich erhitzt, sondern mitleidslos, in falter stramm und ehrpuffelig wird da über Religion, Familie und Ehe Furchtbarkeit, wie eine Verkörperung neuzeitigen Kriegswesens. Das gesprochen, und manche Rede kann man vernehmen, die einer Bild ist in der Neuen Pinakothek zu sehen.

Würde nicht verderben.

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Kapuzinade zum Verwechseln ähnlich ist. Da trifft Irgendwer den Man kann nun über die Malerei, die für den Reichstag bestimmt falbungsvollen Bastorenton, der in seiner Sünden Maienblüthe" ist, verschiedener Meinung sein. Die Arbeit Stud's fann man jedoch gleichfalls mit federer Freiheit buhlte. Als Parlamentssprecher fühlt nur im Verhältniß zur Entwickelung des dekorativen Stils betrachten. folcher Mann den Beruf in sich, zu verleugnen, was er von reiferer will man eine gemalte Anekdote, in der der Vorgang aber ja hübsch Geistestultur erobert hat, und ein Poltron zu werden, wenn er zum platt deutlich sich auspräge, oder will man eine allegorische Dar­Fenster hinaus ans Volt fich wendet. Bo folche Mittel für Lente gelten, die sich andererseits im ftellung parlamentarischen Getriebes, sei es im pathetischen, sei es im humoristischen Sinn der Maler könnte ja einen niedlichen Führerglanze sonnen, da sollte man nicht so naib jedes Wort ge- Suhhandel versinnbildlichen- so wird man freilich mit dem Bilde wichtig nehmen. Lieber hat sich seinen Schönbart gestrichen und in Stud's nichts anfangen können. Aber nur wenn man nicht mit felbstgefälliger Laune ein bischen gezetert. Ist damit irgendwas unbefangenem Auge fieht, sondern auf ein gwedmäßigkeitsprinzip wider eine neue Kunstentwickelung gefündigt worden? Die lie- schwört, fann man zu einem Urtheil tommen, wie es Herr Dr. Lieber genden Blätter" haben gewiß ein großes Publikum von Behaglichen, an das sie sich wenden; wie oft haben sie sich in ihrer poffirlichen gefällt hat. Er will sich eben sein Theil denken und seine besondere Weise über die Modernen luftig gemacht. Sie mußten ja parlamentarische Erbaulichkeit haben. Er will ihren vielen braven Leuten einen willkommenen Spaß machen. malerischen Entwurf nicht auf sich wirken lassen. Das freie Darum ist Niemand gehemmt worden, der im neuen Kunstschaffen phantastische Spiel ist ihm zuwider. Ja, er kann sich seine malerische Wirkung nicht einmal vorstellen. nicht blos ein Mitläufer und Manteldreher, sondern eine selbständige Bersönlichkeit war.

Als der Schreiber dieser Zeilen zu Böcklin's siebzigstem Geburts­tag in Meyer's Konversationslexikon nachschlug, um über einige äußere Lebensumstände des Malers sich zu informiren, da stieß er plötzlich auf den verblüffenden Say: Mit der Farbengebung" Böcklin's stände es nur so, so!" Es war ein älterer Jahrgang Meyer's, in dem das zu lesen war. In einer neueren Ausgabe Meyer's war bom prächtigen Farbenzauberer" Böcklin die Rede. So fann Jemand in zehn Jahren zu einem Bauberer avanciren und das in einem Konversations: feriton, einem Wert, das im Allgemeinen von Fachleuten und mit fritischer Vorsicht bearbeitet wird.

Daran sei hier wieder erinnert. Will man munmehr eine par­lamentarische Aeußerung so gar empfindsam auffaffen?

Ein Einzelner und ein einzelnes Kunstwerk ist im Reichstag be sprochen worden. Franz Stud allein mag empfindlich sein. Ueber die tunstkritischen Aeußerungen Lieber's wird er sich leicht hinweg­setzen. Er wird mit Frizz Reuter denken: Wer't mag, de mag't! Etwas Anderes ist es, wenn sein künstlerischer Ernst angegriffen wird und wenn Dr. Lieber wie ein Neunmal- Schlauer ausrief: Hohne­piepeln lassen wir uns nicht!" Niemand trat gegen diesen Vorwurf, der einen angesehenen Künstler trifft, einen Mann also, der mit jeder

den dekorativ

Bielleicht verlangt man auch Unmögliches vom Maler, wie man auch faft Unmögliches vom Baumeister des Reichstages erwartet hatte. Jm höchsten Wortsinn ist die Gegenwart nicht schöpferisch. Wir stehen nicht auf gefestigtem Wirthschafts- und Kulturboden; und von der Kunst verlangen wir einen neu- vollendeten Stil? Manche meinen, es sei dem Baumeister Wallot der ungeheure Wurf gelungen; er habe einen neuen Profanstil, wie ein Zauberer geschaffen. Aber das ist gar zu wohlwollende Anhängerschaft. Herenmeisterliches darf man nicht erwarten; gewiß nicht von einem Einzelnen, ohne Vor­Läufer. Die neue Kunstform für das neue Parlamentswesen ist nirgends noch entstanden; also hat auch die innere Ausschmückung Beredsamkeit oder ähnliches fönnen von guten Menschen gewiß auf der Parlamentsgebäude nichts Originales. Frostige Allegorien der Bestellung gemalt werden. Ob damit mehr gewonnen wäre, als mit einem frei- phantastischen Entwurf, der auf dekorative Wirkung abzielt?- Alpha.

od diar

plus 14012

Kleines Feuilleton.

-0- Alte Bekanntschaft.( Nachdruck verboten.) In bas neuen Arbeit seinen ernst errungenen Namen zu behaupten hat, energisch lärmende Getriebe ebe des Alltags klang das dumpfe Getöse der Kirchen­auf. Von parlamentarischen Debatten wird man, wie die Sachen glocken. Alle, die den Glockenrufen folgten, mußten sich durch das Tiegen, teine fünstlerischen oder großgeiftigen Anregungen erwarten. Alltagsgewirre drängen und beim Straßenüberschreiten warten, bis Sie find Interessentämpfen und Nüglichkeitsbedürfnissen. dienstbar. die Geschäftswagen vorüber waren. Sie zogen meist familiemveise