Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 75.
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Komm'!"
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dis end
Sonntag, den 16. April.
( Nachdruck verboten.)
Er hatte schon hinter dem Kassierer den Eingang zum Bureau verschlossen; in zwei Säßen war er bei ihr.
,, Und Celanie?" frug er.
,, Dentst Du Dir denn, daß ich durch Celanie unser Stelldichein verhindern lassen werde? Sei ganz ruhig, sie wird uns weder heute noch morgen stören: Du kannst ohne Furcht mit in den Salon kommen."
" Hast Du sie etwa umgebracht?" frug er lachend und führte sie, indem er sie mit den Armen umschlungen hielt, nach dem Salon.
Wenn es nur dieses Mittel gäbe, um uns zu sehen, so sei überzeugt, daß ich nicht geschwankt haben würde; aber ich hatte nicht nötig, zum äußersten zu greifen, ich habe sie einfach zu ihrer franken Mutter geschickt, von wo sie erst morgen abend wieder eintreffen wird. Wir haben also den heutigen und den morgigen Tag für uns."
,, Und wie wird es später sein? Hast Du einen Ausweg gefunden?"
,, Wir werden darauf zurückkommen; hast Du mir nichts vorher zu sagen?"
Seit Freitag habe ich in Todesangst gelebt, oder vielmehr nicht gelebt."
„ Das ist hübsch, so etwas höre ich gern von Dir." " Ich habe wirklich erst dann gefühlt, wie sehr ich Dich liebte, als ich an die Möglichkeit einer Trennung denten mußte. Ich fühlte eine Zerreißung, Vernichtung, den Tod in mir, eine Wut gegen mich selbst und gegen einen anderen erfaßte mich, da ich mich dem gegenüber, was uns bevorsteht, ohnmächtig weiß."
Oh, mein Vielgeliebter! Dies alles habe auch ich in den letzten vier Tagen empfunden, denn erst heute morgen bin ich, nachdem ich tausend Kombinationen, die einen immer gefährlicher als die anderen, erwogen, angenommen und wieder verworfen hatte, zu einem Entschluß gekommen, und ich hoffe, daß wir dadurch noch ungezwungener als vor dem elektrischen Verschluß miteinander verkehren können.
,, Und das ist?"
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werde, und wir werden ebenso sicher wie in Deinem Zimmer sein. Verstanden?"
"
Wer fönnte Dir widerstehen?"
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Also küsse Deine Dienerin, mein sanfter Herr, ich hoffe, daß sie es wohl verdient hat."
XI. bang om
Am anderen Morgen fuhren, Courteheuse und Fauchon wieder zeitig nach Sotteville ab, und Boulnois verließ ein wenig vor elf Uhr das Bureau, um frühstücken zu gehen. La Vaupalière schloß schnell das Bureau ab und trat in das Kabinett des Herrn ein.
Zu seinem großen Erstaunen fand er die Erwartete nicht vor; er pochte also leise an die Thür des Salons, die geschlossen war; auf das gerufene Herein"! flinkte er die Thür auf und bemerkte Madame Courteheuse am Kamin sizend; über ihr schwarzes Kleid hatte sie heute ein weißes Spigen fichu geworfen und sich mit einer Rose geschmückt.
Treten Sie doch näher, lieber Herr, das Frühstück ist
bereit."
Er blickte sie mit einer so bestürzten Miene an, daß sie in ein lautes Gelächter ausbrach:
Du hast wohl keine Lust mit mir allein zu essen? Du willst...">
,, Mit Dir essen, Dich sehen, mich neben Dich setzen; führe mich in das Eßzimmer ,, es ist schon gedeckt."
" 1
Wie Mann und Frau," sagte sie, nachdem sie sich nebeneinander gejezt hatten.
Bist Du denn auch sicher?
Vor nichts. obgleich alle Vorsichtsmaßregeln getroffen find: die Thüren verschlossen, die Vorhänge niedergelassen; aber dies sichert uns nicht davor, daß irgend ein Klient uns stören könnte. Was würde man denn Gutes im Leben haben, wenn man nichts riskieren wollte? Genießen wir die Gegenwart und forgen wir uns nicht über die Zukunft ab! Was sagst Du zu meinem Menu? Es war eine Freude für mich, dieses Essen vorzubereiten."
Das Memt war reichlich: Nadieschen mit Butter; Forelle in Del, Schinken von Reims , Huhn in Gelée, Salat, Crente und Obst.
Wie schade, daß es nichts Warmes zu essen giebt; dics würde Dich vielleicht auftauen."
" Ich versichere Dich, daß ich nicht eingefroren, sondern „ Ein Schlafmittel, gleichviel welches, Laudanum, Mor-! nur von dem Strudel, in den Du mich reißest, betäubt bin." phium."
" Ich werde ihm dieses Schlafmittel an dem Tage, an welchem wir uns sehen wollen, beibringen", fuhr sie fort und sein Schlaf wird so fest sein, daß ich an das Läntwerk gelangen und den Hebel aufhalten oder niederlassen kann, ohne daß er es merkt. Was sagst Du dazu?"
Da er die Antwort schuldig blieb, frug sie von neuem: Weißt Du ein anderes Mittel?"
Nein, aber ich finde das gefährlich. Und, wenn ungeachtet des Schlafmittels Dein Viann in dem Augenblick auf wachen würde, wo Du die Hand am Läutwerk hättest? Benit Du in dem dunklen Zimmer ein Möbel umwürfest..."
Also erzähle mir bei dem Essen, ob Dein Freund Dir Opium gegeben hat."
mit
"
Weder Opium noch Morphium."
" Ist denn Dein Hospitalpharmaceut ein Esel?" rief sie zorniger Geberde aus.
"
Er wird in drei Monaten Doktor sein; aber er verweigerte mir Opium, weil er mir ein Aequivalent oder vielmehr etwas noch Besseres vorschlug. Er hat mich zuerst ein förmliches medizinisches Verhör bestehen lassen und schließlich, nachdem er mich noch nach allen Seiten hin untersucht hatte, gab er mir Chloral, das für meinen Zustand am besten passen würde. Da ich aber von einem Kameraden wußte, " Vor allem wird das Zimmer nicht dunkel sein, ich würde daß dieses Medikament einen starken Aethergeruch und einen immer ein Nachtlicht brennen lassen... um die Diebe zu beißenden Geschmack hat, so hättest Du doch Deinem entfernen. Sodann, wenn er trotz des Betäubungsmittels Mann dieselbe nicht beibringen können. Ich sagte ihm aufwachte, so würde ich darum nicht auf frischer That ertappt daher, dieses Mittel vertrüge ich nicht, und er gab mir sein, weil ich von heute ab Schlafwandlerin sein werde: dafür Sulfonal. Dieses letzte Meisterstück der Chemie ist gehen diese nicht des Nachts überall herum, ohne zu wissen, was sie thun?" " Ich bewundere Dich wirklich; nichts bringt Dich außer Fassung; für alle Schwierigkeiten weißt Du außerordentliche Auswege."
Das ist die Eigenschaft derer, die lieben; nicht der Glaube ist es, der Berge versetzt, es ist die Liebe, und ich liebe Dich. Du mußt aber Deinerseits auch etwas thun. Du hast einen Freund in Ronen , der Apotheker ist."
" Ja, manville."
" Nun, suche ihn heute abend auf, beklage Dich über Schlaflosigkeit, bitte ihn um ein Mittel dagegen, Opium, Morphiunt, was Dich schlafen macht, und von morgen an werden wir nachts nicht im Pavillon, sondern im Salon gufammenkommen, dessen Thür nach dem Hofe ich Dir öffnen!
eine Zusammenstellung von Aethylmercaptan und Aceton oder irgend so etwas; jedenfalls verschafft es einen tiefen und schweren Schlaf. Von diesen weißen kristallförmigen Störperchen, die sich nur in Alkohol auflösen und weder Geschyniack noch Geruch haben, soll man die Dosis von einem Gramm bei den Mahlzeiten zwischen etwas Brot und Konfitüren nehmen."
"
Das ist aber doch nicht, unser Fall."
" Das konnte ich aber Ymanville; nicht antworten. Wenn Du Dich übrigens dennoch entschließest, jenes Schlafmittel anzuwenden, so bin ich sicher, daß Du mit Deinem erfindungsreichen Geiste einen Weg finden wirst, diese Schwierigkeit zu umgehen."
,, Und warum sollte ich es denn nicht anwenden?" Weil es, wenn man es mißbraucht, zu einer Art von