-
310
war, glaubte aber, er habe den Notar vielleicht in der Hite der Debatte mit irgend einem Wort verlegt, und zeigte sich nun noch fanfter und freundlicher als gewöhnlich, um sein vermeintliches Vergehen wieder gut zu machen. Auf einmal unterbrach ihn Courteheuse mit der Frage:
,, Wirkt Ihr Liqueur auch gegen den Schlaf?" „ Ausgezeichnet, wenn derselbe die Folge einer langsamen Berdauung ist."
,, Also werden wir an der Wirkung des Mittels die Urfache meiner Schlafsucht erkennen."
Sie versuchte ihn von diesem Thema abzulenten, aber er hörte nicht auf sie, sondern fuhr fort, zum Apotheker gewandt:
-
-
werden, stehen wir wieder vor der alten Zwangslage, über eine mit aller modernen Verwickelung aufgebaute Leistung auf einmal Hören hin urteilen zu müssen. Keine Vorlage der Partitur oder wenigstens des Klavierauszuges, die ein erstes Bild geben und die Aufmertjam keit des Hörers auf besonders Wichtiges lenken kann; keine General probe, die den Kritiker erst mit dem Ganzen vertraut macht, auf daß sein zweites Hören nun auch den Einzelheiten näher komme- eine an anderen Orten längst übliche Einrichtung! Soweit wir nun über das völlig neu Gehörte urteilen können, handelt es sich um eine ausgezeichnete, höchst reichhaltige Mufit, die bedauern läßt, daß man ihr nicht gleich in alle Feinheiten nachspüren kann, und daß sie schließlich doch einer Oper vom ältesten Opernelende dient. Sie ist ausgesprochen instrumental angelegt; der Gesang spielt in der Regel mehr nur die Rolle einer so und so vielten Orchesterstimme, bewegt sich mit Vorliebe auf und nahe an der Dominante der erhebt sich aber in dent glutvollen Schluß auch darüber hinaus. Er jeweiligen Tonleiter, und der Sprung in die Quinte ist ein charak
Denken Sie sich mur, ein oder zweimal wöchentlich werde ich von einem unüberwindlichen Schlaf ergriffen." ,, Unüberwindlich ist etivas übertrieben," fuhr sie da- teristisches Requisit in der vorliegenden Musit. Andererseits fährt
zwischen.
" Oh, durchaus nicht; es ist mir kaum möglich, ins Bett zu kommen, und sobald ich liege, versinke ich in einen wahren Todesschlummer."
Diese Behauptung schien ihr gefährlich; sie glaubte ihr daher widersprechen zu müssen.
,, Du bildest Dir das ein," sagte fie, aber in Wirklichkeit atmest Du vollkommen ruhig wie ein Kind."
,, Das ist ein günstiges Zeichen", antwortete Zurlure, und giebt den Beweis sowohl einer guten Gesundheit als eines guten Gewissens."
( Fortsetzung folgt.)
Mufitdrama in vier Aften und sieben Bildern von Louis Tiercelin und Lionel Bonnemère . Deutsch von A. Brunnemann. Musik von Fernand Le Borne .
( Bum erstenmal aufgeführt im Berliner Opernhause am 18. April 1899.)
Abermals eine geheimnisvolle Musikfommandierung in unferer Oper Wenigstens will ein Pariser Blatt darüber Näheres wissen und erzählt auch Gewichtiges über teure Ausstattung. Noch mehr: eine franzöfifche Komposition erlebt ihre überhaupt erste Aufführung in Berlin , die Franzosen scheinen damit zufrieden zu sein, und die Berliner Kunstgesellschaft hat seit einiger Zeit den Komponisten bei sich.
der Gesang gern aus feiner eintönig engen Bewegung plöglich aufschreiartig hinauf in hohe und höchste Lagen; dann giebt es ein leidenschaftliches Aufbäumen der Singstimmen gleichsam unter der Wucht der Orchesterpeitsche, und wehe dem Sänger, der da nicht ein lebermensch oder ein leberinstrument ist, um sich noch zu halten oder verständlich zu machen!
Ueberhaupt lebt eine Leidenschaftlichkeit und eine Effekthige in dem ganzen Werk, wie nicht bald in einem. Allerdings ist es nicht die Erregtheit der Werke Wagners mit dem sorgfamen Beschränken auf das Motivierte, sondern vielmehr die italienische und französische Anspannung der finnlichen Eindrücke. Was da an Fanfaren und dumpfen Jnstrumentalgewühl, an Mondlicht und an Dekorationen, an Aufzügen, au Chören vorn und rückwärts, an Kirchlichkeit und Orgelspiel geleistet wird, das könnte überwältigend wirken, wenn verständlich würde, weswegen, namentlich um welcher Charaktergrößen willen das alles da ist.
-
Le Borne schreibt natürlich keine Nummern; und doch tritt der hohe Wert seiner Musik gerade in einzelnen Stellen besonders glänzend hervor. Außer jenem letzten Finale kommt hier vor allem be zeichnenderweise der wortlose finfonische Prolog" in Betracht. Dann ein finniges Vorspiel zum zweiten Aufzug, eine köstliche Bettlerscene, ein Zigeunertanz, ein symbolistisches Lied der kleinen, natürlich aus Eifersucht und selbstlosester Liebe zusammengefeßten Zigeunerin, der zur Seite ein noch selbstloserer Zigeuner seines Amtes waltet als einer, der sich alles gefallen lassen muß, und an allem höchst unschuldig ist.
Die Aufführung, die trotz störender Striche beträchtlich lang dauerte, stand zunächst unter dem Druck des Umstandes, daß an diesen schwierigen und gesanglich, wenngleich nicht mimisch uns Bon Aimé Ambroise Simon Leborne , 1797-1866, berichtet die dankbaren Rollen auch allergrößte Sänger sich erschöpfen können. Mufitchronit, daß er in Paris ein renommierter Theorielehrer war Bei dem, was unserer Oper an Personal zu Gebote stand, und tomische Opern tomponierte. Ob Fernand Le Borne durfte man froh sein, daß das viele Zittern und Kreischen der bon ihm abstammt, wissen wir nicht; seine künstlerische Stimmen und die Ungewißheit, ob man nicht schon vor einem Reißen Abstammung geht anscheinend besonders auf César Frand( 1822-1890) des Zusammenklanges stand, nicht ärger war. Aber unsere Sänger zurüd, den lange zurückgesetzten, jett in Frankreich als Schöpfer thaten ihr Bestes. Vielleicht die anerkennenswerteste Leistung oder einer neuen mufifalischen Epoche gerühmten Komponisten eigenartiger wenigstens die hervorstechendste bot Frl. Rothauser finfonischer Werte, die nun auch bei uns allmählich häufiger zu Bigeunerin; doch auch Frl. Destinn als die hin und her ges hören find. F. Le Borne scheint in Frankreich , auch abgesehen von zerrte Braut Alienor und Herr Kraus als Mudarra , letzterer feiner Thätigkeit als Kritifer, viel gespielt zu werden, in Deutsch freilich mit etwas unschöner Vokalisierung, land jedoch nur erst durch eine Sinfonie eingeführt zu sein, die aller verfügbaren Kraft. Von der traumhaften Phantastik, die bor 15 Jahren in einem der Bilje- Konzerte tam. das ganze Stück durchzicht, war sowohl in der puppenhaften Eingangs- Pantomime als auch in den Pfadweiser- Bewegungen der Solisten und Choristen kaum etwas zu spüren.
"
and
als
arbeiteten mit
Kleines Feuilleton.
=
SZ.
Bor fast hundert Jahren wurde in Berlin eine große Oper Mudarra" von dem Kapellmeister des damaligen Nationaltheaters", Bernhard Anselm Weber ( 1766-1821), aufgeführt; eine andere R. Strauß dirigierte die feinem eigenen Geist verwandte gleichbetitelte Oper von Vincenzo Battista war vor fünfzig Jahren Komposition. Dem verhältnismäßig geringen, beim Erscheinen der in Neapel zu hören. Wahrscheinlich handelt es sich um ein älteres Sänger demonstrativ gesteigerten Beifall gab der Komponist, dem Sujet, das nun wohl auch dem neuen Mudarra", einer man den bescheidenen Fachmann ansehen konnte, mehrmals Folge. großen Oper in vier Aufzügen, zu Grunde liegen dürfte. Den Regie- und Dekorationstünsten der Herren Tezlaff und Der Titelheld ist ein maurischer Ritter. Ein sinfonischer Prolog" Brandt wäre eine ausdrückliche Ehrung recht sehr zu gönnen gepantomimischen Inhalte zeigt ihn uns in seinem Harem. Die verwesen.führerischen Frauen erweden in ihm das Gefühl, daß hier keine wahre Liebe sei. Die Liebe wohnt in einem anderen Lande, wo das Herz erwacht, wenn die Sinne noch schweigen, wo die Frau, frei in ihrer Wahl, geworben werden will." So fährt denn der Ritter nach- Ueber Beethovens letzte Augenblicke erzählte Anselm diesem erträumten Land. Hüttenbrenner, der selbst bei dem Tode des Meisters zugegen war, Das Ganze ist demnach eigenartig und verheißungsvoll an- dem jüngst verstorbenen Beethoven Biographen A. W. Thayer gelegt. Verse von Alfred de Musset , mit der Endzeile:„ Es sahn folgendes: Jm Winter 1826-27 schrieben Hüttenbrenner seine ihr alle gleich, doch nie war es die Eine!" find als Motto vorgesetzt. Freunde von Wien , daß, wenn er wünsche, Beethoven noch lebend Der von zwei Franzosen gedichtete und von A. Brunnemann zu sehen, er schnell von Graz hierher kommen müsse. Er eilte nach ( wahrscheinlich Frl. Anna Elisabeth Br. in Meißen ) verdeutschte Wien und kam einige Tage vor Beethovens Tode an. Am frühen Zegt macht zunächst den Eindruck einer selbständigen Erhebung über Nachmittag des 26. März ging Hüttenbrenner in das Zimmer des Librettodramatik und Librettojargon und behält durchaus eine vor- Sterbenden. Er erwähnt von Personen, die er dort traf, Stephan nehme Sprache bei, die einigermaßen an R. Wagner erinnert. Bald v. Breuning und Gerhard, Schindler, Telscher und Karls Mutter. aber merken wir, daß der Gang der Handlung und die Bewegung Beethoven war schon lange bewußtlos. Telscher begann das sterbende der Charaktere über den Alltag der Oper nicht hinauskommt. Wir Gesicht Beethovens zu zeichnen. Das verlegte Breunings Gefühl, und find im 14. Jahrhundert in der Bretagne und begleiten den Mauren er ftritt mit ihm, bis er seine Papiere nahm und ging. Dann gingen zu einem so typischen Geflecht von Kampf und Friede, von Breuning und Schindler fort, um in Währing ein Grab auszusuchen; als Söldnern und Zigeunern, von Grafenkind und Zigeunerin, von es finster wurde, und ein plöglicher Sturm sich erhob, stürzte Gerhard, der Brautnacht mit bekannten Verspätungen, mit Entführung und Ver- bisher am Fenster gestanden hatte, fort und nach Hause zu seinem Lehrer. rat, mit Gift und Dolch und mit endlosen seelischen Offenbarungen So blieben im Zimmer nur Hüttenbrenner und Frau v. Beethoven . von Personen, die ganz anderes erwarten lassen, daß es wahrlich Draußen raste der Sturm, das Glacis mit Schnee und Hagel benicht lohnt, das alles getreulich nachzuerzählen. deckend. Als er sich legte, machte ein Blizstrahl alles hell. Ein furchtbarer Donnerschlag folgte, Hüttenbrenner saß an der Kante
Im Begriff, der Musit Le Bornes zu diesem Zert gerecht zu