Gibourdel sagte kopfschüttelnd:

"

Es ist etwas anderes."

"

Und was denn?"

338

20071

-

Mannen

Nun, diese böse Grippe ergreift keinen Gesunden, nur feit, wie sie gegenwärtig so mannigfach auftreten, ziehen die einen geschwächten, einen schon franken Menschen. Ach! mein guter Herr La Vaupalière, ich bin in diesem Augenblick ganz erschüttert: mein armer Neffe, ein so braver Junge!"

Und gerührt zog Herr Gibourdel sein blautarriertes Schnupftuch hervor und schnäuzte sich so heftig, daß sein Klepper einen Seitensprung machte.

"

Und meine arme Nichte! Witwe in ihrem Alter zu sein, das ist ein Unglück!"

,, Betrachten Sie denn Herrn Courteheuse schon als ver­

Ioren?"

" In Gefahr, nichts mehr, aber auch nichts weniger; Darum habe ich zu Hortense gesagt: Du mußt den Arzt holen laffen. Sieh nicht auf die Kosten!"

Aber Herr Courteheuse hat ja den Doktor Hanhvel befragt?"

welchem ernſteren Konflikt zutriebe. Mit solchen tapferen Mannen vorwärtsschreiten, das ist allerdings eine bitterschwere Kunst. Aus der trüben Beklommenheit und der blasierten Gleichgültig­millionäre in den Pfuhl der schwärzesten Socialdemokratie ver­Batriarchalischen" denn in der That ihre Vorteile. Jezt, da Groß dammt werden, wenn sie nur den unglaublich frechen und er­stunkenen Gedanken" anzudeuten wagen, die zärtlich gehegte patriarchalische Willkür müsse dem gleich bindenden Rechtsvertrag weichen, ist der kostbare Aufruf an die Herren Möbelfabrikanten und Tischlerinnungen Deutschlands   wider die Kraftproben der Arbeiter" sehr wohl zu begreifen.

Ueber die Entwickelung der letzten Jahrzehnte möchte man sich Haus sein, sagt der patriarchalische Fabrikant. Jede Forderung des in naivster Unbefangenheit hinwegseßen. Ich will Herr im eigenen Arbeiters stört meine Ruhe und macht mich nervös, sagt der Patriarch. Gin unzufriedenes Arbeitergesicht ist eine Frivolität, flucht der Fabritant. Wenn Streitigkeiten zwischen dem Fabrikanten und den Arbeitern ausbrechen, sollen da Arbeiterkommissionen sich erdreisten dürfen, die Dinge gelassen zu prüfen? Welcher ungeheuerliche Ein­griff in die patriarchalische Würde. Vielleicht müssen die Arbeiter Rouen   ist nicht Diffel; der Arzt, bei sich zu Hause, ist noch einen Lehrkursus im freundlichen Umgang mit dem nicht derselbe wie bei uns; man muß die Aerzte von den lächeln und immer lächeln, wenn sie die Gnade des Patriarchen bes Patriarchen durchmachen, bis sie lächeln können, gemütlich Kranken weggehen sehen; das wird in der Nachbarschaft erscheint.. zählt; davon spricht man. Ich habe das Hortense ausein- Zur müden Stimmung in der Bürgerschaft will es sehr gut andergesetzt, und sie hat sofort an Hanyvel geschrieben; er paffen, daß man so schwächlich mur regiert, wo es um Fragen von wird also morgen oder übermorgen wie zufällig vorüber- Menschlichkeit und Rechtsbewußtsein sich handelt. Wo Verzweiflungs­kommen, um nicht diesen armen Couteheuse, der schon genug thaten, wie die That des Histermann, der sich und seine Kinder entleibte, leidet, zu erschrecken." ( Fortsetzung folgt.) möglich sind, da müßte es in der Gemeinschaft zu lebhafterer Energie tommen. Was ist denn mit einer und der andern sensationell aufgedonnerten Zeitungsnotiz gethan? Man zuckt mit den Achseln und seufzt: Ach

3900 dom

milden

man

00

So

Sonntagsplandevei. dia, das Großstadtelend ist schrecklich. Damit ist das sogenannte Blütenschwer hat sich seit ein paar Tagen auf den sorgsam Gemüt befreit und befriedigt. Wenn man statt der andächtigen Er­gepflegten Anhöhen um Werder   Baum an Baum die Frühlingspracht gebenheit in den großstädtischen Jammer lieber auf Abwehr der entfaltet. Längst nicht mehr reicht der Begriff Obstlammer von ungeeigneten Verhältnisse in privatwohlthätigen Vereinen und in der Berlin  " für den gesegneten Landstrich dort zu; gewaltiger sind die Armenverwaltung bedacht wäre. Wenn man den tauglichen Verstand Bedürfnisse Berlins   geworden; aber dennoch imponiert das statt der verschwommenen Gefühle anstrengen wollte. unfere fröhliche Frühlingswunder an den Havelbuchten von Werder  . zureichend sein gegenwärtigen Wohlthätigkeitssysteme Trop des Winters hat der rauhe Vorfrühling müssen, so wenig Maß, Einheit und große Uebersicht dieses Jahr das Keimen und Grünen eingeschüchtert. naturgemäß die verschiedenen Privatvereine untereinander erzielen Nun aber schwillt es überall, wo in Berlin   der Baumschmud und fönnen: Selbst unter den jezigen Bedingungen müßte die Arbeit ein Zierplatz die uniformen Straßenreißen belebt; und in furzem zweddienlicher gethan werden können. Das ungeheuerliche Elend, giebt es nirgend mehr fahles Geäst. Auch dort nicht, wo die um- wie es zur Wahnsinnsthat getrieben hat, dies himmelschreiende durfte friedeten zarten Anpflanzungen am Bürgersteig der Gaffen ihre nicht unbeachtet bleiben. Ja, es giebt Eristenzen genug, die in der Das Zweige wie dünne Aermchen emporstrecken und wo in den Hinter- Großstadt irgendwo verwesen wie die einsamen Hunde. räumen der einförmigen Mietstasernen Haus um Haus fich Fabrit ftimmt nicht für das Trauerspiel des Histermann, an Fabrit, Werkstätte an Werkstätte drängt. auf deffen Unglüd ja aufmerksam geworden war, nach So können wir den neuen Mai willkommen heißen. Mit der der schablonenhafter Form eine Armenunterstützung wiederkehrenden Maifeier ist ein Ruhepunkt im Drang der Werk- empfing. Er war feiner von den gänzlich unbeachteten, oder von tage gewonnen. Man kann Rückschau halten und den Gang über- jenen Lumpenproletariern, die sich scheuen, in irgend welcher Form fehen, den die Befreiungskämpfe des Proletariats genommen; und auf sich aufmerksam zu machen, über sich nachforschen zu lassen. Er neu belebt wird die Phantasie von blühender Hoffnung, die nach hatte ehrlich gearbeitet, so lange er nur konnte und hatte nichts zu vorwärts weist. Und wir brauchen insgesamt dieſe ſtärkende verbergen; und dennoch war dies grauenhafte Ende möglich und Energie, die vermehrte Hoffnungsfreude. Denn ringsum zeigen so nicht bloß den Tod des Verzweifelten, auch die Vernichtung zweier mannigfache Erscheinungen des öffentlichen Lebens die müden, die findlicher Lebewesen nahm die Gesellschaft auf sich. verdroffenen Züge. Wenn mau das Phlegma solchen Erscheinungen gegenüber mit Wo es freiheitliche Energie, wo es erhöhte Menschenwürde der Aufgeregtheit vergleicht, mit der man beispielsweise einem der zu wahren gilt, da ist man in weiten Kreisen Deutschlands   so ängst- lett geführten Kriminalprozesse folgte, man wird an eine verkehrte lich und was noch schlimmer, fast gleichgültig geworden. Die Welt erinnert. Um einer vermeintlichen Sensation willen geht das Hengstlichkeit der Bürgerschaft macht aber die Schneidigen stets auf- Bublikum nicht auf den wahren Inhalt ein. Wo friminali­begehrlicher. Der Ton schneidiger Verwilderung dringt bis in die stischer Eifer, der sich doch auch einmal mit Glanz be Schulstuben, wo die empfindlichen Schößlinge gehütet werden sollten; währen möchte, auf so dürftigem Fundament seinen Beweis und jezt müssen wir die Ironie erleben, daß ruffische Stimmen aufbauen möchte, wo man dann einen der langwierigsten Prozesse dagegen protestieren, ihr Erziehungswert mit dem deutschen   durchführt, da macht man zwar nicht die Köpfe stuzzig, denen jedes verwechselt zu zu sehen. In Rußland   hat die Herrschaft Sensationsmittel billig ist; aber die anderen fragen fich, warum der der Prügelpädagogen in der Theorie wenigstens- ein Ende; ungeheure Aufwand? Rechtssucher müssen peinlich strenge gegen und in den russischen Großstädten ist die Last der Lehrer gewiß nicht sich fein; ein Kriminalfall um Tod und Leben ist eine unheimlich geringer, als bei uns. Auch bei diesen Lehrern giebt es die Kinder- ernste Sache, selbst wo es sich um einen Guthmann handelt. scharen der Not, deren frühestes Leben ohne Schutz der Familie, Den vielen Anzeichen von Müdigkeit soll junge Energie ents ohne findliches wärmendes Behagen auf rauher Straße verläuft. gegenstehen. Möge sie denn auch von der diesjährigen Maifeier Auch diese Lehrer leiden unter der Klassen- leberfüllung, die es uns die Gemüter mit Wärme erfüllen. Viele Versäunuisse, viel schwer gestattet, auf die kindlichen Individualitäten prüfend ein- Grämlich- Alterndes erwarten Besserung und verjüngte Art vom zugehen. Auch fie werden sicherlich oft genug in Zustände erhöhter jung- aufstrebenden Proletariat. Sei jeder erste Mai ein Gelöbnis Reizbarkeit versetzt. Aber sie müssen an sich halten und sich be- mehr, dessen eingedent zu bleiben.- Alpha. herrschen. Das Gesetz der Russen hat der humaneren Erkenntnis Geltung verschafft.

TEDTIF

9

laf den

cout

-

mit dem

-

Derlei fann jeden bei uns nachdenklich stimmen. Weite, weite Kleines Feuilleton. Wege haben wir noch zu wandeln, che elementare Rechts- und Menschlichkeitsbegriffe zu voller und ungeheuchelter Wahrheit werden. Mit den Segen wollte ich nur einmal im Leben etwas zu Das Schlimme ist, daß man so häufig sich um das Wesen der thun haben, vor langen Jahren, am Abend vor dem 1. Mai. In Dinge herumdrücken möchte. Wir haben es in dem heiteren der Gegend, wo man mich damals in der Arbeit hatte Kampf un das des ABC, dem Einmaleins und viel, recht viel Religion - galt der Friedrichshains wiederum erlebt. Man möchte dem Magistrat 1. Mai noch als Bauernfeiertag. Also hatte man es am Abend feinen ausgesprochenen Kanofsagang zumuten; und so verfiel vorher nicht so eilig mit dem Ins- Nest- Kriechen. Die Vorfreude man auf den bekannten famosen Ausweg, der vertuschen und ver- war schon munter und die Luft, die in Aussicht stehende Rache giebt. schleiern möchte. Eine Diplomatie, hinter deren Kulissen jedermann Am Walpurgisabend zahlte man in Generalabrechnung den Heren lächelnd blicken kann, ist von vornherein zu spielerisch; ein Schau- all die Bosheiten zurück, die sie im Laufe des Jahres ausgeübt: spiel, das niemand als ernst betrachten kann. Aber dennoch giebt es die Heren wurden ausgeplakt". Nicht mit gewöhnlichen Beitschen da einen ängstlichen Teil, der lieber dies diplomatische Schauspiel und Geiseln, das hätte nur ein unregelmäßiges Gefige gegeben und zwischen Polizei und Stadtvertretung mitmacht, als daß er irgend gar keine Feierlichkeit verraten. Als die Sonne hinab war, stelzte

"