582

fagte sie herb, sonst haben wir keine Ruh. Mile ist schon zu Bett, ich kann nicht mehr von ihr verlangen, als sie thut; sie ist alt und schwach."

Wir werden noch ein Mädchen nehmen", sagte er und sah sie besorgt an. Ich will nicht, daß Du Dich über­nimmit!"

"

"

Wirst Du das denn können?" Ein Zug qualvoller Un­ruhe irrte über ihr Gesicht. Du hast schon so viele Ausgaben!" Sie setzte sich plötzlich schwer auf den nächsten Stuhl und ließ die Hände in den Schoß fallen.

Sofort erhob er sich von den Knieen und trat vor sie hin, ihren Kopf an sich ziehend. Ach solche Sorgen!" Er bemühte sich, seinen Worten einen scherzhaften Anstrich zu geben. Ja brauche doch nicht in ein paar Jahren gleich ein Krösus zu werden! Das kommt schon nach und nach von selbst. Ich werde schon noch ein Mädchen bezahlen fönnen?" Und ernſter fügte er hinzu: Vor der Hand ver­brauchen wir eben noch, was wir verdienen."

Was Du verdienst!" Und dann murmelte sie:" Ich wollte Dir helfen, ich müßte Dir helfen!"

Er schien das nicht zu hören und streichelte unablässig ihr blondes Haar. Es ist eigentlich unverantwortlich von mir, daß ich Dir nicht längst ein zweites Mädchen gehalten habe ich mache mir Vorwürfe!"

"

-

"

-

-

eine

-

Erntezeit.

Von Hans Ostwald .

( Nachdruck verboten.)

Himmel!" schimpft Herr v. Barzig. Er hat seine Beine nicht hoch genug heben können und ist in den Wagen hineingefallen. Mit rotem Kopf rappelt er sich auf: Nu aber zu, Jochen, daß Du die andern noch einholſt."

-

Der Knecht peitscht auf die Pferde los mit jähem Ruck rennen sie durch die Dorfstraße vorwärts. Aus dem Dunkel unter den großen Kastanienbäumen flingt es noch einmal: Na- gute Nacht auch!" Dann hören die beiden, die aus dem Fenster des Herrenhauses lehnen, nur das Pferdegetrappel, das sich nach und nach entfernt. Kein Laut mischt sich hinein. Trotzdem der Staub der Landstraße die Tritte der Pferdehufe dämpft, hören sie es noch lange; regelmäßig stampfen die Tiere vorwärts nach Hause. Dämmern der mondlosen Sommernacht, bis von hinten, von den Die beiden lehnen so lange im Fenster und starren in das Stallgebäuden das Brüllen unruhiger Rinder und das Gewieher schlafloser Pferde ertönt. Na das Vieh hat heute wieder gar keinen Schlaf!" sagte Herr von Wendt und tritt zurück in das Zimmer. Der Kronleuchter und die Lampen auf den Tischen brennen noch. Die Kerze auf dem Rauchtisch, der an den großen Spieltisch geschoben ist, fladert trüb in dem dichten Qualm, der in dem Zimmer liegt. Herr von Wendt tritt rasch auf den Rauchtisch zu und drückt mit seinen Fingern die Flamme aus. Auch den Kronleuchter und eine der beiden Lampen löscht er. Seine schlanke Gestalt, die noch die straffe Haltung des Kavallerie- Offiziers hat, bewegt sich mit großer Sicherheit. Auch in seinem glatten Gesicht, das von turzgeschorenen, blonden Haaren gekrönt wird, zeigt sich jenes herrische Selbstbewußtsein. Seine Augen blicken offen, das Kinn ist hart, nur die etwas vor­fallende Unterlippe giebt dem Ausdruck etwas Weiches.

-

Seine Frau hat ihm stillschweigend vom Fenster aus zugesehen. In ihr hübsches, volles Gesicht, das ebenso wie ihre Gestalt voll sinnlicher Wärme ist, tritt bei seiner Thätigkeit ein gelinder, spöttischer Zug. Gott , wie sparsam wir sein müssen!" sagt sie leiſe. Aber Liddi! Warum soll denn auch noch länger das alles brennen? Es wäre doch ganz zwedlos."

"

Er prüft die auf dem Tisch, der Kredenz und dem Büffett stehenden Weinflaschen und stellt alle, die noch Reste enthalten, unten ins Büffett.

Sie lächelt wieder so spöttisch, doch müder.

Als er fertig ist, sagt er: Wie unruhig heute das Vich ist. Hörst Du, als ob nicht ein Stüd schläft. Es ist aber auch zu arm. Man hat ja selbst keine Lust zum Schlafen.... Und dabei ist man so matt und schlaff.. anhum

"

Du?!" Sie fagte es in einem ganz eigentümlichen Ton, hob rasch den Kopf und sprang auf, eine qualvolle Unruhe schien sie zu peinigen, mit großen Schritten ging fie vor ihm hin und her. Was bin ich?!" Sie erhob leiden schaftlich die Stimme, ohne Rücksicht auf das schlafende Kind. Was leiste ich? Nichts! Gar nichts!" Die Hände an die Schläfen legend, starrte sie zu Boden. Ich wäre so stolz, auch etwas zu geben; ich habe Dir nichts in die Ehe gebracht als die lumpige Aussteuer, mein kleines Erbteil ging dabei zur Hälfte drauf. Du arbeitest. Du plagst Dich- oh, ich weiß es wohl!" fie hob den Kopf und fah ihn an mit brennenden Augen Du revidierſt Bücher, Du suchst allerlei Nebenverdienst. Denkst Du, ich sehe nicht, wie müde Du oft bist? Und ich" heftige Gereiztheit gegen sich selbst brach sich Bahn, sie sprach ohne jede Logit ich faulenze! Ich quäle mich, aber ich schaffe nichts, ich kann nichts mehr, es war ein Zufall, der mir den ersten Erfolg in den Schoß warf! Ich habe " Nicht wahr?" Sie seht sich zu ihm auf den mit schwarzem kein Talent. Ich size am Schreibtisch, ich empfinde und Leder bezogenen Divan. Ach, es müßte doch zu schön sein, jetzt in kann's doch nicht in Worte kleiden, ich sehe und kann's doch diefer Jahreszeit oben im Norden zu fein in den Bergen mit nicht beschreiben. Alles efelt mich an, mein eigenes Schreiben; dem Eis und die Eisinseln und die Mitternachtssonne-" es genügt mir nicht, es ist erbärmlich! Ich verzweifle!" Sie Ihre Schwärmerei stedt ihn an. Er streicht ihr über das Haar, brach mit einem Seufzer ab, der wie ein Stöhnen klang. fagt aber gleich darauf: Ach, daran können wir ja noch gar nicht Mit schlaff herunterhängenden Armen stand sie da und tief denken! Das können sich wohl Barßigs leisten die haben auch ' ne große Molkerei und ja, dagegen bin ich doch nur ein Koſsäth. gesenttem Kopf. Ich versprach mir Erfolg," murmelte fie, Du weißt ja, daß unser Gut ganz riesig verschuldet war, als ich es mir, Dir! Ich habe gelogen!" vom Vater übernahm. Und meinem Schwager muß ich auch noch Er hatte ihren leidenschaftlichen Erguß nicht unterbrochen, sein Teil auszahlen. Bargeld hatten wir doch gar nicht-" sondern sie ruhig ausreden lassen. Seine Stirn war zusammen- Ja, ich weiß schon; weil ich nichts mitgebracht habe-" unters gezogen, seine Augen sahen traurig darein, aber er unter- bricht sie ihn verletzt. drückte den schmerzlichen Klang in seiner Stimme. ,, Elisabeth, Lüddi!" fagt er ernst und eindringlich. Ich habe Dir nie Du bist so ungerecht gegen Dich! Du" er zog sie in die einen Vorwurf daraus gemacht, daß Dein Vater so wirtschaftete. Arme Du giebst so unendlich viel, viel mehr als Du vorwärts zu streben." Er spricht zärtlich:" Sieh mal, wir wollen wir hatten uns doch vorgenommen, zusammen zu arbeiten und selbst es weißt!" Er füßte sie zärtlich. Meine liebe Frau!" doch nun auch so weiter streben.. Wenn wir erst was hinter Sie ließ sich seine Stüsse gefallen, aber erwiderte sie nicht. uns haben, tönnen wir ja genug genießen und nachholen. So hast Plötzlich riß sie sich los, faßte ihn mit beiden Händen vorn Du selbst immer gefagt." am Rock unb sah ihn starr ins Gesicht. Ganz nahe funkelten ihre Augen den seinen. Kann die etwas?" stieß sie hervor. Sage mir! War der Erfolg gerecht? Kann sie mehr als ich? Du, lüge nicht!" Sie rüttelte ihn.

"

"

-

"

Eifersüchtig, Elisabeth?" Er blickte sie ernst an. solltest Du nicht sein, Du hast es nicht nötig!"

-

Das

hahaha oh, ich weiß es,

"

"

-

-

-

-

1

Ach, dabei wird man alt und grau!" meint sie unwillig. Aber Du es geht Dir doch immer noch ganz gut!" Er versucht zu scherzen:" Du siehst noch gar nicht alt und grau aus... Und wir fahren doch auch jeden Winter ein paar Wochen nach Berlin und-hm- Du, meinst Du wirklich, es ginge Dir schlechter, wie unseren Taglöhnerfrauen?" Er pufft sie neckend auf den vollen Arm: Bist schon ganz abgemagert vor Sorgen und Hunger."

Oh!" Von einem plöglichen Impuls getrieben, warf sie sich ihm an die Brust das Kind wachte auf mit einem Sie schluchzt plöglich laut auf:" Nun hast Du mich auch noch hellen Schrei, die Eltern beachteten es nicht. Elisabeth zum besten!" schluchzte, dazwischen lachte sie. Er will sie an sich ziehen. Sie aber stößt ihn von sich:" Ja, Es ist lächerlich das habe ich davon, daß ich hier jahraus, jahrein wie eine Magd es ist schlecht von mir! Ich werde schlecht! Wilhelm" arbeite... Da werde ich noch ausgelacht... Zum Sterben lang sie tlammerte sich mit beiden Armen an ihren Mann das weilig ist's hier. Kaum, daß mal in der Woche einer zum Besuch waren Höllenqualen! So dazujizen, das zu hören, zu wigens oder-ja, und fommit, oder wir mal hinüberfahren zu Barzigs oder Börne was hört man überall? Wir wissen: Du kannst das besser machen und doch reisen dahin und fahren zu dem Rennen, und zu dem Fest, und zu doch ja, ich bin eifersüchtig!" Sie zitterte am ganzen jener Ausstellung, und... ja, was nicht noch alles! Soll man denn Leib. Ich schäme mich, ich kann nicht dafür, ich beneide sie immer zurückſtehen?" alle, alle haben Glück, ob verdient oder unverdient nur ich nicht!"

-

( Fortsetzung folgt.)

-

"

Aber wir müssen doch erst was hinter uns haben..." Ach, das das hab ich nun satt."

" Wo soll ich denn das Geld herschaffen? Mehr als arbeiten fann ich doch nicht." Ihr erhiztes Gesicht, das wieder auflebt, zieht ihn an und macht seine feste, bestimmte Sprache unsicher. Er rüdt ihr näher,