Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Mr. 161.

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Freitag, den 18. August.

( Nachdruck verboten.

Es lebe die Kunst!

Roman von C. Wiebig.

Ein feines Rot stieg ihr ins Gesicht." Ja", sagte sie träumerisch, ich weiß, Du hältst etwas von mir!"

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1899

Wünsche, ging er falt neben ihr her? Elisabeth war nicht glücklich und der da?

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Alter Junge, bist Du glücklich?" fragte er plößlich und legte dem anderen die Hand auf die Schulter.

da

" Ich hoffe es zu werden!" Ebel vermied den forschenden Blick Heiders nicht, sondern erwiderte ihn ruhig und offen; dann sagte er ganz in demselben Ton: Ich werde um Wir alle!" Es packte Heider wie Ungeduld. Wenn Sie Wohnung schreiben; Elisabeth hat mir vom Förster erzählt, sich gleich von ein paar lumpigen Recensionen so verstimmen, ich denke, tommen wir unter. Das Gutshaus von einer so niederdrücken lassen hören Sie mal, hier ist geschlossen, geschlossen, der jetzige Besißer wohnt nicht darin, schreibt ein anderer" er durchflog rasch ein neues Zeitungs- sondern läßt alles verivalten. Im Dorfivirtshaus möchte blatt Novität gewagter Stoff originelle Beich nicht bleiben, da werden die Betten schlecht sein, es iſt handlung- Aufführung- Hitze Urteilsfähigkeit des auch nicht reinlich genug." Publikums halt, hier!" Er unterbrach sein Gebrumm und accentuierte deutlich:

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Ein Talent, das eigene Bahnen geht, hat stets zu fämpien. Ich erinnere nur an Hebbel , Grillparzer -"

Heider unterbrach sich: Rum, das können Sie sich schon gefallen lassen, die citiert zu fchen!"

-au Sudermann, Hauptmann! Jahre mußten sie warten, bis aud) petuniare Erfolge einigermaßen Früchte am Lorbeer aufekten!"

Heider schüttelte den Kopf. Jetzt an so etwas zu denken! Der war doch ein Philister!

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Heider lachte. Der ist praktisch! Nun, wie viel hat Mile nicht mit Feuereijer gewaschen, geplättet und Ihnen denn Schwertfeger ausgezahlt?"

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,, Maier schreibt: Fünfzehn Mark dreißig bare fünf zehn Mart!" Elisabeth sagte es ohne jede Fronie. Jch hätte Schwertfeger die fünfzehn Mark gern gelassen, was soll ich damit?"

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Wir legen sie unserem Jungen in die Sparbüchse," sagte Ebel und lächelte freundlich. Er mag es später wissen, wie fauer seine Mutter die für ihn erworben hat; sie werden ihm Glück bringen!"

Oder auch nicht!" Elisabeth sprach hastig. Birf sie Tieber weg, schenfe sie niemandem! Es fiebt Herzblut daran." Sie sah geradeaus, über ihr ausdrucksvolles Gesicht gingen noch einmal alle Schauer des Erlebten. Sie schüttelte sich leicht. Nein, gieb sie ihm nicht!"

Elisabeth hatte wehmütig gelächelt, als ihr Mann ihr ankündigte: Sum fönnen wir in Deine Heimat reisen, ich habe Urlaub." Vor Wochen hätte diese Botschaft ein be lebendes Feuer in ihr angefacht, jegt nickte sie nur: Das ist lieb von Dir!" Sie sagte nicht: Ich freue mich!" Mit einer gewissen Lässigkeit betrieb sie die Vorbereitungen zur Reise. Sie wäre Sie wäre faum fertig geworden, wenn gepackt hätte. Die Alte war selig in dem Gedanken, noch cinmal dahin zu kommen, wo sie, wie sie zutraulich zu dem Herrn sagte, ihre besten Jahre verlebt hatte". Ebel hörte sie dem Kinde von der Muhkuh, von den schönen Blümchen, von der guten, guten Milch erzählen, von dem großen Wald, wo Erdbeeren wachsen, so süß, wie es sonst gar feine mehr giebt. Ihre tnarrige Stimme bekam dabei einen ganz melodischen Klang. Ebel mußte lächeln- Heimat, das war ein Zauber­wort, das Alte jung macht und Betrübte froh hatte es denn für Elisabeth gar feinen Reiz mehr? Vor Wochen noch hatte sie sich gesehut, jezt schien sie feiner lebhaften Empfindung mehr fähig zu sein. Sie war fanfter als sonst, von einer liebenswürdigen Nachgiebigkeit, wie sie nur Schwachen eigen ist. War sie förperlich leidend? Ihre Augen waren ohne Glanz, und sie hatte einen Teint, wie ein bleichsüchtiges Mädchen.

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Die letzte Zeitung!" sagte, Heider, noch ein Blatt cut faltend. Auch gut, aller guten Dinge sind drei. Nur der Held genügt ihm nicht; auch möchte er vor allen Dingen Mit einer gehaltenen, ihr sonst fremden Ruhe erledigte freundlichere Bilder haben. Bitte, recht freundlich!" wie der sie, was zu erledigen war; es berührte Ebel eigentümlich, Photograph fagt. Warum vertieft sich die geschätzte Autorin wenn er sah, wie sie aufräumte, wegpacte, einkampferte, als in die Nachtseiten unseres Lebens? Ihr erstes Talent-" hätte sie nie für anderes Juteresse gehabt. Als er am legten Sehen Sie," unterbrach Heider die Vorlesung, immer Tag vor der Abreise nach Hause tam, fand er sie vor ihrem Talent!" Schreibtisch. Sie saß am Boden, zerrissene Papiere waren um sie hernungestreut, in dem einen Seitenschränkchen lagen schou schön geordnete Bündel mit Bindfaden fest umschnürt. Jezt rännte sie nicht weiter. Wie lange mochte sie schou so dagesessen haben, ein dünnes blaues Heft, anscheinend ein Schulheft, in der Hand, den verträumten Blick unverwandt darauf gerichtet.

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- ihre nicht gewöhnliche Gestaltungskraft, ihr Mut, das zu sagen, was not thut, treibt sie leicht dazu, die schwarzen, allzu schweren Töne zu forcieren. Noch fehlt die Sonne. Wenn doch sieghafte Töne in unsere Poesie fämen! Nur der allzu große Erust schreckt ab; Frau Reinharz sollte lichtere Farben wählen, freundlichere Stoffe und den männ lichen Charakter eines eingehenderen Studiums würdigen. Dann wird es ihr auch nicht an Erfolg fehlen!"

Smmer den Vorwurf der genügenden männlichen Charakterisierung, hu," sagte Heider. Das faun wohl mög lich sein, daß Sie da

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Die Kritiker haben recht," unterbrach sie ihn rasch. Aber was wollen sie? Beigt mir doch den Manu, der die Frau so zeichnet, wie sie wirklich ist. Er wird nie ganz wahr sein. Und ich den Mann zeichnen?! Nun, ich bin eben eine Frau!"

Aber dann: heiterere Stoffe!" Heider nickte ihr mutigend zu.

er

Das sagen Sie mir?!" Sie sah ihn groß au. Wissen Sie denn nicht? Ich suche die Stoffe nicht, die Stoffe suchen mich." Schwerfällig stand sie auf und ging ins Rebenzimmer zu dem Kinde.

Wir werden verreisen", sagte Ebel. Ich habe Urlaub erhalten, von Ende dieser Woche ab für fünf Wochen. Sie muß herauskonunen, es thut ihr not."

Der andere stimmite lebhaft zu. Aber wohin?" " In ihre Heimat; da hat sie ihre Kunst gefunden, da wird sie sie auch wiederfinden."

Heider jah ihn forschend an; seine Augen waren von Freundschaft geschärft, leise regte sich auch noch eine andere Empfindung. Hatte der, Mann denn gar keine eigenen

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Was hast Du da?" fragte er. Sie schrat zusammen. Mein erster Versuch." sie hob das Heft in die Höhe, ein leiser Schmerz zuckte über ihr Ge­sicht ich schrieb hier aufhier hinein früher Hastig warf sie's in den Kasten zu den Bündeln und schloß fest zu. So." Langsam stand sie auf, steif von dem un­bequemen Sigen. Nun habe ich abgeschlossen."

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Wenn sie sich doch nur ein wenig auf die Reise gefreut hätte! Es war das erste Mal seit vier Jahren, daß sie wieder in die Freiheit hinaustam, in die wirkliche Freiheit, wo die Bäume wachsen, wie sie wollen, nicht sorgsam umhegt, zum Zählen vereinzelt, wie die Bäume in Grunewald .

Deufe, Du wirst wieder Rorn wachsen sehen und Bögel singen hören," sagte er. Du wirst Blumen pflücken können, Du liebst sie ja so. Wir wollen in der Wiese liegen und tüchtig im Wald spazieren gehen; wir besuchen alle Deine alten Bekannten im Dorf. - Freust Du Dich denn gar nicht?" " Oh ja," flang es müde.

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Du wirst mir die Pläge zeigen, wo Du als Kind ge­spielt haft?"

Oh ja."

" Du windest einen Kranz aus Heidekraut, wir legen ihn dem Onkel aufs Grab!"

" Ja!" sagte sie lebhafter; und dann düfter:" Ich gehe über ein Grab!"