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Sie sah so traurig aus; das Wort erstarb ihm im Munde, flach, die Verhältnisse sind zu einfach und die Kiefernwälder er sagte nichts mehr. zu eintönig.
Nun war der Morgen der Abreise da, ein schöner, ,, Reisen Sie glücklich!" sagte Heider. Er stand vor dem lichter Morgen, an dem der Großstädter mit sehnsüchtigen Coupee; sie waren schon alle darin, Mile und das Kind, Augen den Wagen nachschaut, die, mit Gepäck beladen, zur Ebel brachte eben das Gepäck unter. Elisabeth stand am geEisenbahn rollen. Die Droschke hielt vor der Thür, die Koffer öffneten Fenster und reichte dem Freunde noch einmal die waren aufgeladen, Mile saß schon auf dem Rücksitz, das Hand hinab.
Strampelnde Kind auf ihrem Schoß; noch waren die Bäckchen Er ergriff sie und schüttelte sie kräftig. Das Blut des kleinen Wilhelm blaß, aber der Sommerwind des freien war ihm zu Kopf gestiegen, mit einem innigen Blick umLandes würde schon Rosen darauf erblühen lassen. Ebel hatte faßte er ihre Gestalt, und dann richtete er seine Augen alles besorgt; nun wartete er unten. Elisabeth kam noch fest auf ihr Gesicht. Ihre Blicke begegneten sich; Heider immer nicht herunter, sie hatte oben zuschließen wollen; das nickte. zweite Mädchen war zu seinen Eltern gereist.
Er sprang noch einmal hinauf. Da stand sie in der verödeten, kampferdurchdufteten Wohnung, alle Jalousien waren geschlossen, Spiegel und Polstermöbel hatte man verhängt, der Sofateppich war zusammengerollt; da stand sie unweit ihres Schreibtisches mit hängenden Armen, den Kopf gesenkt, schlapp fiel der graue Reisemantel an ihr herunter. Sie hatte ihres Mannes Schritt nicht gehört; jest drehte sie den Kopf, einen langen, langen Blick warf sie auf den Platz, wo sie so oft gefesien es war ein Abschiedsblick. Ebel wollte sie nicht stören, geschwind huschte er vor ihr die Treppe hinunter. Da kam sie nach, er hörte sie zuschließen.
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Konim Elisabeth, komm, wo bleibst Du?!" " Ich komme." Schwer tappte ihr Schritt die Treppe binunter. Sie trat auf wie jemand, der eine Laſt trägt. Run war sie bei ihm. Er nahm sie bei der Hand; so gingen fie die legten Stufen miteinander.
Mut, Mut!" sagte er leise und herzlich.
,, Nicht weinen, weil sie vorüber! Lächeln, weil sie gewesen!
Und werden die Tage auch trüber Unsere Sterne erlösen!"
Er schwenkte den Hut. „ Auf frohes Wiedersehen!"
IX.
Ueber der Heide liegt die Sonne. Tausende von roflila blühenden, kaum fußhohen Stauden bedecken den Boden; das ist ein Bienengesumm, ein Gefurr, ein Schmetterlingsgaufeln und Libellengeschwirr. Fliegen, wie blizende blaue Punkte, schießen durch die Luft; gringoldene Käfer laufen eilig, flcine rote, schwarzgepunktete klettern an Halmen in die Höhe- dort, unter dem niedrigen Wacholderbusch raschelt eine Eidechse, und oben zwischen den immergrünen Zweigchen weben die Spinnen silberschimmernde Fäden.
Auf dem Bahnhof erwartete sie Heider; er hatte sich's nicht nehmen lassen, hier noch einmal den Freunden Lebe- Die Luft ist still, heiß und doch nicht drückend. Ein wohl zu sagen. Elisabeth hatte sonst von nientandem Abschied starker Duft steigt vom Straut auf, und weiterhin, wo die genommen; bei dem Gedanken an Besuche hatte sich ihre Heide zu Ende geht, schimmert es goldgelb; das sind Lupinen, Stirn verfinstert und ein nervöses Frösteln sie überlaufen. fie duften berauschend, füßer wie Jasmin. Der sommerlich An einem Tag hatte sie schon Hut und Handschuhe leise Windhauch nimmt den Geruch auf und trägt ihn wohl angehabt, um zu Sistemachers zu gehen- Frau Julie eine Stunde iveit in die Runde, dort zum Dorf, dort hatte sich wohl einen Dank verdient, die war so oft da- zum Sce, dort zu den Kiefern, die der Riesenwald als Boten gewefen! aver unten an der Hausthür war sie wieder ins Feld schickt. umgekehrt, nein, sie konnte nicht hingehen! Sie stieg wieder die Treppe hinauf, legte sich auf's Sofa und verträumte apathisch ein paar Stunden.
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Heider hatte ein paar Rosen für Elisabeth und eine Tüte für den kleinen Wilhelm mitgebracht. Elisabeth war seltsam weich, er auch; immer wieder streifte sein Blick sie von der Seite wie blaß, wie still! Ihr wehmütiges Lächeln mit dem faum merklichen Ziehen der Mundwinkel schnitt ihm in's Herz. Sie gingen auf dem Bahnsteig hin und her; Ebel trug den Kleinen auf dem Arm, un blieb er mit ihm vor dem Automaten stehen und zauberte eine Tafel Schokolade daraus hervor, während Mile aufgeregt das Handgepäck bewachte.
Kommen Sie gut wieder!" sagte Heider zu Elisabeth und sah sie besorgt an; und dann mit einer Bemühung zu scherzen: Alleweil fidel! Ebel thut doch alles Ihnen zu Liebe, was er nur kann!" Er wartete einen Augenblick was würde sie dazu sagen?
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Da liegt der See, in einer leichtgesenkten großen Mulde, wie blauer Stahl schimmert er von fern gesehen; in der Nähe ist er blau, fornblumenblau, zwischen seinen grünen Nändern das tiefgefärbte Bild des Sommerhimmels widergebend.
Der Menschen sind wenige; da liegt der Fischer im angebundenen Nachen, die Wellen rühren sich nicht, er summit vergnügt und raucht seine Pfeife.
Von jenem Feld, das schon gemäht ist, fährt eben ein Ochsengespann das letzte, hochgepackte Fuder ins Dorf; der Bauer sitt obenauf, Knecht und Magd, Rechen und Heugabeln schulternd, wandern nebenher. Vom Tritt der groben Männerschuh fliegt der Staub auf, das Mädchen läuft barfuß, seine Röcke schwenken, sein helles Kopftuch schimmert weithin.
Jetzt hört man nichts mehr vom Knarren des Wagens, hinter jener Erdwelle ist er verschwunden; auch der Fischer fummt nicht mehr, die Pfeife ist ihm aus dem Munde gefallen- er schläft.
" Ja, das thut cr!" Sie sah sich scheu um, ob auch niemand hörte. Er thut mir so. leid! Er wäre mit einer Stille. Da blaut der Wald ernst und dunkel, weit in anderen glücklicher geworden!" Eine gewisse Unruhe lag der Runde schließt er dies Stück Erde ein; da grünen in ihrem Ton. ,, Sönnte ich's doch ändern! Er muß die Naine, von Mohn und Winden und Glockenblumen und viel an mir vermissen!" Das flang wie eine augstvolle Kamillen bunt besprengt; da wehen weiße Fäden über Frage. dichte Stoppeln; da da sucht das Rebhuhn mit seinen Jungen Schatten im blühenden Kleefeld, und da duckt sich der Hase zwischen fetten Kohlköpfen und läßt sichs wohl sein. Friedvolles Land, so weit das Auge sieht. Besänftigende Ruhe sinkt nieder vom wolfenlosen Blau, himmlischer Tau, der die Kreatur erlabt. Feucht kommt der Hauch vom See und fühlt die lechzenden Lippen, aus jeder Ackerfurche steigt der Duft der Gesundheit.
" Dafür liebt cr Sie cben!" Es kostete Heider Ueberwindung, das zu sagen, es ging ihm eigentlich gegen den Strich; seine rabenschwarze Mähne sträubte sich, er fuhr sich) mit den gespreizten Fingern durch.
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Was soll ich thun?!" Ihr ratloser Blick irrte umher. Er zuckte die Achseln; da war schwer zu helfen! Ich bin so müde!" flagte sie, meine Kraft ist zu Ende wo soll ich neue finden?!" Die kommt schon wieder! Schreiben, schreiben, sich frei schreiben!" Er warf die Mähne aus der fantigen Stirn zurüd, seine Augen blikten auf. Dies Vorrecht ist unser!"
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" Ich denke an das, was vergangen ist," murmelte fie. Wie war ich so anders! Ich könnte weinen. Hoffnungs freudig, mutig-oh jene Tage, meine schönen Tage! Mein Stern." Sie brach ab, ihr Mann näherte sich.
Nun wird es aber Zeit," sagte Ebel, der Zug ist schon fignalisiert. Da da fährt er ein!"
Das Gedränge war nicht sehr groß, Bergnügungsreisende fahren nicht viele in jene Gegend. Da ist das Land zu
Kein Laut und doch hoch über den Feldern ein Konzert unsichtbarer Eänger, ein frohes Lied aus tausend Kehlen. Man hört es kaum, man fühlt es mehr, dieses Jauchzen, das aufwärts steigt im Sonnenstrahl; es tönt von jedem Blütenblatt, von jeder Aehre, von jedem Grashalm, jeder Nadel des Waldes, von jedem Tropfen des Wassers, jedem Staub des Weges, von jeder Erdfrume.
Die Brust dehnt sich, der matte Blick belebt sich.
Die Eisenbahn führt nicht bis hierher. Als Ebel und Elisabeth in Meseritz die Bahn verließen, machte er seiner Frau den Vorschlag, ihren alten Freund, Doktor Mannhardt, gleich aufzusuchen. Wie wird der sich freuen!" sagte er.
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Meinst Du?" Sie sprach ganz teilnahmslos. Er