Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 186.
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Freitag, den 22. September.
( Nachdruck verboten.)
Jofeph Coney.
Roman von John Law . Aus dem Englischen von J. Cassierer. Er lachte, dann ging er näher an sie heran und sagte: ,, Sieh' mal, Polly, ich weiß ganz gut, Deine Mutter fann mich nicht leiden, wir müssen daher etwas thun; wir wollen zusammen auswandern. Du hast ja versprochen, nur mich oder überhaupt nicht zu heiraten. Und Deine letzten Worte zu mir lauteten: Es wird ja noch alles gut werden, Jos."
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Das Mädchen wich zurück. Außer stande, noch weitere Ausflüchte zu machen, hatte sie das Gefühl, dieser Unterhaltung ein Ende machen zu müssen, und sie platte daher mit der Wahrheit heraus:
„ Ich will Dich gar nicht mehr heiraten, Josef Coney; ich Heirate einen gottesfürchtigen jungen Mann, der sein geregeltes
Einkommen hat."
Er ergriff sie bei der Hand und sah sie wohl eine halbe Minute fest an. Dann ließ er sie los und sagte nur: ,, Du fleine Schlange!"
Er wandte sich und setzte seinen Weg nach dem Asyle fort. Polly konnte bei seinem Weggehen noch hören, wie er laut auflachte und vor sich hin murmelte: Die kleine Schlange".
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Sie sah ihm eine Zeit lang nach; sie konnte und wollte es nicht glauben, daß dies das Ende ihrer Freundschaft sein sollte. Ihr Wunsch war jetzt erfüllt. Jos war weggegangen. Aber das Ende war so unerwartet gekommen, es hatte sich im Laufe einiger wenigen Minuten abgespielt, daß ihr ihre jetzige Lage jeden Zusammenhang mit der Vergangenheit verLoren zu haben schien und auch die Zukunft nicht dazu passen wollte. Anstatt, daß sie beim Scheiden das Bewußtsein, recht gehandelt zu haben, mit sich genommen hätte, waren sie feindlich auseinander gegangen, und sie hatte sich Vorwürfe zu machen. Jos hatte sie sogar eine kleine Schlange" ge
nannt.
Auf ihrem weiteren Wege suchte sie unterwegs ihr Gewissen zu beschwichtigen. Sie schalt Jos einen Atheisten. Es hätte doch zu nichts Gutem geführt, wenn ich einen Mann geheiratet hätte, der nicht auch zu den Methodisten gehört.
Ja, sie ging sogar so weit, an die Kinder zu denken, die doch dem ewigen Verderben hätten anheim fallen müssen, wenn ihr Vater solch' gotteslästerliche Anschauungen hatte ( ihre Mutter hatte einmal hierüber mit ihr gesprochen); aber sie glaubte doch auch an ein allmächtiges Wesen, das aus schwarz weiß machen kann, und sie wußte recht gut, daß wenn für Atheisten die Hölle bestimmt sei, es ihre Pflicht gewesen wäre, Jos davor zu bewahren.
1899
Ausschlag? Ihr fremdes Volt glaubt gleich zu sterben, wenn Euch ein Fingernagel weh thut. Von den Bettlaken hätten Sie ihn bekommen! Unsinn! Der Ausschlag kommt nicht Sie haben sich ertältet, als Sie gestern mit den Füßen im von Ansteckung, sondern er liegt in der Körperkonstitution. Wasser standen. Geschieht Ihnen ganz recht! Der Ausschlag kommt von Ihrer heidnischen Lebensweise. Der Ausschlag liegt in der Körperkonstitution."
Hierauf öffnete Mrs. Elwin die Thür zu Pollys Zimmer und fragte sie:
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Warum bist Du nicht nach unten zum Abendbrot getommen?"
„ Ich " Ich hatte keinen Appetit", antwortete das schöne Mädchen.
Mit ihren durchdringenden blauen Augen das Mädchen scharf ansehend, fragte sie: Hat sich vielleicht William Ford schon erklärt, Bolly?"
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Ach, Mutter, laß mich heut allein", bat Bolly." Ich habe solche Kopfschmerzen."
Mrs. Elwin war einst selbst ein junges Mädchen gewesen und wußte daher ganz gut, was das zu bedeuten hat. Sie verließ, ohne noch ein Wort zu sagen, das Zimmer und dachte bei sich:
Die Sache ist in Ordnung, Polly wird mir es schon morgen beim Frühstück erzählen."
Kaum hatte sich die Thür hinter Mrs. Elwin geschlossen, als Polly zu ihrer Kommode ging und daraus eine Schachtel nahm, in der mehrere Briefe von Joseph Coney lagen. Sie waren mit großen, ungeübten Schriftzügen, wie wohl ein Schuljunge schreiben mag, geschrieben; ihr Inhalt bestand aus Sägen, die ganz gut aus einem Schulbuch abgeschrieben sein konnten. Als Polly sie las, merkte sie, daß er sich doch. recht unglücklich fühlen mußte. Er schrieb unglücklich" mit einem großen" U" und sagte in seinen Briefen, wenn der allmächtige Gott ihm nur Arbeit geben wollte, so würde er nichts weiter von ihm erbitten. Auch mußte sie sich bei der Lektüre dieser Briefe sagen, daß Jos doch kein Atheist war, denn in den Briefen sprach sich eine so große Ergebung aus, daß sie einem vollständigen Entsagen glich.
,, Armer Jos", rief sie unpillfürlich und legte dann die Briefe in die Schachtel zurück, in der sich auch eine Photographie von William Ford befand.
Während sie noch mit dem Fortlegen der Briefe beschäftigt war, öffnete sich leise die Thür, und Jette trat ein. Das fleine Dienstmädchen trug einen kurzen Unterrock, der ihre nackten Füße sehen ließ, das Haar hatte sie in Lockenwicklern aufgerollt, was ihr ein komisches Aussehen gab; die Augen waren weit geöffnet und zeigten einen starren Blick, Jette öffnete die Thür, und Polly begab sich rasch nach als ob sie eben erst aus einem bösen Traum aufgewacht oben, in ihr Schlafzimmer. Hier versuchte sie die schwarzen wäre. Flecke, die Jos' Finger in ihrer Hand zurückgelassen hatten," Fräulein Polly." rief sie leise, Fräulein Polly, ich hatte weg zu waschen; sie schienen ihr sagen zu wollen:" Du kleine jekt eben solch furchtbaren Schreck." Schlange." Thr, die so lange in dem Bewußtsein, stets recht-„ Nun," fragte Bolly, was war's denn? Erzählen Sie schaffen gehandelt zu haben, gelebt hatte, war es sicherlich nicht angenehm, sich das sagen lassen zu müssen. In ihrem Köpfchen suchte sie nach allen möglichen Gründen, mit denen sie ihr Gewissen beschwichtigen könnte, und immerzu hörte sie seine Worte:„ Du kleine Schlange."
Es wurde spät, aber sie ging nicht hinunter zum Abendbrot. Sie saß am Tische und suchte nach Gründen, um ihr Benehmen gegen Jos zu entschuldigen. Schließlich beruhigte sie sich mit dem Gedanken, daß, wenn sich Jos wohl auch in der nächsten Zeit unglücklich fühlen, er aber doch darüber Hinveg kommen würde. Und sie nahm sich vor, sehr liebenswürdig gegen ihn zu sein. Sie wollte ihn jeden Sonntag zum Mittagbrot einladen, natürlich würde er kommen, ganz genau so, wie Onkel Cohn zu ihrer Mutter fam. Allmählich müßte ja auch er zur Einsicht kommen, daß sie nicht jemand heiraten konnte, der keine Arbeit" hatte und noch dazu jemanden, der kein Methodist war.
Mrs. Elwin kam nach oben, um das Gas auszudrehen, und begab sich dann in das angrenzende Schlafzimmer.
,, Ausschlag?" hörte Polly ihre Mutter verächtlich zu einem Kaufmann aus Algier sagen, der krank zu Bett lag. Was
doch."
" Ich sah, wie Sie in Ihrem Sarge lagen. Huh, huh... Ach, waren Sie aber eine schöne Leiche, Fräulein!" Polly schauderte.
,, Gehen Sie zu Bett', Jette," meinte Polly.„ Das kommt von den dummen Geschichten, die Sie immer lesen, daß Sie folchen Unsinn träumen. Wenn Sie nicht gleich aufhören zu weinen, rufe ich Muttern. Sie sollten sich was schämen."
Jette verließ das Zimmer und trocknete sich die Thränen mit ihrem Unterrock. Mit ihren nackten Füßen ging sie die Treppe hinunter nach ihrer Küche, in der auf einem Tische ein Lichtfackerte, neben dem Teller und Schüsseln, Tassen und Pfannen standen und des Aufgewaschenwerdens harrien.
Auf dem niedrigen Bette saß eine Ratte." Huh", schrie Jette, in die Hände flatschend. Fort mit Dir, Du Mistzeug". Die Ratte verschwand unter dem Bett, in dessen Decken Jette hineintroch.
" Ich würde Fräulein Polly ganz gern haben, wenn sie mich nur nicht immer fortschicken wollte", sagte Jette zu sich. „ Es ist so unheimlich, hier allein in der Küche zu sein, und der Traum hat mir Angst gemacht. Ich wollt nur mal