Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Hanna.

Freitag, den 20. Oktober.

( Nachdruck verboten.)

Roman von Peter Egge . Autorisierte Uebersehung aus dem Norwegischen von Adele Neustädter.

IH.

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1899

Könnte er nur so offen sein, daß die dummen Gedanken nie mehr wiederkehren, daß die Tage ebenso ruhig wie früher dahinfließen konnten! Aber konnte er hier anfangen? Er lett du fonnte den Falben langsam über die Straße traben lassen. Hier waren ja so wenig Menschen. Dann wolle er warmt und ruhig zu ihr sprechen, so sanft und vorsichtig, sie zuvor um Verzeihung bitten, falls sie sich abgestoßen fühle, daß er über all dies sprach. Sie solle endlich nicht glauben, daß er Während Jens den Falben herausführte und anschirrte, gegen ihr Kind erbittert sei. Er wolle fragen, mit ihr darüber ging Holthe im Stalle von Pferd zu Pferd, strich und besprechen, weil er an ihrem Schicksal Anteil nehme, weil er sie flopfte ihnen den Hals und die Lenden. Er wußte taum, liebe, weil er fo gerne wolle, daß ihr erstes Kind, falls es was er sagte und that, gab sich nur der großen Freude hin, lebe, glücklich wie Erik werden solle... Nein, so konnte er die ihn durchflog. Er fannte sich seit gestern abend nicht nicht sprechen jedenfalls jetzt nicht... Hier auf der wieder. Daß er, der sonst so ruhig und gleichmäßiger Laune Straße... auch nicht, wenn sie heute abend zur Ruhe ge­war, so hin und herschwanken konnte!... Erst seit heute gangen waren. Er konnte sich nicht dazu bequemen... Aber morgen hatten ihm ja viele Gedanken, viele Betveise gegen warum nicht? Es würde ja ihr Verhältnis nicht stören. Sie fie gequält. Er wußte weder aus noch ein. Und jetzt hatten ja auch früher zuweilen über die Vergangenheit ge waren sie verflogen; sie bedrückten ihn nicht mehr und sprochen, so ganz zufällig. In solchen Gesprächen hatten sie fie follten es auch nicht wieder thun. Er wollte nicht einander gefragt, und beide hatten geantwortet, ohne besondere daran denken, fie nicht aufrütteln, sondern er würde Neigung, einander auszuforschen. Nach solch einem seltenen Ge nach und nach vergeffen, daß er etwas so Unheimliches erlebt fpräche war beider Zärtlichkeit gewachsen. Sie empfanden es hatte. im Schweigen, oder in einem Blicke oder in einem Hände druck. Warum kommten nicht die givei erwachsenen, vorurteils­freien Menschen auch über das Kind sprechen?! Weshalb nicht, wenn fein Risiko vorlag? Durfte er nicht? War er bange? Nein, keineswegs. Es konnte nicht deshalb sein, aber es war unwürdig, war... Spionage gegen seine eigene Frau. Er frug in einer unehrlichen Weise. Er legte ihr eine Falle. Warum wollte er sich gerade jetzt mit diesem Kinde beschäftigen, da er schon vier und ein halbes Jahr davon wußte? Weshalb jekt?

Er fah sie, wie sie vor kurzem vor ihm gestanden hatte. Sie hatte sehen wollen, weshalb er verstimmt war. Hätte er sich nur auf solche Weise gegen sie vergangen, daß er erzählen fonute, wie beschämt er war... Aber jekt? Das ging ja nicht an. Jetzt tam bei einem solchen Verfuch nichts heraus. Einige Minuten später saßen Holthe, Hanna und Erik im Wagen und Jens auf dent Bock. Sie wollten erst eine Fahrt um die Stadt machen und dann zu Hjelm hinauf­gehen.

So fuhr er den Hügel hitab und die Räder schnitten zwei schwarze Furchen in die dünne, weiße Schneedecke. Die Luft war noch falt, aber die letzten Schneewolfen wurden vom Ostwinde fortgetrieben, und der Himmel war tiefblau. Es tropfte schon von den Dachrinnen und Bäumen, obgleich es noch nicht elf Uhr war.

Erich saß auf dem Schoße des Vaters und hielt die Zügel und schnalzte unanfhörlich mit der Zunge, um den Falben anzuspornen. Er war so erfüllt vom Fahren, daß er uidht beurerffe, wohin er fuhr. Er sah auch nicht, daß fein Bater die Zügel festhielt. Als der Falbe eine scharfe Biegung machte und zuni Strande hiuablief, schrie er halb froh, halb ängstlich auf.

Holthe fuhr mit der Hand über die Stirn, die schweißig war. Weshalb er frug?... Damit alle dummen Gedanken auf einen Schlag ertötet werden sollten..

Er brauchte sich das nicht zu verbergen... Er hätte gar nicht die Neigung zu fragen, wenn er sicher gewußt hätte, daß ihre Augehörigen etwas über das Kind wußten... Aber..

Die Angst packte ihn. Alle kleinen Beweise für ihr Ver bredhjen erstanden wie am Morgen. Daß er so ohnmächtig fein mußte! Er fomite sich ihr ja anvertrauen! Nur jetzt nicht! Nicht hier... Er sah sich hilflos um.

"

Brr!"

Der Falbe blieb stehen, und Holthe erhob sich

Der Wagen rollte jcht über den gepflasterten Teil der Straße. Große Speicher und Packhäuser lagen auf der unteren Der Strand heißt eine Straße, die in den westlichen Seite am Kanal. Die Häuser waren höher, und der Verkehr Stadtteilen den Fjord entlang läuft. Die obere Seite besteht start. Dann wurde die Straße enger; aber dann wurde fie aus fleinen Holzhütten mit einem oder zwei Stodiverfen. plöhlich von der breiten Kirchstraße durchschnitten, die zum Hier wohnen Wiatrosen, Lotsen und Fährtämier. Heber Sanal hinablief und den Fischmarkt bildete. einzelnen Thüren hängen kleine Schilder: Segel- und Nnder­boote zu verkaufen und zu verleihen. An der unteren Seite der Straße liegen Gärten, Schuppen und Bauplätze. Darunter rieselt der Staual, wo Boote, Brahme und einige Yachten verteilt liegen. Die große Mole tritt etwas weiter Er setzte den Knaben auf den Boden und strich ihm über hinans hervor, mit einem Netz von Eisenbahnfchienen und das Haar, während er über den Markt fah, wo das Leben mit großen Speichern, dahinter liegt der Fjord wimmelte. blau und falt. Er ist noch vom Schnee durchfroren, der heute Nacht geschmolzen ist, und weit, weit draußen schießt das Hochgebirge hervor; mrit Schnee auf der Spitze und fleinen Ortschaften am Fuße.

Holthe war die ganze Zeit hindurch stumm geblieben. Er empfand einen heftigen Drang mit Hanna zu sprechen, offen zu fein; aber er fornite nicht, und es betrübte ihn und feite ihu in Erstaunen. Jeden Augenblick erwartete er, daß er im nächsten zu sprechen anfangen würde; aber es wurde nichts daraus, und das ängstigte ihn zuletzt; es war ihm während feiner Ehe nie zuvor schwer geworden, sich an sie zu wenden. Sie mußte ja glauben, daß er noch verstimmt war. Und das follte sie nicht glauben.

Er kehrte sich um, fah hinaus, um von dem Fjord und den Bergen erfüllt zu scheinen. Es sollte eine Art Entschul­digung für fein Schweigen bilden. Da trafen ihn ihre Augen.

Er nahm ihre Hand, drückte sie, und so blieb er eine Weile sitzen, während der Falbe in gleichmäßigem Trab an den kleinen, niederen Hecken längs des Fjords vorbei( ef. Er ließ die Hand los.

"

Fahre zu Hjelms hinauf. Ich mache hier einen kleinen Abstecher. Ich komme sofort. nach.

,, Gehst Du, mein Lieb?" frug Hanna. Ja, ich komme sofort nach. Vielleicht finde ich einen leckeren Fisch, den ich nach Hause schicke."

Er blickte weiter in dieselbe Richtung, ging um den Wagen herum, flopfte ihr leicht die Schulter und ging abwärts. Er hatte ihr noch nicht ins Gesicht geblickt. Er erwartete jeden Augenblick, daß sie ihn rufen, ihn etwas fragen könnte, und er hörte erleichtert, daß der Wagen fortrollte und um die Ecke bog.

Hjelms wohnten oben in der Hauptstraße.

Er stürzte sich ins Gewühl. An der Ecke standen Ar beiter und Rutscher. Die Marttfrauen saßen weiter unten in Reih und Güied, und hinter ihnen auf der Brücke, die ein Stück in den Kanal hinausliefstanden die Fischer zwischen Trögen und Kübeln und um ihnen Hausfrauen und Dienst mädchen. Zur Ebbezeit wurde aus den Booten verkauft. Der Schnee war hier unten zu einem gelben Kot geworden; auf der Brücke watete man in einem stehenden Wasser herum.

Die Leute schwatzten und lachten und scherzten und feilschten, gingen von einem Verkäufer zum anderen, um billig zu kaufen. Die Frühlingssonne und ein frischer