Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 221.

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Freitag, den 10. November.

( Nachdrud verboten.)

1) Bwilchen zwei Scherzen. di Erzählung von L. Verni.*)

202296

1.2

396 Ha, ha, ha, Vanilleneis, das paßt vorzüglich!" dnjom, Auf wen denn?"

Auf Bianca von Sassonuovo Bonmots unseres Beppo."

bildspris

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eines der üblichen

Na, an dessen Wige find wir gewöhnt, seine Zunge flicht ja immer an feinen lieben Mitmenschen herum.

"

1899

sie vor kurzem gekauft hatte: Wie der Alberto gefallen wird", fagte sie zufrieden vor sich hin.

Von den Menschen, die sie eben gesehen, dem leeren Ge­plauder, das sie gehört, war ihr keinerlei Eindruck geblieben. hr war die mit dem Gesellschaftskleid angezogene Lebhaftig­feit noch fremd, neu war ihr die übersprudelnde Natürlichkeit, von der gewisse Kreise der guten Gesellschaft so große Mengen fonfumieren. In dem Kreuzfeuer leerer oder zweideutiger Phrasen, bei dem lauten Gelächter über nichts und

gar nichts, fühlte sie sich immer ein wenig verloren, wie in einem fremden Element. Und mit der kleinen, mit Grübchen bedeckten Hand fuhr sie fort, findisch vergnügt an ihrem Belz Diese Bemerkungen kamen von einer Gruppe eleganter herumzustreicheln, als plötzlich ein Schatten, den sie vorbei­Herren und Damen in einem der elegantesten Salons von huschen sah, ihre Aufmerksamkeit ablenfte. Ihr Blick fiel auf Florenz , aus einem parfümierten molligen Halbdunkel, zwischen eine Frauengestalt, die eilig dahin schritt diese etwas kostbaren Nippessachen, schweren Balmblättern, warmen eckigen Schultern, diese energische und doch elegante Gangart orientalischen Farben, aus jener wohligen weichlichen Um mußte sie doch kennen... aber woher nur? Wer konnte es gebung, deren gedämpftes Licht die scharfen Kontraste, die harten, sein? Unterdessen wandten sich die Schultern in eine Quer­geometrisch genauen Linien, die die Tageshelle bloßlegt, zu straße. berwischen scheint, wo alle Nuancen verschmelzen die moralischen nicht weniger als die der Teppiche und Vorhänge.

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Na, laßt es gut sein," unterbrach die Frau vom Hause, die in einem Kreise alterprobter Verehrer und unreifer Jünger thronte, die Gräfin Sassonuovo ist eine vortreffliche, fleine Frau, viel zu gut für Euch."

Wer leugnet das, Marquise? Auch Vanilleneis ist vor trefflich."

II.

Das Rätsel sollte bald gelöst werden.

Bianca saß in ihrer Villa unterhalb Fiesole , im warmen Simmer, mit allen Annehmlichkeiten für Geist und Körper umgeben. Sie hatte einen Band Gedichte von Gabriele d'Annunzio aus dem Bücherschrank gelangt, wo ihnen zwischen einem Bourgetschen Roman und einem Leben Jesu" " Und gescheidt muß sie auch sein," fuhr die Marquise mit von Didon ein Zwangsdomizil bereitet war und las still einem nachsichtigen Seitenblick auf den Unterbrecher, Beppo bor sich hin, nur von Zeit zu Zeit einen Blick über die be­de Neri, fort, eine kluge kleine Frau, so schön, mit dem deckte Terrasse in den Park werfend. Der Himmel mit seinem faden Gecken von Mann- dabei unnahbar wie eine flaren, zarten Blau, die von Reif schimmernde Erde hatten Sie einen strengen, erbarmungslos winterlichen Ausdruck. aus Eis," ergänzte de Neri halblaut, mit einem blickte hinaus und rückte zusammenschauernd der großen tiefen Blick in die Augen seiner Nachbarin, einer lebhaften

Madonna.

Brünetten.

Diese Plattheiten flangen weniger platt in der aristokrati­schen, dem Schönheitssinn schmeichelnden Umgebung, wie uns der gewöhnlichste Wein besser erscheint, weil er aus tristallener Flasche kommt.

" Freilich," fuhr die Marquise fort, indem sie sich bequem in ihre Sofaecke zurücklehnte und große Rauchwolfen aus ihrer Cigarette blies, freilich muß man nachsichtig mit ihr sein, armes Frauchen."

,, Nachsichtig? und warum?"

Immer hat sie auf dem Lande gelebt, unter den Fittichen ihrer Höfterlichen Tante, Ida, jetzt haust sie da oben in Fiesole wie soll man es ihr da übel nehmen, wenn sie nicht recht in der Welt zu leben weiß..."

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Flamme des Kamins näher. Plötzlich fuhr sie leicht zu­sammen: waren das nicht die bekannten Schultern? Es war nichts Auffallendes daran, daß Fremde in den Garten kamen, um vom Gärtner Blumen zu kaufen; aber diese braune Frau mit dem einfachen Anzug und der vornehmen Er­scheinung, an wen erinnerte sie Bianca doch wer mochte es nur sein? Während sie sich den Kopf zerbrach, schritt die Gestalt in Begleitung des Gärtners noch einmal vorbei, und diesmal warf sie beim Vorübergehen einen flüchtigen Blick nach dem Fenster....

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,, Elise!" rief Bianca aus, ganz rot vor Freude.

In einem Augenblick war sie in ihrem Schlafzimmer, flingelte ungeduldig, befreite sich von den eleganten orientali­schen Pantöffelchen und begann ein Paar dicke Stiefel an­zuziehen. Elise!" fragte sie vor sich hin ,,, wer weiß, warum Und sie ließ vor ihrem " Oh, das lernt sich, das lernt sich! Sie geht schon viel sie mich nicht erkannt hat!" mehr aus und man merkt ihr an, daß sie nicht ungelehrig Geiste vorüberziehen, was diese Erscheinung in ihr geweckt ist gewisse Eleganzen, kleine Koketterien..." es war der hatte: die Pension, in die man sie von zwölf Jahren gleich Hausherr, der sich so vernehmen ließ, ein sorgfältig zurecht nach dem Tode der Mutter gesandt hatte, die Gefährtinnen geftugter Alter, den heute irgend ein Wunder in den Salon und unter den größeren auch Elise, so anders als die feiner Frau verfchlagen hatte. Dieser schienen seine Worte zu anderen!... Wie stolz sie gewesen war auf die freilich mißfallen; sie antwortete nur mit einem verächtlichen Achsel- etwas bemutternde Freundschaft, die ihr das ältere Mädchen zucken. zugewendet hatte! Denn Elise war, obwohl etwas ſeltjam Verzeih'," sagte er pitiert, es giebt Sachen, von denen und verschlossen, ein weitherziger und sehr gescheidter Mensch. Ihr Frauen wirklich nichts versteht. Ihr reißt die Augen Und wie wurde sie trotz ihres etwas würdevollen und ein­auf um eine Windmühle, weil sie klappert, und gebt nicht schüchternden Wesens von den Gefährtinnen geliebt! Und acht auf die stillen tiefen Wasser. Ich sage Dir, das Frauchen Bianca beklagte, wie sie schon oftmals beklagt hatte, daß macht sich, maufert sich heraus... noch kurze Zeit, und sie daß ihre Pensionszeit so furz gewesen war, wird von einem Chic sein... oh..." und hier vollendete man so schnell dieses bißchen lebendigen Lebens, er seinen Gedanken mit einer Lieblingsgeste, indem er seine einzige, was ihr je gegönnt worden war, abgebrochen, sie so Fingerspigen füßte und mit einer Handbewegung den Kuß schnell unter dem Grabstein, der sich Tante Jda nannte, in die Ferne sandte; so deutete er an, daß es sich um etwas beerdigt hatte! Arme Tante Jda! Nicht, daß sie hart und ganz besonders Schmackhaftes, den Gaumen Kitelndes handle; strenge gewesen wäre aber ihr Gemüt war vertrocknet und dann rieb er sich befriedigt die Hände, wie der erfahrene berdorrt, und ihr Leben verrann zwischen dem Summen von Kenner und Feinschmecker, dem gewisse Erinnerungen und Rosenkränzen und dem Stopfen von Strümpfen, bei einer Hoffnungen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. geistigen Diät, bei der der Lebensappetit ihrer Schuhbefohlenen wahrhaftig nicht fatt werden konnte.

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Unterdessen eilte die kleine blonde Frau, mit der sich ihre lieben Mitmenschen so eingehend beschäftigten, in ihrem win­zigen Coupé die Via Cavour hinab zu ihrer Villa unterhalb Fiesole . Sie hatte einen Handschuh ausgezogen und streichelte mit der kleinen weißen Hand an einem Sealskin- Mantel, den

Das italienische Original ist im Verlage R. Bemporad u. Sohn in Florenz erschienen.

das

Während ihr diese Erinnerungen durch den Kopf zuckten, eilte Bianca, die Schleppe über den Arm werfend, achtlos in Schleier und Shawl gehüllt, in den Garten hinaus, mit einer Haft und Ungeduld, die ihr sonst fremd waren. Als sie beim Treibhause auf einem Hügel der Anlagen anlangte, öffnete sie die Thür eilig und ward der Gesuchten ansichtig, die sich fast gleichzeitig nach einer Seitenthür wandte. Ebenso hastig warf