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etwas andern Ton hatte als früher; er war vielleicht nicht| weniger herzlich, aber das frühere Gefühl der Verehrung und Bewunderung hatte sich plötzlich in ein liebevolles Mitleid gewandelt; sie selbst sah Bianca anders an, ein wenig von oben herab. Sie sah auf sie herab von der ganzen Höhe eines Berges tapfer ertragenen Leidens, wie ein von der Schwere eines langen Lebens Bedrückter auf ein gedankenloses Kind blickt, das mit seinen Spielsachen tändelt. So öffnete sich zwischen beiden Freundinnen eine Kluft, die schließlich ein Abgrund geworden wäre, deren Dasein aber beide heute schon schmerzlich empfanden.

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Heute aber gewann ihre gute Laune die Oberhand und da sie mit der Absicht gekommen war, beiden die Zeit zu vertreiben die Aermsten sahen ja nie einen Menschen- fo wollte sie nicht umsonst gekommen sein. Gerade aus diesem Wunsche und auch infolge der Fastnachtsstimmung der legten Tage war sie von einer Gesprächigkeit und einer Ausgelassen. heit, die bei ihr selten waren. Sie erzählte die Vergnügungen der letzten Tage: Den Ball bei Roschettis, die große Oper, das Diner bei Steniloff, wo alle in Kostüm erscheinen mußten, aber in einem komischen Kostüm, und wo ein sehr magerer Herr in einem Stiefel erschienen war in einem Papp. Mutterchen, kommt meine Bianca heute...?" stiefel, versteht sich, aber wir haben alle darüber gelacht! " Ich hoffe...", sagte Elise mit matter Stimme, ich Als es dann aber Zeit war, zu Tisch zu gehen, wie sollte er glaube bestimmt", fügte sie schnell hinzu, als sie sah, wie bei es fertig bringen, sich niederzusetzen? dem Zweifel, den ihre Antwort barg, die Kleine einen schmerz­lichen Ausdruck annahm. Gewiß, sie ist gestern nicht ge­kommen, auch vorgestern nicht..." und für sich dachte sie: Armes Kind, ihr verlangt nur nach dem glänzenden Scheine des Reichtums.

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Mutterchen, ich habe Hunger

Die Mutter wandte ihr Gesicht ab und sagte mit un­ficherer Stimme:" Ja, mein Herzchen, ich bringe Dir die

Bouillon."

Auf dem Tische in der Küche stand die übliche Bouillon in der üblichen Flasche, wie Bianca sie täglich sandte. Die junge Frau nahm das Papier, worin die Flasche eingewickelt war, brach aus dem Mauerwerk unter dem Herde zwei kleine Rohrstäbe, nahm die Querstange eines alten Stuhles und brach sie durch; mit all dem steckte sie ein fleines Feuer an und stellte die Fleischbrühe in einem irdenen Töpfchen auf. Als die Mutter zurückkam, sah die Kleine angſtvoll auf die Tasse und den Teller: es war nichts, als die Bouillon. Mutterchen, nichts weiter?"

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" Nein, mein Herz, ich glaube, es ist besser so", sagte Elise mit zitternder Stimme, ohne die Tochter anzusehen. Es war nichts da, außer ihrem Stück falter und vertrockneter Polenta, aber für den geschwächten Magen des Kindes wäre das ja geradezu Gift gewesen; es ihr geben, hieße sie töten. Die Kleine sagte fein Wort weiter, richtete sich mißmütig auf, die Augen fest auf die Tasse geheftet; sie kostete die Fleisch­brühe und sagte müde:" Sie ist nicht ordentlich warm."

Armes Mäuschen", rief die Mutter mit erzwungener Lebhaftigkeit ,,, was für eine Mama, was für eine dumme Mama Du hast! Nicht einmal ein bißchen Bouillon tann sie Dir warm machen! Aber jetzt ist einmal das Feuer schon aus, ein andermal mache ich es besser, nicht wahr?"

" Ja!" und die kleine Stimme wurde immer schwächer. Aber die Bouillon ist sehr gut, sehr kräftig 1"

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" Ja, ja!" wiederholte die Kleine kaum hörbar. Diese extrattartige Fleischbrühe, ohne irgend etwas dazu zu essen, war ihr so widerlich, geradezu ekelhaft geworden, daß sie die­felbe faum herunterwürgen fonnte. Zwei große Thränen rannen langsam die hohlen, wachsfarbenen Wangen herunter. Die Mutter sah sie und das kleine Mädchen verstand, daß sie fie gesehen. Dennoch wiederholten beide zusammen:" Ja, sehr gut und träftig!"

Ich muß unbedingt Bianca bitten, dachte Elise.

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( Fortsetzung folgt.)

Die

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( Nachdruck verboten.)

Diamantgruben von Kimberley. die Boeren einen Vorstoß unternommen haben, hat Kimberley die Von den Städten des englischen Gebietes, in das gegenwärtig höchste Bedeutung, nicht sowohl wegen seiner Größe, denn es zählt nur etwas über 30 000 Einwohner, sondern wegen des Reichtums seiner unmittelbaren Umgebung an Diamanten. Während noch vor dreißig Jahren Indien   und Brasilien   die Hauptbezugsquellen für Diamanten waren, sind sie jetzt gegen die südafrikanischen Diamanten­distrikte vollständig zurückgeblieben, und von der gesamten Produktion an den sogenannten Stapfteinen liefern wiederum neun Zehntel die Gruben von Kimberley.

Die ersten Diamanten Südafrikas   wurden im Oranjefluß und Baalfluß gefunden, wo man sie aus dem Geröll der Fluß­betten in den river diggings, den Flußwäschereien, gewann. Mehrere Jahre hindurch ahnte niemand daß auch außerhalb dieser Flußgebiete Diamanten anzutreffen wären. Erst im Dezember des Jahres 1870 fand man zufällig auf der Farm des Boeren Du Toit auf dem Plateau zwischen dem Vaal   und dem Modder einige Dia­manten, und hier entstand nun alsbald die erste der vier bedeutendsten Gruben Kimberleys  , die Du Toit- Grube. Nicht lange darauf wurde entdeckt, die nur einen Kilometer von der ersten Grube entfernt war die zweite. Fundstelle auf der Farm Vooruitgigt des Boeren de Beer und Bultfontein- Grube benannt wurde. Auf derselben Farm wurde dann die dritte, nördlich gelegene de Beers- Grube angelegt, und unweit dieser, etwas mehr nach Westen, traf man auf die vierte Fundstelle, wo die Colesberg Kopje Grube entstand. Zwischen den beiden letzten Gruben wurde von den herbeigeftrömten Digger­scharen die Stadt Kimberley gegründet. Jufolgedessen erhielt später die Colesberg- Kopje- Grube den Namen Kimberley- Grube. Sie wurde die ertragreichste von allen. In den folgenden Jahren wurden noch an sechs anderen Stellen im weiteren Ilm  freis von Kimberley diamantenführende Ablagerungen entdeckt, die aber au Ertragfähigkeit die vier ersten Gruben nicht entfernt er­reichen.

Die Umgebung von Kimberley zeigt, wie auch sonst die Karrus wüste, an ihrer Oberfläche eine dünne Lage von rotem Thon, unter tuff findet sich das sogenannte Riff vor, das aus grünlich- grauen dem sich stärkere Schichten von Kalktuff hinziehen. Unter dem Kalk­Schiefern besteht. Dieses Riff wird nun an den Punkten, wo die Gruben liegen, von fraterförmigen Kanälen durchbrochen, deren Ausfüllungsmasse sich scharf von den Schiefern abhebt. Die bläulich graue Ausfüllungsmasse, der blaute Grund nach der Sprache der Diamantgräber, macht im wesentlichen den Eindruck getrodneten Schlamms, der zahlreiche Bruchstücke eines grün­oder blau- schwarzen, ferpentinartigen Gesteins miteinander ver­fittet. Der blaue Grund nun bildet die Lagerstätte der Diamanten. Aeußerlich machten sich die trichterförmigen Kanäle, bevor sie abgebaut wurden, kenntlich durch kleine Erhebungen, die von den umwohnenden Boeren als Kopje, Köpfchen bezeichnet wurden. Der Durchmesser der Kanäle beläuft sich auf 200 bis 300 Meter. Die Tiefe der Kanäle hat noch nicht festgestellt werden können. Ju der Kimberley- Grube, der tiefften von allen, ist man bis 1300 enge lische Fuß vorgedrungen, ohne damit das Ende der diamantführenden Gesteinsschichten zu erreichen.

Als dann aber Bianca später erschien, rosig, mit den blonden, wohlgeordneten Locken auf der glatten Stirn, mit dem anmutigen Wesen eines Menschen, der vollkommen mit sich selbst im Frieden, in ungestörtem inneren Gleichgewicht lebt, da fühlte Elise ihr Herz klopfen und eine Spannung an der Kehle, die kein Wort hinausließ. Sie sah auf das zierliche Gesichtchen, auf die großen Brillanten, die das wenige Licht der Stube sich anzueignen schienen, und lächelte mit erzwungenem Lächeln bei den liebenswürdigen Worten, den gutgemeinten Redensarten. Nicht, daß all diese Aeußer­lichkeiten als solche ihr verhaßt gewesen wären: durchaus nicht; aber sorgenbedrückt und matt, wie sie war, schien ihr haltigen Kanälen einen bloßen Raubbau. Anfänglich betrieben die Diamantgräber in den diamant Die Gruben wurden die Eleganz des Anzugs, der Glanz der Brillanten, die in Barzellen von etwas über 80 Quadratmeter, die Claims, eins freudige Lebhaftigkeit in eins zu verschmelzen, in ein etwas geteilt, in denen ein jeder Digger mit einigen gemieteten Staffern boll jubelnden Frohsinns, das ihrem eigenen Selbst voll auf seine Faust arbeitete. De Beers zählte 591, Bultfontein 886, ständig fremd war. Sie hörte wie betäubt zu und zwang du Toits Pan 1430 und die Kimberley- Grube 331 Claims. fich mühsam zum Lächeln. Bianca fühlte sich verlegt, wie so Die Auswahl unter den noch freien Claims stand einem jeden oft vorher. Was sollte das bedeuten? Sie war eine ein- Digger frei. Für jeden Claim waren dem Grundeigentümer wöchent fache Natur, die weder durch die Mißhelligkeiten des Lebens lich 10 Schilling Entschädigung zu zahlen. Das Gestein wurde mit noch durch die Heftigkeit der eigenen Empfindung je jene getragen, mit hölzernen Steulen zerkleinert und mehrfach gesiebt. der Spizhacke losgelöst, von den Kaffern in Fellsäcken heraus­inneren Katastrophen durchgemacht hatte, aus denen der Der Rückstand von mittlerem Korn wurde darauf in einer dünnen Mensch hart und starr hervorgeht; so hatte sie keinerlei Schicht auf einem Tisch ausgebreitet und nach Diamanten durchsucht. Schlüssel zu Elifes Charakter, und sie wurde dadurch ge- Jm Laufe der Zeit vertieften sich die Claims immer mehr und tränkt. zivar in einem recht verschiedenen Maße, da nicht in allen gleich­