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Das Klingeln tönt ohne abzusetzen.

,, Da werd ich aber doch mal nachsehen!"

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wie te es scheint, durch einige mittelmäßige Verse. Darauf gehen beide ans feinen Damenkneipen kommt... Schon wieder? Das ist aber ab- ins Schlafzimmer. Die leere Stube füllt sich nun mit dem Herrn stark!" des Hauses und seinen Freunden, die ein wildes, aber sympathisches Bechen   beginnen. Man unterhält sich von dem sagenhaften Ritter, der wieder gesehen sein soll, und stellt ihm einen Humpen hin, falls er er- Sie springt mit beiden Füßen zugleich aus dem Bett und wirft scheinen sollte. Er erscheint nun wirklich und zwar als Mönch, den Morgenrock über und eilt hinaus. Erst nach einer ganzen Weile wie die Sage vermeldet. Die Ritter sind natürlich vom Schreck gc- tritt sie wieder ein, zornbebend wirft sie eine Zeitung auf den Tisch: lähmt, und das benutzt der ehrenwerte Mönch, um ihnen eine Nein, es ist ein Standal!... Ein Skandal ist es. Weißt Du, wer moralische Standrede über ihr verruchtes Kneipen zu halten. Wie es war? Das fleine Zeitungsmädchen. Sie bekam das Blatt nicht er dazu kommt, ist mir nicht recht klar geworden. Es scheint mir durch den Spalt, weil es so dunkel ist; draußen liegen lassen wollte immer noch harmloser, die Nacht beim Becher, als in einem fremden sie es nicht, sagt sie. sonst würde es wieder gestohlen, wie neulich, Ehebett zuzubringen. Aber na! Der Mönch hält seine Rede, und sie müßt' es bezahlen. Darum flingelt folch' Balg einen früh wirtschaftet mit seinem Krucifir herum und geht. Dann kommt morgens 6 Uhr aus dem Schlaf!. Na, Ernachen, schläfft Du die Herrin aus dem Schlafgemach. Die Liebe hat sie offenbar denn noch nicht wieder?" Sie tritt an das Bett des Kindes und Ihrisch gemacht: sie singt, und zwar singt sie von einem Liebsten, streckt ihm die Arme entgegen: Na, dann komm in Mamas Bett den sie gehabt hat und den sie durchaus wiederhaben will. hinüber, Mäuschen. Komm tomm geschwind! Siehst Du, nun Der Ehemann wohnt dieser Scene natürlich mit sehr ge- liegen wir warm, nun werden wir schön schlafen beide, nicht wahr, mischten Empfindungen bei und rennt ihr schließlich einen Säbel mein Herz?" in den Leib. Wie es scheint, in einer Anwandlung von Frömmigkeit holt man den Mönch zurück, der an ihrer Leiche ein Gebet sprechen soll. Er weist die Anwesenden hinaus, läßt Totenkerzen bringen und hält nun einen lyrischen Sermon, den ich nur teilweise ver­standen habe. Schließlich gebietet er dem Mond, sich zu verfinstern und benutzt die Dunkelheit, um in geheimnisvoller Weise zu ver­schwinden.

Dem Befiegten" folgte ein baroder Schwank von Frant Wedekind. Er macht allerlei fatirische Randglossen zu dem Schicksal eines Kammersängers, der von liebestollen Weibert, berkannten Komponisten usw. übel geplagt wird. Viel Kunst stedt nicht darin, genau besehen vielleicht gar keine. Dafür aber hat der Autor einigen Witz, über den das Publikum sich mit Recht freute. Notwendig war die Aufführung des Stückes keineswegs, aber eine direkte Versündigung an der Aufgabe der Vereinsbilhnen war sie aber auch nicht. In dem Bewußtsein, daß man sich eine halbe Stunde ganz nett amüsiert hat, kann man über die ganze Sache zur Tages­ordnung übergehen.

Sie zieht das Deckbett über sich und das Kind, aber während die Kleine sich wohlig in ihre Arme schmiegt, erwacht in ihr der Merger von neuem:" Nein, ich schreibe es nachher dem Spediteur, diese nichtsmußige kleine Jöhre! Selbst das Kind hat sie mir wach gemacht mit ihrem tollen Klingeln, selbst das Kind, so eine Gemein­heit wo alles schreit, daß es ungesund ist, die Kinder aus dem Morgenschlaf zu scheuchen. Ich schreite es dem Spediteur soll sie vornehmen... so eine Gemeinheit!"

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Das wäre alles. Wenn die Secessionsbühne" nns noch einmal mit derartigem Nonsens kommt, dürfte sie bald nicht mehr in der Lage sein, wieder zu kommen. Wir haben bereits früher aus­Es ist erreicht!" Die Grenzboten" schreiben: Wenn geführt, daß wir Vereinsbühnen für eine litterarische Notwendigkeit der Indianer oder der afrikanische Wilde seinen Feinden fürchterlich halten; aber natürlich nur dann, wenn sie Dinge aufführen, die der erscheinen will, so strect er sich eine lange Feder ins Haar oder durch Aufführung wert sind. Wenn man Bühnen gründet, um seine die Nase. Der europäische   Kulturmensch, der seinen Mitmenschen Ihrifchen Vettern aus ihrer bescheidenen Verborgenheit herauszuholen, groß und gewaltig vorkommen möchte, wichst sich seit etwa zehn treibt man Unfug. Die Eitelkeit ist am Ende eine berech Jahren seine Schmurrbartenden bis zu den Ohren in die Höhe. tigte Eigentümlichkeit kleiner Lyriker. So lange fie ihre Es wird also für fünftige Kostümforscher zu den Kennzeichen einer Befriedigung in genialen Frisuren, mystischen Krawatten bestimmten Epoche gehören, weswegen es wohl der Mühe wert und derartigen Dingen auch findet, ist sie harmlos. ist, einen Augenblick feine Ursprünge nachzudenken. Wenn fie aber Bühnenvereine gründet und unbescholtene Lente zwingt, Ueber seine neuerliche Herkunft ist nicht so leicht ins tvie stundenlang ihrem übertägigen Zauberkram beizuwohnen, wird sie flare zu kommen, über sein erstes Erscheinen. Schnurrbart( bigote levantado) ift gemeingefährlich. Ueber die Mystik in der Kunst mag man denken, hochgestrichene wie man immer will. Was aber Herr Scholz bringt, ist gar keine Spanien   erfunden, zu einer Beit, als die spanische Macht in Europa  Mystit, sondern verworrenes Zeug, das aus einem offenbar nicht schon gebrochen war, als aber ihre Ansprüche noch sehr hoch gingen, ganz entwickelten Gehirn stammt. am Hofe Philipps IV. Der König war ein schlaffer und weichlicher, aber sehr hoffärtiger Herr. Ihm verdankt die Mode den vatermörder­artig aufrecht stehenden spanischen   Kragen( anstatt der bis dahin ge bräuchlichen radförmigen Krause) und er selbst trug auch zuerst mit den aufgerichteten Schnurrbart, sobald er nämlich einen hatte, denn Vom spanischen Hofe aus er fam 1621 sehr jung zur Regierung. verbreitete sich dieser Schmurrbart weiter, ihn trug Philipps Schwager, Karl I  . von England, ebenso ein Teil der östreichischen Habsburger, er tam nach Belgien  , und die spanischen   Soldaten brachten ihn während des dreißigjährigen Krieges mit nach Deutschland  ; auch bei den Schweden  finden wir ihn, sowie in Frankreich   unter Ludwig XIII  . Unter Ludwig XIV  . fällt dann der Bart, und das Zeitalter des Rokoko kenut innerhalb der guten Gesellschaft nur glattrasierte Ge­sichter, bis die französische   evolution, zunächst allerdings bloß für das Militär, den Schnurrbart wieder aufbringt. In dem übrigen Europa   steigt der Schnurrbart nur selten so übertrieben in die Höhe, wie in seiner spanischen Heimat. Hier wurde er mit Schnurrbart binden und Futteralen gezüchtet, und wenn wir die Bilder von Velasquez   oder Murillo ansehen, so begreifen wir, daß ein richtiger Vollblutspanier ohne solche Zwangsmittel sein Schmurrbartideal gar An diesem Punkte sind wir heute g. Eine Gemeinheit. Das Berliner   Zimmer lag in gemüt- nicht hätte verwirklichen fönnen. lichem Halbdunkel. Die niedergelassenen Jalousien ließen auch nicht wieder angelangt. Nur besteht ein Unterschied und nicht zum Vorteil einen Schimmer der beginnenden Morgendämmerung herein. Milde unserer Zeit. In Spanien   war der aufgestrichene Schnurrbart, wie gedämpft durch das rote Krystall der Glode floß das Licht der Ampel wir aus den alten Bildern sehen, eine Art Vorrecht des Kavaliers von der Decke herab. Die Familie schlief noch den festen, friedlichen und des Soldaten, der einfache Bürgersmann trug ihn im Schlaf der Gesunden und Sorglosen. Zwischen den breiten Nußbaum allgemeinen nicht. Heute schmückt er den martialischten Lieutenant bettstellen der Eltern stand das rosaverhangene Himmelbett des fleinen und den friedfertigsten Seifensieder, und aus dieser Nivellierung Mädchens. Sie hatte den blonden Lockenkopf tief in die weichen ergeben sich unsagbar komische Eindrücke. Aber mehr als das. Einst spigenbesetzten Kissen gedrückt. Die feidene Steppdede war etwas hörte ich eine fluge Mutter ihrem zu ihr in die Ferien zurückgekehrten zur Seite geglitten, aber die mollige Wärme, die der Kamin aus- Sohne sagen: Du mußt nicht so viel mit Deinem Barte aufstellen; strömte, ließ sie es nicht empfinden, daß ihre Beinchen unbedeckt die Leute meinen sonst. der Bart wäre die Hauptsache au Dir."

Die Darstellung war gut. Besonders der Besiegte" war von Martin 8ide I unverdient fein insceniert. Von den Schauspielern traten im ersten Stüd Gregori, im zweiten Bagay und etwa noch Biensfeld hervor.

ivaren.

Erich Schlailjer.

Kleines Feuilleton.

Tiefe Stille; nur die Atemzüge der drei Schlafenden füllen den Raum. Da plötzlich ein schriller Lant. Vom Korridor herein tönt ein helles langgezogenes Klingeln. Das kleine Mädchen zuckt zu­fammen und wirft sich schlaftrunken hin und her, dann fährt sie jäh empor, namenloses Entfegen malt sich in ihrem Geficht. Mama!... Mama!"

Die Frau richtet sich mit einem Nuck in die Höhe: Erna!... Mein Himmel, Erna, was ist denn los?"

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Das Wort sollte sich eigentlich jeder Mann von Geschmack merken. Der Bart trägt zum Gesichtsausdruck bei, er kann ein Teil der äußeren Persönlichkeit werden. Tritt er aber so ungebärdig und vordringlich auf wie hier, so nimmt er die Charakteristik beinahe ganz auf sich. Der geistvollste Kopf und das ausgesprochene Schafs­geficht werden auf solche Weise einander ähnlich. Dieses gewinnt vielleicht, soweit dies überhaupt möglich ist, jener aber verliert sicher, und er weiß es nicht, weil er immer nur in seinen Schnurrbart ver­liebt ist. Theater.

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Leffing Theater. Josephine" von Hermann Bahr  . Kunz   von der Rosen, Du bist ein Narr. Kein Narr der Komödie, in dem die Weisheit des Lebens steckt, sondern ein Narr des Lebens, der die Weisheit der Komödie nicht begreift. Ich laß Dich hängen, wenn Du grämlich thust. Ich verfupple Dich an Blumenthal, wenn Du nicht lachst. Ich mache Fulda   zu Deinem Vetter, wenn Du schäbig

Vom Korridor her tönt noch einmal das lange Klingeln. Mama horch doch nur, Mama!" Das kleine Mädchen faßt der Mutter Hand. Wer kommt denn da? Es ist doch Nacht? Ach, Mama, ich graule mich so!" sie beginnt zu weinen. Auch der Vater ist wach geworden, ärgerlich dreht er sich auf die Seite: Na, was soll denn der Spektakel bei nachtschlafender Zeit." Die Mutter tätschelt nach dem Kinde hinüber:" Sit ja nichts, Ernachen, schlaf nur, schlaf, mein Mäuschen." Und zu dem Mann bist. Du sollst heut fröhlich sein. Oder begreifst Du nicht, um gewandt: Hat sich wohl einer in der Thür geirrt. Vielleicht der Student von oben, der ist ja ohnehin immer betrunken, wenn er nachts

was es sich handelt? Um einen Wig, schwerfälliger Freund! Um einen wig! Herr Bahr hat eine Komödie geschrieben, was an sich schon