Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 246.

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Elfe.

Sonntag, den 17. Dezember.

( Nachdruck verboten.)

Von Alexander L. Kielland. Aus dem Norwegischen von Leo Bloch  .

Es war frisch und fühl unter dem Wasserrad, und das einförmige Geräusch der Schaufeln, welche herumplätscherten und die klaren Wasserperlen, welche vor ihren Augen fanzten, lockten sie in neue Träume, bis sie angerufen wurde. Sie stand mitten im Weg vor einem Riesen, der feuchend aus der Lehmbahn mit einer schweren Last zur Ziegelmühle kam.

Else ging über die langen Gänge, wo die Mauersteine wie Gesangbücher in den Gestellen aufgestellt waren- hoch über ihrem Kopf und weit, weit hinunter ganz bis ans Ende des Ganges  , wo sie einige ganz kleine Menschen sich draußen im Sonnenschein bewegen sah.

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wöhnlich gutmütig, und außerdem war Bagabundenblut in Svend; das will sagen: er stammte von Zigeunern, und die zu neden ist gefährlich.

Als er sich nach einer Weile in reinem Kragen, blauem Tuchrock und rundem Hut Elje vorstellte, hätte sie ihn faft nicht wiedererkannt. Sie war ganz überwältigt von seiner Schönheit. Gleichwohl mertte sie bald, daß er floßiger und baurischer war, als sie geglaubt hatte, und es dauerte nur wenige Minuten, so fühlte sie sich ihm ganz überlegen.

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Nachdem sie ihn nach verschiedenen Dingen gefragt hatte, erbot er sich, ihr alles auf dem Werf zu zeigen. Und nun fing er auf einmal an mehr zu reden, ja, er lachte ein paar Mal über sie, wenn sie gar zu dumm war.

Sie gingen nun zusammen durch die langen Gänge, während er ihr alles, was sie sahen, erklärte, selbst auf den Ofen führte er sie, damit sie auf die glühenden Mauersteine, welche gerade gebrannt wurden, hinunter sehen konnte.

brücken und neuen Träumen.

Oben vom Dach, wo Lücken in den Dachziegeln waren, All das amüsierte Floh, gleich als ob heute alles spaß­fam hin und wieder ein Sonnenstrahl, der einen langen, haft wäre. Bloß schon an seiner Seite zu gehen und ihn reden glänzenden Streifen schräg durch die Luft zog und einen zu hören, war ein Vergnügen, und daß sie nicht einmal die runden Sonnenfleck auf den Boden machte. Hälfte von dem verstand, was er ihr erklärte, das paẞte Die Spaßen, welche oben ihre Nester gehabt hatten, gerade in diesen merkwürdigen Tag mit all den neuen Ein­führten noch ihr fündiges Leben mit Schlägerei und Geschrei. Bom Gange nebenan kamen die festen Schläge der Klopfer, welche die Mauersteine glatt schlugen, che sie getrocknet wurden; ein lustiger, junger Bursche sang weit ab ein weiner liches Liebeslied, während er arbeitete; und mitten in all dem ging das große Wasserrad und plätscherte so geduldig und einförmig und drehte die Mühlen, daß sie knarrten.

Madam Aber dann kam wieder der Bote zu Elfe. Spädbom war fertig und wollte zur Stadt. Da blieb nichts übrig, als zu gehorchen. Floh schleppte sich zum Hause des Ziegelmeisters, wo Madam schon in der Gig saß.

Komm jekt, Else!" rief sie ungeduldig, die Uhr geht auf sieben, wir müssen bei Tag zu Hause sein."

Else Hörte Stimmen und bog neugierig in einen Seiten- Floh faßte Mut und sagte: Darf ich nicht nach der gang; da standen drei junge Burschen und formten Mauer- Stadt gehen? Es ist ja schönes Wetter." Du steine. Ihre Augen hefteten sich schnell auf den, der am Form- Madam Späckbom sah Svend und lächelte: Aha- tisch stand und Thon in Formen flatschte. hast wohl gute Begleitung, fann ich mir denken,- ja, ja, da mußt Du auf Dich selbst achten, Else, aber komme nicht zu spät heim," damit fuhr Madam fort. Sie war eine fehr fiberate Dame Sie war eine sehr liberale Dame die Madam Späck­bom; und sie fand nichts Schlimmes dabei, daß die jungen Leute an dem schönen Abend zusammengingen; außerdem geficl ihr Svends Gesicht.

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Er mochte neunzehn, zwanzig Jahre alt sein; fohlschivarze Haare, welche über den Ohren leicht gelockt waren; große, ctwas schhivere Augenlider; aber als er nun von der Arbeit auffah, heftete er ein paar dunkle fast schwarze Augen auf Else. Sie sah weg und wurde rot. Nie in ihrem Leben, schien ihr, hatte sie etwas so Hübsches gesehen. Er hatte einen ganz kleinen, dunklen Flaum unter der Nase; sonst hätte man den Mund gut für einen Mädchenmund halten können, so rot und weich war er. Else schien es mit einem Mal, das wäre der Mund, von dem sie den ganzen Tag geträumt hatte.

Sie ging ein Stück weiter über den Gang, drehte sich aber um und näherte sich wieder auf den Zehen. Da hörte fie einen im Seitengang fagen:" Ja, die mußt du doch kennen, Svend! sie wurde ja ganz rot, als sie Dich sah." Svend lächelte; sie konnte zwischen den aufgestapelten Mauersteinen gerade seinen Mund sehen. Darauf strich er sich mit den nackten Armen über die Stirn, so daß er sich noch ärger mit Lehm beschmierte und sagte: Das war ein verteufelt hübsches Frauenzimmer!"

Das schien Floh unvergleichlich keck gesagt, und sie fühlte sich stolz und geschmeichelt. Sacht schlich sie sich fort, um ihren Triumph in der Stille zu genießen.

Gleichwohl mußte sie schnell wieder zurück, aber nun läutete gerade die Mittagsglocke. Die Arbeiter strömten hinaus aus den Gängen und hinunter zur See, um sich ver dem Mittagessen etwas zu waschen, und ein kleiner Junge tam, um Elfe zu holen. Sie sollte mit Madam im Hause des Ziegel­meisters effen.

Am Nachmittag hatte Madam einige Krankenbesuche in den nächsten Gehöften zu machen, und Else sollte mitgehen. Aber sie zeigte sich so gedankenlos und ungeschickt, daß Madam böse wurde und sagte: es wäre besser, fie ginge ihres Weges.

Floh lachte und lief gleich wieder hinunter nach der Ziegelei. Die Uhr war gegen vier. Sobald Svend sie sah, erklärte er, daß er für heute Schluß machen vollte. Die andern wollten, er sollte bis zur gewöhnlichen Zeit warten, aber er warf die Formen weg und ging, sich zurecht zu machen.

Die Kameraden knurrten, aber ließen ihn gewähren sie twußten, er konnte einmal ebenso auffäffig fein, wie für ge­

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Die beiden jungen Leute gingen also längs der See, während Madam den direkten Weg nach der Stadt nahm. Floh war froh über ihr Glück; aber als sie dann, ein wenig fokett, Svend fragte, ob er sie zur Stadt begleiten wollte, antwortete der Klog: Das kann ich schon."

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Dadurch fühlte Floh sich etwas verlegt, sie war an galantere Ravaliere gewöhnt. Aber er gewann wieder ihre ganze Gunst, als er über den Zaun in den Garten des Glöckners fletterte und für sie eine Rose stahl von einem Busch, den man vom Hause aus nicht sehen konnte.

Es war eine ganz einfache, hellrote Gartenrose, welche noch nach der eigentlichen Blütezeit daranhing. Aber sie hatte trogdem einen Duft Rosenduft, wie er mit in ihre Träume gehörte.

Und während sie in diesem Duft an seiner Seite ging, fühlte sie wieder einen überwältigenden Drang zu danken, jemand ihr Glück mitzuteilen. Sie wollte sich an seinen Hals werfen, ihn küssen, die unglaublichsten Dummheiten machen; aber er ging ein Stück von ihr und sah so kalt und ernst aus, daß sie sich schämte.

Gleichwohl quälte er sich ebenso. Er wollte so furchtbar gern, daß sie sich in das Heidekraut seßen und zusammen schwagen sollten, aber er wagte nicht, es vorzuschlagen.

Um die Mittagszeit hatte ein leichter Seewind geweht; aber am Abend war es wieder windstill. Die Bucht lag so glatt wie ein Spiegel mit blanten Ringen, wo gerade ein Bogel untergetaucht war, oder mit langen Wellenstreifen hinter einem Fischerboot, welches in den Sund sollte, um nach Dorschen zu suchen.

Man hörte weder Vogelgezwitscher noch sonst irgend einen Ton; aber eine weiche, verführerische Stille, in der man sich verbergen konnte, um jemand etwas zuzuflüstern, was feiner hören sollte.

Else hatte wieder das Gefühl, als ob sich ihre Brust er­weitern wollte. Sie ging über ihre Rose gebeugt.

Und während sie so gingen, näherten sie sich einander