Anterhaltungsblatt des Vorwärts
Nr. 247.
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Elfe.
Dienstag, den 19. Dezember.
( Nachdrud verboten.)
IV.
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Der Verein für gefallene Weiber der St. Peter- Gemeinde war also in Wirksamkeit getreten, und die Polizeimeisterin war nicht wenig stolz auf ihr Protokoll. Es war ein dickes, feierliches Buch in gelbweißem Bergament mit rotem Rücken und dem Namen des Vereins in Goldbuchstaben.
1899
passierte, und als alles ging wie vorher, ohne die geringste Anspielung auf sie, begann sie zu denken, daß es vielleicht nicht so gefährlich wäre. Eine ganz neue Art von Aengstlichfeit lag über ihr; sie konnte auch nicht mehr lachen wie früher; aber ihr leichter Sinn half ihr bald über das Schlimmste, und sie fand allmählich wieder ihren guten Nachtschlaf und ihre flaren Augen.
Aber Svend wollte sie nicht sehen. Sobald sie an ihn dachte, wurde sie glühend rot; es war viel schlimmer, an ihn zu denken, als an den andern.
Sie hatte den Konsul mehrmals in der Dämmerung am Hause vorbeigehen sehen, aber sie bemerkte zu ihrer Freude, Uebrigens waren die Arbeiten des Vereins noch vor- daß er nicht hereinzukommen wagte. Dagegen kam sonst bereitend, da die Mittel nicht stark genug waren, um eine eigene Stiftung mit Gebäude und Verwaltung zu errichten. Außerdem ging es etwas zähe mit dem Einsammeln von Beiträgen; die Stimmung war nicht günstig; auch schien es nicht so leicht zu sein, die gefallenen Weiber der St. PeterGemeinde zu finden.
Aber das war auch nicht die Sache des Sekretärs. Die Frau Bolizeimeisterin hielt vormittags von 10-11 in ihrem Wohnzimmer Bureau. Das Protokoll lag aufgeschlagen auf der ersten Seite, auf welcher noch nichts anderes stand als die Ueberschriften der Rubriken: Name, Alter, von wem empfohlen nsiv., daneben stand das Schreibzeug mit einer gentalten Feder zur Dekoration und einer neuen Stahlfeder zum Schreiben.
Aber es kam niemand, und die Frau Polizeimeister wurde oft etwas ungeduldig. Ab und zu wurden Versammlungen gehalten, oder der Kaplan kam zu ihr herauf, um mit ihr über Vereinsangelegenheiten zu sprechen. Es war so eine eigene Sache, mit einem jungen Mann diese Dinge zu besprechen, und die hübschen Augen der Polizeimeisterin mußten sich oft schüchtern auf das Protokoll hinabfenten. Aber es war auch ein erhebendes Gefühl, daß man wie der Kaplan fagte mitten in seiner eigenen Reinheit doch Augen hatte für die Sünden um sich und, was in menschlicher Wacht stand, that, um die Gefallenen zu retten.
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an jedem Abend, wenn Madam Späckbom aus war, eine ältliche Frau, die immer sehr freundlich lächelte. Sie lud Else sehr fleißig ein, sie zu besuchen; sie wohnte ganz in der Nähe, unten in der Strandstraße. Aber zu gleicher Zeit legte sie ihr inständig aus Herz, Madam Spädbom nicht ein Wort von ihren Besuchen zu sagen.
Aber eines Abends gab es eine furchtbare Scene. Madam Späckbom hatte im Dunkeln draußen auf dem Gange eine fremde Mannesperson abgefaßt; und da sie sich nicht zu er tennen geben wollte, öffnete Madam resolut die Thür zur Wohnstube, wo Else bei der Lampe saß.
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Ein einziger Blick auf das verstörte Geficht des jungen Mädchens, als es sich zeigte, daß der Abgefaßte Konsul With war, war für Madam genug. Sie kannte den Konsul so gründlich, daß sie sofort das Ganze verstand und Madam Späckbom hegte jedenfalls keine Ehrerbietung für ihn. Deshalb wurde er schleunigst mit einem tüchtigen Puff aus der Thüre gefeßt und von einem Strom von Schimpforten und Verwünschungen begleitet, welche der feine Mann mit ausgesuchtem Anstand in die Tasche steckte froh darüber, entschlüpfen zu können. Aber dann hielt Madam Abrechnung mit Elfe, was damit endete, daß sie sie noch am gleichen Abend zur Thür hinausjagte. Denn wie sie sagte wenn es ein anderer gewesen Daheim in der Arche lebte man, wie man konnte, aber wäre, zum Beispiel er der Bursche von der Ziegelei, so nicht immer wie man sollte. Der Mann mit den vielen würde sie nicht ein Wort gesagt haben, sondern ihnen sogar Gesichtern hatte sich oft gezeigt, und auf diese Besuche folgte geholfen haben, damit sie zusammen fämen und einen stets ein allgemeiner Wohlstand und ein gutmütiger Humor Hausstand gründen könnten. Steiner sollte von Madam bei der mürrischen Wirtin. Spädbom sagen, daß sie mit der Jugend streng wäre. Aber sich wegwerfen an solch ein altes Schwein, wie den Konsul With!- nein, nein! achtete Else sich nicht mehr als so, so tonnte sie nicht unter Madam Späckboms Dach bleiben.
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Die Triokonzerte blühten darum, und es ging nicht bloß über den seligen Fürstenau her, sondern auch Onslow und Kalliwoda ja selbst Vater Haydn mußte sich darein finden, vom Dekonomen getrillert, von Jörgen Tambour getrommelt und von alten Schirrmeister, der wie ein Rasender spielte und wie ein deutscher Musikaut trank, gehämmert zu
werden.
Christian Falbe hatte im Herbst eine seiner allerschlimmsten Perioden gehabt, und das beschäftigte die Schwester so sehr, daß sie nicht bemerkte, wie bleich und verändert Else geworden war.
Madam Späckbom merkte es dagegen wohl; aber sie Tächelte mit ihrem sachkundigen Lächeln; wenn junge Leute verliebt waren, sahen sie just so eine Zeit lang aus.
Als sie Svend und Else zusammen sah, hatte sie sich gleich gesagt: das wird ein Paar. Sie paßten so außer ordentlich gut zu einander, das sah Madam sofort, und sie hatte in solchen Dingen einen sichern Blick.
Als deshalb Svend an einem Samstag Nachmittag Klokig und verlegen erschien, nahm Madam ihn äußerst freundlich auf und bat ihn, sich auf das Sopha zu sehen, während sie in die Küche ging, Elfe zu holen.
Aber Else war nicht dort; sie war nirgends; fie zeigte sich erst, nachdem Svend endlich gegangen war. Madam schalt sie aus, lachte aber trotzdem verschmigt; denn auch dieses Symptom kannte sie; gerade so thaten die Mädchen, wenn sie am allerernstesten interessiert waren.
In den ersten Tagen hatte Floh die Augen nicht aufgeschlagen. Sie beschäftigte sich sehr eifrig mit dem Haushalt und ging nie aus. Aber in der Nacht weinte sie vor Scham und Angst; jeden Morgen erwartete sie, daß alle Welt es wissen würde.
Aber als Tag für Tag verging, ohne daß irgend etwas
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Die sonst so gutmütige Madam war rasend, wenn sie erst einmal böse wurde. Und das hatte sie auf das tiefste empört und gekränkt. Solch eine bodenlose Falschheit von Floh, sie mit dem Burschen von der Ziegelei zu narren sie, Madam Späckbom! welche einen so sicheren Blick in solchen Dingen hatte!- und dann der Konsul With!- Neiu, hier konnte von nichts anderem mehr die Rede sein, als daß Else den schwärzesten Undank gezeigt hätte und ein ausspekuliert falsches und leichtsinniges Dings wäre.
Floh stand auf der dunklen Straße, ehe sie recht zur Besinnung fam. Zuerst hatte sie geweint, aber nun hörte sie auf, um zu überlegen. Ihre größte Augst war, ob Madam jetzt schweigen würde oder ob es alle erfahren würden.
Es war falt, wo sie stand; der Wind blies, und sie war ohne Ueberzeug. Sie beschloß, zu einer Freundin zu gehen, welche in der Nähe diente, und abzuwarten; vielleicht könnte Madam sich bedenken.
Floh schlief die Nacht bei ihrer Freundin, und am nächsten Morgen ging sie hinter nach Madam Späckboms Haus. Aber Madam bemerkte sie auf dem Hügel und knallte die Thür vor ihr zu.
Da erst ging es Else auf, daß sie im Erust fortgejagt wäre, und ihr Unglück kam mit einer plötzlichen Wucht über sie, die sie zerschmettern zu müssen schien. Sie schlich sich in die engsten Gassen am Strand und ging schluchzend mit ge. fenktem Kopf, ohne zu sehen, wo sie ging.
Da begegnete ihr die freundliche Frau, welche sie mehrere. male befucht hatte.
Armes, fleines Elfechen", sagte die gute Frau; was hat man Dir gethan? konum herein zu mir! Ich wohne dicht