Das Käthchen von Heilbronn . ( Schiller- Theater.)

In Hebbels Tagebüchern findet sich diese Stelle:

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Er

Hahnrei machte? Die Unterthanentreue streift hier wirklich die Grenzen des Verächtlichen. Der Präsident in Kabale und Liebe ", meint zwar, daß jeder Mensch von Vernunft nach der Distinktion geizen müsse, mit seinem Landesherrn an einem dritten Ort zu Trogdem kann O, wie mich das schmerzt! Käthchen, Du mein liebes Käthchen wechseln; aber der Präsident ist eben ein Schurke. von Heilbronn , Dich muß ich verstoßen, Dir darf ich nicht mehr er einige Gründe ins Treffen führen, die nicht so ganz uneben sind. so gut bleiben als ich Dir wurde, da ich Dir, noch Jüngling, zum Schließlich will er, indem er ein oder vielmehr beide Augen erstenmal in die süßen blauen Augen schaute und mir Dein zudrückt, den Fürsten nur um so fester an sich fesseln. Er bringt rührendes Bild alles aufopfernder und darum vom Himmel feine Ehre nicht aus schäbiger Loyalität" zu Markte, sondern weil nach langer schmerzlicher Probe gekrönter Liebe, ich glaubte er politisch herrschen will, so daß in diesem Wandel der Fürst schließ­für ewig, in die Seele drückte! Wie ein Stern bist lich doch der düpierte Lüstling bleibt. Natürlich bleibt der Präsident ein Schurke; Du aber innerhalb dieses Begriffs kann man ihm eine in einer trüben Zeit über meinem Haupte auf­gegangen und haft jene Seligkeit, die mir das Leben auch ver- gewisse respektable Nuance nicht absprechen. Ganz anders steht es dem ehrsamen Waffenschmied aus Heilbronn ". weigerte nnd nach der mein Herz doch schon ungeduldig schmachtete, mit die er abgöttisch liebt und die er in meine Brust hineingelächelt; Deine Schmerzen habe ich geteilt, hat eine Tochter, mit allen Segnungen des bürgerlichen Wohlstands umgiebt. denn mir war, als ob ich ebenso hinter dem Glück herzöge, wie Du hinter Deinem spröden Grafen, und auf Deiner Hochzeit war wie sich nun schließlich herausstellt, daß sie feine Tochter gar nich ich der fröhlichste, wenn auch zugleich der stillste Gast, denn ich ist, sondern daß vielmehr sein allergnädigster Kaiser und Herr in glaubte fest, einer huldvollen Laune ihr Vater geworden ist, verharrt er nach wvie DI, an endliche Erhörung. Sie ziehen alle wieder wie vor in der Ergebenheit, die einem treuen Unterthanen geziemi. alt mir vorbei, die linden Früh lings- und Sommertage, die oft Wie stimmt das zu dem wilden Kläger", der im ersten Att ſo schön waren, Es stimmt, meinen wir, gar nicht. Oder und die mir doch nichts brachten, als erhöhte Sehnsucht und zu geschildert ist? es stimmt und dann hätte Kleist die fatale Ansicht weilen erhöhtes Vertrauen; wie goldne Rahmen kommen sie mir aber jetzt vor, die sich nicht um ein Bild, sondern um die leere Luft vertreten, daß auch ein aufrechter Bürger sich geschmeichelt fühlen zuſammenſchloſſent. Aber damals empfand ich das nicht so, ich muß, wenn sein Kaiser mit ihm an einem dritten Orte" wechselt. schaute durch diese Rahmen hindurch in den Duft der Abendröte Natürlich hat Kleist diese Halbweltsweisheit nicht vertreten und auch Wir ziehen nur darum die Konsequenz so hinein, wo die Zaubergestalten tangen und schweben, die der nicht vertreten wollen. Dichter fchafft, weil die Natur sie nicht numittelbar schaffen kann, scharf, um eindringlich zu zeigen, wie unangenehm sich die kaiserliche Herkunft Käthchens rächt, eben weil sie mit der eigentlichen Idee und von diesen Gestalten warst Du lange der Mittelpunkt Ich sehne mich oft nach jener Zeit des unbegrenzten Verlangens und des Ganzen nichts zu thun hat. Wir sind übrigens nicht die einzigen, unbestimmten Vermögens zurück, aber nicht immer duften die denen der loyale Hahnrei( der ja im ersten Aft eine prachtvolle Auch Ticck hat gefunden, Blumen mir, die ich auf den Gräbern meiner jugendlichen Freuden Gestalt ist) auf die Nerven fällt. pflücke, nicht selten zerfallen sie vor meinem Finger, ja vor daß sein herzliches Gefühl" durch die faiserliche Thäterschaft meinem Auge in Staub, und dann ist es mir, als ob sie nie ge- ziemlich verdunkelt" würde und hat sogar so tief unter dem Ein­wesen sind und ich verarme, wo man es für unmöglich halten druck dieser Thatsache gestanden, daß er eine Umarbeitung des sollte, noch verarmen zu können. So, nein, nicht gerade Stückes begann, die den fatalen Bater" ausmerzen sollte. Aber so, aber doch anders, als ich gewünscht hätte, ging es mir auch noch vor der Vollendung sah er ein, daß es eine gewagte Unter­heute morgen mit Dir, mein Käthchen, als ich Dich nach so nehmung sehn dürfte, diefen wunderbaren duftigen Strauß neu zu langer Zeit wieder aus Kinn faßte und Dein Köpfchen mit den ordnen und zu binden, ohne etwas von dem zarten Blumenstaub zu ver blonden Locken in die Höhe hob! Nicht Du hast Dich verändert, wischen oder den frischen Morgentau zu verschütten". Uebrigens hat Kleist Du bist und bleibst eine rührende, mit dem Liebreiz himmlischer selbst eingeräumt, daß er im Käthchen dem Theater Konzessionen gemacht Unschnid ausgestaltete Gestalt, eine erstgeborene Tochter der Poesie, hat. Ob er damit die romantische Abstammung( die für das breite der die Mutter ihre eigenen Züge geborgt hat, aber die Welt, in Publikum allerdings ihren besonderen Reiz hat) meinte, wissen wir der Du Dich betwegst und die Dich hält und trägt, will mir nicht nicht. Jedenfalls aber können wir ihm beipflichten, wenn er von mehr wie früher, gefallen, ja nicht einmal ganz mehr, dies wirst Mißgriffen spricht, die man belveinen möchte". Du am schwersten verzeihen, Dein Wetter vom Strahl, der Dich erst zu heiraten wagt, mut Du eine Kaiserstochter bist.

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Käthchen von Heilbronn wird in der deutschen Litteratur lebendig bleiben, wenn auch das Drama, dem sie den Namen giebt, nicht zu den großen deutschen Dramen gehört. Eigentlich ist es überhaupt fein Drama, sondern ein Bühnenmärchen oder doch eine romantische Bühnenerzählung von der Art Shakespeares.

Auf den ersten Blick könnte es scheinen, als ob die Dichtung in einem ganz besonderen Sinne" modern" wäre. Dieser Graf Strahl, der nach der Peitsche greift und trotzdem Was Hebbel mit diesen Worten sagen will, ist etwa folgendes: vom Das Käthchen von Heilbronn ſiegt nicht durch ihre rührende Gin- abgöttisch geliebt wird, bringt Gedanken an Nietzsche herauf. gabe, auch nicht durch die Magie ihrer Schönheit, vielmehr bekommt Man darf ja nach diesein fragwürdigen Philosophen die fie den Grafen vom Strahl schließlich nur, weil sie eine uneheliche Peitsche nicht vergessen, wenn man zu Weibern geht. Das giebt Kaiserstochter ist und vom Kaiser zur Prinzessin von Schwaben er den ersten Scenen einen eigentümlichen prickelnden Neiz und wir hoben wird. Daß aber Kaiserbriefe und Prinzessinnentitel würden den Darsteller verstehen, wenn wir ihn auch tadeln müßten, unwiderstehlich sind, hat die Welt, wie Hebbel sehr richtig der hier etwas in die Gestalt hineinträge, das nicht hinein gehört. bemerkt, niemals bezweifelt. Was Käthden von Heilbronn Daß es nicht hinein gehört, zeigt die Dichtung in ihrem weiteren beweisen sollte, beweist sie nicht; sie beweist vielmehr das gerade Berlauf ganz klar. Schließlich ist es ja doch der Graf, der zwar die Peitsche kommt, aber doch einem rührend Gegenteil, daß nämlich selbst ihre Hingabe und Schönheit einen nicht unter Mädchen ins Garn gerät und so auf feine Mann nicht zu zwingen vermögen, wenn seine fendalen Vorurteile schönen Sklaven wird. Zum Ueberfluß hat der nicht durch allerlei Rebenumstände aus der Welt geschafft werden. eise eine Freundin ausgesprochen, Damit erhält das Stück allerdings einen sehr schweren Schlag; feine Dichter selbst in einem Brief an innere Geschlossenheit geht in die Brüche und was übrig bleibt, sind daß Käthchen durch ihre gänzliche Hingebung mächtig sei und hat Bruchstücke, prachtvolle Bruchstücke, Bruchstücke eines unendlich somit das Weib zur treibenden Kraft der Dichtung gemacht. schönen Tempels, aber fein Ganzes. Es ist wie im dritten Aft des Stückes: die Brandfackel ist in die Burg geworfen, die Mauern stürzen ein, aber mitten im allgemeinen Zusammensturz steht frei und leuchtend Käthchen von Heilbronn und hinter ihr erhebt sich ein schüßender Cherubim: die Pocsie. Wir verzichten Als solches wird es von unseren Bühnen immer wieder und darauf, unserm tritischen Einwand einen begeisterten Hymnus folgen zu lassen, und zwar verzichten wir aus denselben Gründen, aus immer wieder gegeben werden können. Es kann nicht veralten, da ihm Kleist den ganzen Glanz seiner großen Seele gegeben hat. denen auch Hebbel in seinen Tagebüchern darauf ver zichtete. Es giebt eben Namen, die jedes ganz gehorsamste Augenblicklich hat in Berlin das Schiller Theater die Dichtung Adjektiv, das sich ihnen mit cinem Räucherfaß und einem in seinen Spielplan aufgenommen. Die Darstellung, in der Frau Fliegenvedel zur Seite stellen wollte, verzehren würden, wie das Eysoldt, Gregori und Pat egg hervortreten, ist gut.­Erich Schlaikjer. Feuer den Kranz", und zu diesen Namen gehört allerdings Heinrich v. Kleist. Die verfehlte Anlage, die nicht das hingebende Mädchen, sondern ihren illegitimen Vater zum schließlich siegenden Princip" macht, hat einen unangenehmen Fehler in der Form nach sich ge­zogen. Um die kaiserliche Herkunft Käthchens glaubhaft zu machen, wird die ganze romantische Traum- und Zaubergeschichte notwendig, die tief mit dem Stück verwoven ist. Nun fann freilich ein Traum int einem Drama sehr wohl eine Rolle spielen. Wenn die Dichtung so fest wie eine Burg gegründet ist, kann auch durch ihre alten Gemächer der Geist des Schlosses spuken, aber die Burg muß den Geist beglaubigen, nicht umgekehrt der Geist die Burg. In Kleistens Dichtung aber bildet der Traum schließlich die Unterlage des Ganzen und das ist für ein Drama allerdings ein etwas luftiger Grund. Die kaiserliche Herkunft Käthchens hat aber noch andere, recht unangenehme Wirkungen, die von Hebbel nicht hervor gehoben sind. Was soll man zu dem ehrsamen und vielbekannten Waffenschmidt" aus Heilbronn ingen, der schließlich bei einer Tochter untertriecht, die nur dadurch entstehen konnte, daß seine Frau ihn zum

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Kleines Feuilleton.

r. Christbaumschmuck. In einem engen Thale des Thüringer Waldes liegt das Dorf Lauscha , der Sitz einer eigenartigen Glass industrie. Hier werden unter anderem auch die blizenden, bunten Glasfachen angefertigt, mit denen wir seit Jahren gewohnt sind, unsere Weihnachtsbäume zu schmücken. In der Mitte des Ortes be findet sich eine alte Glashütte , die schon im 16. Jahrhundert von zivei aus Böhmen eingewanderten Glasmachern gegründet worden ist. Im Jnnern der Hütte lodert in einem großen Ofen ein mächtiges, durch Holz­scheite gespeistes Feuer, und inmitten der Glut stehen große Hafen", ans Ucber jedem gefüllt mit geschmolzener, dickflüssiger Glasmasse. Hafen ist eine Oeffnung in der Ofenwand angebracht. Der Glas­ macher taucht ein langes, mit einem Mundstück versehenes Eisenrohr, die Pfeife", in den Hafen. Am Ende der Pfeife bleibt ein birnen­großer Tropfen der glühenden Masse hängen, den der Glasmacher

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