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so war er's dem Miffert; sie gingen beide um einander herum, vorsichtig schnuppernd wie Füchse um die Falle.

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würde Hauptmann selbst den sanftesten Gast verschenchen, wenn er einmal auf den verwegenen und wenig einträglichen Gedanken käme, fie den Gästen seines Hauses vorzusetzen.

Es muß doch mal Frühjahr werden, auch in dieser ver­fluchten Gegend," tröstete sich der Gendarm. Dann gab der Schluck und Jau  " ist ein armes, dürftiges, von allen guten Buchenwald   einen angenehmen Ort fürs Stelldichein, es saß Geistern der Kunst verlassenes Stüd. Der brutale Beifall, den es von blinden Anhängern erhielt, war eine ästhetische und sittliche sich gut auf dem weichen Moos. Er hatte noch keinen Eifel  - Roheit, die man als das einzige sensationelle Ereignis des Abends winter mitgemacht, und der dünkte ihn schier endlos, zum bezeichnen kann. Es kann jedem Dichter passieren, daß Sterben langweilig mit seinen ungeheuren Schneelasten, die er ein schlechtes Stück schreibt; es wirkt sehr peinlich, wenn das Bergland von jedem Verkehr abschnitten. er dieses Stück mit allen Mitteln der geschäftlichen Reklame in­..Eweil moß et bal Frühjaohr gänn," tröstete sich auch sceniert; aber es wirkt unerträglich, wenn er überdies noch am Bittchen. Dann war das Wandern von Dorf zu Dorf nicht mehr so beschwerlich, man fonnte commoder" über Land gehen und seinen Rausch gemächlich im Wald ausschlafen. ( Fortsetzung folgt.)

Abend vor dem Vorhang erscheint, um über den wüsten Lärm seiner Anhänger zu quittieren. Man hat seine ganze Objektivität nötig, um die Ehrfurcht nicht zu verlieren, die unsres Erachtens dem Dramatiker Hauptmann unter allen Umständen entgegens gebracht werden muß. Hauptmann hat ohne Zweifel Verdienste, große Verdienste, schwerwiegende Verdienste, aber selbst das reichste Erbe der Vergangenheit kann von einer gewissenlosen und leicht fertigen Gegenwart verthan werden. Wenn der letzte Abend im Deutschen   Theater sich noch einigemale wiederholen sollte, dürfte der antisid Led eius Dichter mit Schreden erleben, daß man seine großen Thaten über Jon Bluck und Jau. feiner großen Reklame vergißt. Schluck dang( Deutsches Theater.)

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Die Notizen, in denen von Hauptmanns neuer Dichtung die Rede war, schwirrten bereits seit Wochen durch die Presse. Die Welt wurde wie auf eine große Ueberraschung nach und nach auf den Abend im Deutschen   Theater vorbereitet. Die Arbeit wurde wie eine Sensation ersten Ranges insceniert. Bei einer Sensation aber tommt es in erster Linie darauf an, die Oeffentlichkeit in Atem zu halten. Der Schleier darf nur langsam vom Geheimnis gezogen werden und jede Mitteilung muß den Hunger nach neuen Mitteilungen Freiheit zum Tyrannen wird, und zwar zeigt er bei dieser Gelegen weden. Wir erfuhren also zunächst nur ganz allgemein, daß es fich um eine heitre Dichtung handelte, und erst, nachdem wir uns mit diefem Faktum genügend vertraut gemacht hatten, wurde uns als weiteres Reizmittel der Titel serviert.

bleibt

Um nim auf Schluck und Jan" zu kommen, das in der ganzen Affaire das unbedeutendste Moment ist, muß zunächst die Wahl des Motivs anerkannt werden. Hauptmann hat sich in einzelnen Scenen peinlich start an Holberg   angelehnt, aber immerhin hat er das alte Motiv selbständig geschaut und selbständig erfaßt. Es handelt sich bekanntlich um einen Vagabunden, den man bes trunken in das Bett eines Fürsten legt, um ihm beim Erwachen eins zureden, daß er ein Fürst geworden sei. Holberg   benugt diesen Vorwurf mun, um zu zeigen, wie ein geknechteter Mann in der heit, wie die Tyrannenlaster in den Sklaventugenden wurzeln, so daß er schließlich nicht die Freiheit, sondern vielmehr die Herr schaft trifft. Hauptmann faßt sein Motiv anders. Der Vagabund bei ihm als Fürst ein harmloser Spaßmacher, der Schlud und Jau" ließ auf eine derbe Dichtung von nieder- feine eingebildeten Unterthanen nicht hängen läßt, sondern fidel, ländischer Farbenkraft schließen, und sollte vermutlich auch darauf schließen wenn auch taktlos, mit ihnen ineipt. Dafür aber hat allerdings laffen. Wir durfteu an Jean Steen und seine farbenfrohen Wirts- Hauptmann dem Motiv eine andre, sehr schäzenswerte Seite ab­hausbilder denken. Wir durften hoffen( und sollten vermutlich hoffen) gewonnen. Sein Vagabund fühlt sich schließlich, auch als er als daß Hauptmanns Seele weit und tief genug sei, um neben dem Bagabund wieder erwacht, immer noch als Fürst. Er vergleicht sein tragischen Mitleid auch die Freude an trafistroßender Ausgelassenheit Landstreicherdafein mit seinem Fürstentraum- und kommt schließlich zu bergen. Man ließ uns einige Zeit, diesen Phantasien und Hoff- zu dem Resultat, daß auch ein Fürst nur eine Kehle und einen nungen nachzuhängen. Erst dann ging man dazu über, uns das alte Magen hat. Damit ist das Motiv Holbergs allerdings in Motiv der neuen Dichtung mitzuteilen. Und auch das Motiv hatte eine neue Beleuchtung gerückt, aber die Beleuchtung ist leider etwas an sich, das den Hunger wach hielt. Es stimmte zu allem, so dürftig und fümmerlich, daß man das Motiv nicht sieht, was wir bereits wußten, zu Jean Steen und den obwohl es doch von Gold ist und somit eigenen Glanz Niederländern, zu satten Farben und zu derber Lust, und daneben hat. In der ganzen Dichtung tritt eine geradezu erschreckende regte es noch die Frage an, wie Hauptmann seinen großen Vor- Armut zu Tage, was um so schlimmer ist, als der Dichter eine gängern gegenüber bestehen würde. Das Interesse an der Dichtung zweifache Gelegenheit hatte, seinen Reichtum zu zeigen. In der und am Dichter war damit genügend geschürt, und somit erfuhren Schilderung des Fürsten   und der Fürstenburg fonnte er alles geben, wir nun auch- tropfenweise natürlich- einzelnes über die Besetzung. was seine Seele an Kraft und Bracht zu geben hatte. Er gab uns Ein fluger Mann sagt nie in einer Notiz, was er auch in zwei Notizen aber keine Burg, sondern eine nüchterne Villa, die für einen flein fagen tann, und man muß es den Freunden Hauptmanns bürgerlichen Rentier nach einer verbrauchten Schablone gebaut ist. laffen, daß fie diesen Grundsatz praktischer Lebensweisheit mit einer In all den Versen, die wir hörten, war nicht einer, der Glanz und nicht gewöhnlichen Intelligenz und einer nicht gewöhnlichen Un- Farbe hatte. Wir bekennen offen, daß wir uns in so hohem Grade erfchrodenheit zur Anwendung brachten. Endlich versiegen aber selbst nur in den Theaterſtüden gelangweilt haben, mit denen Baul Heyse die reichsten Mittel, und so fam auch endlich der Tag, an dem der gelegentlich seine dramatische Ohnmacht beweist. Hauptmann blieb Theaterzettel, wie jeder andere Theaterzettel, an den Litfaßsäulen uns aber nicht nur den Fürsten   und die Fürstenburger blieb uns prangte. auch den Vagabunden und die Vagabundenfröhlichkeit schuldig. Er Damit hatte die Sensation nun freilich keineswegs ihr Ende versagte in der Gestaltung seines Motivs eben vollständig. Holbergs erreicht. Man mußte schon zu den Bevorzugten unter den Lustspiel ist meerestief und meeresweit; Schluck und Jau" ist ein spiegeln kann, einen Blay im schaler Tümpel, in dem sich nichts spiegeln Sterblichen gehören, um für fünf Mark einen Play im schaler Tümpel, die Eitelkeit, die mit Parkett zu erwerben. Die Billetthändler standen haufenweise sei denn jedem Spiegel vorlieb in den Nebenstraßen des Theaters herum, und die zahlreichen Was schließlich am schwersten bleibt, zu tragen Equipagen und Droschten vollendeten das Bild einer sensationellen ist der Rückschluß, den der unbefangene Kritiker auf Hauptmanns Premiere. All diesen Thatsachen gegenüber wirfte es recht wunder- Talent thun muß. Es hat immer Leute gegeben, die Hauptmann lich, daß Hauptmann in einem Prolog um mildernde Umstände bat. für einen bedeutenden Kopisten, nicht aber für einen bedeutenden Er ersuchte das verehrte Publikum, doch um Gottes willen feine zu Dichter hielten, es hat auch immer Leute gegeben, die gegen diese hohen Ansprüche an die Dichtung zu stellen und bat die Erschienenen, Meinung fämpften, und wir gehörten bisher immer zu den letteren. fich als Gäste eines Schloßherrn zu betrachten, der nach der herbst- Wir räumen aber gern ein, daß unsre Position bedrohter ist, als sie lichen Jagd mit einem Erich Schlaitjer. fröhlichen Spaß Die es jemals war. erquidt. Entschuldigung stellte insofern hohe Ansprüche an die Phantasie der Zuschauer, als Schloßherrn im allgemeinen die Bläge in ihrem Saal nicht für 5 M. pro Stück zu verkaufen pflegen. Auch pflegt man für solche Jagdspäße die Reklame nicht in Anspruch zu nehmen und am allerwenigsten läd man die Kritit ein, um öffentlich darüber zu berichten. Die mildernden Umstände, um die Hauptmann bat, mußten also von vornherein verweigert werden. Er hatte seine Dichtung als ein sensationelles Ereignis angekündigt und mußte fich der Kritik stellen wie jeder, der etwas auf dem Herzen hat und den Rampf nicht fürchtet. Hatte seine Reklame den Eindruck einer über­raschenden Unerschrockenheit gemacht, so machte seine Entschuldigung den Eindruck einer überraschenden Feigheit.

Am schlimmsten ist es aber schließlich, daß seine Dichtung auch vom Standpunkt eines derben Spaßes aus eine betrübende Er­scheinung genannt werden muß. Wir unsrerseits hätten ihm nicht nur den Spaß, sondern auch die unerlaubte Reklame für den Spaß Herzen verziehen, wenn nun wirklich ein Spaß, oder auch mur ettvas Aehnliches herausgekommen wäre. Mit der Langeweile aber, die über Schluck und Jau" lagert,

von

nimmt.

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Kleines Feuilleton.

es

- Ein origineller Theaterzettel der Räuber" aus dem Jahre 1789, dem Jahre, in welchem Goethe seinen" Faust" in Leipzig   zur Ostermesse brachte, findet sich in dem Kalender 20. Jahr hundert".

Großes bürgerliches Trauerspiel.

Mit gnädigster Erlaubniß wird heute Sonntags den 4ten Of tober 1789 von der W.. Gesellschaft deutscher Schauspieler ein vortreffliches hier und aller Orten sehr berühmtes von dem berühmten Herr Schüller neu bearbeitetes, mit Verzierungen und schönen Ab­wechselungen versehenes großes bürgerliches Trauerspiel in 5 Auf zügen auf vieles Nachfragen aufgeführt werden, genannt: DER FALL DES MOORISCHEN HAUSES oder DJE RAEUBER. Nach dem Personalstand NB.