Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Freitag, der 9. Februar.

( Nachdruck verboten).

1900

Sie heulte, daß die Wände widerhallten; er schrie und lärmte wie besessen; zuletzt versöhnten sie sich. Noch einmal schien in Peter das frühere Bittchen zu erwachen; er schlug sich mit der Faust vor die Stirn, nannte sich einen Wuodeswoor"( wilder, böser Mensch), umarmte die Zeih, bat ihr kläglich ab und füßte sie wild. Schnell versöhnt, gab sie seine Stüsse zurück; einander herzend und drückend, verabredeten sie auf den nächsten Tag, den Jahrmarkt in Wittlich   zu besuchen.

Das Weiberdorf. Roman aus der Eifel   von Clara Viebig  . Beih kostete einen vollen Triumph aus, rasch kehrte ihre gute Laune zurück; die Augen tanzten ihr ordentlich vor Ver­gnügen, zärtlich streichelte sie über den verblichenen grünen Bezug des eingefessenen breitlehnigen Sofas. Ihre naive Be­wunderung machte dem Alten das größte Vergnügen. Da­durch wurde es ihm erst so recht klar, was er doch eigentlich Zeih träumte die Nacht von einem Karoussel, von Buden für ein verteufelter Kerl war, solch einen Besitz zu erstehen! und allerhand Herrlichkeiten, vom Oberkailer und von dem Er fühlte sich ordentlich jung, und als sie in den Keller Herrn Schmit, während Bittchen, den Arm um ihre Schultern hinabstiegen, um den Plaz anzusehen, wo das Mofelweinfaß gelegt, mit brennenden Augen ins Dunkel starrte und den liegen sollte, nahm er auf der dunklen Treppe ihre warme Schlaf nicht finden konnte. Hand und patschte die und stieg so flink die steilen schlüpfrigen Stufen hinab und wieder hinauf, als wäre er sechzehn und nicht nahe sechzig, und als hätte die leidige Gicht ihm nie einen Snippel gegen die Beine geworfen.

Schade, schade, daß er die nicht immer hier haben konnte! Er fragte sie noch einmal wegen der Aufwartung, und sie be­richtete ihm haarklein den Vorfall des Morgens. Mußte der Miffert ein unangenehmer Patron sein! Er schimpfte weidlich, und Beih's Bunge rührte sich auch munter-, ihr Bittchen war gar nicht mehr kommod, seit der geerbt hatte, war er alleweil faprizig( launenhaft)!

Von wem hat er denn geerbt?" fragte Schmit gierig.

Dat waaß ech net," lachte sie. Schweigen verredt mer sich net- hän saot neist." Schmitz sah sie verwundert an.

Mir saon hei:

neu­Met

So jämmerlich hatte er sich noch nie gefühlt. War er denn frank? Wohl zitterten feine Hände, wenn er ein Glas zum Mund führte, seine Beine waren oft wie abgeschlagen, aber krank, nein, frank war er nicht. Im Dunkel streckte er den Arm aus mager, aber sehnig! Seine Finger spreizten sich-war das nicht eine Hand, recht gemacht, den Thaler, auf den Tisch zu schleudern und danach aufzuschlagen, daß Flaschen und Gläser hoch sprangen? Wenn er nur mehr Freude davon hätte!

Freude---?! Er unterdrückte ein Hohnlachen! bet allem, was er that, schlich ja etwas um ihn herum und tuschelte ihm in die Ohren, legte eine Hand auf seine Brust und drückte da, daß er nicht frei atmen konnte.

In Peter war der Wunsch aufgestiegen, sich einer Seele anzuvertrauen; ein paarmal war er wieder auf den Gräbern feiner Eltern gewesen, aber keine Stimme aus der Tiefe Jao, Ihr könnt et glauwen," fuhr sie wichtig fort, dat hatte ihm zugesprochen, vielleicht, daß sie böse waren, weil Bittchen, dat es anen!" Ein geheimer Stolz auf ihren Mann noch kein Denkstein stand. Aber so rasch ging das nicht. regte sich nun doch in ihr. Dän es schichtig( schlau), dän Alle Tage konnte er doch nicht einen harten Thaler hört dat Gras wachsen. Dän saot neist, wat hän net faon wechseln, so dumm waren die Bäuerlein am Ende will; net emaol, wann hän besoff es!" auch nicht, und seit der Schmit. der Schlauberger, in Eifelschmitt hockte, war ihm ein Aufpasser gefekt. Einen immer weiteren Streis mußte er auf seinen Wanderungen beschreiben. Wenn er sich der Tina anvertraute! Die war schlau. Wenn er mit der Halbpart machte?

So, so." Das zweifelhafte Lob Pittchens interessierte Herrn Schmitz weiter nicht, seine Meinung stand einmal fest: ein un­angenehmer Patron.­

Von muu an fühlte es Bittchen, er hatte einen geheimen Widersacher im Dorf.

Rasch kant ihm der Gedanke, wie eine Erlösung- nuz Er hatte einen unbestimmten Haß gegen den Alten nicht allein sein mit der Angst! Aber ebenso rasch verwarf in der Eichelhütte, größeren Haß, als auf den schönen er ihn wieder. Weiber haon lange Röck, äver en forzen jungen Gendarm von Oberkail  . Der Schmitz hatte einen Berstand." Nein, das durfte er nicht wagen! Und zudem verdammten Blick; sah er nicht den Peter mit seinen noch Halbpart machen? Er hatte ja nicht für sich selber Schweinsäuglein so von der Seite an, als wollte er sagen: genug; wie Butter unter der Sonne, so zerrann ihm Ich weiß was!... das Geld unter den Fingern; er wußte nicht, wo's

Als sie sich in der Wirtsstube beim Krummscheidt zum hinschwamm, die Hütte war fahl nach wie vor, und erstenmal getroffen hatten, war Peter beim Eintritt des Alten wenn sie auch nicht mehr hungerten, ein Hundeleben blieb's aus seiner Ecke aufgesprungen, scharrte einen Stratfuß und doch. Zumal jetzt, wo er dem Frieden nicht recht traute, setzte sich mit einem:" Met Verlöw" dem Herrn gegenüber an war's oft knapp. Und die zerrte an ihm und jene, die zog ihn die Breitsfeite des Tisches. Zutraulich fing er eine Unter- hier und die dort das mußte ein unversiegbarer Bronn haltung an, schwatte harmlos und zutäppisch, aber er hatte sein, aus dem sie alle schöpfen konnten.

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XII.

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fein Glück damit. Seine Blicke, die flink wie Wiesel umher- Eine gewaltige Erschütterung fam über Peter, eine huschten, entdeckten keinen Zug des Wohlwollens auf dem Todesmattigkeit. Der Stopf fant ihm vornüber, er hätte sich dicken, roten Gesicht gegenüber; Schmiz blieb zugeknöpft, das gern aufgerichtet- es war ihm so beklommen aber er blühende Fett der Wangen   deckte jede Regung, die blauen konnte nicht. Aeuglein verschwanden ganz in ihren Schlißchen. Er trank rasch aus, zahlte und ging; Beter blieb sißen wie ein Dummer. Er fluchte in sein Glas hinein, fing dann an mit dem Wirt zu trafehlen und schimpfte dabei auf den alen Knick­stiewel", den Kalmäuſer", das Mastschwein".

Was die Zeih nur an dem finden konnte? Herr Schmit blieb ihr zweites Wort. Von dem grünen Zitsofa, über das sie einmal hatte streicheln dürfen, erzählte sie, als sei es lauter Sammet und Seide. Ganz beseligt kam sie heim, als der Herr Schmitz sie zur Veilchenzeit in seinen Garten gerufen und ihr erlaubt hatte, für das Josephchen einen Strauß Veilchen zu pflücken. Als ob es deren nicht auf der Flur unter den Hecken weit blauere und duftendere gäbe! Peter riß ihr die Blumen aus der Hand, zertrat sie und visitierte ihr dann die Tasche hatte sie nicht noch was anderes ge­schenkt bekommen?

Er glaubte ihr nicht, als sie beteuerte: Nor Veilcher, su woahr ech läten, nor Veilcher!" Er riß ihr den Rock aus den Falten, kehrte alles an ihr um und um, und als er nichts fand, schlug er ste.

Warme Tage waren über die Eifel   gekommen, Früh Sommertage. Die Sonne brannte auf die nackten Kuppen, die Felsen schleuderten die Strahlen zurück; Gewitter zogen jäh auf und gingen jäh nieder, oft stand ein Regenbogen überm Thal, hier einen Fuß, drüben den andern.

Was da gesät war, ging der Reife entgegen.

Auf Bäbbis Acker stand der Roggen so hoch wie das Lorenzchen war. Lukas Evangelist   hätten den gern die alten Schneidersch genannt, so war der Tag feiner Geburt im Kalender benamst, aber Bäbbi hat trotz ihrer Strankheit und Schwäche darauf bestanden, er mußte nach seinem Vater ge­tauft werden.

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Peter Paul Purzel, bricht dem Korn die Wurzel", sagt eine uralte Bauernregel. Sinnend schritt Bäbbi den Acker­rain entlang und ließ ihre Hand sacht durch die leis wogenden Aehren streichen. Wie lange noch drei Wochen kaum dann war Peter und Paul, dann fing das Korn an sich zu bleichen, und die Männer kamen heim! Der Lorenz tam!

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