Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Dienstag, den 13 Februar

( Nachdruck verboten).

Das Weiberdorf. Naman aus der Eifel von Clara Viebig Zom Schandarm, zom Schandarm nach Oberkait!" jeterte der Küfter.

Duh kommen ech jao als här," jammerte der Handelsmann. Duh sein ech stracks hingerennt, wie onsen Wirt 30 Groß­littchen saot, dän Dahler wär falsch. Newer dän Schandari es net derhäm. Se saon zu Oberfail, hän wär nao Schwarzen born, on in Schwarzenborn : nao Eifelschmitt. Ou hei dän Strummscheidt faot, hän wär nao Cart".

Lao könnt hän!" fchrie Bäbbi auf. Ihre scharfen Augen hatten den Schimmer einer Uniform am Waldrand gesehen. Lao kömmt hän aus em Büsch, ech siehn de Knöpp blinkeri!"

On en Framensch haot hän bei sech." bruminte schmun zelud der alte Krummscheidt., Hähr Schandarm! Helao!" Hollah," brüllte Schmit, Sie da!"

Feuer, Feuer," zeterte der Küfter.

Sie erhoben alle die Stimmen, selbst der geistliche Herr rief. Endlich schien der Oberfailer zu hören; das Frauen zimmer verschwand wie vom Erdboden verschluckt, er selbst sprang in großen Säßen von Waldrand auf die Straße herunter. Nun fam er angetrabt.

Wer die Kunde vom falschen Thaler ins Dorf getragen, wusste man nicht. Obgleich der Gendarm den Erstivissern strengstes Stillschweigen auferlegt denn," sagte er, der Hallunke darf bei Leibe keinen Wind davon kriegen, sonst macht er sich dünn" hatte einer doch geplaudert.

Wie ein Lauffeuer ging's von Haus zu Haus: Wiẞt Shr't schnus? Hatt Ihr't als gehört? Jesses, e su ebbes! Sollt mer't glaiven. En Dahler, en falschen Dahler!"

Die Weiber standen alle auf der Gasse; außer Bäbbi trar feine im Haus geblieben. Sie schlugen die Hände überm Kopf zusammen und riffen Augen und Mäufer auf. Alle möglichen Geschichten tauchten auf im Anschluß an den falschen Thaler; wer was zu erzählen wußte, erzählte von Räubern und Mördern und Einbrechern. Selbst der Schinderhannes , der vor siebzig Jahren zu Mainz Ge­köpfte, trat leibhaftig wieder auf. Sie drängten sich zu fammen und schauderten und machten einander graulen. Das fummte und wirrte durcheinander wie ein aufgestöberter Bienenschwarm.

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Er stöhirte und janimerte, am meisten darüber, daß der Gen­darm den Thaler eingezogen hatte, nm ihn seinem Vor­gefeßten, dent Obergendarni zu Wittlich , abzuliefern. Jeß. Jeß flagte er. duh sein ech vom Räjen unner de Trauf re- redur!" Er fallte schon, sie hatten ihm zum Trost wacker tommen! Hähr Scha- Schan- darm ech will mein Dahler eingeschenkt.

Heute brannten die Lichter in den Häusern länger denn je, mir Pittchens Hütte lag still und finster.

Spät in der Abenddämmerung war Zeih ins Dorf ge­schlichen. Ungesehen hoffte sie heimzukommen, aber schon wurde fie angehalten. Hatt Ihr't gehört? Hatt Jhr't gehört vom falschen Dahler?"

Wie eine Bombe fiel sie daheim in die Stube, wo Bittchen quer überm Bett lag, die Augen starr gegen den Deckbalfen gerichtet. Er hatte eben den Rausch der vorigen Nacht ausgeschlafen, nach der Frühmesse war er erst heim­gefommen; mm schmerzte ihn der Schädel noch. Stumpfsinnig brütete er; als er feine Frau erkannte, schnauzte er sie an: Wuh haste dech widder erumgedriewen?" and

Sie achtete gar nicht darauf, gleich plakte sie mit der Neuigkeit heraus: Haste't gehört? Se haon en Dahler, en falschen Dahler gefunnen! Se sein dem Kerl als uf der Spur." In graufenvollem Entzücken schlug sie die Hände zusammen. Dän hängen se uf, wann se den krtehn! Bittchen, wat faofte nau?"

"

Keine Antwort.

Sie beugte sich über ihn schlief er schon wieder? Pittchen, en falschen Dahler! Dent ehs! Hörste dann net?" Sie packte ihn am Arm.

Ech hören." Ihre Hand zurückstoßend, richtete er sich mühsam ein wenig auf seine Stimme flang heiser.

, dattste Dech aach e su wenig inderessierst," sagte sie ordentlich beleidigt, e fu ebbes passiert doch net alle Dag! Dent ehs, want se dän kriehn, duh".

Wänt es ét dann?" Sich auf den aufgestemmten Ell­bogen stigend. sah er sie stier an.

Huh." freischte sie lachend, maachst dau en Bisasch! Eweil könnt mer fech jao graulen!" Wän es et­

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ivat faon se?" stieß er hervor. Seine Lippen zitterten, seine Hände auch.

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Sie zuckte die Achseln: Dat waaß ech net. Aewer waart" sie ergriff gern eine Gelegenheit, wieder fortzu­fommen ech giehn noach chs on hören mech an!" Schon war sie zur Thüre hinaus.

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Allein! Er ftöhnte auf in verzweifelter Wut, mit einem Satz war er aus dem Bett und nebenan in der Kammer. Mit angstvoll prüfendent, scheuen Blick sah er sich um­nichts zu entdecken! Friedlich lag sein Handwerkszeug auf den Tisch. das niedrige Defchen stand an der Wand, der Schemel daneben sonst alles leer.

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Das Wirtshaus wurde belagert; die neugierigen Gefichter drückten sich an die Fenster, denn drinnen saßen ja die Herren und hielten Rat. Und da war auch der Thaler zu sehen Wie der uur ausschanen nochte?! Hie und da machte sich cine eine Ausrede, zum Beispiel die Tina, die ging feck hinein und kaufte für einen Groschen Klümpcher( Bonbons), aber es Erleichtert atmete er auf. Aber da, da in der Ecke, wo half ihr nichts, der Krummscheidt war ganz verstört und hatte Lehm und Steine, von der bröckligen Maurer herabgefallen, fein Ohr für ihre Fragen, auch niemand von den Herren rief einen Schutthaufen bildeten! sie an den Tisch, so sehr sie auch hinschielte. Sie friegte den Thaler nicht zu sehen.

Stechend bohrte sich sein Blick dort ein. Und dann räumte er in fiebernder Haft den Schutt in eine andre Ecke, riß dort von der Wand noch mehr dazu, und ließ dem schmutzigen Estrich der ersten Stelle unbedeckt. So war fie nicht verdächtig. si ani

Der Schmitz führte das Hauptport. Zu seiner Zeit hatte in Köln einmal ein Falschmünzerprozeß gespielt, den gab er nun mit allen Einzelheiten zum besten. Eine ganze Bande war's gewesen, zehr Mann hoch, mit so und so viel Helfers- In einiger Entfernung ging draußen jemand vorüber, helfern; was Aehnliches würde wohl auch hier dahinterstecken. Sumpf hallten die Schritte. Was, was, paßten sie ihm gar Jimmer martialischer wurde das Gesicht des Gendarmen, schon auf?! Wie der Blitz führ er auf und verlöschte er drehte den Schnurrbart auf, daß ihn die Spigen fast in das Licht. die Augen stachen, und fühlte verstohlen nach dem doppel­Läufigen Revolver, den er unter der Uniform auf der Brust trug. Im Namen des Gefehes" ha, wie sie zitterten!

Darin waren sich fast alle einig, ein Eifeler konnte der Missethäter nicht sein. Der Pfarrer sprach warm für die feiner Kirche anvertrauten Schafe. Nun war er hier schon dreißig Jahre im Amt, nie, nie war etwas Böses vorgefallen. Schmit, als geborener Eifeler, war gang feiner Anficht. Ja, draußen waren sie alle raffiniert, aber hier? Ne," sagte er, hier sind se zu ehrlich!"

Der Gendarm nickte dazu: Und viel zu dämlich!" Nur das Hausiererchen sagte kein Wort zur Entlastung der Einheimischen, der hatte die praktische Steuntinis für sich.

Mit angehaltenem Atem schlich er im Dunkeln aus der Kammer in die Stube zurüd, und aus der Stube an die Hausthür. Borsichtig öffnete er sie spaltbreit und lauschte nach dem Dörf hinunter. Flimmernde Lichter und Hunde­gebell, verworrene Stimmen und Rufen und Lachen.

Blätter fäuselten im Nachtivind. Durch das Gras huschte etwas; er schreckte zujamnien. Was war das?! Ach, nur eine Kaße, die den geschmeidigen Leib über den thaufeuchten Rasen zog und sich, leise raschelnd, unter'm nächsten Zaun verkroch.

Mit bebenden Fingern strich er das wirre Haar aus der Stirn, und dann stahl er sich gewandt wie die Kaze, im Schutz der Hecken zum Dorf hinunter und verschwand, jeden