,, Er kam auch hinein."
Warum tam er hinein?"
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Der Kaufmann hatte noch Cognac übriggelassen, den tranten wir zusammen aus."
Ah, den tranken Sie zusammen aus! Sehr gut." Hat die Angeklagte sich auch mit Simon unterhalten und worüber?"
Die Maslowa machte plötzlich ein finstres Gesicht, wurde purpurrot und sagte schnell:
Was ich gesprochen habe? Das weiß ich nicht mehr. Machen Sie mit mir, was Sie wollen. Ich bin unschuldig, das ist alles. Nichts habe ich gesprochen. Was war, habe ich alles erzählt," sagte sie.
Weiter habe ich nichts zu fragen," sagte der Staatsanwalt zum Vorsitzenden, schob die Schultern unnatürlich in die Höhe und trug in das Konzept seiner Rede schnell das Geständnis der Angeklagten ein, mit Simon in das leere Zimmer gegangen zu sein.
Dann trat Schweigen ein.
Sie haben nichts mehr auszusagen?"
" Ich habe alles gesagt," brachte sie seufzend heraus und fette sich.
Hierauf schrieb der Vorsitzende etwas in die Aften, hörte eine Mitteilung an, die ihm das Gerichtsmitglied links im Flüsterton machte, verkündete eine Unterbrechung der Sigung für zehn Minuten, stand schnell auf und verließ den Saal.
Nach den Richtern erhoben sich auch die Geschwornen, die Advokaten und Zuschauer und zerstreuten sich hierhin und dorthin, im angenehmen Bewußtsein, daß schon ein Teil der wichtigen Verhandlung erledigt sei.
Nechljudow ging in das Geschwornenzimmer und setzte sich dort an das Fenster.
3wölftes Kapitel.
Ja, es war Ratjuscha.
Nechljudows Verhältnis zu Katjuscha war folgendes: Zum erstenmal hatte er sie gesehen, als er im sechsten Universitätssemester sein Werk über ländlichen Grundbesitz vorbereitete und den Sommer bei seinen Zanten verbrachte.
Gewöhnlich wohnte er den Sommer über mit Mutter und Schwester auf dem großen Gut seiner Mutter in der Nähe von Moskau . Aber in diesem Jahre hatte seine Schwester geheiratet und seine Mutter war ins Ausland, in ein Bad gefahren.
Nechljudow mußte indessen sein Werk schreiben und beschloß, den Sommer bei seinen Zanten zu verbringen. Bei ihnen, in der Einsamkeit, war es still und gab es keine ZerStreuungen; die Zanten liebten ihren Neffen und Erben zärtlich, und er liebte sic, liebte ihr altmodisches Wesen und die Einfachheit ihrer Sitten.
lag. Zuweilen fekte er fich morgens nach dem Kaffeetrinken an sein Werk oder machte Quellenstudien für dasselbe; sehr häufig ging er aber, anstatt zu lesen und zu schreiben, wieder aus dem Hause und streifte in Wald und Feld umher. Vor dem Mittagessen hielt er irgendwo im Garten ein Schläfchen, amüsierte und erheiterte bei dem Mittagessen durch seine Fröhlichkeit die Tanten, ritt dann spazieren, oder fuhr im Boot und las abends wieder in seinen Büchern, oder saß bei den Lanten, die Patience legten.
In der Nacht, namentlich wenn Mondschein war, konnte er häufig nur deshalb nicht schlafen, weil er zu große, auf regende Lebensfreude empfand. Dann ging er bisweilen, anstatt zu schlafen, bis zum Morgengrauen mit seinen Träumen und Gedanken im Garten spazieren.
So lebte er glücklich und ruhig den ersten Monat seines Aufenthalts bei den Tanten, ohne der schwarzäugigen, schnellfüßigen Katjuscha, die halb Stubenmädchen, halb Pflegetochter war, irgend welche Aufmerksamkeit zu schenken.
Nechljudow, der unter Schuß und Schirm seiner Mutter aufgewachsen war, war mit neunzehn Jahren ein vollständig unschuldiger Jüngling. Er träumte vont Weibe mir als Gattin. Alle weiblichen Wesen, die nach seinen Begriffen nicht seine Gattin fein konnten, waren für ihn nicht Weiber, sondern Menschen. Aber es traf sich, daß in diesem Sommer am Himmelfahrtstage zu den Lanten deren Nachbarin mit ihren Kindern kam; das waren zwei junge Damen, ein Gymnasiast und ihr Besuch, ein junger, aus dem Bauernstande hervorgegangener Künstler.
"
Nach dem Thee begann man auf der bereits gemähten Wiese vor dem Hause ein Gesellschaftsspiel, das letzte Paar heraus", zu spielen. Auch Katjuscha war dabei. Nechljudow sollte nach mehreren Touren mit Katjuscha laufen. Es war ihm immer angenehm, sie zu sehen, aber nie war ihm auch nur der Gedanke gekommen, daß zwischen ihm und ihr irgend welche besonderen Beziehungen bestehen fönnten.
,, Die beiden werde ich ganz gewiß nicht greifen," sagte der vorn stehende lustige Künstler, der mit seinen kurzen, frummen aber starken Bauerubeinen sehr geschwind lief. Vielleicht stolpern sie."
"
,, Sie greifen fie doch nicht."
., Eins, zwei, drei!"
Katjuscha tauschte,
Er flatschte dreimal in die Hände. faum ihr Lachen verhaltend, schnell ihren Platz mit Rechljudows, drückte mit ihrer festen, rauhen, kleinen Hand seine große Gauft und lief nach links, wobei ihr gestärkter Rock rauschte.
Nechljudov lief schnell, er wollte sich vom Künstler nicht greifen laffen und stürmte aus Leibeskräften vorwärts. Als er sich umschaute, sah er den Künstler hinter Katjuscha herlaufen, aber sie ließ sich nicht greifen und entfernte sich, ihre Nechljudow durchlebte in diesem Sommer bei den Tanten jungen, drallen Beine munter werfend, nach links. Borne war jenen Zustand der Schwärmerei, in welchem ein junger Mann ein Gebüsch von Syringensträuchen, hinter welches niemand zum erstenmal nicht durch andre, sondern durch sich selbst lief; aber Katjuscha sah sich nach Nechljudow um und gab die ganze Schönheit und Bedeutung des Lebens und der ihm mit dem Kopfe ein Zeichen, sich hinter dem Gebüsch zu Aufgaben, die dem einzelnen in ihm zugewiesen sind, kennen vereinigen. Er verstand sie und lief hinter die Sträucher. lernt, die Möglichkeit unendlicher Vervollkommnung seiner Aber da war ein kleiner, mit Neffeln bewachsener Graben, eignen und der ganzen übrigen Welt vor Augen sieht und sich von dessen Vorhandensein er keine Ahnung hatte; er straudjelte, diefer Vervollkommnung nicht nur in der Hoffnung, sondern verbrannte sich die Hände an den Nesseln, wurde nas Aber dann richtete er sich in der festen Ueberzeugung hingiebt, all diese Vollkommen vom Abendtau und fiel hin. heiten, die er sich ausmalt, auch zu erreichen. lachend sofort wieder auf und lief auf den freien Platz. ( Fortsetzung folgt.)
In diesem Jahre las er noch auf der Universität die Social Statics" Spencers, und seine Ausführungen über ländlichen Grundbesitz machten auf ihn starten Eindruck, besonders da er selbst Sohn einer Großgrundbesitzerin war. Sein Vater war nicht reich gewesen, aber seine Mutter hatte ungefähr zehntausend Morgen Land als Mitgift erhalten.
Damals hatte Nechljudow zum erstennial die ganze Ungerechtigkeit privaten Grundbefizes begriffen, und da er zu den Leuten gehörte, denen aus ethischen Gründen dargebrachte Opfer den höchsten geistigen Genuß bereiten, beschloß er, sein Eigentumsrecht auf das Land nicht geltend zu machen. Damals hatte er den vom Vater ererbten Grundbesitz den Bauern hingegeben.
Ueber dieses Thema schrieb er auch sein Werk. Sein Leben in diesem Jahre auf dem Lande bei den Zanten verlief folgendermaßen: Er stand sehr früh, bisweilen um drei Uhr auf, ging vor Sonnenaufgang im Flusse am Fuße des Bergs, bisweilen noch im Morgennebel, baden und kehrte zurück, wenn noch Tau auf den Gräsern und Blumen
Für Andre.
( Nachdruck verboten.)
Autorisierte Uebersetzung von G. Brausewetter. Endlich war die Arbeit fertig, die sein ganzes Leben in Anspruch genommen hatte, endlich hatte er das Ziel erreicht, dem er mit all einer Arbeit nachgestrebt: eine eigene fleine Hütte im Walde.
Sein ganzes Leben hatte er andrer Bich gehütet, andrer Pferde gefahren, andrer Aeder mit den Pflügen andrer gepflügt, eines andren Acer gerodet, auf eines andern Feldern viele viele hundert Faden lange Entwässerungs- Gräben nen gegraben. An eines andern Tisch hatte er gegessen, in eines andern Bett geschlafen. Er hatte bei geizigen Bauernhofbesitzern gedient, die schwere Arbeit forderten und dem armen Arbeiter den Lohn bezahlten, der ihnen paßte. Selbst die Kleider, die er trug, gehörten einem andern und waren nicht nach seinem Maß gemacht, und da er keine Frau hatte, hatte die eines andern sie geflidt.
Er besaß nichts, was er sein eigen nennen konnte, als seine