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Freude gemacht. So Herr Ruffell als alter Brenninger, Herr Meth als Anton Huber, Herr Greißeegger als Aftlechner und andre mehr. Alles in allem tönnen wir wiederholen, was wir bereits an den Anfang stellten: Willkommen in Berlin ! Und vor allen Dingen: Waidmannsheil!. Erich Schlaikjer .
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Kleines Feuilleton.
k. Die Nervosität der franzöfifchen Schriftsteller. Aus dem demnächst erscheinenden Buch„ Le Crime et le Suicide passionnels" von L. Proal veröffentlicht die„ Nevue blene" in ihrem letzten Heft schon jetzt interessante Auszüge. Der Verfasser glaubt bei den berühmtesten Schriftstellern des 19. Jahrhunderts eine trant hafte Phantasie und eine übergroße Sensibilität nachweisen zu spricht in ihrer Selbstbiographie selbst von ihren Hallucinationen. Als machte in seiner Jugend cinen Selbstmordversuch. George Sand junges Mädchen hatte sie sich das Bild eines fiftiven Gottes ge
Herr Schmidt als Bühnenleiter. Fönnen, die sie zum Selbstmord prädestinierten. Chateaubriand
Gestern hat Dr. Conrad Schmidt an dieser Stelle einen Artikel veröffentlicht, der seine Fähigkeiten als Bühnenleiter in ein ganz eigentümliches Licht rückt. Was von meiner Ueberlegenheit",
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meinem„ Ton" und ähnlichen Dingen gesagt ist, schenke ich ihm mit wirkliches Wesen schaffen, den sie Corambo nannte, fie betete ihn wie cin Freuden. Ich rede wie mir der Schnabel gewachsen ist und pfeife auf die altjungferlichen Bedenken, die von ihm oder andern geltend gemacht werden können. Etwas genauer verdient die Art und Weise betrachtet zu werden, mit der Herr Schmidt einen Vorschlag ab thut, den ich in meiner letzten Kritik gemacht hatte. Ich riet der" Freien Volksbühne ", einen Dramaturgen anzustellen, der im stande sei, die laufende dramatische Produktion mit Sachverständnis und Aufmerksamkeit zu verfolgen, und vor diesem Borschlag entsetzt sich Herr Schmidt, als wenn ein Dramaturg ein gemeingefährliches Individuum sei. Er spricht von einer großen nagelneuen" Radikalkur, die ich höchsteigenhändig erfunden haben soll und scheint mithin anzunehmen, daß die Dramaturgen eine Menschengattung sind, die ich aus purer Bosheit erst geschaffen habe. Nun hat aber jede Bühne einen Dramaturgen und muß einen haben. Ich rate der Freien Voltsbühne" also nur, daß sie fich fach männisch einrichtet, wie es andere Bühnen auch thun. Wenn das wirklich einer nagelneuen Radikalfur gleichfomint 11, dann ist damit eine Kritik an der Freien Volksbühne “ geübt, die herber und bitterer iſt, als alles was ich in geschrieben habe. Freilich: Herr Schmidt hat schwere Bedenken! Vor allem muß der Berein denselben Charakter, den er feit je getragen und mit dem er groß geworden", beibehalten. Ach, was Sie sagen, Herr Schmidt! Jch las vor furzem diese Säge: „ Wie oft mußte in diesen Besprechungen darauf hingewiesen werden, daß die Entwicklung der dramatischen Litteratur einen Teil der Hoffnungen, die bei der Gründung der Freien Bolts bühne" so lebendig waren, getäuscht hat. Die Kunst, auf die wir gehofft, ist nicht gekommen. So ist der Verein in der Auswahl der Stücke auf das Repertoire der öffentlichen Bühnen angewiesen geblieben." Diese Säße stammen von einem Mann, der wenigstens für Herrn Schmidt eine getvisie Autorität besigen muß von ihm selber nämlich. Am 22. April greift er klagend in die Leier und singt das Lied von den getäuschten Hoffnungen, die den Berein leider genötigt haben, seinen Charakter zu ändern. Wenn ich dann am 8. Mai cinen Vorschlag mache, der dem Verein ermöglichen soll, auch in der veränderten Situation mit litterarischen Ehren zu bestehen, erscheint Herr Schmidt am 10. Mai im Borwärts", spricht entrüstet von„ Radikalfuren" und erklärt feierlich, der Verein könne unter keinen Umständen den Charakter ändern, den er seit je getragen und mit dem er groß geworden sei". Ach nein, Herr Doktor, der Charakter hat sich geändert und das gründlich. Es fragt sich nur, wie es anzustellen sei, daß der Bühne auch bei ihrem veränderten Charakter eine gewisse litterarische Bedeutung gewahrt bleibt. Doch ch' ich es vergesse: der Vorsitzende der Freien Boltsbühne" schaudert von allem andern abgesehen auch vor dem Gedanken, daß ein Dramaturg von Arbeitergroschen" bezahlt werden sollte. Aus welchen Fonds, wenn ich fragen darf, werden Schauspieler, Schauspielerinnen, Regisseur, Kassierer und Lokalinhaber bezahlt? Kommen diese Groschen" etwa aus der vierten Dimension? Und wenn sie das nicht thun ivarum ist dann die Honorierung eines Dramaturgen eine Zumutung, vor der Herr Schmidt sein Haupt mit Schandern verhüllt? Ich sehe mit Vergnügen, daß er auch einen kleinen demagogischen Kniff nicht
verschmäht.
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Schließlich wird mir das Repertoire des verfloffenen Winters vorgehalten ein Repertoire, das manches zweifelhafte, immer aber vielgespielte Stücke enthält. Wenn Herr Schmidt glaubt, daß dieses Repertoire der Volksbühne" irgend eine litterarische Bedeutung geben kann mun, dann verfügt er über eine geistige Anspruchslosigkeit, die ihn befähigt sobald er sich mit der Notwendigkeit eines Dramaturgen abgefunden hat jedes beliebige tapitalistische Theater zu leiten. Die" Journalisten"," Ros mersholm", den" Faust" und" Hamlet " kann er dort auch spielen. Auf neue Stüde kommt es an oder wenigstens auf solche alte, die nicht bereits hundert und aber hundertmal gegeben sind.
Zum Schluß noch eins! Herr Schmidt gefällt sich darin, auf ein Stück zu sticheln, das ich geschrieben habe. Das sei ihm gestattet. Er darf die freie Zeit, die ihm die Leitung der Wolfsbühne“ läßt, gern gauz und gar aut dieses harmlose Ber quügen wenden. Nur 11m cins möchtich ihn in aller Freundlichkeit gebeten haben: er läßt durchblicken, daß die Stellung eines Theaters zu meinem Stück meine Kritik beeinflußt. Einen solchen Borwurf erhebt man deutlich oder man erhebt ihn gar nicht, Herr Schmidt. Also heraus mit der Plempe, wenn's gefällig ift. Sagen Sie ganz, was Sie doch schon halb gefagt haben und ich werde Sie dann so zu stellen wissen, daß der Handel Ihnen wenigstens als lein Kinderspiel erscheinen soll.- Erich Schlailjer.
Kultus auf einem ländlichen Altar. Lange Jahre trug sie sich mit an und widmete ihm einen wahrhaften Selbstmordgedanken. Dr. Briffand, Professor an der Parisermedizinischen Fakultät, bestätigt ebenfalls das Vorhandensein einer nervösen Krankheit bei George Sand . Alfred de Musset war auch nicht frei von nervösen Anfällen und war während mehrerer Perioden seines Lebens Enfant du Siècle" erzählt er, daß er Luft hatte, seine Geliebte und nahe daran, sich das Leben zu nehmen. In der„ Confession d'un sich selbst zu töten, und daß er ein Tischmesser unter das Kopffiffen für den Verstand des Dichters fürchte:„ Einmal vor drei Monaten gelegt hätte. George Sand schreibt an den Dr. Pagello, daß sie war er die ganze Nacht wie wahnsinnig, er sah Phantome um sich. und jetzt flagt er über ein Leiden ohne Namen und ohne Grund." Auch Lamartine , der eine robustere Konstitution hatte, als Alfred de Muffet, dachte in seiner Jugend mehrmals daran, seinem Leben ein Ende zu machen.„ Tage und Nächte brachte ich damit zu, nach einem 2littel zu suchen, das mich einem Leben entreißen könnte, im stande das ich nicht mehr zu ertragen war." Nicht anders steht es mit den französischen Romanciers. Guy de Mau passant sagt von Flaubert :" Immer in Erregung und eindrucksfähig, den die geringste Berührung vor Schmerz zittern macht... Er fam läßt er sich mit einem, dem die Haut abgezogen ist, vergleichen, oft zu einem solchen Grad von Erbitterung, daß er das menschliche Geschlecht hätte zerstören wollen." Die Nervofität Edmond de Goneiner der Brüder Goncourt, und es ist dies vielleicht seine hart courts und Alphonse Dondets ist bekannt. Unser Werk," so schreibt verkaufte Originalität, beruht auf der frankhaften Nervosität." Proal wendet sich nunmehr zur modernsten französischen Litteratur: m 17. und 18. Jahrhundert schrieb Pascal feine„ Pensées"( Gedanken), La Rochefoucauld feine Caractères", heute schreibt man Sammlungen von Sensationen. Die Dichtungen find Analysen von Empfindungen. Mit Ausnahme von Sully Prudhomme , der philosophische Gedichte schreibt, sind die Denker selten geworden unter und selbst die Geschichtsbücher bestehen aus einer Reihe von Einden Dichtern. Die Bücher litterarischer Kritik, die Reisebeschreibungen drücken und Empfindungen. von den Brüdern Goncourt, Sensations d'Histoire" von Barby Es giebt die„ Idées et Sensations" d'Aurevilly,„ Sensations d'Oxford "," Sensations d'Italie" von Baul Bourget usw. Die„ Sensation" tritt an die Stelle des Gefühls, das Bild an die Stelle der Idee". Um ihre Sensibilität zu ers höhen, sicht man die Schriftsteller zu künstlichen Mitteln greifen und sich an alkoholischen Genüssen berauschen. Dieses Mittel war übrigens schon im Altertum bekannt. Der Dichter Aeschylus ", sagt Plutarch , schrieb seine Tragödien beim Trinken, wenn er schon voll des Weines war." Die modernen französischen Nomanschriftsteller greifen nicht mtr zum Wein, sondern zum Absinth, zum Ovium und Haschisch. Boe aulehut, suchte die Inspiration im Opium und Haschisch Baudelaire , der sich an Edgar Allan und starb an Paralyse. Im Jahre 1845 bildete sich in Paris cin Haschisch- Klub, der von Litteraten, die Halluzinationen fuchten, frequentiert wurde. Guy de Maupassant hat, wie kürzlich bekannt geworden ist, lange Zeit sich dem Genuß solcher fünstlichen Anregungsmittel der Phantasie überlassen, in einer Zeit, da sie ihm schädlicher waren als jedem andern. Als ein Bekannter ihm einmal Glück wünschte zu der virtuosen Schilderung der Eifersucht in seinem Beile davon hätte schreiben tönnen, ohne sich mit Aether zu be Roman, Pierre et Jean", antwortete Maupassant , daß er nicht eine rauschen". Diese Gewohnheit fünftlicher Anregung ist weniger felten, als man gewöhnlich annimmt. Die Schriftsteller fultivieren ihre Leidenschaften, um sie zu analysieren, und befördern ihre nervösen Krankheiten, um daran Beobachtungen zu machen. Barrès schlägt vor, den Mitteln der Hygiene neue Mittel zu entlehnen, um die Sensibilität zu entwickeln und zu schärfen, un zur Anbetung des" Ich" zu gelangen". Broal will auf den Einfluß Diefer litterarischen Produkte die ständig wachsende Zahl der Selbst mörder zurückführen. Früher schrieben die Romanschriftsteller für eine kleine Zahl von Lefern. Heute dringen die Nomane überall hin, in das Atelier, wie in den Salon, in die Mansarde und das Boudoir. dunst erstickt hatte, ihrer Nachbarin ein Andenten hinterlassen wollte; Stürzlich wurde bekannt, daß eine alte Frau, che sie sich durch Kohlenso schenkte sie ihr als das Beste aus ihrem Besitz ein großes Paket mit Feuilletons für ihre Tochter. Jedes Jahr, jeden Monat schießen Hunderte, Tausende von neuen Romanen aus der Erde und die alten erleben neue Auflagen. Das Feuilleton macht den Erfolg der Zeitung, der Noman die Verbreitung der Revue. Es giebt selbst Zeitungen und Zeitschriften, die mehrere Romane zugleich veröffentlichen."
Maurice