darum ersucht hätte: Geld hat er von mir nie verlangt oder er«halten/' Nofri erklärte, daß er die Dokumente über die un«gesetzliche Einmischung der Regierung von mehreren Personen er-halten habe; einige Schriftstücke habe ihm Frisciotti gegeben.Bald nach seiner Interpellation in der Kammer sei er infolge derMai-llnruhen verhaftet worden. Ein Polizei-Jnspektor habe seineWohnung in Turin durchsucht und ein Bündel von Dokumenten inBeschlag genommen. Diese Dokumente bewiesen, daß er an denMai-Unruhen nicht beteiligt gewesen sei, weshalb man ihn wiederfreilassen mußte; dafür hatten sie ihn aber zu diesem Prozesse ge-führt. Die Anklage sei ganz absurd; er habe mit Picchetto nichts zuthun gehabt. Er habe Dokumente erhalten und es als Abgeordneterfür seine Pflicht gehalten, in der Kammer darüber zu sprechen. Erwürde das, was er gethan habe, noch einmal wiederholen, wenn sichdie Gelegenheit dazu böte. Die Belastungszeugen, lauter würdigeHerren aus dem Eisenbahndepartcment mit ehrfurchtgebietendenTiteln und funkelnden Ordensternen erzählten ein langesund breites von den„Geständnissen" des flüchtigen Bieder-mannes Picchetto. Professor Ferri verzichtete auf die �Vernehmungeines der Entlastungszeugen, des Advokaten Ciraolo, der die Ver-teidigung Picchettos abgelehnt hatte, weil der ehrliche Kronzeuge sichbereit erklärte, gegen eine Belohnung von 5000 Lire seine Zeugenaussage zu Gunsten Nofris abzuändern. Der Staatsanwalt bean-tragte gegen jeden der drei Angeklagten zwei Jahre Zuchthaus und1000 Lire Geldstrafe. Nach einer glänzenden, von den Zuhörern mitstürmischem Beifall aufgenommenen Verteidigungsrede Ferris, dermit Energie für die Unschuld und die Freisprechung der Angeklagteneintrat, verurteilte das Gericht„unter Zubilligung mildernder Um-stände" die drei Angeklagten sPicchetto wurde anstandshalber mitverurteilt, weil es ihm nicht schaden kann) zu 11 Monaten und20 Tagen Gefängnis. Die Verurteilten haben gegen diesesunsinnige Urteil sofort Berufung angemeldet.—Beleidigung des SultauS.Im Juni d. I. hielten, so lesen wir im„Hamb. Echo", dieHerren Ahmed Riza und Anmeghian, der erste ein Jungtürke, derzweite ein Anncnier im Haag eine Versammlung ab, womit sie dieAufmerksamkeit der Friedenskonferenzler auf die Lage in derTürkei lenken wollten. Diese Versammlung wurde präsidiert vomGenossen Van Kol, Mitglied der Zweiten Kammer. Er nanntebei dieser Gelegenheit den Sultan einen„Usurpateur"(Ueberwälttger)und citierte die Worte Gladstones, wobei dieser den Grotztürkeneinen„Groß-Mörder" nannte. Gegen Genossen Van Kol ist nun eineStrafverfolgung eingeleitet wegen Beleidigung des Sultans I l Inder That, die niederländischen Minister, die durch den Sultan dekoriertwurden, müssen dafür schmutzige Dinge zulassen I—Frankreich.PariS, 13. September. Zwei von den Personen, die Gusriuzu verproviantieren suchten, wurden Sonntagvormittag durch diePolizei verhaftet. Der eine davon ist der Sohn eines ehemaligenPolizeikommissars.Wie„Siöcle" erfährt, wurde der Senator Scheurer«Kestner von einem ziemlich heftigen typhösen Fieber befallen.Earmaux, 17. September. Bei einem Bankett der Socta-liste«, dem viele socialistische Deputierte beiwohnten, hieltLaurös eine Rede, in welcher er Abschaffung der Kriegsgerichte und Rehabilitation von DrehftlS forderte. Es wurde eineTagesordnung angenommen, in welcher die Ausführungen Jaurssgebilligt wurden.Spanien.Ovort», 17. September. In der letzten Woche sind zweineue Fälle von Pesterkrankungen und drei Todesfälle vor-gekommen.—Madrid, 17. September. Heute find 24 Typhusfälle vorgekommen. Ein Fall endete tödlich.—Rußland.AnS Finnland. Das russische Ober- Verwalttingsamt fürPreßangcleg e n heilen hat an die fiunländischen ZeitungenRundschreiben erlassen, in denen jede Mitteilung über Mit-g l i eder der kaiserlichen Familie, die nicht in denoffiziellen russischen Organen erschienen oder vom Generalgouvcrneurim voraus gebilligt worden ist, den Zeitungen strengstens untersagtwird. Der Generalgouvenieur hat ferner die Bestimmung getroffen,baß in jedem finnischen Gouvernement einem fest angestellten Beamtendie Aufficht und Ueberwachung der Presse aufgetragen werden solle.—Amerika.New Dork, 17. September. Eine Depesche deS„New YorkHerald" aus Caracas �Venezuela) vom 17. September besagt, dieRevolutionäre hätten ein Gefecht in der Nähe vonjTacuyo gewonnen,und bestätigt die Eroberung von Valencia und Puerto Cabello.Man schätzt die Verluste an Toten und Verwundeten auf1600 Mann. Wie ferner berichtet wird, soll der KriegsministerFerrer gefallen sein und General Lndrade sich auf Caracaszurückziehen.NÄrket-VschvichkensPoliscilichvs, Orrichllitfies nfw.~ Das„öffentliche Wohl" i» Sachsen-Wcimar. Nachdembereits seit einer Woche die behördliche Genehmigung zu der am17. September in Stadt-Sulza einberufenen Krets'konferenzdeS 1. Weimarischen Wahlkreises erteilt war und am Sonntag auchdie Delegierten, Genossen au« den verschiedensten Orten des Wahl-kreiseS, erschiene» waren, wurde dieselbe„aus Gründen deS öffent-lichen Wohls" untersagt. An der EingangSthür zum Saal nagelteder Polizeidiener das betreffende Verbot noch besonders an.— Hättedas öffentliche Wohl nicht wenigstens ein rechtzeitiges Verbot gerecht-ferttgt?Berlin und Umgegend.Achtung, Holzbildhauer! Wegen Nichtbewilligung der ge-stellten Forderungen sind Kollegen folgender Werkstätten in denAusstand getreten: Bcnsing, Andreassir. Ig; Peth, Mcmelerstr. 31:Lehmann, Weberstr. 13; Göhre, Wasserthorstr. 22; Seifert u. Wolf(Vourgett), Fruchtstr. 36; Kümmel. Frankfurter Allee 117a;Brunzlow. Neue Königstr. 16; Schulz. Ziegelstr. 30; Jaquemm,Alte Jakobstr. 88; Kirschner, Adalbertstr. 42; Grix, Pallisadenstr. 57;Kramer, Koppcnstr. 60; Solontz, Rixdorf, Knesebeckslr. 115; Fiedler.Loulscn-Ufer 12; Schoy, Mariannenstraße; Brandenburg. Wilhelm-strafe 124.Es wird ersucht, diese Werkstätten sireng zu meiden. Meldungen,auch der Finnen, welche bewilligt haben, sind umgehend an dieLohnkommission, Köpenickerstr. 62 sRestaurant Spielbera, TelephonAmt VII 3932), in der Zeit von S— 1 und 3—7 zu richten.Die Lohnkommission.Achtung, Ciselcure! Bei den Firmen Engel u. Hegewald(Fnster), Lindenstraße 23, Speck, Dresdenerstraße 36, Genie(inFirma Metjen u. Co.), Sebastianstraße 20, haben die Kollegen wegenNichtbewilligung des Neunstundentages die Arbeit niedergelegt. DieFirma Engel und Hegewald bemüht sich nun, ihre Arbeiten beiKlernmeisteru unterzubringen und ist es ihr auch gelungen, einigenderselben Arbeit zuzuweisen. Es sind dies folgende Firmen: Fischer.Wienerstraße 2g. Greulich. Adalbertstraße 75. F. Hankel, Luisen-Ufer 34, Rother, Kottbuserdamm 21. Trotzdem bei allen diesenKleinmeistern eine Arbeitszeit von neun Stunden und darunterbesteht, scheuen sich dieselben nicht, die Arbeiten für solche Werkstättenanzufertigen, Ivo unsere Kollegen im Kampfe um Verkürzung derzehnstündigen Arbeitszeit auf täglich neun Stunden stehen. Vonallen diesen Werkstätten ist deshalb der Zuzug strengstens fernzu-halten. Die Kommission.Achtung, Buchbinder! Kontobuch-Arbeiter! In der Buch-binderei und Kontobuch-Fabrik von Moriz u. Kummer, Lands«bergerstr. 72, haben am Sonnabend sämtliche Kollegen undKolleginnen wegen Lohnreduttionen die Arbeit niedergelegt. Trotzmehrmaliger Versuche seitens der betreffenden Arbeiter und derOrganisation, eine Einigung herbeizuführen, mutzte, nachdem dieFirma jedes Entgegenkommen in dieser Richtung ablehnte, die Arbeitniedergelegt werden. Nachdem die Firma gesehen hatte, daß sämt-liche Arbeiter und Arbeiterinnen an der Arbeitsniederlegung teil-nehmen wollten, wandte sie den schlauen Kniff, an, das gesamtePersonal zu entlassen. Jedenfalls glaubten die Herren Chefs,daß verschiedene Kollegen und Kolleginnen nun um ihre Weiter-beschäftigung bitten würden. Darin haben sich aber die Herren ganzgewaltig gerauscht. Verdienen doch die Arbeiterinneu in dieser Werk-stube so schon wenig genug, und es wäre traurig, wollten dieselbenihre Löhne noch weiter herunterdrücken lassen. Sämtliche Kollegenund Kolleginnen Berlins aber ersuchen wir, den Zuzug nach derFirma Moriz u. Kummer streng fernzuhalten.Die VertrauenSpersonen.Zur Sohnbewegimg der Posaiiieiittere wird mitgeteilt, daßfolgende Firmen noch nicht bewilligt haben: Bünger Ww., Wendelu. Comp., H. Plischke, E. Gustedt. Köstermann u. ZarenzanSki, Sachsu. Schwarz, W. u. G. Keßler, A. Sinfel, Hofsmann u. Weiland,Th. Wagler, Reiß u. Burmeister, E. Hoppe, P. Hoppe,. Eisner u.Häusig, Przygode, Vollmer, H. Brehnter, H. Schmidt.Wir bitten die Kollegen, sämtliche angeführten Werkstätten zumeiden. Die �ohnkommissiowAchtmta, Nabitzspanner! Folgende Firmen haben die Forde-rungen der Rabitzspaniier bewilligt: Zöllner u. Co., Kraus. Ehlertu. Gollnak, Platz, Müller u. Co., Dittmann, Bräuer, Passarge,Cassur u. Co. Bei folgenden Firmen bleibt die Sperre weiter de«stehen: Schulz, Charlottenburg; Wageuknecht; Schmid u. Weimar;Stiewe; Günther und Sollwede. Die Lohnkommission derBauarbeiter Berlins und' Umgegend.Achtung, Sattler? In der Militäreffekten-Fabrikvon Ludwig, Liudenstratze 93, haben sämtliche Kollegen wegenLohndifferenzen die Arbeit niedergelegt.Die AgitationS-Kommission.Verkürzung der Arbeitszeit in den Holzbearbeitungs-Fabriken. Der F r a i s e r e i b e s i tz c r- V e r e i n hat den aufH o l z p l ä tz e» und a» Holzbearbeitungs- Maschinenbeschäftigten Arbeitern die geforderte 52 Stundemvochezugestanden; dieselbe tritt mit dem 1. Oktober in Kraft. Den Unter-nehmern, die dem Verein nicht angehören, wird die Forderung derArbeiter schriftlich unterbreitet werde».An die arbeitende Bevölkerung Charlottenburgs! NachBeschlutz deS Bauarbeiter Schutzkongresses sollte anjedem Ort eine Kommission gewählt werden, die der General-kommission Material giebt beircffs Schutzvorrichtimgen auf denBauten. Eine solche ist in der letzten öffentlichen Versammlung, be«stehend aus folgenden Personen gewählt, worden: Maler Ottotlemming, Schlüterstr. 71;' Zimmeret Fritz Fleischer,chillerstraße 90; Zimmerer Ernst H e e s ch k e, Grolmann-straße 17; Maurer Albert Bernsee, Scharreustraße S;Bauarbeiter Leopold Sablotzkie, Weimarerstraße 31.Nachdem nun die Kommissson den O. Flemming als Obmann er-nannt hat, sind alle ungenügenden Vorrichtungen auf den Bautenan selbigen zu melden; es wird gebeten, eiftigst Malerial zusammeln.Des ferneren sei noch bekannt gegeben, daß Protokolle vom Ge-Werkschaftskongreß sowie Listen für die streikenden Arbeiter jedenMontag-, Mittwoch- und Freitagabendkvon 6—8 Uhr beim GenossenBleeck, Pestalozzistr. 22,}b. 2 Tr. bei Pankow zu haben sind.Der Vertrauensmann der GewerkschaftenCharlottenburgs.Deutsches Reich.Zum Krefelder Färberstreik wird uns von dort geschrieben:Die Situation hat sich mit einem Schlage geändert. Es hat sichnämlich herausgestellt, daß in mehreren Färbereien gearbeitet wirdfür die Finnen, deren Arbeiter sich im Ausstände'besiuden. DieArbeiter dieser Färbereien erklärten sich mit ihren streikenden Kollegensolidarisch und stellten die Arbeit ein. Die Zahl der Ausständigendürfte damit die Zahl von 2000 erreichen. In einer Filiale der inFrage kommenden Firmen in C o m o sJtalien) treten die Arbeiterebenfalls in den Ausstand. Soforttge Hilfe ist dringend notwendig.Krefeld, den 16. September' 1809.GewerkschaftS-Kartell.Zuschriften richte man an R. P eullmaiins, Geldsendungenan E. Winterberg, beide Kronprinzenstr. 122, Krefeld.Der Frankfurter Zimmererstreik ist endlich, nach zwölf-wöchentlicher Dauer, beendigt, nachdem eine Einigung mitdem Unternehmcrverbande erzielt' Ivordeu ist. Danach ist die Ar-beitszeit auf zehn Stunden festgesetzt mit einer Lohn-entschädigung von 48 P f. pro Stunde für jeden Zimmer-gesellen.Der Leipziger Formerstreik und die Hirsch-Duuckerscheu.Die„Leipziger Volkszeitung" schreibt:„Einen eklatanten Beweisihres � festen Rückgrates haben, wie daS Hallesche„Volksblatt"mitteilt, die Hirsch- Dunckerschcn auch in Bitterfeld gegeben.Die Martlnsche Eisengießerei nahm Leipziger Streikarbeitan. Der Borarbeiter und die Former weigerten sich ursprünglichdieselbe anzilfcrtigen. Der Gewerlvereins-Kassterer, der um seineMeinung ersucht wurde, ermahnte die Arbeiter, unter keiner Be-dingung fragliche Arbeit zu machen. Er gab auch seiner FreudeAusdruck, daß Hirsch-Dunckersche sich mit den Kollegen vom Former-verband solidarisch erklären sollten. Nach Empfang dieser Nachrichterklärte der Vorarbeiter Germer nochmals, daß die Arbeit ankkeinen Fall gemacht werde. AIS aber Herr Marttn jun. die Formervor die Alternative stellte, entweder die Arbeit zu machen oder zu gehen,da fiel den Hirschen das Herz in die Hosen und sie machten sich andie Arbeit. Eine prächtige Illustration, wie sehr die Gewerkvereiuedie Berechtigung verloren haben, sich Arbeiterorganisationen zunennen.HauSindnstrlelle Kinderarbeit. Für das Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha hat der Fabrittnspettor eine Erhebung über die in derHausindustrie beschäftigten Kinder unter 14 Jahren angestellt. DieErhebungen beziehen sich auf 86 Schulorte. In 63 dieser Orte wirdHausindustrie getrieben. In den Schulen dieser Orte werden 20 183Kinder unterrichtet und von diesen sind 5455, also über einViertel, gewerblich thätig. Der Prozentsatz der gewerblich thätigenKinder stieg in den einzelnen Schulen bis zu 86,4 Proz. an.Die tägliche Arbeitszeit steigt von 8 Stunden bis zu 9 bis10 Stunden an.Interessant find auch die Angaben deS täglichen Verdienstes in denverschiedenen Erwerbszweigen. ES werden täglich verdient in: Knopf-industrie in 2 Orten 25 und 80 Pf., in 3 Orten nur 4 und 5 Pf.,in den übrigen Orten 10, 12. 15 Pf.; Puppeiiindustrie in 4 Orten50, 60, 70 und 80 Pf., in den meisten Orten 18, 24, 30 Pf., ineinigen Orten aber nur 10 und 12 Pf.; Spielwaren- Industrie imGothaischen 8 bis höchstens 30 Pf., im Koburgischen meist 20 bis50. sogar 60 Pf.; Papierarbeiten(Masken, Kattonnagen.Laternen) an 1 Otte 4 Pf., sonst aber 20. 30. 40, 50 Pf.;Korbflechterei in 1 Otte 60 Pf.; sonst nur 15 bis 30 Pf.;Holz- und Schnittarbeiten in 1 Ott 80 Pf., in den übrigen 20, 40,60 Pf.; Metall-Verarbeitungen 17—35 Pf.Die Untersuchung giebt auch zu, daß in vielen Fälle schwereSchädigungen dtr Kinder an Körper und Geist aus dieser Be-schästigung folgen. Die Untersuchungen zeigen, wie dringend nötigdie Unterstellung der HauSindusttte unter die Gewerbe-Jnspektton ist.Arbeiterschutz tn Schweden. Im Civildepattement ist e»neue» Schutzgesetz für Minderjährig« ausgearbeuet worden, da» aberauf eine. Rückwättörevidierung hinausläuft. So sollen auch in Zu-kunft die Sägewerke Kinder unkontrolliert beschäftigendürfen und die Arbeitszeit der Minderjährigen ist in einigen Be-trieben erhöht. In Bergwerksgruben dürfen Mädchen von 14 Jahrenab benutzt werden. Die Strafen für die Uebettretungen sind g e-mildert!Versa ntntUmgvn.Dke Marmor-Arbeiter hielten am Sonntag wieder eine starkbesuchte Versammlung ab. Die Arbeiter der Marmorwerke vonC. Fink waren hierzu besonders eingeladen. Gersten bergererstattete den Bericht der Lohnkommission über die Verhandlungenmit den Unternehmern. Wenn es auch nicht gelungen sei, alle indem von den Arbeitern aufgestellten Lohntarife genauer hezeichnete»Forderungen von den Unternehmern zu erlangen, so könne mandoch mit einer gewissen Befttedigung auf den Verlaufder Lohnbewegung zurückblicken, da im Gegensatz zu denfrüheren Lohnverhältnissen eine bedeutende Aufbesserung er-reicht worden sei. Bei den Schleifern ist eine Lohn-erhöhung bis 13 Proz.. für A r c o r d arbeiten, die leider, weil zutief in den Verhältnissen wurzelnd, noch nicht beseittgt werdenkönnen, sogar Aufbesserung bis zu 40 Proz. erreicht worden. DieHaue r(Steinmetzen) haben ebenfalls bedeutende Lohiiaufbesserungenerzielt. Zwei Finnen, K n o r r und Hangen, weil nicht zumUuternehmerverband gehörig, weigerten sich, diese getroffenen Ver-einbarungen anzuerkennen, mußten aber später doch nachgeben. Nurdie Firmen Fink und Strehlen verharren noch bei hartnäckigerAblehnung. Auch die Organisation der Marmorarbeiter wurdevon dem Unternehmerverband anerkannt dadurch, daß nach gegen-fettiger Uebereinkunst eine gemeinschaftliche Kontroll-kommission von 8 Personen, je 4 Unternehmer und Ar-beiter, die Ueberwachung für Durchführung des vereinbarten Lohn-tarifs bis zum 1. März 1901, sowie zur Entgegeiiuahme vonBeschiverden und Beseitigung von Mißständen in den Betrieben, ge-wählt wird. Dieser Umstand kann als ganz besondere Errungen-schaft und Anerkennung für die Macht der Organisati o nbezeichnet werden I Aufgabe dieser Kommission werde es inZukimft auch sein müssen, die bei einzelnen Berliner Firmen ein-gerissene Hausindustrie möglichst auszurotten, weil diese Ar-beiter weder einen bestimmten Arbeitstag noch genauere Lohnsätzekennen und demzufolge auch von der Organisation nichts wissenwollen. Beide Parteien sind nun übereingekommen, daß der ver-einbarte Tarif, dessen einzelne Punkte der Redner nochmals verliest,vom Montag, den 18. September, ab zur Geltung kommtund die gegenseitige schriftliche Anerleiiuuug erfolgt, ohnedaß es bei der gegenwärtigen günstigen Geschäftslagezur Arbeitseinstellung führt. An den Arbeitern würde es»unmebr liegen, diese Forderungen auch festzuhalten. ImVerlauf der Besprechung wurde von einigen � Rednern der19. September als Termin gewünscht, da erst am 13. dieUnterschrift erfolgt. Ueberall, wo die Forderungen nicht anerkanntwerden sollten, habe sofort die Arbeitseinstellung zuerfolgen; dies sei namentlich bei der Firma Fink der Fall, der eswohl keine acht Tage werde aushalten können. Die Arbeiter würdenentweder unterstützt oder anderwärts untergebracht werden. DasVerhalten einer Anzahl Kollegen, die während der Essenpausen fast.immer durcharbeiten, wurde scharf getadelt. Die getroffenen Verein-barungen wurden nunmehr, mit dem 18. September als Geltungstermin,>« i n st i m m i g angenommen, desgleichen ein Antrag, gegendie Firma F i n k; unverzüglick besonders vorzugehen. Ein Arbeiter-hatte bereits am Sonntag früh die Entlassung zugeschickt er-halten. Als Mitglieder der Kontrollkommission werdenGerstenberger, Wolfs, Schütz und P r i b e n o w gewählt.'Nachdem Gerstenberger noch zum Anschluß au die Organisation der Steinarbeiter. Filiale II(Marmorarbeiter),aufgefordert, wurde noch mitgeteilt, daß in der am D i e n S t a g,den 19. September, abends, stattfindenden V e r s a m m-lun g die Ergebnisse über die Bewilligung der Lohntarife mitgeteiltwerden sollen.Die Posamentiere hielten am Sonntag bei Feuerstein, AltsJakobstraße, eine Versammlung ab, in der über den Ausstand unddie weiteren Schritte beraten wurde. Der Referent Klein berichteteüber die Thätigkeit der Lohnkommission. Die Firma Gebr.Prinz hat die Forderungen bewilligt. Bei der Firma Reis u.Burmeister hatte man dem Versuch eutgegentreten müssen, dieAccordarbeit an Stelle der Lohnarbeit durchzuführen. Von denanderen Arbeitgebern wird hier aller mögliche Druck aus-geübt, um einen Erfolg der Arbeiterschaft zu vereiteln;am Montag soll eine Versammlung der Arbeitgeber nochstattfinden. Die Frage der Accordarbeit fühtte zu einerlängeren und teilweise erregten Debatte; der Bemerkung einesRedners, daß ein Arbeiter im Accord bis zu 11 M. schon verdienthabe, wurde mit Recht entgegengehalten, daß das ein Ausnahmefallsei lind ein Ausfall an Verdienst notivendig darauf folgen müsse.Auch sei doch das allgemeine Bestreben darauf gettchtet, die Accord-arbeit zu beseitige» und nicht neu einzuführen und auch derleistungsfähigere Arbeiter müsse sich dem im Interesse derSolidarität anschließen. Die Verhältnisse bei der FirmaKrause u. D a m n i t s ch führten alsdann zu einer längerenBesprechuiia, bei der darauf hingewiesen wurde, daß daS von denInhabern derselben zuerst ehremvöttlich und schließlich durch Unter-schritt vollzogene Abkommen sowohl in Bezug auf Accordarbeit, alsdie Bezahlung von Ueberstunden nicht innegehalten worden sei. DieLohnkommission wurde mit bezüglichen Schritten hiernach von derBersainmlmig beauftragt.Der Vorsitzende giebt hierauf von mehreren von außerhalb ihmübersandten Schreiben Kenntnis, wonach die Arbeitgeber unter allenmöglichen Versprechungen, jedoch vergeblich, Arbeitskräfte von Harn-bürg, Magdeburg usw. heranzuziehen suchen. M a I k e bemerkt,daß die Bewegung von dem ganzen Textilarbeiter- Verband undim Notfalle von den Berliner Gewerkschaften unterstützt werde,waS die Unternehmer jedenfalls nicht erwartet hätten. Letzterethätcn besser, den inneren Markt durch Kräftigung des Arbeiter-standeS zu stärken, statt Kolonialgründungen zuzujubeln; wo keinKonsum ist, da ist auch keine Produttion.Folgende Resolution gelangt zur Annahme:„Die heute ver-sammelten Posanientenarbeiter Berlins erklären sich mit den Mit-teilungen der Lohnkommission einverstanden. Sie erblicken in derEinigkeit die beste Gewähr, zum Siege zu gelangen, und erklären,zum Streik fest zusaninienhalten zu wollen."— Mit einem Hoch aufdie Bewegung wird die Versammlung hierauf geschlossen.Zur Lohnbewegung der Klempner. In einer stark besuchtenVersammlung, die am Sonntagvormittag bei Keller, Koppenstraße,tagte, berichtete O. Rüther über den gegenwärtigen Stand derBewegung. Danach sind in einer großen Anzahl von Betrieben dieForderungen bewilligt worden, ohne daß die Arbeit eingestelltwerden brauchte. In 23 Betrieben mit etwa 570 Klempnernwurde die Arbeit niedergelegt. Von diesen haben aber auch einigebereits bewilligt, so daß zur Zeit schon in 52 Betrieben494 Klempner zu den neuen Bedingungen arbeiten. Ein-zelnen Unternehmern sind allerdings in Rücksicht auf besondereUnistände kleine Konzessionen gemacht worden. Ausständigsind zur Zeit noch 350 Klempner in 17 Betrieben. In einigenFällen, wobei etwa 120 Klempner in Betracht kommen, schwebengegenwärttg Verhandlungen und werden dieselben in den nächstenTagen zum Abschluß kommen. Bisher haben sich mehr als950 Maiin an der Bewegung beteiligt, doch dürfte sich diese Zahlnoch erheblich vergrößern, da verschiedenen Firmen erst im Lauf«-dieser Woche die Forderungen unterbreitet werden. Bei Vs der inFrage kommenden Betriebe kommt die Forderung der Arbeitszeitüberhaupt nicht mehr in Betracht, da in diesen bereits die neun-stündige Arbeitszeit eingeführt ist. und eS handelt sich hier nur umdie Lohnforderung. In verschiedenen Werkstätten, und zwar sinddies fast nur kleinere, sind infolge der Uneinigkeit bezw. derGleichgültigkeit der daselbst beschäftigten Arbeiter noch gar keineForderungen gestellt worden. Andererseits sind an der Bewegung