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and möchte ihr das hier geben. Es ist nur eine Shoto- P graphie," sagte Nechlindolv und zog ein Convert ans der Tasche.

Dom goldenen Horn.

-T

Frühling 1900. Sie ist in vollem Gange. Da stolzieren sie

" Nun, das können Sie," fagte der Doktor, milder ge- La conquesta!- stimmt. Dann wandte er sich an eine Alte mit weißer in unsren Gaffen herum, die Vorfämpfer der Weltmacht, die blonden Schürze und sagte, sie möchte die Gefangenenaufwärterin Konquistadoren mit den Haby  - Schnurrbärten, die den Orient unter­Maslowa rufen. Wollen Sie sich nicht sehen oder ins werfen wollen, wie weiland die germanischen Brüder, die Gothen, es Empfangszimmer treten?" mit Feuer und Schwert vergeblich versucht haben.

" Ich danke Ihnen," sagte Nechlindow und benutte die für ihn günstige Stimmungsänderung des Doktors zu der Frage, wie man mit der Maslowa im Krankenhause zu frieden wäre.

"

Ganz gut, sie arbeitet nicht übel, wenn man die Um­stände berücksichtigt, in denen sie sich befunden," antwortete der Doktor, da ist sie übrigens selbst."

Von unwiderstehlichem Bedürfnis getrieben, kommen die edlen Deutschen  - es sind zumeist die Edelsten der Nation" dem bedrängten Kulturvolke der Türken und seinem unterthanen­liebenden" Herrscher zu Hilfe. Deutsches Kapital, deutsche Waren und deutsche Mordwaffen, alle diese Segnungen ergießen sich in Fülle diese Beweise aufrichtiger Freundschaft auf das heftigste gerührt zu über die Türkei  . Es ist natürlich die Pflicht jedes Türken, durch sein. Wie vor ungefähr 100 Jahren zur Zeit des preußisch- türkischen Aus einer Thür trat die alte Wärkerin, und hinter ihr Bündnisses der preußische Gesandte Diez nach Berlin   berichten die Maslowa. Sie trug eine weiße Schürze und ein ge- konnte:" Jeder Türke ist zum Preußen geworden und alle Minister streiftes Kleid; auf dem Kopf saß ein Kopftuch, das das Haar sprechen nur von Preußen und feinem großen Monarchen!", so sicht verbarg. Als sie Nechljudow erblickte, flammte sie auf, blieb der naive deutsche Weltmachtschwärmer durch seine Brille hier alles gleichsam unentschlossen stehen, machte dann aber ein finsteres in schwarz- weiß- rotem Licht und erklärt es nur für eine Frage der Geficht und begab sich, die Augen niederschlagend, mit schnellen Zeit, daß leinasien, die alte Völkerwiege, einmal deutsch   werden wird. Den Türken behandelt er im Grunde als quantité négligeable; Schritten auf dem Korridorläufer zu ihm. An Nechljudow er rühmt seine Chrlichkeil, indem er darauf spekuliert, daß ihm diese herangetreten, wollte sie ihm die Hand nicht reichen; dann Eigenschaft es ihm einmal erleichtern wird, ihn über das Ohr zu reichte sie sie ihm und errötete noch mehr. Nechlindow hatte hauen. Der Monarch ist ja schon halbgermanisiert seiner Auficht sie nach der Unterredung, bei welcher sie sich wegen ihrer nach. Mit einem bißchen Drud kan man von ihm alles erlangen, Heftigkeit entschuldigte, nicht wieder gesehen und hoffte, sie nur muß man sich biten, das jetzige forrupte Regierungssystem an jett ebenso wie damals zu finden. Aber heute war sie eine zutaften und zu fritifieren, weil Abdul Hamid   in diesem Bunkte Es ist ganz andre; in ihrem Gesichtsausdruck lag etwas ganz Neues: etwas empfindlich ist und Kritik übelnehmen könnte. auch besser, man erklärt das Bestehende für das einzig Verhaltenes, Schüchternes und, wie es Nechljudow vorkant, Gute, da es den Keim des Verfalls in sich birgt, der gegen ihn Mißgünstiges. Er fagte ihr dasselbe, was er dem die Türkei   narkotisiert, so daß man sie leichter fecieren kann. Auch Doktor gesagt hatte- daß er nach Petersburg   führe, und liegt es auf der Hand, daß ein System oder Regierungswechsel, übergab ihr das Convert mit der aus Banowo mitgebrachten welcher nicht ohne Blutvergießen vor sich gehen würde, dem näher­Photographie. wohnenden mächtigen russischen Konkurrenten Gelegenheit geben würde zu einem bewaffneten Eingreifen in die inneren Angelegen heiten der Türkei  . Alle diese Gründe machen aus dem strebenden Jung- Deutschen einen vollkommenen Turkomanen, der sich als solchen nicht oft genug Türken gegenüber zeigen kann. naiven Zuversicht dem Osmanen, um ihn auf seine Bundestrene hin

Das habe ich in Panowo gefunden, eine ganz alte Photographie, vielleicht macht sie Ihnen Freude. Nehmen Sie." Sie zog die schwarzen Brauen in die Höhe und sah ihn mit ihren schrägen Augen erstaunt an, als wenn sie ihn fragte: wozu das? und nahm schweigend das Couvert und steckte es

hinter die Schürze.

" Ich habe dort Ihre Tante gesehen," sagte Nechlindow. So? Haben Sie?" sagte sie gleichgültig. " Geht es Ihnen hier gut?" fragte Nechljudow. " Ganz gut," sagte sie.

" Sft es nicht zu schier?"

" Rein, es geht so. Ich bin nur noch nicht daran gewöhnt." " Das freut mich sehr, Jhretivegen. Es ist doch immer besser als dort."

Wo: dort?" sagte sie, und ihr Gesicht brannte vor Röte. ,, Dort im Gefängnis," fügte Nechljudow schnell hinzu. " Weshalb denn besser?" fragte sie.

" Ich denke, die Menschen sindhier besser. Nichtsowie dort." " Dort sind eine Menge gute," sagte sie.

Um Menschows habe ich mich bemüht und hoffe, daß sie freikommen," sagte Nechljudow.

" Das gebe Gott; eine so wunderbare Alte," wiederholte fie ihre Bezeichnung der Alten und lächelte leicht. " Ich fahre heute nach Petersburg  . Ihre Sache wird bald vorkommen, und ich hoffe, das Urteil wird aufgehoben." Ob es aufgehoben wird oder nicht; jetzt ist alles einerlei," sagte sie. ,, Warum jetzt?"

" Ja," sagte sie und schaute ihm fragend flüchtig Gesicht. Nechljudow verstand dieses Wort und diesen Blick so, sie wissen wollte, ob er au seinem Entschluß festhielt, ob er ihre Absage angenommen und den Entschluß ändert hätte.

ins

daß oder

ge­

Ich weiß nicht, warum für Sie alles einerlei ist," sagte er. Aber für mich ist wirklich alles einerlei; ob Sie frei gesprochen werden, oder nicht. Ich bin unter allen Um ständen bereit zu thun, was ich gesagt habe," meinte er bestimmt.

So naht sich denn der Weltmachts- Germane mit der ihm eigneit anzuzapfen. Dieser, mit einem leichten Lächeln um die Lippen, das man für satirisch halten könnte, drückt ihm mit Wort und Pantomime aus indem er die Zeigefinger trimmt und aneinander hatt- daß die Osmanli und die Deutschen   stets Arm in Arm gehen werden, worauf das Herz des Deutschen   von imperialistischem Stolze schwellt, während der Türke hinter dem sich Entfernenden etwas wie: Gjaur! in den murmelt.

Bart 3 gengt von geringer völkerpsychologischer Einsicht, wenn man,

wie es diese deutschen Turkophilen thun, den Türken über die Rayah­nationen erhebt und ihn mit allen möglichen und unmöglichen guten Eigenschaften ausstattet, die er vor seinen christlichen Unter­thanen voraus haben soll. Wer länger im Orient lebt, wird einsehen, daß die Bevölkerung der Türkei   eine größere ดร man auf den Einheit bildet, ersten Blick hin annehmen sollte. Zunächst bilden die Türfen selbst keine streng in sich geschlossene ethnologische Einheit, wie allgemein bekannt, und dann haben das Klima und die gemeinsamen Lebensbedingungen erst in den letzten zwanzig Jahren wieder so recht hervorgetreten die Gegensätze unter den Völkern des Reichs bedeutend versöhnt, die find, aber meiner Ueberzeugung nach wieder verschwinden können. Es liegt etwas ungemein Serviles, Kriechendes in dem Gebahren hiesiger europäischer Streise gegenüber den Türken, die die darin liegende Henchelei als gute Menschenkenner, die sie find, erkennen und sich das Ihrige dabei deuten.

Ein hiesiger Klub z. B. ging in dieser widerlichen Turkomanie so weit, feine christlichen Bedienten, stattliche gewandte junge Leute, die ihre volle Schuldigkeit thaten, zu entlassent, un an ihrer Stelle nuuhamedanische Kurden einzustellen, die eben erst aus dem Stadium der Halbwildheit aufgetaucht waren, aber einmal die Loyalität des betreffenden Selubs in das rechte Licht setzten und dann auch billiger zu haben waren, als die entlassenen Europäer. So konnte man zwei Fliegen mit einer Slappe schlagen!

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Die hiesige europäische   Geschäftswelt der Kommerzialismus hat hier noch weniger sittliche Sirupelu als anderswo macht den Türken sich auch eines häßlichen Lasters schuldig, das bleibt, nicht unbemerkt der Doppelzüngigkeit. ebenfalls Im Interesse des Geschäfts schmeichelt man auf der einen Seite den Türken mit ihrer Superiorität, auf der andern Seite schimpft man den einheimischen Christen gegenüber auf die türkischen Zustände. Die Türken haben das durchschaut- sie nehmen nie die Lob­hudeleien ihrer angeblichen Freunde für bare Münze, denn sie wissen besser als jene, daß manches faul im Staate Dänemark   ist. Aber fie weisen auch mit Entrüstung jeden Verfuch zurüd, Uneinigkeit unter den Bewohnern des türkischen Reichs zu fäen, weil sie sich eben, mehr als jene von überspanntem Nationalismus turzsichtig ge­zu wordenen Europäer ahnen, als Kinder einer Mutter fühlen.

Sie erhob den Kopf, und die schwarzen, schielenden Augen blieben auf sein Gesicht geheftet und schauten gleich­zeitig daran vorüber, und ihr ganzes Gesicht glänzte vor Freude. Aber sie sagte ganz und gar nicht das, was ihre Augen sagten.

Das fagen Sie, umsonst," meinte sie. " Ich sage es, damit Sie es wissen."

Ueber den Punkt ist alles gesagt und nichts mehr fagen," erwiderte sie, faum ein Lächeln unterdrückend. ( Fortsetzung folgt.)

Nur die Religion ist es, welche noch eine starre Schranke zwischen den Türken und ihren christlichen Mitbrüdern aufrichtet. Das fultur hemmende Element, das jede geoffenbarte Religion hat, tritt im