426 Wolf trat zum Tisch und schaute in ein Papier, das auf I einem Attenbehälter lag.
„ So, so; Maslowa. Schön. Ich werde die Kollegen bitten. Wir nehmen den Prozeß am Mittwoch vor."
Rann ich also meinem Anwalt telegraphieren?" " Sie haben einen Anwalt? Wozu das? Aber wenn Sie wollen, warum nicht."
Jetzt trat der bis dahin schweigsam gebliebene Sohn für Posen ein, fiel über seine Mutter her und sehte ihr ziemlich grob auseinander, daß ein Offizier nicht anders handeli könne, da sonst das Ehrengericht ihn aus dem Regiment ausstoßen würde. Nechljudow hörte zu, ohne in die Unterhaltung einzugreifen und verstand als früherer Offizier die Argumente des jungen Tscharski wohl, wenn er sie auch Die Gründe zur Kassation können ungenügend sein," nicht billigte; gleichzeitig stellte er aber unwillkürlich mit dem fagte Nechljudow, aber aus der Sache selbst, denke ich, Offizier, der einen andern getötet, den hübschen jungen Sträfgeht hervor, daß die Anklage die Folge eines Mißverständ- ling zusammen, den er im Kerker gesehen hatte und der niffes ift." wegen Totschlags im Streit zu Zwangsarbeit verurteilt worden war. Beide waren durch das Trinken zu Mördern geworden. Der Bauer hatte in augenblicklicher Erregung einen Menschen getötet, war von seiner Frau und seiner Familie getrennt, in Ketten gelegt und geschoren worden und ging jetzt zur Zwangsarbeit nach Sibirien . Der Offizier dagegen saß in einem feinen Zimmer auf der Hauptwvache, gutes Mittagessen, trant guten Wein, las Bücher und würde in ein, zwei Tagen in Freiheit gesetzt werden, um so zu leben wie früher, nur mit dem Unterschiede, daß er durch die Affaire interessant geworden war. ( Fortsetzung folgt.)
" Ja, ja, das mag sein; aber der Senat kann den Prozeß nicht nach dem Wesen der Sache revidieren," sagte Wladimir Wassiljewitsch streng mit einem Blick auf die Asche.„ Der Senat giebt nur auf die korrekte Anwendung des Gesetzes und seine Auslegung acht."
Hier scheint aber ein außergewöhnlicher Fall vorzu
liegen."
Renne ich, fenne ich. Alle Fälle sind außergewöhnlich. Wir thun, was unsre Pflicht ist. Damit punktum." Die Asche hielt sich immer noch, bekam aber schon einen Riß und war in Gefahr, abzufallen. Sie sind wohl selten in Peters burg ?" fragte Wolf und hielt die Cigarre so, daß die Asche nicht fiel. Sie tam dennoch ins Schwanken und Wolf trug sie vorsichtig zu einem Aschbecher, wo sie zusammenbrach.
Was ist das doch für ein schrecklicher Vorfall mit Ramensti," sagte er. Ein so netter junger Mann. Einziger Sohn. Besonders die Lage der Mutter," sagte er und wiederholte fast Wort für Wort alles das, was damals alle Welt in Petersburg über Kamenski erzählte.
Nachdem Wladimir Wassiljewitsch noch über die Gräfin Jekaterina Swanowna und ihre Hinwendung zur neuen religiösen Richtung gesprochen, die er nicht verurteilte und nicht verteidigte, die aber bei seiner comme il faut- heit augenscheinlich überflüssig für ihn war, Klingelte er.
Nechljudow verabschiedete sich.
Wenn es Ihnen genehm ist, kommen Sie zum Mittagessen," sagte Wolf und reichte ihm die Hand, etwa am Mittwoch. Ich werde Ihnen dann ausführlich Antwort geben."
Es war schon spät, und Nechljudow fuhr nach Hause, das heißt zu seiner Tante.
Siebzehntes Rapitel.
aß ein
Wenn jemand eine Reife thut. Einige Winte für Reisende nach Paris . Als ich vor kurzem aus besonderem Anlaß mit unfrem alten Freund Liebknecht zusammentraf, erzählte er mir, daß er bereits vielfach Anfragen von Parteigenossen und deren Angehörigen empfangen habe, die willens waren, nach Paris zu reifen. Da ich als alter Reisepraktikus vor, allen reiselisternen Lefern unires Blatts von mir dieselbe Erfahrung zu berichten hatte, schlug mir Liebknecht aus meiner Kenntnis der Verhältnisse heraus mit einigen praktischen Winken an die Hand zu gehen, was hiermit gern geschehen soll.- Mit dem Reisen in Ländern, deren Sprache man gar nicht versteht, ist es natürlich ein eignes Ding: gewiß sind die Reisenden heute dank der Organisation des internationalen Verkehrs vor schweren fleine Unbequemlichkeiten geht es ja doch natürlich nicht Nachteilen int allgemeinen geschützt, aber ohne allerhand
ab.
E3 wäre natürlich lächerlich, wollte man Leute, die mit Ach und Krach einmal die Mittel zu einem kurzen Ausflug nach Baris zusammengescharrt haben, auf ein voraufgehendes Studium der französischen Sprache verweisen; immerhin sollte aber doch jeder, dem es irgend möglich ist, sich eine leidliche Sicherheit im Gebrauch der überall zu habenden kleinen Sprachführer aneignen. Ist auch Zu Mittag gegessen wurde bei der Gräfin Katerina das nicht möglich, dann heißt es eben, forsch auf alle Schwierigkeiten wanowna um halb acht, und die Speisen wurden auf eine losgehen und sich so gut verständlich zu machen, wie es eben geht. neue, Nechljudow noch unbekannte Art gereicht. Das Essen am nächsten. Aber gleich hier die Regel: gegen hilfsbereite LandsWo die Not am größten, da ist ja bekanntlich immer die Hilfe wurde auf den Tisch gesetzt, und die Diener gingen sofort leute sei zwar nicht umhöflich abweisend, aber sehr zugeknöpft, wieder hinaus, da die Speisenden sich selbst die Gerichte besonders was den Geldbeutel anbetrifft! Sechs Dugend Sicherheitsnahmen. Die Herren ließen aber nicht zu, daß die Damen nadeln sollte jeder mitnehmen, der eine größere Reise antritt: sich durch übermäßige Bewegung anstrengten, und nahmen Mit einigen verschließe er sorgfältig seine Taschen, mit andren als stärkeres Geschlecht die ganze Laft auf sich, den Damen nicht minder forgfältig feinen Mund; nur Augen und Ohren muß und sich selbst vorzulegen und einzuschänken. Wenn aber eine man in fremden Ländern gehörig weit aufsperren. Schüssel leergegessen war, drückte die Gräfin auf den Knopf Pflichten der Gastfreundschaft gegen seine vielen Besucher gerecht zu Troß der großen Hilfsmittel, über die Paris verfügt, um den einer elektrischen Glocke am Tisch, und die Lakaien famen werden, wird doch bei dem ungeheueren Zusammenfluß der Fremden schnell herein, räumten schnell auf, tauschten die Bestecke um das Leben in dieser Stadt während des Sommers ein schwer zu und brachten den folgenden Gang. Das Essen war erquisit; lösendes Problem fein; man weiß noch nicht, wie eigentlich den ebenso die Weine. In der großen hellen Küche arbeitete ein ungeheuer gesteigerten Ansprüchen an die Transportmittel, die Wohfranzösischer Roch mit zwei weißgekleideten Gehilfen. Man aß nungen, die Nahrungsmittel und auch die Vergnügungen Rechnung gezu sechsen. Der Graf, die Gräfin, ihr Sohn: ein mürrischer tragen werden soll. Der Erfolg der bisherigen Pariser Weltausstellungen Garde- Offizier, der die Ellbogen auf den Tisch stütte, hängt nicht zum wenigsten von dem Umstande ab, daß auch Leute Nechljudow, eine französische Vorleserin und der vom Lande in weil sie sicher waren, in der Riesenstadt ihren Mitteln entsprechende mit schmalem Geldbeutel die Reise und den Besuch wagen durften, die Stadt gekommene Hauptverwalter des Grafen. Unterkunft und Nahrung zu finden. Das dürfte auch jetzt noch der Fall sein: Paris ist keine Räuberhöhle, und man kann da bei mäßigen Ansprüchen recht wohlfeil leben; teuer find eigentlich nur die Zimmer, und da kann man auch gar keinen Rat geben, weil sie mit wachsender Nachfrage sehr start im Preise steigen. Das antscheinend so einfache und einleuchtende Mittel, möglichst weit von der Ausstellung entfernt Wohnung zu nehmen, hat auch wieder seinen Halen, dem einmal find auch in den entfernteren Quartieren die Bariser teuer gemacht worden, und zweitens muß man bei weiten Zimmerpreise durch die in der Nähe der Ausstellung ausgemieteten Entfernungen wieder gar zu viel Geld für Transportmittel aus geben und verliert seine Zeit noch überdies. Zeit aber ist das fostbarste, worüber man überhaupt in Paris verfügen fann. Die ins Unendliche wachsenden Reifen von einem Punkte der Stadt zum andern nehmen dem Besucher täglich beshalb soll man stets mit Hilfe eines Plans eine genaue Tagesviele Stunden weg und ermüden ihn außerordentlich; einteilung machen, um ummötige Wege zu sparen. Ueber die Vertehrsmittel, die eine Schande für Baris find, will ich mich hier nicht lange aufregen, das besorgt schon jeder, der hierher kommt, auf eigne Faust gründlich. Da man aber nun mal nicht ohne
Die Unterhaltung drehte sich auch hier um das Duell: man äußerte seine Meinung, wie der Kaiser über den Fall dächte. Es war bekannt, daß der Kaiser viel Mitgefühl mit der Mutter hatte, und so hatten alle Mitgefühl mit ihr. Ebenso war aber bekannt, daß der Kaiser nicht strenge gegen den Mörder vorzugehen beabsichtigte, der die Ehre seiner Uniform verteidigt hatte, und so waren alle milde gegen den Offizier gestimmt, der die Ehre seiner Uniform verteidigt hatte. Nur die Gräfin Katerina wanowna gab in ihrer freien, leichten Denkart einer Verurteilung des Mörders Ausdruck.
Sich betrinken und ordentliche junge Leute niederschießen das entschuldige ich auf keinen Fall," sagte sie. „ Das verstehe ich nicht," sagte der Graf. " Ich weiß, Du verstehst niemals, was ich sage," meinte die Gräfin und wandte sich an Nechljudow." Alle Welt versteht mich nur mein Mann nicht. Ich sagte: mir thut die Mutter Leid; ich will nicht, daß jemand tötet und noch dabei zufrieden ist."
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