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ihm die Aerzle nur kurze Lebenszeit gewähren. Die Be- gnadigung bedeutet eine Absage der Regierung gegen das Ürreil von Renne s. Hatten die Kriegsrichter, o'bschon sie durch Zubilligungmildernder Umstände" ihren Zweifel an der Schuld Dreyfus' bekundeten, das Verbrechen der Ver- urteilung des Unschuldigen begangen, so bedeutet die Be- gnadigung nicht dinen Straferlaß aus Mitleid, sondern eine Erklärung, daß der Verurteilte keine Strafe ver- dient. Ter Verräter würde ebensowenig Begnadigung erwarten können, als ihmmildernde Umstände" zukommen. Wird er begnadigt, so ist er als schuldlos anerkannt. Wenn Dreyfus den Nevisionsantrag zurückgezogen hat, so dürfte dies nur geschehen sein in der Hoffnungslosigkeit, bei deni militärischen Revisionsgericht, das nur über Form- fehler im Prozeßverfahren zu urteilen hat, Recht zu finden. Der Kampf um die Wiederherstellung der Ehre, um die Anerkennung der Unschuld durch die Justiz kann darum nicht endigen. Mit der Beseitigung der körperlichen Leiden ist die auf dem Unschuldigen lastende Schmach der Verurteilung als Landesverräter nicht ausgelöscht. Und das erregte Gewissen der französischen   Nation wird nicht zur Ruhe kommen. ehe denn das begangene Unrecht gesühnt ist. Wie es heißt, wird Dreyfus alsbald nach endgültig erfolgter Begnadigung mit seiner Frau nach England übersiedeln; kein Zweifel, daß die Kämpfer ums Recht, die Jaurös, die Zola und Labori den Kampf unentwegt fortführen werden, nicht nur den Kampf für die Unschuld des Dreyfus, sondern vor allem den noch tveit schwereren und bedeutsameren Kampf gegen das System des Militarismus und der Militärjustiz. den Beamten zu stärken, als sich selbst als Mittelglied ein- zuschieben und oadurch die Entfernung zwischen beiden Teilen zu vergröbern." Dieser Beinerknng gegenüber, die ganz im Stile des neulich veröffentlichten Erlasses des verflossenen Ministers für Socialreform, Herrn von Berlepsch, gehalten ist, beschränken wir nnS auf die Er klärung, daß im Jahre 18SS, und nur auf diese« bezieht sich der r>W»r-. Am gleichen Tage, da die Nachricht von der Begnadigung Dreyfus' kommt, wird der Tod eines der Männer gemeldet, die in jener großen Affaire eine hervorragende und ruhmvolle Rolle spielte. Senator S ch e u r e r- K e st n e r ist am Dienstag nach kurzer Krankheit verstorben. st Deutsches ZWch. Für die Bcschirknng der Pariser   Weltansstelluug sind starke und hohe Einflüsse geltend gemacht worden. Wie eine Korrespondenz berichtet, habe man an höherer Stelle zwar die loyalen Gründe der Ausstellungsgegner anerkannt, nichtsdestoweniger aber gefunden, daß in diesem Falle die wirtschaftlichen Interessen Deutsch lands   in erster Linie berücksichtigt werden müßten. Infolgedessen hat sich das deutsche Kommissariat für die Weltausstellung vor etwa acht Tagen veranlaßt gesehen, ein Rundschreiben an die gegnerische Gruppe der Aussteller zu richten. In dem Rundschreiben wird, im Gegensatz zu der in der Knanalfrage befolgten Regierungstaktik, betont, daß eS sich nicht um eine politische, sondern um eine rein wirtschaftliche Frage� handle. Infolge dieses Cirkulars hat der größte Teil der betreffenden Aussteller ihre Absage zurückgezogen. Die Bemühungen, die man heute von amtlicher Seite für die Weltausstellung aufwendet, stechen sehr vorteilhaft von dem behörd lichen Boykott ab, der 1889 über Paris   verhängt wurde. Damals wurde die Weltausstellung nicht nur nicht unterstützt, sondern über die deutschen   Künstler, die auf eigene Faust in Paris   ausstellten� brach eine so großepatriotische" Entrüstung ans, daß Reinhold Begas   ein von ihm ausgestelltes Werk heimlich wieder zurück ziehen ließ. 1839 war also die Beschickung der Pariser   WeltanSstellung noch nicht eine rein wirtschaftliche Frage. Die Aussperrung vom Hof.Die nächste politische Konsequenz aus der Verbannung der Hofwürdenträger vom Hoflager ist, so schreibt die«Freis. Ztg.", baß man künftig Personen, die in irgend welcher Beziehung zum Hofe stehen, insbesondere Kammerherreu, weder in das Abgeordnete n Haus noch in den Reichstag wählt. Sollten die Konservative» anderer Ansicht sein, so muß es Aufgabe der Liberalen sein, darauf hinzuweise», wie sehr es nach den maßgebenden Gepflogenheiten solchen Hofwürden- trägern erschwert wird, eine selbständige politische Haltung gerade in wichtigeren politischen Fragen zur Geltung zu bringen." Die Sehnsucht nach der Socialdemokratie. Das Organ der Zechenjnnker, dieRhein.-Wcstf. Ztg." fährt fort, die socialdemo- kratische Hilfe zur Rettung der Kanalvorlage zn erflehen. Auf einer Stuttgarter Parteiversammlung war angeregt worden, die Kanalsiage auf die Tagesordnung des Hannoverschen Partei- tages zu setzen; der Antrag wurde abgelehnt, weil der Parteitag schon ohnedies fast überlastet ist. DieRhcin.-Westf. Ztg." wittert dahinter eine schlimme Jntrigue.Die socialdemokratische Leitung hat es zu verhindern gewußt, daß man den Partei- tag wegen einer Kundgebung für den Kanal in Anspruch nehme.... Die Zielbewußten erkannten es allen Ernstes als ihres Amtes, dem Gcsamtvorstand und dem Parteitag eine Verlegenheit zu ersparen, und glaubten gewiß sehr ernsthaft zu ver- fahren, indem sie irgend einen Gegenantrag vorschoben, daiyit der Parteitag keinesfalls genötigt wäre, den Genossen darzulegen, warum man sich mit solchen praktischen Jnteressenfragen deS Tages nicht befassen will." Warum eS dem Parteitag eine Verlegenheit bereiten soll, die jämmerliche Zerfahrenheit unserer Verhältnisse, die politische Ohn- macht der Bourgeoisie, die Unfähigkeit der Regierung, die Allein- Herrschaft des Junkertums gebührend zu geißeln, das wird ivohl die Rhelnisch-Westfälische Zeitung" selbst nicht wissen. Aber das Blatt könnte uns auf eine ernstere Probe hinsichtlich unserer Kanal- sreundschast stellen. ES braucht bloß in seinen Kreisen dafür zu sorgen, daß das LandtagS-Wahlrecht geändert wird, damit wir parlamentarisch für die Vorlage eintreten können. Gleiche Prüder. DieKons. Korresp.", da» offizielle Organ der konservativen Partei, schreibt im Sperrdrucke: Es wird auch in offiziösen Preßorganen versucht, zwischen der konservativen Partei und dem Bunde der Land- wirte Zerwürfnisse herbeizuführen. Demgegenüber ist fest- zustellen, daß von feiten des Bundes der Landwirte nichts geschehen ist, was einem konservativen, königstreuen Manne verbieten oder ihn verhindern könnte, dem Bunoe der Landwirte als Mitglied anzugehören. Ferner mutz ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Bedenken in der konservativen Partei gegenüber dem Projekt des Rhein-EIbe-KanalS schon lange, bevor der Bund der Landwirte ins Leben getreten war. sich geltend gemacht haben, daß es also unrichtig ist, wenn die Sache so dargestellt wird, als sei der Bund der eigentliche Träger derKanalopposition". Wenn sich die Regierung nun nicht unterwirst! DieDeutsche Tageszeitung" hat bisher immer noch keine Zeit gefunden, das Datum anzugeben, wann die Polizei die Mit- gliederlisten des Bundes der Landwirte eingefordert hat. ES liegt ihr also nichts daran, die Anklage agitatorffcher Finten- Politik zu entkräften. Die Zuverlässigkeit der preußischen Gewerbeberlchte. Die R h e i n i s ch e Z e i t u n g" schreibt: In den Jahresberichten der preußischen Regierungs- und Ge- Werberäte für daS Jahr 1898 bemerkt der RegierungS- und Gewerbe« rat Goebel-Köln: Die Bcschwerdekommissionen der Gewerkschaftskartelle haben durch unkritische Aufnahme unberechtigter Klagen und durch Auf- banschen von Kleinigkeiten mehr geschadet als genutzt. Sie hatten Wohl auch weniger die Absicht, das Vertrauen der Arbeiter zu Bericht, unsererseits nicht einmal mehr de such gemacht worden ist, wegen Abstellung unb übermittelter Beschwerden bei einem der Herren Gewerbe- Inspektoren des Regierungsbezirks Köln   vorsrellig zu werden. Ebenso wenig sind, wie wir festgestellt haben, seitens der in Mülheim am Rhein   und Bonn   bestehenden Kartellkommisstonen derartige Schritte gethan worden. Im Aufsichtsbezirk Köln bestehen aber weiter keine Kartellkommissiouen. Wir müssen deshalb die oben citierte Aeußerung des Herrn ÄewerberatS als jeder thalsächlichen Grundlage entbehrend bezeichnen. Köln  , den 15. September 1899. Die Kartelllommisston der Gewerkschaften Kölns  Die Redaktion unsere» rheinischen Partetblattcs fügt hinzu, daß in den Berichten der preußischen Gelverberäte au» den letzten drei Jahren, also von 1395, 1896 und 1397, unter Köln   die Beschwerde- iommissionen der Kartelle aar nicht erwähnt stnd. Herr Göbel kann sich also mich nicht einmal auf frühere Erfahrungen berufen. E» scheint, daß Herrn Göbel daran liegt, den Kölner   Fabrikanten in Erinnerung zu bringen, daß er nicht die Pfade seines Vorgänger? zu wandeln ge- neigt ist. der es nicht verschmähte, mit de» Arbeiterorganisationen zu nnkerhaiideln. dafür allerdings mich den Staub der rheinischen Metropole von seinen Füßen schütteln mußt». Weil die Angaben des Herrn Göbel über die Gewerkschastskartelle jeder thatsächlichen Grundlage entbehren, so verdient die Unterschlebnng unlauterer Motive, die Herr Göbel in obigem Satze sich den Gewerkschaft»« kartellen gegenüber erlaubt, eine um so schärfere Zurückweisung. Er bleibt! Eine Freudenkunde durchballt die a»ifatmende Welt Herr Lieber geht n i ch t n a ch O st a I i« n. Er hat da» jetzt selber erklärt. Sein von derKöln  . VolkSztg." eben noch beteuerter schlechter Gesundheitsziistaiid hat sich also schneller gebessert, als selbst mittels eines Gebetswunders zn geschehen pflegt. Dagegen hat eS sehr lange gedauert, bis er sich entschlossen hat, die zuerst von der Frankfurter Zeitung  " verkündete Ehinareise aufzugeben. Vermutlich hat der Zättliche-Verwandten-Artikel derKöln  . Volksztg." dazu bei getragen, den renommierten Knhhändler zum Bleiben zu veranlassen. Minister der Salbung. Mit sehr frommen Reden haben fich der frühere Kultusminister Bosse von seinen Beamten und der neue Kultusminister S t u d t von seinen Westfalen verabschiedet. Die Kultur wird also fortgesetzt im Zeichen der Salbung stehen. Der Kurs bleibt der alte. Kirche nud Kaiser  . Im Bauernberein zu Tuntenhausen   hat der Ccntrumler Schädler folgendes geredet: Vor wenigen Tagen hat der deutsche Kaiser in Straß- bürg gesagt: In den heutigen bewegte» Zeiten, wo der Geist des Unglaubens durch die Lande zieht/ sei der einzige Halt und der alleinige Schutz, den die Kirche habe, die kaiserliche Hand und das Wappenschild des deutschen Reiches." Wir ehren die entschieden christliche Gesinnung des deutschen   Kaisers, wie wir auch mit Dank mieriennen, was er den Katholiken Deutschlands   zur Freude gethan mit der Erwerbung der Dorniition in Jerusalem  . Aber, meine Herren, das täuscht nnS nicht hinweg über die nackten Thatsachen, und bei aller Verehrung legen wir Verwahrung ein gegenüber dem Worte, daß die karserliche Hand und das Wappenschild de» Deutschen Reiches der einzige Halt und der alleinige Schutz sei, den die Kirche hat. Die Kirche, als von Gott   gegründet, steht nicht unter anderer Hand und unter anderem Schutz sBravo I), und die Kirche, die auf fast 2000 Jahre zurückblickt, sie darf ruhig sein, wie sie ruhig war gegenüber Reichen von einem tausendjährigen Bestand, auch gegenüber einem Reich und einem Wappenschild von 26 Jahren." Zünftler und Zuchthaus. Der in Würzburg   abgehaltene 16. allgemeine bayrische H a u d w e r k e r t a g hat in einer Resolution alle bayrischen nud deutschen   Handwerker- korporationcn und Handwcrlömeisler aufgefordert, die Petition für die Z u ch t h a u S v o r l a g c zu uutcritützeu. Wenn das dem Handiveri nicht aufhilft, dann ist der.goldene Boden" endgültig verloren. Gegen die Partrijustiz veröffentlicht der ReichtgerichtSrat a.®. t e n g l e i n in denDeutschen Stimm«»" einen Artikel, in dein er ausführt, parteipolitische Einieiligieiten müssen von der Justiz fenigehalten und Elemente ausgeschieden werden, die sich jenen Parieibestrebungen allzusehr hingeben. Also wendet sich Stenglein gegen Auffaffungen. wie sie von dem sächsischen Ober-LandcSgericht vertreten werden? Mit Nichten! Denn an diesem Stenglein wächst dieses Knöspleiu: Nicht zum wenigsten aber muß Sorge getragen werden, daß nicht auch socialdemokratische Elemente in den R i ch t e r st a n d eindringen. Nur zu sehr ist es bereits Gewohnheit geworden, die alles unterwühlende, alle Ideale mit Hohn begeifernde, allem Be- stehenden seindselige Partei, die keine Grundlage des Staates als be- rechtigt anerkennt, als eine gleichberechtigt« Partei an« zusehen und zu behandeln, und damit ihren An- schaumigen eine Geltung z u z u g e st e h e n. welche die An- Hänger der bestehenden nie zugestehen sollten. Wer den Krieg erklärt, muß eS sich gefallen lassen, als Feind behandelt z» werden. Vor allein aber videant contmles, ne quid res publica detrirnenti oapiat(die Regierung möge sehen, daß der Staat keinen Schaden nehme), indem die socialdemokratische Richtung in die Lage kommt, an den Grundpfeilern der Staatsordnung, an der Justiz zu rütteln". Herr Stenglein erkennt also das Fundament des Rechts in der Rechts ungl et chh ei t..oder der Rechts a u fh e b u n g. Unter parteipolitischen" Einseitigkeiten scheint er lediglich die.socialdemo- kratische" Anschauung zu verstehen, daß vor dem Gesetze alle gleich 'eien. Zum Gerichtsstand der Presse. Bor einiger Zeit hatte das Anitsgcricht Günzenhausen>Bayern) sich in der Priuatklageiache des dortigen Renlschul-Rektors Fick gegen de» Redacteur des.Nürnb. Anzeiger", Klein, wegen Beleidigung al« unzuständig erklärt, da der alleinige rechtmäßige Gerichtsort Nürnberg  , der Er- ch e i n u n g s o r t dcöNiirnb. Anz." sei. Der tlägerische RechtS- anlvalt hat gegen dieses Abweisurteil Beschwerde an das Landgericht erhoben, das jedoch unter», 6. dieses Monats die Be- 'chwerde als unbegründet verworfen und den Privat- kläger in die durch die Beschwerdeführnng veranlaßten Kosten ein- 'chließlich der dem Privatbetlagten erwachsenen notwendigen Aus« lagen verurteilt hat. In seinen Gründen schließt sich das land« gerichtliche AbiveisnngSnrteil ganz denen des Amtsgerichts an und bemerkt noch, daß diese RechtSanschauung im Anschluß an v. Schwarz«, ReichSprrßgesetz III. Aufl. S. 146, al» die herrschende be- zeichnet werden darf, und daß sie auch im Gegensatz zur reichsgerichtlichen Rechtsprechung in der Praxis mehrnnd mehr zur Geltung komme. Nicht begnadigt. Die Nachricht, die Frau de» früheren Oberförsters Gcrlach sei infolge von Begnadigung ans dem Zuchthaus Hassenbera entlassen worden, bestätigt sich n t ch t. Eine Begnadigung ist bisher nicht erfolgt. Frau Gerlach hat, wie er- innerlich, ihr Dienstmädchen zu Tode geprügelt. A»S Hcffcn, 17. September. jEig. 93er.) Am Sonnabend ist in L i ch sOberheffen) der als Großgrundbesttzer bekannt Fürst Hermann zu Solms-Hohensolms-Llch infolge eines Schlaganfalls im Alter von 61 Jahren gestorben. Der Fürst besaß nach den Angaben des amtlichen Organs i» Gießen   nicht weniger al» 220 Quadrat- kilometer Grund und Boden, das sind 22 000 Hektar, oder, nach der in Hessen   üblichen Bezeichnung: 88 000 Morgen Land. Al» Großgrundbesitzer war der Fürst von Sich, dem im übrigen nach« gesagt wird, daß er ein recht umgänglicher Herr war. den Klein- oauern wie ein Dorn im Fleische. Zu den in der Zweiten hessischen Kammer noch nicht erledigten Sachen gehören auch die Vorstellungen von Kleinarundbesitzerii von Lich um gesetzliche Maß- nahmen gegen die Ausdehnung des fürstlich Solms-Hohensolnis- Lichschcn Wäldes in dortiger Feldgcinarkung". Der Fürst von Lich  war erbliches Mitglied de» preußischen Herrenhauses uno.geborenes" Mitglied der ersten hessischen Kammer. Erhebungen über die Rentabilität der landwirtschaftlichen Betriebe will der hessische Landwirtschaftsrat veranstalten. Ins- gesamt sollen in 19 Gemeinden deS Großherzogtums je 2 bis 3 verschiedene große Güter, die als typisch gelten können, auf ihre Rentabilität untersucht werden. Zur Untersuchung sollen angeblich unparteiische Sachverständige beauftragt werden. Ob die der Land- tvirtschast«rot zur Verfügung hat? Die Blättermeldung, daß Prof. Schiller noch nachträglich mit einem Orden bedacht sei, ist natürlich unwahr. Der Orden ist in Wirklichkeit eine wilde Ente. Dieleidende Gesundheit". Au» Baden wird uns ge- schrieben: Es ist ein öffentliches Geheimn», daß für unsere Re- gierungen die.leidende Gesundheit' deS öfteren als Vorwand dienen muß, wenn es gilt, staatliche Beamte, die sich in ihrem dienstlichen verhalten irgend eine Verfehlung haben zu Schulden kommen lassen, auf möglichst mmnffäMge Weise von ihrer Stellung zu entfernen. Im badischen.Musterländle" haben erst die allerjüngste« Tage einige derartige Fälle gebracht, in denen bei Männern in hohen Beamten- und LebenSstelluiiaeu die Zurruhesetzung ohne weiteren Zusatzwegen leidender Gesundheit� ausgesprochen wurde, ob- wohl die öffentliche Meinung genau wußte, daß bei diesen Maß- regeln der Regierung wohl ganz andere Gründe maßgebend waren. Gegen diese' UnWahrhaftigkeit, die fich in einem der- artigen Verfahren der obersten Staatsbehörden kundgiebt, fühlt sich jetzt selbst die nationalliberale, rcgierungssronimeStraßburger Post" veranlaßt, Front zu machen. In einer au? höheren Beamten- kreisen stammenden Karlsruher Korrespondenz de» genannten Blattes heißt e» mit Beziehung auf zwei in den letzten Tagen erfolgte Zurruhesetzungen von höheren badischen Beamten, die auch wieder, obwohl kenigesund und im besten ManneSalter stehend, ihrer leidenden Gesundheit" zum Opfer gefallen sein sollen, wie folgt: .... Völlig ferne liegt es uns, hier zum Nachteil der Be- teiligten ein Urteil zu fällen; sie sind ja von einem herben Geschick betroffen, auch wenn ein eigenes Verschulden dabei die Unterlage bildet. Aber vom Standpunkt der staatlichen und moralischen Autorität darf doch wohl' die Ansicht hier Raum finden, daß man damit der öffentlichen Kritik der stummen vielleicht noch mehr als der lauten eine Handhab« giebt, wie sie für gewisse an dem Unterbau unseres Gesellschafts- leben» rüttelnde Agitatoren nicht besser gedacht werden kann. Ein Strafverfahren liegt nicht vor: e» handelt sich um Ziirrnhesetzimgen mit Bewilligung von Ruhegehalt. Wird dieser Beschluß schlecht und recht ausgesprochen, so fehlen die Anhalts- punkte vollständig, an die sich jebt in sehr besonnenen Kreisen eine Kritik knüpft, die man sicherlich nicht ohne weiteres wird zurückweisen wollen." Also auch hier wieder ist e» die Angst vor denan dem Unter« bau unseres Staates rüttelnden Agitatoren", die das fromme Regierungsblatt zum Auftreten gegen offenkundige Mißbräuche veranlaßt. Wir quittieren über diese Ancrkemmng eines neuen ehrenvollen Erfolges miserer.umstürzlerischen" Thätigkcil mit Freuden._ RechtSzustände in Elsaß-Lothringen  . Ans Straßburg   i. E. wird uns geschrieben: Nachdem, wie einer Zeit mitgeteilt, die Strafkammer de» Landgericht» Metz in der Strafsache gegen den Steinhauer Matz wegen Vergehens gegen da» BereiuSgefrtz ei» freisprechende» Urteil gefällt uns rntschreven hatte, daß der von Matz gegründete Filialverei» de» Eentralvcrbaude» der Maurer   und verwandten BerufSgenosicn Deutschland» gefetz" .lich erlaubt sei, ohne daß die VerwaltungSbehorbe um Erteilung der Genehmigung angerufen zu werden brauchte, durfte man gespannt darauf sein, welchen Bescheid das Ministerium für Elsaß-Lothringen   auf die Be- schwerde erteilen würde, mit der die Holzarbeiter de» unweit Straßburg   gelegenen Industrie- Orte» Schtltigheim bei ihm vorstellig geworden waren, nachdem durch Berstlgung de» unter- elsässischen Bezirkspräsidium» ihnen die Genehmigung zur Gründniig eines Zweigvcrein» des deutschen Holzarbeiter- Verbandes versagt lvorden war. Di« Entscheidung des Mi- nistcriumS ist nunmehr eingetroffen und lautet kurz und bündig dahin: Auf die Eingabe vom 21. Juli d. I. eröffne ich Ihnen, daß die Prüfung des Antrages auf Genehmigung eine» Zweigverein» des deutschen   Holzarbeiter-Verbande» in Schilttgheim mir keinen Anlaß gegeben hat. eine Abänderung der Entscheidung de» Herrn Bezirkspriisidenten Hierselbst vom 17. Juni d. I. eintreten zu lassen. Mimstmum für Elsaß-Lothringen  , Abteilung des Innern. (gez.) Puttkamer. Der Rechtszustand, der sich für die gewerkschaftliche Arbeiter- bewegung Elsaß-LothringcnS aus diesem KavinettSstücke Puttkamerscher RcgierungSweishcit ergiebt, ist ein ganz ungeheuerlicher. In Metz  eittscheidet ein Gericht, daß es für die Arbeiterschaft bei Gründung unpolitischer gewerkschaftlicher Vereinigungen der bisher stet» ver- langten Genehmigung durch die Verwaltungsbehörden gar nicht bedürfe, weil durch den£ 152 der Reichsgewerbeordnung alle eiitgeacnstchcnden Bcstinunuiigeii der französischen   Gesetzgebung aufgehoben worden seien; in Straßburg   verweigert die oberste Regierungsbehörde einem derartigen, vor Bekanntwerden der Metzer Gerichtsentscheidung eingereichten GenchmigungSgefuch ihre Zuftim- mnng, obwohl da« Urteil der Metzer Richter und feine Begründung ihr inzwischen zweifellos zur«enntnt» gekommen find. Den Schiltigheimer Holzarbeiteni bleibt also nicht» anderes übrig, al« ihren Verein ohne polizeiliche Genehmigung ins Leben zu rufen und. darin abzuwarten, ob es die Staatsanwaltschaft zu Straß- bürg für geboten erachtet, gleich ihrer Mctzer Kollegin das Strafverfahren gegen die Sünder einzuleiten und ich und dem Ministerium Puttkamer dann vor dem Landgericht der Reichslandshanptstadt eine eklatante Niederlage zu holen. Denn daß dt« Straßburger Richter in der vorliegenden Frage«inen anderen Standpunkt einnchnien und damit konstatieren sollten, daß, was in Metz   erlaubt, in Schiltigheim   verboten sei. da» alten tvir für absolut ausgeschloffe». Auf alle Fälle aber stellt der wiespalt zwischen Justiz und Exekutive, wie er in dem Metzer ierichtSurtcil einer- und der miiiislcriellcn Verfügung andererseits zum Ausdruck kommt, den RechtSznständen im Lande ver.wieder- zewonnenen Brüder" ein Zeugnis an«, wie eS blamabler kaum ge- »acht werden kann._ Ehronik der MajestätSbeletdigung». Prozesse. Die Strafkammer deS Landgerichts Straßburg   t. E. ver- urteilte den Ackerer Leo Meyer aus Düttlenheim wegen MojestätS- beleidignng unter Annahnie mildernder Umstände zu einer Gesängnis- träfe von zwei Monaten. Der Verurteilte war bei der dies- jährigen Feier von Kaisers Geburtstag mit einem Zechgenossen in Streik geraten, in dcffcu Verlauf der stark betrunkene Mann auch der Person des Kaisers Erwähnung that. Diese seine Aeußerungen wurden von anwesenden Ohren- zeugen zur Anzeige gebracht, worauf die Staatsanwalt- schaft das Strafverfahren einleitete. Meyer hatte fich daraufhin zunächst der Verfolgung durch die Flucht entzogen, stellte sich aber End« Juli d. I. sreiwillig den Behörden. Der Arbeiter Vinreiil Grabaveryk aus Gnesen   wurde am 18. d. M. von der Strafkamer zu Gnese» mit vierMonatenGefängni» wegen Majestätsbeleidigung bestraft In Görlitz   wurde wegen Majestätsbeleidigung die 45 Jahre alte Eisenbahnarbeiterfrau Marie Dorn aus Ruhland zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Anfang Juni d. .......-....' die eine» Abends, züchtigte die Angeklagte ihren Sohn, weil J-. dieser nicht