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Johanna im Leben nicht begegnet wären, er hätte in seiner Arbeitsteilung unter allen Umständen folgende Gefahr, daß für ihn und schließlich für die Gesammtheit jene biologische Ver­rühmlichen Arbeit ganz glücklich sein können. Himmering" eintrete, und Sein Vater selbst glaubte anfangs, die plögliche Freund Gefühl von dieser Verkümmerungsgefahr liegt auch den Bestrebungen minder das mehr oder flare lichkeit der Zeitungen gegen Richard sei ehrlich, wenigstens der social ungünstiger gestellten Klassen zu Grunde und sollte noch was er ehrlich nannte. Man wolle dem Besizer der großen viel schärfer als bisher bekannt und zu einem Motiv des Kampfs et­und der kleinen Fanfare" ein erhöhtes Ansehen zugestehen hoben werden. Es ist ein schweres Unrecht, jemand des Lebens und lobe den unbescholtenen Sohn, weil niemand sich mit Notdurft zu entziehen; allein es ist ein um so schwereres Unrecht, dem Vater einlassen mochte: und das wäre dem Alten ganz ihm die sogenannte Verschönerung des Lebens zu entziehen, als diese recht gewesen. meist so gering geachtet wird. Sie besteht aber nicht bloß aus Aber wie höhnisch zuckte es unter dem Schnurrbart, als Spaziergängen, hübschen Kleidern und ornamentierten Oefen, sondern er allmählich merkte, daß auch jedes Lob seines Sohnes aus allem, was aus fünstlerischer Hand kommt, was Bethätigung Bbautafie und Geſtaltung strieb und was von was Gelegenheit bezahlt, mit Inseraten bezahlt war. Vielleicht merkten die Kräftigung und Verfeinerung des alten vornehmen Blätter selbst nicht, daß sie bestochen zur Befriedigung, beſtochenschmacks an Schönen ist. Sie besteht besteht nicht bloß

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aus

wurden, vielleicht überfahen sie den verwickelten Zusammen- Erhabenem und Weihevollen, sondern auch aus Anmutigem, Humor­hang nicht so wie er. Doch Mettmann erkannte endlich klar, vollem, Satirischem, Schalkhaftem, ikigem usw. Und sie besteht wie das Haffner- Bier und ähnliche Großinferenten, die seine endlich nicht bloß in dem Genießen von Kunst, sondern auch im Zeitung unterhielten, auch für seinen Sohn wirkten. eignen Mitschaffen.

Diffelhof z. B. hatte von den Gründern des neuen Opern- Wer nun irgend eine menschliche Bethätigungsart nicht in der hauses die Bestellungen für den Vorhang und einige Weise zu der Hauptarbeit seines Lebens macht, wie wir es mit dem Dekorationen angenommen. Er ließ sie unter seiner Auf- Ausdruck Beruf bezeichnen, sondern vielmehr so, daß er sie als ficht in einer Scheune am Kurfürstendamm malen, die er in eine Ergänzung seines Lebens, als eine Bethätigung seiner durch jenen Beruf noch unbefriedigten Kräfte und zwar auf Grund einer Hoffnung auf eine Preissteigerung des Bodens gekauft Freude an seiner Beziehung zu der Sache betreibt, von dem fagen hatte. Diffelhof gab auch ganz erkleckliche Inseraten wir, er huldige einer Liebhaberei", er sei ein Liebhaber" diefer aufträge. Mit großen Lettern wurde das Häuschen in der Sache oder ein Dilettant" im guten, nicht im tadelnden Sinn. Für Großgörschenstraße und die Scheune selbst wochenlang an- feine menschliche Bethätigung aber dürfte dieses eigentümliche Verhalten gefündigt als Bauplätze, welche die Wohlthaten der Residenz so sehr in Betracht kommen wie für die Kunst. mit den Reizen des Landlebens verbinden konnten. Und in zahlreichen Notizen tauchte plöglich die entlegene Großgörschen­straße wie ein neuentdecktes Eldorado auf.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Liebhaberkunft.

# 1

Von Friedrich Müller. Das moderne naturwissenschaftliche Denken hat es immer mehr dazu gebracht, Anlagen und Vorgänge im einzelnen Lebewesen und in einer Gesamtheit von solchen daraufhin zu betrachten, wie weit fie zur Erhaltung des Lebens des einzelnen Wesens und seiner Gattung beitragen, furz also, fie nach ihrem biologischen Wert" zu beurteilen. So find als Schußvorrichtungen" zahlreiche Teile und Eigentümlichkeiten und Thätigkeitsweisen des lebenden Körpers ein­gerichtet, ohne die er den niedrigen Einflüffen von außen nicht stand halten würde; man denke etwa an die Festigkeit der das Gehirn umgebenden Schädelknochen oder an die Zusammenziehung der Pupille des Auges bei gesteigertem Einfall von Licht. Nun ist man forschend weiter gegangen und hat auch dem Spielen der Tiere und Menschen eine folche biologische" Bedeutung zugeschrieben: es läßt die Kräfte des Lebewesens sich in einer angemessenen und gefahrlosen Weise bethätigen und üben und erzieht sie derart zur Fertigkeit für die ernsten Kämpfe des Lebens. Insbesondere geben den menschlichen Kindern ihre Spiele eine Eignung für den fünftigen Ernst der Abeit des erwachsenen Menschen; und eine Behandlung des Kindes, die diesem nicht auch hier giebt, was ihm gebührt, hemmt sein Heranreifen zur Arbeit im Kampf ums Dasein. Allein auch später, wenn diese Arbeit ebenso das erste geworden ist, wie vordem die Kinderspiele das erste waren, erzwingt sich die Natur eine Ergänzung zu dieser Arbeit und treibt nun auch den Erwachsenen zu einer Bethätigung seiner, von der ernsten Arbeit nicht auf­gebrauchten Kräfte. Und das für den reifen Menschen vornehmste und ihm als Einzelnem wie feiner Gattung lebensfördernste Spiel unter allen ist wohl die Kunst.

Unter allen Künsten ist es nun, wie jedmänniglich weiß und leider so häufig zu fühlen bekommt, vor allem die Musik, die zum Gegenstand der Liebhaberei gemacht wird. Hier spielt der Dilettan­tismus" im Sinn des Liebhabertums( allerdings leider auch der Dilettantismus im schlimmen Sinn) eine so große Rolle, daß seine Geschichte von der Geschichte dieser Kunst selber gar nicht zu trennen ist, und daß er geradezu ein materieller und geistiger Nährboden für die Tonkünstler von Beruf ist. So war jedoch in die Gesamtheit der Künste durch diese Musilliebhaberei eine schwere Ungleichheit zu Gunsten der Tontunst und insbesondere zu Ungunsten der bildenden Künste hineingeraten und abermals die Gefahr einer teilweisen biologischen Verfümmerung" hervorgetreten. Dies hat nun schließlich zu einer Gegenströmung gedrängt, die als eine der eigenartigsten Erscheinungen unfres modernsten Lebens seit ein bis zwei Jahrzehnten immer weitere Gebiete durchflutet, und deren Inhalt furz als Liebhaberkünfte" oder Liebhaberkunst" oder als Amateurkunft" oder als Dilettantismus" im engeren guten Sinn bezeichnet wird. Alles Dazugehörige ist sehr verschiedentlich gruppiert; aber doch treten zwei Mittelpunkte besonders auffallend hervor, um die sich zahlreiche Kräfte sammeln, und die hinwieder von einander ganz unabhängig find. Der eine ist der Direktor der Kunsthalle " in Hamburg , Alfred Lichtwark , der andre ist die Beitschrift Liebhaberkünfte" in München .

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Lichtwark ist jedenfalls der entschiedenste Verteidiger des Nutzens einer breiten Beschäftigung von Liebhabern mit den bildenden Künsten sowohl für das Gedeihen dieser selbst als auch für die geistige Hebung des gesamten Volks. Es würde sich immerhin ver­lohnen, durch Aufzählung von Einzelheiten aus der Lichtwart­Bewegung", insbesondere von Schriften ihres Führers, die ganze Sache näher auseinanderzusetzen und fie gegenüber ihren zahl reichen und heftigen Bekämpfungen abermals zu rechtfertigen. Hier mag es genügen, auf die hauptsächlichen Umrisse hinzuweisen. Auf einem Boden, der zur Zeit nicht cben fünstlerisch hervorragend war, jedoch alte, fast verschollene und des Hervorziehens werte Kunst­fraditionen besaß in Hamburg also übernahm Licht­1886 die Direktion der und dortigen Kunsthalle wart reorganisierte fie namentlich dadurch, daß cr fie in

Sie selber gehört ebenso zum Gesamtleben des Menschen und eine lebendigere Beziehung zu diesem ihrem Boden setzte und der Menschheit, wie Verkehr und Leibesnahrung, Erkenntnis und vor allem zu einer Galerie für ältere Hamburger Meister machte Naturbeherrschung und noch andre Bethätigungen zu ihm ge- und ihr dann auch eine Galerie von Gemälden Hamburgischer hören. Ein vollkommenes Menschentum bedarf alles dessen. Stadt- und Umgebungsschönheiten beigab. Nun aber kam ein Scheinbar freilich ist einiges davon unentbehrlich, andres zweites, er machte zahlreiche Bemühungen, um die ästhetische Bildung nur eine wünschenswerte Erweiterung; und gerade die Kunst des Volks, genauer: den allgemeinen Kunstunterricht, zu heben und scheint am meisten eine solche und ein sogenannter Lugus" zu sein. verwendete als Mittel dazu vor allem eigne Kunstübungen derer, Eine jede derartige Auffassung, welche Bethätigung auch immer fie be die zur Kunstempfindung"( zum Kunstgenuß") und zum Kunsts treffen mag, ist ein Unrecht und führt zu einem Ausfall an der verständnis" nicht etwa zur kunstgeschichtlichen Gelehrsamkeit vollen Entfaltung des Menschentums, sozusagen zu einer biologischen erzogen werden sollen. Eine besonders günstige Gelegenheit dazu Berkümmerung". Für kaum ein Gebiet gilt dies scheinbar so wenig bot die ja schon seit längerem fast allenthalben heimische Lieb­und thatsächlich doch so sehr wie für das der Kunst; kaum auf haberei des Photographierens, die Amateur- Photographie". Licht­einem Gebiet rächt sich das Brachliegen der menschlichen Kräfte so wart zeigte, wie viel Stünstlerisches in diese scheinbar untünstlerische sehr wie auf dem der Phantasie, des Gestaltungstriebs, des Thätigkeit hineinzulegen sei, und förderte sie durch Schriften, Geschmacs, hauptsächlich also des Kunstlebens. Dies ist ein Punkt, Vereinsgründungen n. a., besonders aber, seit 1893, durch eigene der bei allen gesellschaftlichen und politischen Debatten über die Ausstellungen. Auf Grund ihrer Erfolge fonnte er( in Mitteilungen Rechte der Kunst weit mehr betont werden sollte, als es gemeiniglich an den Schreiber dieser Zeilen) fagen, es kommen, was die technische geschieht. und künstlerische Kapacität der Amateure angeht, die Bertifs photographen gegen das Beste, was die Amateurs leisten, nicht auf; und gegenüber dem naheliegenden Vorwurf des Uebertreibens ist es interessant zu erfahren, daß Lichtwark selber nach seinen selbständigen Anregungen die Auffassung der Amateur- Photographie in englischen Kunstkreisen kennen gelernt hat: dort spricht man in so starken Tönen, daß das Lob, das ich den Bestrebungen gezollt, sehr zahm tlingt." Neben diesem Gebiet wurden mum besonders manche tunstgewerbliche

Nun fann nicht der einzelne Mensch alle jene Thätigkeiten aus üben, wie fie gemeinsam erst ein volles Menschentum verbürgen, Vielmehr teilen sich ja bekanntlich die Menschen in die Gesamtheit ihrer Thätigkeiten auf eine Weise, die mit der fortschreitenden Kultur immer feinere Spaltungen zeigt. Allein je enger dadurch die Thätig feit wird, die der Einzelne als seinen Hauptanteil an der gemein­famen Thätigkeit aller Menschen betreibt, desto größer wird die der