Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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Die Fanfare.

Donnerstag, den 30. August.

( Nachdruck verboten.)

Noman von Frit Mauthner.

Johanna las den Brief lächelnd zu Ende. Du hast unrecht gethan, Mama," sagte sie, Achim in cine so unvorteilhafte Stellung zu mir zu bringen. Ich will auch ganz gewiß nicht über ihn lachen, aber ich bitte Dich: gebt mich endlich auf. Ich verliere täglich eine gute Arbeits­stunde, die mir niemand von Euch ersehen kann.

Die Kriegsrätin wußte nicht mehr, was sie thun sollte. Sie beschied Herrn von Herne   noch selbigen Vormittags zu zu sich und sprach mit ihm fast ganz offen. Ihrer Tochter ge­Sachte sie als einer Unglücklichen, welche zu ihrem Glück ge­zwungen werden müßte.

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Kleinen" Fanfare hineinleiten zu wollen schien und der trob der flauen Gerüchte, die um Fata Morgana umzugehen be­gannen, dennoch an den Gedanken festhielt, daß das neue, fast vollkommen eingerichtete Opernhaus mit diesem Werk er öffnet werden müßte.

Nun verstand es sich für den Verleger von selbst, daß er dem zuverlässigen Haffner mit Rat und That seinen Dank bewies; und da Haffners Ziele fast mit den feinigen zusammen. trafen, da auch er Richard um jeden Preis von Johanna trennen wollte, nahm er sich der Sache mit einem Fener an, welches den bedächtigen Freier beinahe erschreckte. Aber da half kein Sträuben. Wenn Gottlieb Mettmann eine Ge schichte rasch zu Ende führen wollte, riß er jeden mit.

Jetzt führte er Herrn Haffner geradewegs zu Leontine, trob dem es Essenszeit war, erzählte ihr die Sachlage ganz so brutal, wie er sie soeben erfahren hatte und sie aus andern Beobachtungen mutmaßte.

Haffners Vorschläge, diefen Zwang auszuüben, zeichneten sich nicht durch starke Verschiedenartigkeit aus. Bald wollte er Hier kommen wir mit fanften Mitteln nicht durch!" Achim noch großmütiger als bisher unterstüßen und dadurch sagte er endlich. Hier müssen Sie selbst handeln, schönste die Dankbarkeit der Schwester für sich anrufen, bald schlug er Frau!" vor, daß die verwitwete Kriegsrätin selbst sich glänzend Leontine hatte nach der ersten Begrüßung' die Herren kleide und einrichte; Johanna sollte durch die nächste Be- stumm angehört. Nun blickte sie mit freundlicher Ueber­rührung mit Sammet und Seide in ihrer weiblichen Eitelkeit legenheit auf Haffner, der in der Haltung eines vor dem aufgestört werden. Und endlich kam er auf den Einfall, den Souffleurkasten festgenagelten Schauspielers neben ihr saß, er für neu und gut hielt, das widerspenstige Mädchen selbst und auf Mettmann  , der sich zwischen den leichten Möbeln mit fostbaren Geschenken zu überhäufen, vielleicht ohne sich eine Gasse gebahnt hatte und darin auf und nieder ging. als den Geber zu verraten, es so an den Ueberfluß zu ge­wöhnen und dadurch zu unterwerfen. Die Kriegsrätin, die in ihrem schwarzen Seidenkleide vorsichtig dasaß, schüttelte stolz den Kopf. Johanna wäre zu flug, um ge­täuscht zu werden, und würde von dem abgewiesenen Werber niemals ein Geschenk annehmen und auch sie selbst müsse für die gute Absicht danken. Sie fleide sich ja gottlob immer noch standesgemäß, und darüber hinauszugehen sei nicht Havenowsche Art. Und mit beleidigter Würde zog sie langsam die Schultern empor und zitterte dabei vor jedem Knaden der Seide.

Dann fant sie wieder bescheiden zusammen und stimmte Herrn von Haffner zu, wenn er nun doch bei Achim   fein Glück versuchen wollte.

Herr von Haffner hatte von Anfang an nicht darauf gerechnet, Johanna als Liebhaber zu gewinnen. Ihr Wider streben tränkte ihn darum nicht allzu sehr, während es seinen Eigenfinn nur noch steigerte. Er suchte überall nach Bundes­genossen, und seine Gedanken führten ihn immer zum alten Mettmann   und zu Frau Pitersen zurück, welche ja beide das gleiche Intereffe hatten, Richard unwiderruflich von Johanna zu trennen. Angenehm war es nicht, sich mit seiner Liebes­angelegenheit dem Spotte der klugen Menschen auszusehen, aber Mettmann   und Leontine waren in dieser Frage gewiß nicht zum Lachen aufgelegt.

*

Ich weiß nicht," sagte sie endlich mit weicher Stinnte, wie die Herren von Herzensangelegenheiten so häßlich reden können. Indessen, Ihr Vertrauen ehrt mich, und ich will es zu verdienen suchen. Es giebt also, wie ich aus allem ersehe, hier ein ehemaliges Liebespaar, Herr Mettmann   junior und Fräulein Johanna von Havenow- Trienik, welches die Treue länger halten will, als die Liebe gedauert hat."

Sehr gut," flüsterte Haffner, der nicht verstand, was Leontine wollte, dem aber nach Mettmanns Roheit dieser Bart­sinn wohlthat.

Leontine dankte lächelnd und fuhr fort:

,, Wenn wir recht berichtet find, so möchte Herr Richard Mettmann gern einer andren Frau seine nicht ganz hoffnungs lose Neigung gestehen, hält sich aber wohl durch irgend ein Wort an dieses hübsche adelige Fräulein gebunden. Ebenso ist Fräulein von Havenow- Trieniz entschlossen, einem in jeder Hinsicht stattlichen Manne die Hand zu reichen."- Haffner verbeugte sich wartet aber darauf, daß Richard Mettmann ihr durch die symbolische Handlung seiner eignen Verlobung ihr Wort zurückgiebt. So liegt die Sache. Nicht wahr, meine Herren? Ich ändere doch nichts an den Verhältnissen?" Haffner applaudierte vor Vergnügen. Mettmann   lachte laut auf und rief:

"

Wenn ich nur zwanzig Jahre jünger wäre, ich würde mich mit meinem eignen Sohne schlagen!"

Es gab am Mittag desselben Tages die legte Jahres- Leontine lächelte nicht einmal. Ernsthaft sprach sie weiter: sigung der großen Fanfare, der internationalen Aktiengesellschaft Es ist nun Menschenpflicht für uns alle, außerdem aber für Reklame. Nach der Situng blieb man natürlich bei- für jeden einzelnen von uns eine besonders heilige Pflicht, fammen. Fast alle großen Aftienbejizer waren auch an der die jungen Leute in dem Bestreben zu unterstützen, endlich Nenen Oper" beteiligt und hier war eine Strömung gegen auseinanderzukommen. Es ist ja ein Jammer, wie sie sich die Mettmanns fühlbar. Haffner sprach zweimal für Richards quälen, um alter romantischer Erinnerungen willen. Wir ver Vater; als er ihn dann nach Hause geleitete, brachte er dienen uns ihren Dank, wenn wir sie kräftig und freundlich nach einer kleinen Vorbereitung entschlossen sein Anliegen auseinanderreißen. Ich will den Herren gern meine weichere bor. Er habe bei der Beratung fast mehr gesagt, als er weibliche Hand leihen, wenn wir erst darüber einig sind, durch verantworten konnte. Es sei wirklich stark, wie Mettmann   welches Mittel wir die Unglücklichen am schnellsten vor einander die ganze Macht der Gesellschaft für feine Zeitung ausbente retten." und jetzt fogar rücksichtslos für die Oper seines Sohnes be­nüße. Er sei kein Spielverderber, aber er sei gewohnt, auf seinen Vorteil zu sehen. Und kurz und gut: er wolle die beiden Mettmann  , Vater und Sohn, in ihren verschiedenartigen Bemühungen weiter unterstüßen, wenn seine Absichten auf Fräulein von Havenow dadurch gefördert würden, sonst nicht.

Gottlieb Mettmann hatte in der Versammlung der Fanfare sofort gefühlt, daß Haffner ihm demonstrativ zu Hilfe tam und daß ihm diese Hilfe in seiner Lage sehr er­wünscht sein mußte. Das Widerstreben gegen die Rücksichts­Tosigkeit, mit welcher die Zeitungen für Richards Oper günstig gestimmt wurden, war ja nur ein kleines Zeichen der Auflehmung gegen den verwegenen Mann gewejen, der allen Gewinn der Aktiengesellschaft Fanfare in die Kaffen seiner

Wie ein Meister seinen Gesellen die rohe Arbeit über läßt, so lehnte Frau Leontine sich jetzt zurück und erwartete die Vorschläge ihrer Verbündeten. Haffner war nicht er. findungsreicher als vorhin bei der Geheimen Kriegsrätin. Richard Mettmann sollte sich nur erst öffentlich mit der andren Dame verloben, dann würde Fräulein Johanna schon andre Saiten aufziehen.

,, Und Richard wartet darauf, daß Fräulein Johanna ihn zuerst freigiebt," rief Leontine ärgerlich. So kommen wir nicht weiter."

"

Gottlieb Mettmann wollte eigentlich mit Geld darein. schlagen; er glaubte, mit seinen nagelneuen Banknoten seinen eignen Sohn bestechen zu können. Doch die Worte Leontinens brachten ihn auf neue Gedanken, die er hißig zu gestalten