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diefe anständige Frau überhaupt, denn zu einer womöglich soweit sie sie nicht schon befißen. Es ist nicht die Art der Dar hoffnungslosen Leidenschaft verspürte er keine Luft. Das war ftellung es ist die Art der künstlerischen Natur. Die Ein ihm zu lästig. fachheit ist bei Else Lehmann keine Bezeichnung für die künstlerische

Eine große Leidenschaft aber erst künstlich in sich auf- leberzeugung oder die schauspielerische Auffaffung, vielmehr eine bauschen, um dann damit die anständige Frau zu einer ihres menschlichen Wesens, soweit es auf der Bühne offenbar wird. Bezeichnung ihrer Individualität, ihrer Empfindungsweise, andren" zu machen, ein oft angewandtes Verführungsmittel, Sie ist nicht nur einfach in der Methode, im Wie", fie ist einfach war auch nicht sein Fall. Das war ihm zu anstrengend. auch in der Sache, im Was". Die Einfachheit ist ihr so felbsts Seine geistigen Kräfte hatte er zu was ,, Befferem" nötig. Für verständlich wie das Atmen. seine Kunst. In Liebe wollte er sie nicht zersplittern.

Er war eben der rechte moderne" Mensch, dessen Seele ganz und gar mit Egoismus durchwachsen ist wie ein Stück Schweinefleisch mit Fett. Kein Atom in seiner Psyche, an der dies Fett nicht faß.

Da er zudem innerlich zu flein war für eine große Leidenschaft, zu wenig aus einem Guß, so gelang es ihm seit einigen Jahren vortrefflich, rechtzeitig abzubrechen, sowie er spürte, er tönnte sich ernsthaft in einer für seine innere Ruhe gefährlichen Weise verlieben.

( Fortsetzung folgt.)

Die Macht der Finkfernis.

( Deutsches Theater .)

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warum

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wäre

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Else Lehmann wird nie versuchen, ins Pompöse zu streben. Das wäre mit der Einfachheit des Stils außerordentlich gut vereinbar, nicht aber mit der Einfachheit ihrer Natur. Es könnte scheinen, als ob ihrem Talent hier eine Grenze nach oben gezogen es scheint aber nur so. Aus seiner Welt kann kein Künstler und keine Künstlerin heraus reich sie ist. Der Pomp der Duse ist teurer verkauft, als mandje es fragt sich mir, wie weit und strititer ahnen. Die Welt der italienischen Schauspielerin möchte ich gegen diejenige der deutschen nicht eintauschen. Ist Else Lehmann der Pomp versagt, so ist ihr( um etwas Verwandtes zu nennen) beispielsweise die Majestät nicht unerreichbar. Der Bomp widerspricht der einfachen Natur. Es giebt aber eine stille Majestät, die nur um so tiefer wirft, weil sie sich so stumm verhält und diese Majestät ist mit der einfachen Natur nicht nur vereinbar, sondern ist gerade ihr eigentümlich: Die einfachen Naturen werden vielfach unterschätzt, in der Kunst wie im Leben. Eine Schauspielerin, die bei jedem Aufs tritt vor sich herrufen läßt: Hier bin ich l", blendet und wirkt immer am ehesten. Der Glanz ergreift die Menge am leichtesten, Könige aus welchem Grunde er am Ende ein so populäres Attribut der Glanz gewiß nichts einzuwenden und Warenhäuser ist. Wir haben an sich gegen den das wäre ein trauriges Handwerk. Man soll ihn nur nicht in jedem Fall mit dent Reichtum verwechseln. Ein brillantes Salongeschöpf als ein einfaches Bauernveib aus Anzengrubers Dichtungen. Nichts einer franzöfifchen Komödie hat sicherlich mehr Glanz destoweniger find die Bänerinnen Anzengrubers unendlich viel reicher als die unterschiedlichen Salondamen der französischen Stücke. Jeder Ballsaal hat mehr Glanz als Moor und Heide, aber der kennt Moor und Heide nicht, der sie für arm hält. herauszukommen: der sieht das Wesen der Dinge nicht, der die Eins ins Uebergroße wachsen, so bleibt ihr dafür die Tiefe, und verzichtet fachheit Elfe Lehmanns für eine Schranke hält. Wird sie nie fie auf ungewöhnliche phantastische Stimmungen, fo ergreift uns um

aus

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Um aus dem Bild

Das thörichte Censurverbot, das der Aufführung der Tolstoischen Dichtung im Wege stand, ist nun gefallen. Sollte von den Urhebern des Verbots jemand im Theater gewesen sein, wird er die Ueber­zeugung gewonnen haben, daß die Grenel und Laster dieses Stüds niemand verführen. Man fühlt sich im allgemeinen nicht zur Sünde angeregt, wenn es einem falt über den Rücken läuft. Das alte Spiel wiederholt sich indessen immer von neuem. Wenn ein Dichter das ganze Grausen des Lasters auf die Bühne bringt, ist es peinlich, aufregend, ruheſtörend, unmoralisch. Man hat Schiller , dessen Geburtstag ja munmehr auch von der offiziellen Welt festlich be­gangen wird, ein unfittliches Individuum genannt, Hebbel hat denselben Vorwurf genossen, Ibsen ist auch nicht verschont geblieben, von Anzengruber hat einmal die Norddeutsche Allgemeine" ausgeführt, daß seine Stücke im Grunde viel gefähr licher seien, als die schlüpfrigen Schwänke des Residenz- Theaters, so mehr das schlichte Menschliche ihrer Kunst. auf Bola bat man die gemeinsten Schimpfwörter gehäuft sollte also Tolstoi aus dieser ausgezeichneten Gesellschaft ausgeschlossen Natur einfach ist, sich auch im einfachen Stil des Deutschen Es versteht sich von selbst, daß eine Schauspielerin, die von werden? Die schärfste und beste Antwort hat Hebbel diesen be Theaters" besonders wohl befinden muß. So tommt es, daß leidigenden Schmähungen zu teil werden lassen. Ihr praßt fagt er dem Sinn nach au einer reichen Tafel. Ich sehe Euch meinen Elſe Lehmann es innerhalb dieses Stils mitunter zu einer Energie Zotenschädel auf den Tisch und Ihr behauptet, daß er Euch ver die gewiß nicht zum wenigsten von ihren Kollegen geschäzt und bes der Empfindung, zu einer stummen Beredtheit des Ausdrucks bringt, führe. Gure stieren Blicke strafen Euch Lügen Trinkt lieber auf wundert wird. Wir haben dagegen polemisiert, als ob die einfache Eure Unsterblichkeit. Ganz abgesehen davon, daß die Aufhebung des Censurverbots Natur weniger reich zu fein brauche als die anspruchsvolle. Wir an sich erfreulich war, tam sie gerade in der gegenwärtigen müffen jest einräumen, daß sie wenigstens in einer Beziehung sie ist im allgemeinen nicht reich an Situation außerordentlich gelegen. Eine Verachtung des Naturalis- weniger reich zu sein pflegt Worten. mus, die an Oberflächlichkeit nichts zu wünschen übrig läßt, fängt einen stillen, gelegentlich aber auch einen herben Zug und dieser Diese Kargheit im Ausdruck giebt einfachen Naturen eben an, Mode zu werden. Die ältesten Ladenhüter der philiströsen herbe Zug findet sich auch bei& Ise Lehmann. Es braucht nach dem Aesthetik werden hervorgeholt und dem Publikum als neu auf Voraufgegangenen kaum gejagt zu werden, daß es sich um eine geschwatzt. Man rümpft wieder die Nase über den Geruch von Herbheit handelt, hinter der mehr Empfindung liegt, als hinter dem armen Leuten, entsegt sich über das angeblich ewige" Krankenbett in der naturalistischen Kunst und glaubt der Großstadt und den dunklen reichsten Wortschwall. Nicht weit vom Herben liegt die Kälte. Eine Seiten des Lebens zu entfliehen, wenn man eine vergnügte Ferien- befugt in ihr Juneres schauen wollen. Es ist dieser herbe und dieser einfache spröde Natur wird auch Kälte habent für alle, die uit reise in die Berge macht. Es ist gewiß verständlich und für die deutsche Litteratur fein übles Beichen, daß man sich im Drama gelegentlich falte Zug, der Else Lehmann befähigt, Nollen wie die Hanne in" Fuhrmann Henschel" und die Anisja in der Macht der nach Großzügigkeit und grandiosen Stimmungen sehnt. Es hängt zudem gerade mit den glorreichsten Traditionen unsrer die Rauschfcene des legten Atts liegt völlig außerhalb ihres Talents Finsternis zu spielen. Die Anisja liegt, ihr ferner als die Hanne­dramatischen Kunst zusammen. Wenn indeffen der ersehnte und versagte infolge deffen auch. Stil der Zukunft gefunden werden sollte, wird er, glaube spielerischen Natur, sich unter dem Einfluß des Altohols so aller Es widerspricht ihrer schaus ich, von einem Mann gefunden werden, der den Naturalismus Würde zu begeben; fie empfindet in diesem Punkt die Anisja nicht nicht ganz so laut verachtet hat, wie es jetzt in gewissen Streifen mehr. Ueberhaupt wird sie in derartigen Rollen nie ihre ganze zum guten Zon gehört. Um dieser Kreiſe willen war es gut, daß Persönlichkeit entfalten können und wird darum auch nie mit der die Macht der Finsternis" von einer öffentlichen Bühne herab sprechen durfte. Wenn die Freunde der Höhenfunst" erst eine ganzen Straft ihres Talents wirken. Wenn hinter dem Herben und Kalten Empfindung liegt Dichtung geboten haben, die man mit der Tolstoischen in einem können, was der Dichter lebte. dann erst wird sie ganz leben Atemt nennen darf, wollen wir über ihre Verachtung des Lasters und Elends gern weiter diskutieren. Bis dahin aber wird ber mutlich noch viel Waffer durch die Programmhefte der Höhenkünstler

riefeln.

Ueber das Werk selbst ist an dieser Stelle bereits ausführlich gesprochen worden. Die glänzende Aufführung des Deutschen Theaters " hat die Dichtung wieder in demselben Licht gezeigt, in dem wir sie immer gesehen haben. Wir haben mithin unfren früheren Ausführungen nichts hinzuzusetzen und benzen die Gelegenheit, uns mit einer Schauspielerin etwas eingehender zu befaffen, mit der wir uns schon lange beschäftigen wollten.

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eben nur eine Stizze sein soll. Wir haben sie teineswegs von allen Es mag noch gesagt sein, daß unsre Slizze ihrer Persönlichkeit Seiten betrachtet, aus dem einfachen, aber zureichenden Grund, daß daß sich im Laufe der Zeit diese oder jene Linie verschiebt. In der wir sie noch nicht von allen Seiten gesehen haben. Möglich also, Hauptsache glauben wir eigentlich heute schon recht zu haben. Nikita, Reinhardts wunderbaren Atim und die unheimliche Es ist uns jetzt unmöglich, Bassermanns grandiosen Supplerin der Frau von Pöllniz gebührend zu würdigen. Wir müssen uns heute mit dieser summarischen Anerkennung begnügen. Eine Frage noch zum Schluß: Wie kam Herr Schwaiger zu der Die Anisja wurde von Else Lehmann gespielt. Was ant dieser Künstlerin zunächst auffällt und zunächst zu Herzen spricht, ist gewiß nicht bedeutungslosen Rolle des tränkelnden Bauern? Er fiet ihre Einfachheit. Nun ist man am Deutschen . Theater" zwar im durch seine farblose und matte Art völlig aus dem Ensemble heraus. allgemeinen einfach, und es könnte somit als eine pauvere Bedem Knecht Nititas, was nur immer daraus zu machen war. Die fleine Else Seelen war entzückend und Fischer machte aus mertung erscheinen, die Einfachheit der Elfe Lehmann besonders zu betonen. Ihr gegenüber sagt das Wort einfach" aber mehr als sonst. Es ist nicht die Einfachheit des Stits, nach der auch die übrigen Künstler des ausgezeichneten Ensembles streben,

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Erich Schlaitjer.