Anterhaltungsblatt des Vorwärts

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in dur 7993 1990

usdan dur ital

Freitag, den 30 November.

( Nachdrud verboten.)

inter Wolken.

Roman bon Kurt Aram .

Schäfer fragte spiß, was denn dabei sei? Magda rührte sich nicht, als ginge sie die ganze Sache nichts an, was Otto nur noch mehr aufbrachte.

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Was dabei ist?" fuhr Otto jezt auf Schäfer los. Das will ich Dir sagen, was dabei ist."

Bitte!" warf Schäfer gereizt ein. ,, Diese ganze fromme Bande soll der Teufel holen! Sie parieren mir nicht, wie ich will, weil sie einen andern Herrn haben als nich, neben dem sie mich gar nicht als Herrn an erkennen!"

,, Aber Säger ist ja gar nicht in Deiner Fabrik!" warf Magda ein.

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Einerlei! Ich stoße überall bei dieser Sippschaft auf Widerstand, wenn ich etwas durchsetzen will."

,, Das müßte Dir nach Deinen früheren Worten ja' ne angenehme Abwechslung sein," meinte Schäfer mit dem un­schuldigsten Gesicht.

O, daß ich Dir nur an den Kragen könnte! dachte Otto. Laut aber sagte er, ohne Schäfers Worte einer Antwort zu würdigen: Diese Mucker haben nicht den Respekt vor mir, den ich als Herr verlangen muß. Und wenn ich mal' neu With mache über ihre Anschauungen und die christlichen Mysterien, wagt die Bande gar, mir zu opponieren."

,, Das ist freilich unerhört," spottete Schäfer.

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,, Das ist's auch!" erklärte Otto immer biffiger, obwohl er merkte, daß er sich mit seinen Wutäußerungen lächerlich machte. Die Wut mußte aber runter von der Galle, koste cs, was es wolle. Könnt' ich die Gesellschaft aus dem Dorf jagen, ich thät's lieber heut als morgen!"

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Sehr moderne, menschenfreundliche Grundsätze," warf Schäfer ein.

Schäfer ging.

1900

Kaum war er draußen, lehnte sich Magda auf den Tisch und seufzte schwer. Wie war es nur möglich, daß sich Schäfer jetzt so benahm? Hatte sie denn geträumt, hatte sie sich denn alles eingebildet? Es schien ja wirklich fast so.

Dann mußt du ihn sofort vergessen, sagte ihr Stolz. Aber sie wußte, sie konnte nicht mehr, es war unmöglich.

Dann bleibt dir nichts andres übrig, als zu sterben, fing ihr Stolz wieder an. Wenn er dich nicht liebt und du doch noch weiter an ihn denkst, ihn nicht vergessen kannst, wie wäre das wohl zu nennen? Zweifelst du auch nur einen Augenblick, was du dann wärst, welchen Namen du dann verdientest?

Magda zitterte. Ja, dann mußte sie sterben.

Mit thränenüberströmtem Gesicht sah sie gen Himmel und entsetzte sich, weil sie deutlich merkte, wie sie schon so sehr in Schäfer aufging, daß sie sogar in seiner Art denken mußte. Sie hatte nämlich eben gedacht: Dann muß ich aus dem Leben gehen, ohne je im Leben gewesen zu sein. Und diese Art, ja, auch die hatte sie von Schäfer.

Nein, nein, er liebt mich doch! Wie könnte ich ihn denn sonst so lieben.

Mit neuerwachter Energie entschloß sie sich, die nächst­beste Gelegenheit unter keinen Umständen vorübergehen zu lassen, ohne es zu einer Aussprache zu bringen.

Wie unweiblich du bist! erhob sich wieder ihr Stolz. Aber sie schüttelte das ab. Hier handelt es sich einfach um meine Eristenz. Da ist mir alles andre Nebensache. Ich will, ich muß wissen, woran ich bin! Ich liebe ihn!

Gegen Abend sagte Otto, da er in die Stadt müsse, solle man nicht auf ihn warten.

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,, Da geh ich mal mit Dir," erklärte Schäfer eilig. Diese Kleinstädter interessiren mich mächtig, schon von wegen meiner Posse." Otto merkte, natürlich, daß Schäfer dem Alleinsein mit Magda entgehen wollte. Deshalb erwiderte er mit boshafter Ruhe: Es thut mir leid, aber heute kann ich Dir den Gefallen nicht thun. Ich habe Geschäfte abzuwideln, Kohlen­Darauf pfeif' ich! Modern, menschenfreundlich? Das abschlüsse. Ich komme daher noch lange nicht in den Klub, sagst Du? Hahaha!" Schäfer schwieg, weil er fürchtete, wie Du zu meinen scheinst." Otto wäre im Augenblick im stande, jetzt von Schäfers ,, O, bitte, dann nicht", sagte Schäfer gleichgültig, obwohl Abenteuern anzufangen, was ihm sehr, sehr peinlich gewesen er fest davon überzeugt war, daß Otto log, daß er ihn ein­wäre in Magdas Gegenwart. Er wollte doch in guter Er- fach nicht mithaben wollte. Jedenfalls reise ich morgen oder innerung bei ihr bleiben. spätestens übermorgen ab, ich finde dies Betragen einfach unverschämt. Und heute geh' ich dann hier ins Wirtshaus, entschied sich Schäfer.

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Otto wandte sich wieder Magda zu: Das sage ich Dir, Du gehst nicht mehr dahin, nie mehr, hörst Du?" ,, Ereifre Dich doch nicht so. Ich habe selbst von einmal völlig genug."

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Das hättest Du mir gleich sagen können!" .Du hast mich ja nicht gefragt." Otto schwieg. Das war ja toll, wie sie sich ihm gegen über jetzt benahm. Noch dazu vor diesem Federfuchser. Ich verbitte mir diesen Ton, verstehst Du mich?" Magda schwieg, Schäfer lächelte spöttisch, nachsichtig über Otto, der das sah.

Magda war froh. Nun würde sie mit ihm allein sein, nun würde sich alles erklären.

Als Otto so weit war, schlich er auf den Zehen zu Magdas Boudoir, weil er der Meinung war, dort sind die beiden wahrscheinlich jetzt und sprechen sich aus. Aber er hatte sich geirrt. Niemand war im Boudoir, in dem alles immer noch stand und lag wie an Magdas Geburtstag. Auch die halbgefüllte Schachtel war noch vorhanden.

Als Otto sie erblickte, huschte ein Lächeln über sein Otto blickte auf Magda, und nun lächelte er. Fast hatte Gesicht wegen des Gedankens, der ihm da eben kam. Er er Lust, sie über Schäfer aufzuklären, den sie gewiß immer that einen tüchtigen Griff in die Schachtel und stopfte die noch anbetete. Die Gesichter der beiden dabei hätte er wohl Sachen in seinen Ueberzieher. Wenn die beiden sie nicht sehen mögen, wenn er des wackeren Schäfer Abenteuer, feine mehr mochten, seine Frau Schmidt war gewiß keine Kost­Studien" enthüllte! Er unterließ es vorläufig noch. Aber verächterin. Zu ihr wollte er nämlich vom Klub aus, und der Gedanke, daß er das jederzeit konnte, daß er sie damit schon deshalb hatte er Schäfer nicht brauchen können. alle beide aufs tiefste zu kränken vermochte, tröstete ihn in Leise ging er mit seinem Raub wieder aus dem Zimmer. Teiner augenblicklichen Verfassung so, daß er schnell wieder Es amüsierte ihn sehr, daß nun die Frau Schmidt zu naschen ganz ruhig wurde. bekäme, was Schäfer für seine Frau bestimmt hatte. Das war ein guter Wit.

Kaum hatte er das Zimmer verlassen, sah Magda Schäfer erwartungsvoll an. Jetzt bringe ich es dahin, daß wir uns aussprechen. Aber Schäfer stand auch auf.

Können Sie mir nicht noch einen Augenblick Gesellschaft leiften?" Magdas Stimme zitterte leise bei der Frage.

Schäfer hörte das sofort und zitterte vor diesem Zittern. Deshalb sagte er schon im Hinausgehen hastig:" Ent­schuldigen Sie vielmals, aber ich muß an meine Arbeit. Sie wissen ja, wie selten ich gute Stunden dazu habe. Halten Sie es dem zu gut, wenn ich Ihnen jetzt vielleicht unhöflich erscheine."

Magda nichte nur.

Nein, ein roher, wagte etwas in ihm einzuwerfen. Aber, erwiderte er, die beiden sind ja nicht besser als ich. Wenn's nach seiner Frau ginge, trüge er längst ein Geweih. Und der Schäfer gar?

Magda wartete auf Schäfer, der nicht kam. Als sie das Mädchen auf sein Zimmer geschickt, erfuhr sie, daß er da auch nicht sei.

Wahrscheinlich hatte ihn Otto doch noch mitgenommen, dachte sie erregt. Es sähe ihm ganz ähnlich, daß er mir die Aussprache hintertriebe. Natürlich, so ist es. Aber nun erst recht! Nun würde sie erst recht darauf bestehen!