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zu rächen.( Abg. Richter ruft: Don Quichotte 1) M. H. 1 Man ruft| kennen. Nur die undeutlichen Umrisse Kleiner dunkler Gestalten mir Don Quichotte zu. Ich acceptiere diesen Beinamen. Tausend tauchten auf. Mal lieber will ich ein irrender Ritter sein, Herr Abg. Richter, als Sancho Panja, der Knecht.( Heiterkeit.) Es giebt höhere Güter als die armseligen Intereffen.( Bravo ! im Centrum und rechts.)

Begreifen Sie, die uns daran hindern wollen, unsre Macht zum Guten zu gebranchen, denn nicht, daß uns das Blut heißer durch die Adern rinnt, wenn wir von den entseglichen Greneln hören, die England an dem waderen Boerenvolle verübt? Hier gilt es Kultur und Christentum, und diesem idealen Gesichtspunkt müssen wir die Krämerinteressen unterordnen. Von uns zu verlangen, daß wir nicht intervenieren sollen, weil das gefährlich werden könnte, heißt uns hinter den warmen Ofen verbannen und uns zur ewigen Schlafmüze verurteilen.( Stürmische Heiterkeit.)

Ach laffen Sie die Thür lieber zu, gnädige Frau, es kommt so falt herein!" sagte die erste Vorsitzende.

ßen baben." Sabanzig"- die erfte Borfigenbe nichte

" Ja fünfundzwanzig"

" Ja es ist auch kalt." Die Dame mit der roten Sammetbluse rieb die Hände. Es ist ja eine ganz stattliche Zahl, die sie da' draußen haben." inser Hort ist immer sehr besucht, er liegt ja auch mitten im Arbeiter­biertel." " Haben Sie nicht viel Aerger mit den Kindern? Ich weiß nicht, folch Bolt, das muß doch gräßlich sein...

Ach es find ganz gute Kinder. Ich hab ja auch weniger da­mit zu thun, wir Damen ja überhaupt nicht. Das macht die wir Vorsteherin, tomment meistenteils alles ja mur hin und wieder und sehen nach. Gott , und daß manch­mal was vorkommt, ist ja richtig! Da haben wir jetzt zum Beispiel eine, eine Maurertochter, die lügt furchtbar." " Diese Kinder lügen ja alle."

Aber es handelt sich nicht nur um unsre Pflichten gegenüber der Kultur und dem Christentum, nicht nur um die Erfüllung von Ver­sprechungen, die wir in feierlichster Form gegeben haben, sondern um unsre Weltstellung überhaupt. Wir würden dem Gelächter aller Völker preisgegeben sein, wollten wir uns jetzt feig verkriechen. Nicht dem ängstlich rechnenden Krämer gehört die" Ja ja, aber doch nicht so. Die Grete hat zu gräßlich ges Welt und die Zukunft, sondern dem scharfen schwindelt. Sie hat nämlich auf dem Flur eine Scheibe zerbrochen Schwert, dem blanten Schild und dem frommen im Herbst schon. Die Vorsteherin fragt, wer's gevesen ist. Denten tapferen Idealismus des christlichen Ritters. Sie, sie hat sich gemeldet? Selbst als der Schuldiener sagte, daß er ( Bischen beim Abg. Richter und den Socialdemokraten, minutenlanger sie gesehen hat, log sie noch immer weiter. Sie soll aber auch ihre Beifall rechts, im Centrum und links.)- Joc. Strafe bekommen."

Kleines Feuilleton.

or. Die große Lüge. Der tahle Schulfaal bot ein hübsches, festliches Bild. An der Langwand stand die Tafel mit den Ge­schenken; dahinter der Tisch mit dem Weihnachtsbaum. Die hohe Tanne war nicht übermäßig geschmückt. Ein paar Sterne aus Goldpapier, zwvei oder drei papierne Engelsköpfe, bunte Ketten, und über allem einige dürftige Strähnen Lanetta, das war das Ganze. Die Lichter brannten noch nicht. Es war allerdings schon sechs Uhr durch und die Bescherung sollte um Sechs beginnen, der Herr Bastor war aber noch nicht da, und der wollte das Fest mit einer Ansprache eröffnen. Außerdem war der Aufbau auch noch nicht vollendet. Die Alepfel und Nüsse mußten noch verteilt werden. Geschäftig eilten die Damen hin und her, zupften hier und zupften da und schütteten die Nationen auf die einzelnen Teller. Auf jeden Teller zwölf Nüsse und drei Aepfel und dazu noch ein paar Stücke Pfefferfuchen.

Die Vorsigende. war am meisten in Anspruch genommen. war eine große, stattliche Dame in elegantem schwarzem, Atlaskleid. Sie überwachte alles und empfing und unterhielt daneben noch die Gäste, die zum Zusehen" kamen. Es kamen sehr viele. Jeder hat eine Schar Bekannter eingeladen. Die vielen lachenden, plaudernden, reich geputzten Damen erhöhten noch den festlichen Anblick.

Sie waren alle sehr entzückt, besonders die jungen Mädchen. Mit lauten Ahs und Ohs bewunderten sie die Tanne und die Geschenke! Welch ein schöner Baum 1"

Wie reich die Kinder bedacht werden!"

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Sogar Spielzeug bekommen sie, ist das rührend!" Die erste Vorsitzende strahlte vor Stolz und Vergnügen: " Ja, es macht sich alles sehr gut. Es hat aber auch jeder sein Scherflein dazu beigetragen."

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Die junge Frau in der roten Sammetbluse drückte ihr mit ehrfürchtiger Bewunderung die Hand:" Was Sie in die Hand nehmen, wird immer vortrefflich, Frau Direktor!" Na, na, na", die andre wehrte ab" aber eigentlich ist es auch wahr. Sehen Sie sich mal die Sachen an. Wir haben alle unfre Vorratskammern bis auf den letzten Winkel durchsucht. Was nur irgendwie für uns nicht mehr zu brauchen war, kam nach dem Kinderhort."

Wie liebenswürdig!" Die Dame mit der roten Sammetbluse machte ein ganz verzücktes Gesicht.

Ihre Begleiterin wies von neuem auf die Weihnachtstafel: Sieh' mal Amma, die reizende Puppe!" Es war eine alte Puppe mit abgeſtuppster Nase und schmudligem Kleid, der blaue Atlas mußte aber früher einmal sehr statiös gewesen sein.

" Die hat Frau von Hobe geschickt," sagte die erste Vorsitzende. Und denken Sie mir, wie allerliebst, sie gehörte eigentlich der fleinen Lotte; als mum die Mama die Sachen für den Kinderhort einpadt, tommt auf einmal die kleine Lotte und sagt so recht alt­flug: Mamachen, schick doch den armen Kindern auch meine alte Puppe mit, fie thun mir so leid und ich bekomme Weihnachten ja doch ein paar neue." Ist das nicht entzückend?"

" Bu süß!"

" Die fleine Lotte ist immer so niedlich!" Die Damen gerieten fast in Clstase.

" Die Kinder sind alle schon da," meldete eine Vorstandsdame, die von draußen hereinkam.

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Ja sie müssen noch warten der Herr Pastor tomint etwas fpäter, er hat eine Konferenz."

,, Sind es viel Kinder?" fragte die Dame mit der roten Sammet­bluse und öffnete die Thür nach dem Treppenhause. Von dem Korridor und den Treppen her drang ein Gesumme von Stimmen, in dem halbdämmrigen Zwielicht da draußen konnte man aber nichts er

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Natürlich, muß fie auch, Lügen ist etwas ganz Gräßliches!" " Abscheulich ist es! Und das leine Ding war so verstockt, erst nach acht Tagen hatte sie endlich gestanden, daß sie es war. Nach acht Tagen!"

"

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- fie bekommt nur

" Ja, nicht wahr? Es ist empörend! Aber wissen Sie, was wir un machen? Sehen Sie mal, hier ist ihr Platz. Die andren Kinder bekommen doch jeder ei ein Stück Spielzeug Kleidungsstücke, fehen Sie, ein Unterröckchen, zwei Hemden, drei paar Strümpfe. Sie hat sich so sehr eine Puppe gewünscht, nun werden vir ihr aber nachher fagen, die Puppe hat das Christkind nicht gebracht, weil sie so furchtbar gelogen hat." " Das wird tiefen Eindruck auf sie machen." " Das hoffe ich auch."

" Der Herr Pastor!" rief ein junges Mädchen. Alles sammelte sich um den Geistlichen, man tauschte Händedrücke und Grüße aus. roten Sammietbluse einer der Vorstandsdamen zu. Diese lächelte Es ist ja Pastor Wendhaufen!" flüsterte die Dame mit der etwas mokant. Hinter der Hand tuschelte sie leise:" Na ja, Frau Direktor hat ihn doch eingeladen und dann wissen Sie, um den haben wir uns doch diesmal auch bloß so furchtbar angestrengt, er hat doch Verbindungen nach oben und wenn er dann berichtet na ja und so weiter. Ach, der Baum brennt!" Der Schuldiener hatte die Kerzen angezündet, die großen Saal­thüren öffneten sich, die Kinder kamen herein. Ihre Augen strahlten, mit verlangenden Blicken fahen sie nach der Tafel. Sie wären am liebsten gleich darauf losgestürzt, fie mußten sich aber erst noch in Reih und Glied aufstellen. Das Harmonium fegte ein, die ganze Versammlung intonierte ein Weihnachtslied. Als der letzte Ton ver­flungen war, bestieg der Herr Pastor das Podium und begann mit falbungsvoller Stimme: Meine lieben Kinder, die Liebe und Barmherzigkeit wohlwollender Gönnerinnen will auch Euch ein frohes Weihnachtsfest bereiten-"

Die Abstammung des Menschen. Vergleichend anatomische Untersuchungen über gewisse Muskelpartien des Säugetierkörpers haben: Taatsch zu einer neuen Hypothese über die Abstammung des Menschen geführt. Es handelt sich vor allem um einen Muskel der hinteren Extremitäten, den sogenannten Gluteocruralis. Bei den Urfäugetieren war dieser Muskel wahrscheinlich wohl entwickelt und stand jedenfalls in enger Beziehung zu den Sporneinrichtungen, wie sie auch die jetzt noch lebenden Kloatentiere( Schnabeltier, Ameisenigel) auf­weisen. Die Nachkommen jener Promammalier verloren allmählich die Spornapparate; und damit erfolgte auch eine Rückbildung des Gluteocruralis. So erklärt es sich, daß bei allen Huftieren dieser Muskel fehlt, und daß er bei der Mehrzahl der Affen sowie bei den Staubtieren zu einem dünnen Bande zurückgebildet ist. In größeeer Stärke erhalten blieb der Muskel nur in den Fällen, wo er in eine neue Funktion eintreten fonnte, wo er sich mit der Beugemuskulatur verband. Dies trifft zu für die Greiffchwanzaffen, für die anthropoiden Affen und für die Menschen; bei letzterem ist der Mustel als kurzer Kopf des Biceps femoris" längst bekannt. Den Besiz dieses Muskels haben also die legtgenannten Tiergruppen mit jenen Sängern gemein, die dicht an der Wurzel des ganzen Säugetierstamms stehen. Diese Ers fenntnis führt Klaatsch zu dem Schlusse, daß der Mensch eine centrale Säugetierform darstellt, die in den Gliedmaßen und im Gebiß auf primitiver Stufe verharrt, während sie durch die Entfaltung des Gehirns hoch entwickelt ist. Die Affen sind von dieser Centralform abgezweigt; fie find daher um so ursprünglicher, je menschen­ähnlicher sie erscheinen. So erklärt es sich auch, daß die Anthro­poiden in der Jugend menschenähnlicher sind als im Alter.

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Kulturgeschichtliches.

( Prometheus".)

Ueber die Verglasung der Fenster vom 5. Jahrhundert an sprach Baurat Hasat in der letzten Versammlung des Berliner Architekten Vereins". Es besteht, wie der Vortragende ausführte, die seltsame Meinung, daß trotz des