Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Jodi and

Nr. 16." 1's Hoglas Mittwoch, den 23. Januar.

16]

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( Nachdruck verboten.)

Der Kastl vom Hollerbräu.

Roman von R. von Seydlik.

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box snd 1901

,, Wart nur," sagte sie verwirrt, aber dann rief fie heftig. Laß mi geh'n, sag i! I stör di a net bei dei'r Arbet." Laß mi ausred'n, in era Minut'n bin i firti." ,, Also, was is denn nachat?" fragte sie endlich, den Blei stift hinlegend, und sah ihn an. Der Blick war etwas falt, wohl im Eifer der gestörten Arbeit.

Was

!!".

Jessas Marie no' mal! Kastl , bist denn ganz verruckt? fallt Der denn ei?" Und sie griff wieder zum Bleistift, wie um das Gespräch abzubrechen. Aber er faßte ihre Hand und sagte so warm und ernst:

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Leider konnte das Agathl ihn heut nicht sprechen. Denn ihr Er befann sich einen Moment, wie anfangen; sie ahnte nenes Amt bannte sie von sechs Uhr an bis nach Mitternacht natürlich, was fommen mußte. Endlich plagte er los: Choir ans Ausgabefenster, und vor lauter Rechnen, Anordnen und Mit'n Haas sollst Dich a wenig in acht nehmen. Fragen fam fie zu feinem freien Augenblick. Morgen alfo! Oder i schlag den Sauferl tot... Dees sag i Der, daß Aber der zweite Tag verstrich wie der vorige es war er- D's weißt!!" sichtlich, daß sie jetzt so hart eingespannt war wie noch nie; in der Küche hatte sie doch noch schwaben und lachen können und herumfigen und zeitweilig einmal hinaus entwischen zum Raftl in den finstern zweiten Hof, wo die Singstunden ihren Fortgang nahmen, seitdem das Wetter wieder mild war. Agathl,-weißt,' s heißt doch, alte Liebe rostet nicht? Aber jetzt ging's ohn' Unterlaß hin und her am Fenster. Sie Gelt, Du denfft an mi', wann i auch net immer derbei bin? handhabte die Glocke fleißig, die beiden Kellnerinnen zu berufen, Sirt, Deint'wegen muß i jetzt d' Mälzerei drangeb'n und fie notierte eilig die ausgegebenen Speisen, überwachte Ge- hierbleib'n. Na is s' do recht, daß D' mir a an G'fallen schirr und Bestecke und rief ihre Befehle in die Küche hinein, thust? Geh, sei lieb, sag mer a gut's Wörtl. Und laß'n als sei sie's nie anders gewöhnt. Frau Asam saß dabei, Haas lauf'n... nickte und schlief und lobte sie abwechselnd, froh, nichts zu thun zu haben.

Alles ganz schön; aber der Rasti blieb unsichtbar. Und am nächsten Tage war ein Jubiläum der Brauerei, wozu natürlich alles, was abkommen konnte, hinging; Herr und Frau Asam auch und die meisten Stammgäfte; aber dafür war oben der Gesangverein und eine Studentenverbindung, und unten saßen viele Leute, die ihre Anhänglichkeit an den Hollerbräu durch eine Extramaß und viel Essen bekunden wollten. Da gab's denn noch mehr zu thun.

Ehe es aber recht anging, am Nachmittag, fand sie Zeit für ihre Schreiberei, und flüchtete sich damit in den Hof, an einen der leeren Tische.

Da tam der Raftl mud fehte sich zu ihr; in ihrem Amts. eifer und weil sie von den taufend aufzuschreibenden Kleinig­feiten etwas zu vergessen fürchtete, war ihr der Besuch gar nicht recht:

Wart nur a weng. muß aufschreiben", murmelte sie, den Bleistift auf die Zunge nehmend.

Sie saß, die Beine übereinander, die Ellbogen breit hin­gestemmt, das hübsche Köpfchen seitwärts geneigt und von der Arbeit gerötet, still da, ohne den Kastl eines Blicks zu würdigen. Und Kastl , recht nahe bei ihr an der Ecke, sah geduldig zu.

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Sie rechnete und schrieb, schrieb und zählte. Es dauerte lange. Eine Seite des Büchels war voll, jetzt schlug sie um, bügelte das Blatt mit dem Daumennagel nieder und setzte wieder an, weiterzuschreiben.

Da versuchte er zu unterbrechen.

"

Weißt, i mus naus zum Jubiläum."

"

So fragte sie flüchtig und schrieb.

Weißt, wo' s is?"

Sie schüttelte den Kopf, ohne aufzusehen.

Had

tbla

In Harlaching .' s is weit und lang wird's dauern. Den ganzen Garten hat der Ebelein gemiet't und' s Haus derzu. Mir hat's der Alois erzählt. geh naus als Schenkfellner, was sagst da derzu?"

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Sie sagte gar nichts als:" Fünfzehn Salat, macht fünf­undfiebzig." leber hundert Gäste fans, sagt der Alois. Fünf Hekto­liter sind naus g'fahrn worn."

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Sie schrieb weiter. Er wartete wieder, die zweite Seite wurde voll. tist foods to Endlich versuchte er's anders. Er stieß mit seinem Knie an ihres. Wiederholt. Sie rührte sich nicht. Endlich fuhr sie mit dem Kopf auf:"

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,, Du, seit net bös, aber i muß fertig machen". Mei,

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"

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"

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Rasti, i mein völlig, Dit bist narrisch. Oder haft an Kann scho sei, daß i an Rausch krieg, wann i Di an

Rausch?"

schan.

"

Geh! Mach mi net a no dumm mit Dei Gered."

Er vor aber nicht los. Er predigte ihr ein langes und breites von dem windigen Herrn und spickte die Predigt mit Kernworten und Drohungen. Er redete sich förmlich in Wut. Bulegt war's ihr zu dumm, sie sprang auf, nahm Büchel und Stift und rief mit ausbrechenden Thränen:

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" Jezt bist stad; i geh, i tann dees net hörn. So an elendiges Geratsch. I denk, i bin alt gnua, daß i waß, was i thu. Und was willst denn eigentli? Was is g'scheg'n? werd' do no derfen mit wem Andern red'n als wie grad nur mit Dir? Juft red' i mit'n Haas, wann's mi freut. Grad' weil's Di ärgert, Dut- dummer Bub, Du dummer! I bin no net verheirat' mit Dir, mirk Ders!"

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Und damit stürzte sie schluchzend ab nach der Küche. Herrgottsaru no'mal." murmelte der Kastl , als et allein saß, und schlug mit der Faust gegen die Tischkante, daß es trachte. Dann stand er auf und ging seiner Wege; int Sudhaus hatte er jetzt nichts zu thun, zum Glück denn der Sud wäre übel geraten. Sondern er machte sich zurecht, um mit dem Wagen, der vor dem Thore wartete, hinaus­zufahren.

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Draußen in der Luft und in der Sonne, auf der Land­straße wurde ihm wohler. Denn es war gar schön unter­wegs, und draußen in Harlaching erst recht. Alles war luftig verziert mit Tannen und Fähnchen. Und das Wetter war mild wie im Mai.

Und unten wieder, im Thale , rauschte die Jar, und die Flöfse tamen herabgeschwommen auf der milchgrünen Flut! Weit rechts lag die Stadtweit links, überm Wald, blinkten die schneeigen, zackigen Berge. Ah, es war herrlich

Und dann ging die Arbeit an. Zunächst auch diese recht einförmig. Denn er hörte und fah nicht viel vom Fest, mir einen Hektoliter nach dem andren zapfte er leer. Später, als eine Pause eintrat, fam er mit au die Thür vom Saal und sah über die volle Tafel und die Gäste. Ebelein saß in der Mitte mit Frau und Tochter; eben hatte er geredet, und es war ein mächtiges Anstoßen der Gläser hörbar gewesen. Der Brauerei" hatte sein Spruch gegolten. Jetzt aber stand ein fremder Herr mit Brille auf und schlug ans Glas. Seine Rede war lang, aber dem Stafti gefiel's, soweit er verstand.

"

Es war, wie Kastl nachher erjuhr, ein berühmter Professor der technischen Hochschule; er sprach prachtvoll, wie ein Buch, und er sprach so ganz, wie Kastl dachte, mur so viel flarer und großartiger, daß dieser in helles Entzücken geriet Hernach red'n mer a Wörtt. Jezt las mer mei Nuh" und sich den Namen des Redners wohl einprägte. Was ihm " Hernach! Hernach muß i fort. wollt Dir was einftmals wie ein wirrer, aber schöner Traum an jenem sag'n. Glückwünschen wollt i Der, daß D' Beschließerin Morgen feiner Ankunft, als er am Abhang der Theresienhöhe bist." im Grafe lag, geträumt hatte, das sprach der beredte Mann in at una nach wie eine einfache Wahrheit formvollendet aus: Die Münchener Bierherrschaft.

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66, Geh weiter!"

Und vo' der neuen Beschließerin hab i noch ta anziges Busserl kriegt."

Einst gestand mir ein Fremder", sagte der Redner, daß