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straße. Ihre Augen glimmen wie unter schwarzer Asche man zu den andern: Nun, wir haben ja nächste Woche Februar, und der fürchtet sich mit dem Fracärmel in ihre Nähe zu fommen, er fönnte ist doch manchmal schon sehr schön."
sengen. Ihr Gesicht ist schon fast licht, nur am Kinn und unter den Augen find noch schwärzliche Stellen, als hätte sie ein Schornsteinfeger augefaßt oder als wäre ihr ein rahmiger Topf ins Gesicht geflogen. Die Schwarzweiße ist viel umwvorben.
O, der läßt auch zu wünschen übrig." Die Mutter lachte, aber da haben wir das Jagdschloß noch einmal." Sie blieb stehen und auch die beiden andren hemmten ihren Schritt:„ Wie schön!"
Ihnen gegenüber lag das Schloß, verwittert und altersgran, der See davor, halb noch gefroren, halb schon in blinkendem Waffer, lichtblau glänzend im Wiederschein des Himmels. An einer offenen Stelle tummelte fich eine Schar Enten, fie tauchten und schwammen, nur der Erpel hielt es mit dem Trocknen. Feist und glänzend saß er auf einer Eisscholle und puzte seine Schwanzfedern, jede einzeln. Es war das einzige Leben in dem Bild, um das der Wald seinen grünen Rahmen spannte.
Jezt endlich, unter dem Zwang des Alkohols brechen auch die Leidenschaften hervor und rajen nackt. Dort an der Bühne entwickelt sich eine schöne Eifersuchtstragödie. Sie ist ein ganz junges Weib, frisch, fräftig und temperamentvoll, eine eigenfinnige Stirn, große braune Rehaugen mit Tigerappretur. Wenn sie lächelt, blidt fie aus fanfteit Rehaugen; zürnt sie aber, so erwacht der Tigerblick. Und sie zürnt zumeist. Ein greisenhafter Lebefäugling hat sie schwer beleidigt. Wisher war dieser Lebe-" Ist das nun nicht wundervoll?" sagte die Mutter, auch im fäugling recht munter. Er hüpfte auf einem Bein, holte alle Winter! Ich freue mich, daß wir herausgefahren sind." Augenblick die Banknotentasche hervor, in der die Tausendmarkscheine" Welch ein Frieden über allem liegt," stimmte Fräulein Martha fich drängten, und wenn er eine Relke bezahlte, nahm er ein paar bei, man wird ein ganz andrer Mensch hier draußen, nicht wahr, Hundertmarknoten zwischen die Lippen, weil er aus Raummangel Frau Reinhard?" nicht wußte, wohin sonst damit. Dann stieg ihm leider der Die andre Dame nickte: Ja, ich sage auch immer, die Natur Champagner allzu heftig in den Kopf, seine Eifersucht erwachte und vect unsre edelsten Gefühle. Wir müßten wieder mehr mit der Natur er herrschte die Rehäugige an:„ Wer war gestern morgen bei Dir? leben. Alles Schlechte fällt da von einem ab." Gestehe, Weib, Du hast einen" Ach, Seine Majestät König Im Walde möchte ich leben," intonierte Fräulein Martha mit frischer, heller Stimme, brach aber schon nach den ersten paar Worten mit einem lauten Aufschrei ab:„ O, Gott, was ist das? Hat sich da einer erhängt?"
Ludwig der Fromme würde sich unaufhörlich im Grabe herum drehen, wenn er wüßte, wie schlimm sein Name Heruntergekommen! Die Rehängige bekam wegen der Beschuldigung einen Wutanfall, der in der Folge aus ihrem benebelten Hirn nicht mehr wich. Sie erhob drohend die Arme, schrie, heulte, vergoß Thränen, sprühte Tigerblide. Entsetzt floh der Lebefäugling, und saß zitternd mit aschfahlem Gesicht in einer Ece. Aber die Beleidigte ließ ihn nicht los, bewachte und verfolgte ihn mit ihren Augen und erklärte feierlich, sie würde ihn erwürgen und wenn sie sechs Wochen dafür ins Kittchen täme.
Ich suchte die Rafende zu trösten. Einen Augenblick lächelte sie füß, und das Neh tam wieder zum Vorschein, dann aber verfinsterten fich ihre Mienen, und sie flagte mir ihre Not unter stürzenden Thränen:„ Nichts zu machen, mein Herr, nichts zu machen, ich tanze nicht mehr und will auch nichts trinken. Ich muß den Schuft haben, der mich so beleidigt hat. Weil er ein reicher Kerl ist und ich ein armes Mädchen, glaubte er sich alles herausnehmen zu können. Ich erwürge ihn und wenn ich sechs Wochen ins Kittchen tomme."
„ Das ist nicht sehr angenehm," bemerkte ich aus persönlichen Erfahrungen.
"
Das ist mir ganz gleichgültig, mein Herr. Nichts zu machen. Er muß mir' ran 1 Er hat mir gefagt, ich hätte einen- Mein Herr, ich soll einen haben. So eine Gemeinheit. Und bloß weil er gestern bei mir einen Freund gesehen. Aber ich versichere Ihnen, es war ein anständiger Herr, der gestern bei mir war, ein hochanständiger Herr. Sieben Kinder hat er, verheiratet, und Offizier ist er. Es ist ein anständiger, hochanständiger Freund, der mich besucht, wenn er nach Berlin kommt. Er ist' n Offizier, hat ' ne Frau und sieben Kinder. Ein hochanständiger Herr! Und dieser Schuft behauptet, das wäre mein Erwürgen werde ich ihn..." Die Mufit spielte die sinnige Weise:
Auf dem Baume
Sigt' ne Pflaume,
Die möchte ich gerne haben!
Da sagte mein Frad zu mir: Joc, kehre heim, Du haft genug! Ich folgte dem Befehl.
Die Dämmerung lag über Berlin , und das erwachte Leben der Arbeit wehte mit reinem Athem. Eine dürftig gekleidete Frau sprach mich an, und als ich vorbei gehen wollte, bat und bettelte sie flehentlich: Nur eine Tasse Kaffee schenken Sie mir, mein Herr! Ich bin die ganze Nacht umbergelaufen umsonst. Ich friere so, feien Sie gut, mein Herr!" Und als ich sie anblidte, sah ich in ein Gesicht, das nicht log
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Karneval, Karneval, Karneval!
Kleines Feuilleton.
Joc.
dg. Die Ehrlichen. Linder Vorfrühling, Märzluft im Januar. Der Wind ging frisch, in der Sonne aber war es beinahe warm, und die Sonne lag beut überall. Mit ihrem Hellen, goldnen Licht troch fie in die entlegensten Winkel und lockte die Menschen heraus. Draußen im Walde war es schwarz von Spaziergängern, wie an einem schönen Sommertag. Auf der Chaussee bildeten die Equipagen eine fast unabsehbare Kette. In das Näderrollen und Peitschenknallen mischte sich das helle Klingeln der Nadler, das langs gezogene Tuten der Metorivagen.
Die drei Damen famen von Baulsborn her. Sie hatten in der Försterei Kaffee getrunken, nun strebten sie dem Bahnhof zu. Die beiden älteren gingen langsam nebeneinander. Das junge Mädchen lief immer drei Schritt voraus, stöberte durch die Büsche und unterfuchte den Stand der jungen Knospen. Wir werden es bald grün haben," fagte sie.
Na das hat noch Zeit," erwiderte die Mutter, auch die andre Dame lachte:" Ja, so schnell geht es wohl doch nicht, Fräulein Martha."
Fräulein Martha kam langsam den Hang herauf und gesellte sich
Es hatte sich aber feiner erhängt, es war eine Boa, halb hing sie in dem Weidengebüsch, halb lag sie über dem Erdboden. Martha hob sie auf: Die hat einer verloren."
Ja, es scheint wohl so!" sagte die Mutter. " Solche schöne Boa!" Frau Reinhard ließ fie bewundernd durch die Finger gleiten, die war nicht billig, echter Strauß. Bivanzig Mart hat die wenigstens gekostet!"
" Wenn sie dafür noch zu haben ist, die weißen Federn find ja auch echt, fehen Sie nur, nichts geklebt". Martha zog die einzelnen heraus. " Ja, was thut man mun, man nimmt sie doch wohl mit?" " Liegen bleiben kann fie auf keinen Fall!" pflichtete die Mutter bei.
Vielleicht ist die Dame noch in der Nähe, die sie verloren hat", sagte Frau Reinhard.
Nun dann werden wir sie ja treffen." Martha nahm den Fund über den Arm und ging weiter, die beiden Damen folgten.
" Ja wenn die unehrlichen Leuten in die Hände gefallen wäre, konnte ihre Herrin sie in die Luft schreiben, Sie geben sie doch wenigstens zurück," sagte Frau Reinhard.
" Ja, selbstverständlich." Die Mutter nidte. Das wird doch jeder anständige Mensch thun. Ich schicke fie morgen nach dem Fundbureau."
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Man fann doch gefundene Sachen nicht behalten Fräulein Marthas Stimme flang etwas pitiert.
" Manche thun es allerdings," meinte die Mutter, und auch in ihren Worten lag es wie leise Auzüglichkeit.
Frau Reinhard blieb stehen: Wir könnten ja auch hier mal fragen, ob jemand was verloren habt. Da drüben gehen ein paar Damen."
Na schreien Sie nur nicht etwa aus: Wer hat eine Boa verloren?"
Da möchten sich viele melden," höhnte Fräulein Martha. Martha trägt ihn ja doch auch. Wer ihn verloren hat, wird ihn ja schon sehen Du hast ihn doch über dem Arm, nicht wahr, Martha?" Die Mutter sah auf die Tochter.
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„ Aber natürlich, hier ist er ja." Sie streckte den Arm mit der Boa unter dem Cape hervor und warf Frau Reinhard einen vorwurfsvollen Blick zu.
Fran Reinhard antwortete nicht gleich, fie ging weiter und schlug mit dem Schirm in die Büsche, dann blieb sie wieder stehen:" Ja, es ist auch wirklich eine schöne Boa. Ich wollte meiner Liese auch schon immer eine faufen der würde die da gerade passen." Sie warf einen verlangenden Blick auf die Boa.
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" Ja, Martha soll auch eine haben, ich bin bloß noch nicht dazu gefominen, sie zu besorgen. In den nächsten Tagen gehe ich aber, was, Martha? Auch schwarz und weiß wie die."
" Ja, Mama." Sie tauschten einen Blick.
Sie hatten unterdessen den Hundefehlen- See erreicht, nun stiegen fie durch den Wald zum Bahnhof empor. Frau Reinhard ging jetzt voran, immer drei Schritte, und ließ die Augen umherwandern.
" Sie benußen ja die Stadtbahn, Frau Reinhard." Martha blieb stehen. Da müssen Sie ja durch den Tummel, da müssen wir uns doch hier verabschieden."
" Ach, ich fahre heute auch Potsdamer Bahn." Frau Reinhard stand schon auf dem Perron:" Ja, hier auf dem Bahnhof könnten Sie die Boa auch abgeben hier ist doch auch ein Fundbureau?" Sie sprach sehr laut.
Müssen wir noch lange auf den Zug warten?" fragte die Mutter statt aller Antwort.
"
Er fanu in zehn Minuten da sein, ja ich hätte doch gedacht, wir würden die Dame noch treffen, die die Boa verloren hat." Mein Gott, warum schreien Sie denn so?" Martha warf ihr einen Blick zu.