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Kastl felber lachte verwirrt dazu, weil er nichts zu sagen wußte. Roßberger kniff ein Auge zu und fah äußerst pfiffig aus.
Raftl stand auf, immer noch in Verwirrung, und machte sich im Geschäft zu thun. Er konnte aber den verwirrenden Gedanken nicht los werden.
( Fortsetzung folgt.)
Jo Saturnalia!
( Nachdruck verboten.)
„ Na? Hab' i recht? Soll's elva ich Ihna sagn, täglichkeit, der gegenwärtigen cifernen 8eit", ihrer Vermögens was das wär', wenn Sie die Vivi Ebelein zur Frau nehmen ungleichheit. ihrer Unterdrückung großer Maffen zum Vorteil weniger, und' s Gerschtel dazu einfacken? A reicher Mann sind, und ihres fast nie aufhörenden Waffenlärms, vorübergehend wieder aufunabhängig, und alles? Und amal selber Bräuer werden leben in dem Feiertagsjubel der Saturnalien, wie sie mindestens seit der ersten Zeit der Republit( ungefähr 500 v. Chr.), wahrtönnen, früher als wie andre, die erst dazu kommen, wenn fcheinlich aber schon unter den Königen alljährlich in dem der gütigen fie weiße Haar haben und fertig und kaput find? Soll Gottheit des Saturn geweihten Monat Dezember begangen wurden; i vielleicht Sie erst gescheidt machen, Herr Hegebart?- zunächst nur ein Tag( 19. Dezember), später aber auf sieben Tage Aber naa!" brach er ab, dees wissens selm. S thun halt a( 17.- 24. Dezember) ausgedehnt. Sehr hübsch bringt den Grundgedanken fo. Recht is, i rühr net dran. Ich misch mich net drein. des Festes der im 2. Jahrhundert nach Christo schreibende griechische Ich weiß vo' nix! Dabei lachte er schalthaft und Schriftsteller Lucian, der antike Voltaire", zum Ausdruck in einem besonderen äußerst wißigen Schriftchen über die Saturnalien. Da schüttelte Kastls Arm. wird Saturn mit einem Priester redend eingeführt und erzählt, er habe zu Gunsten seines Sohns Jupiter auf die Herrschaft verzichtet. Nur diese wenigen Tage beschloß ich unter den erwähnten Be dingungen auszunehmen und ich übernehme dann wieder die Herrschaft, um die Menschen zu erinnern, wie das Leben unter meinem Regiment war, als die Erde unbesäet und unbeackert ihnen alles trug, nicht Aehren, sondern fertiges Brot und zubereitetes Fleisch, als der Wein in Flüssen strömte und Honig und Milch aus Quellen emporsprudelten. Dies ist die Ursache, daß ich die kurze Zeit über das Scepter führe, und deshalb herrscht überall Jubel, Gesang und Scherz und Gleichheit zwischen Freien und Sklaven; denn zu meiner Zeit gab es keine Sklaven." Freilich schränken jene Bedingungen, unter denen der Gott alljährlich auf sieben Tage das Regiment führt, die Bedeutung seiner vorübergehenden Herrschaft gewaltig ein; denn als der Priester, mit dem er sich unterhält, ihn um Reichtümer angeht, giebt er zur Antwort:" Siehst Du nicht, daß Du eine Bitte stellft, die ich nicht erLaß es Dir füllen kann? Derartiges habe ich nicht zu vergeben. also nicht unangenehm sein, wenn Du das nicht erhältst; bitte den Jupiter darum, wenn nach kurzer Zeit die Herrschaft wieder an ihn kommt. Ich übernehme die Zügel der Regierung unter bestimmten diese vorüber sind, so bin ich sogleich wieder ein Privatmann und Bedingungen: Sieben Tage dauert die ganze Herrlichkeit, und wenn einer aus dem großen Haufen. Selbst in den sieben Tagen ist es mir nicht verstattet, eine staatliche Angelegenheit von Belang anzuordnen: Trinken und Zechen, Lärmen und Scherzen, Würfeln und Festkönige ernennen, die Stlaven bewirten, nadt fingen und aus Leibeskräften flatschen, zuweilen das Geficht mit Ruß beschmiert mich Topfüber ins Wasser stürzen lassen, das darf ich: jene großen Dinge aber, den Reichtum und das Gold, verteilt Jupiter, an wen er will." Und schließlich, als diese neugierigen Fragen des Priesters gar kein Ende nehmen wollen, bricht der Gott, über diese Unterbrechung der Ausgelaffenheit seiner Ehrentage ungeduldig, die Erörterung ab: Wir wollen nun schmausen, jubel und die Festesfreiheit genießen, nachher nach alter Sitte um Nüsse würfeln, Festtönige ernennen und ihnen gehorchen. Auf diese Weise werde ich das Sprüchwort wahr zweimal Kinder." machen, welches sagt:„ Alte Leute Aus diesen Stellen bei Lucian treten die Grundzüge des Saturnalienfestes ja wohl schon einigermaßen hervor; indes läßt fich das Bild verdeutlichen und erweitern aus zahlreichen gelegentlichen Bezugnahmen der verschiedensten alten Schriftsteller auf die Einzelheiten der Feier. Danach nahm man am ersten Festtage, dem 17. Dezember, anstatt, wie gewöhnlich nachmittags, schon gleich in der Morgendämmerung ,, wenn der Zeiger an der Sonnenuhr das Bad, um einen Schatten von sechs Fuß wirft", sagt Lucian sich den ganzen Tag in der Stadt umhertreiben zu können, und ging dann in die gleich den meisten Privatwohnungen mit Wachskerzen beleuchteten Tempel des Saturn, wo man, nachdem der Bildsäule des Gottes die wollenen Fußbinden gelöst waren, dem Gott und Während der Festtage dem eignen Genius ein Opfer darbrachte. waren alle öffentlichen und Privatgeschäfte eingestellt, Schulen und Läden geschlossen, fein Krieg wurde erklärt, feine Schlacht verhängt, vor allem feine Hin
In diesen Tagen, bevor mit Aschermittwoch für die katholische Welt die vierzigtägige Fleischentfagung der Fastenzeit cinseßt, erreicht die tolle Ausgelassenheit des Karnevals ihren Höhepunkt. Wer nur das fümmerlich vegetierende Treibhauspflänzchen kennt, als das fich hier in Berlin der Karneval darstellt, wer nie das Fastnachtstreiben in einem der Hauptfize des Narrentums mitgemacht hat, der kann sich nur schwer eine Vorstellung davon bilden, wie tief dies Fest dort noch immer in der Volksfeele wurzelt: obwohl freilich neuerdings Rückgang und Ausartung vielfach in die Augen springen. Im großen und ganzen gilt für die Hochburgen der Faschingsluft aber doch noch die Charakterisierung als Volts fest, die Goethe vor über einem Jahrhundert in seiner flaffischen Beschreibung des römischen Karnevals ausgesprochen hat, wo er zu Eingang seine Anschauung von dem Wesen des dortigen Festes also aufammenfaßt:„ Der römische Karneval ist ein Fest, das dem Bolt eigentlich nicht gegeben wird, sondern das sich das Bolt selbst giebt. Der Staat macht wenig Anstalten, wenig Aufwand dazu. Der Kreis der Fremden bewegt sich von selbst, und die Polizei regiert ihn nur mit gelinder Hand. Hier ist nicht ein Fest, das wie die vielen geistlichen Feste Roms die Augen der Zuschauer blendete; hier ist kein Feuerwerk, das von dem Kastell Sankt Angelo einen einzigen überraschenden Anblick gewährte; hier ist keine Erleuchtung der Peterskirche und Kuppel, welche so viel Fremde aus allen Landen herbeilockt und befriedigt; hier ist keine glänzende Prozession, bei deren Annäherung das Bolt beten und staunen soll; hier wird vielmehr nur ein Zeichen gegeben, daß jeder so thöricht und ton sein dürfe, als er wolle, und daß außer Schlägen und Messerstichen fast alles erlaubt sei. Der Unterschied zwischen Hohen und Niederen scheint einen Augenblick aufgehoben: alles nähert sich einander, jeder nimmt, was ihm begegnet, leicht auf, und die wechselseitige Frechheit und Freiheit wird durch eine allgemeine gute Laune im Gleichgewicht erhalten. In diesen Tagen frenet sich der Römer noch zu unfren Beiten, daß die Geburt Chrifti das Fest der Saturnalien und feiner Privilegien wohl um einige Wochen verschieben, aber nicht aufheben konnte." In den letzten Worten weist Goethe hier auf den Ursprung des modernen Karnevals aus einem uralten Fest des heidnischen Rom hin, und es ist fulturgeschichtlich höchst interessant, fich dies Urbild des heutigen Festes, soweit das aus den verstreuten Nachrichten alter Schriftsteller möglich ist, zu verfinnlichen.
Die Feier der Saturnalien galt der Erinnerung an jene glücklichen Beiten, als, der religiösen lleberlieferung zufolge, über den Teil von Italien , in dem Rom liegt, über die Landschaft Latium , deren alter Stammesgott Saturnus herrschte und das Bolt der Latiner fich des goldenen Zeitalters erfreute, in dessen Vorstellung fichi ensüchtige Gedenken an die entschwundene Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit des urwüchsigen Kommunismus wieder spiegelt, wie er in der Gentilgesellschaft vor Alters bestanden hatte. Ueber diese Zeit des Saturn heißt es bei dem römischen Schriftsteller Justin: Die ersten Bewohner Italiens waren die Aboriginer ( die Ureinwohner), deren König Saturn nach der Ueberlieferung von folcher Gerechtigkeit war, daß weder unter ihm jemand als Sklave diente noch irgend etwas als Privateigentum besaß; sondern allen war alles gemeinsam und ungeteilt, als wenn es der Gesamtheit als ein Erbteil gehörte." Und bei einem andern römischen Schriftsteller heißt es mit Bezug darauf, daß im Tempel des Saturn der Staatsschatz der römischen Republik aufbewahrt werde:„ Die Römer wollten aber deshalb, daß ihnen der Tempel des Saturn als Schazkammer diene, weil zu der Zeit, da er in Italien weilte, kein Diebstahl in deffen Gebiet begangen sein soll, oder weil unter ihm niemand etwas als Privateigentum besaß:
" Nicht war's Recht, zu verteilen das Feld und durch Naine die Aecker Alle zu scheiden; sie schafften gemeinsames Gut;" darum sollte bei dem das gemeinsame Vermögen des Volks untergebracht werden, anter dem allen alles gemeinsam gewesen wäre.
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geliefert, keine Strafe und es war üblich. einer Anzahl
richtung vollzogen,
Alle Trauer war aufGefangener die Freiheit zu schenken. gehoben in diesen Freudentagen närrischer Ausgelassenheit. Schon am Abend, bevor das Fest begann, eilte alles mit brennenden Wachsfackeln durch die Straßen und begrüßte sich mit dem Jubelruf des Festes:" Jo Saturnalia!"( Hurra, Saturnalien!) Bon da an herrschte für alle Stände unbegrenzte Freiheit zu allerhand Mutwillen. Außer sonstigen Geckenstreichen, mit denen man sich vergnügte, ging man mit berußten Gesichtern umher. Die Freien legten die lästige Toga ab und vermummten sich in einem Mantel mit Kapuze, die Kopf und Schultern bedeckte und aus der der moderne Domino entsprungen ist. Vor allem aber kam den ärmsten der Lafttiere, den Sklaven, die festliche Woche zu gute. In diesen Tagen waren sie nicht dem hoc volo, sic jubeo*) ihrer Herren und Herrinnen unterworfen, waren sie deren despotischer Willkür, der Arbeitsüberlastung und den so häufigen körperlichen Mißhandlungen enthoben und bekamen für eine furze Spanne Zeit das Hochgefühl der Freiheit zu kosten; der Rückfall in das alte Glend mochte freilich nachher um so bitterer sein. Jedenfalls aber,
*) Dies berühmte Citat stammt aus der sechsten Satire des Juvenal , wo eine Herrin, die ihren Sklaven ans Kreuz schlagen lassen will, ihrem nach Gründen fragenden Mann erklärt:" Du Narr, ist denn ein Sklave ein Mensch? Er mag nichts gethan haben, so sei es: Aber ich will dies, so befehle ich es, anstatt eines Bernunft
Dies goldene Zeitalter einer glücklichen Vergangenheit sollte nach der dem Fest zu Grunde liegenden Idee mitten aus der Aα- grundes diene mein Wille".