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fo lange die Saturnalien währten, genoffen die Sllaven völlige 1 zwischen dem 26. Dezember und 6. Januar fiel; aus dem alten Arbeitsruhe und persönliche Freiheit, durften die Toga und die Filz- Mahltönig wurde der Bohnenkönig des Dreifönigentags, wovon schon mize tragen, was sonst nur den Freien zustand, und sagen be- in den ältesten Kalendern der römischen Kirche die Rede ist. Ist das ziehentlich lagen mit ihren Herren zu Tische, wobei die Herren die Be- Narrenfest gegen seinen heidnischen Vorgänger schon um ein Geringes bienung übernahmen und den Sllaven völlige Redefreiheit gestatten zeitlich verschoben, so wurde der Abstand noch um eine Anzahl Wochen mußten. Die Reichen hielten an diesen Tagen offene Tafel, wobei größer in dem eigentlichen, gleichfalls unmittelbar aus den Saturnalien auf guten Nachtisch besonders Wert gelegt wurde; für das damit entsprungenen Karneval, der zunächst neben dem Narrenfest verbundene Zechgelage wurde ein Mahlkönig gewählt, entweder herging, es aber schließlich fast ganz verdrängte. Schon bei einem mittels der Würfel oder durch Verteilung eines Kuchens mit einem Kirchenvater des 5. Jahrhunderts heißt es über das Fastnachtseingebackenen Zeichen, das den Empfänger zum König bestimmte: treiben:" Die Christen rasen vorsäglich an diesen Tagen, binden dieser konnte dann seinen Unterthanen alle möglichen närrischen Be- Larven vor, tauschen die Geschlechter aus, vermummen sich in Gefehle erteilen. Außerdem lag man eifrig dem Würfelspiel ob, die spenster und Teufel, geben sich dem Bacchus und der Venus hin und Aermeren um Nüsse, die Reichen dagegen vielfach um so große halten allen Mutwillen für erlaubt." Alles Gezeter und alle kirchGeldsummen, daß Vermögen dabei gewonnen, aber auch verloren lichen Verbote dagegen nutzten nichts; nur wurde dadurch, daß Papst Gregor d. Gr. gegen das Jahr 600 den Aschermittwoch als Beginn der Fastzeit festsetzte, das Bedürfnis des Volks, sich auszutollen, in der Hauptsache auf drei Tage eingeschränkt. Dazu hat dann die katho lische Kirche schließlich gute Miene gemacht, und so kommt es, daß sich der Rest altrömischen Heidentums, als dem der Karneval sich darstellt, bis in die Gegenwart hinübergerettet hat.
wurden.
Kleines Feuilleton.
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Es braucht wohl taum gesagt werden, daß es bei den Saturnalien in der Praxis mit der Durchführung des Grundgedankens durch zeitweilige Erneuerung der Freiheit und Gleichheit des goldnen Zeitalters gegenüber der bestehenden Spaltung in Reiche und Arme, Herren und Sklaven allenthalben das Bewußtsein lebendig zu erhalten, daß in jedem, auch in dem verachteten Sklaven, doch der Mensch zu ehren fei, gewaltig gehapert haben muß, zumal in der späteren Zeit. Daß das freie, aber rohe und verkommene Lumpenproletariat der Hauptstadt bei den Saturnalien nicht gerade eine erhebende Rolle gespielt haben kann, ist wohl klar. Und daß der Hochmut und Eigennutz der Reichen den gwed des Festes vielfach in sein gerades Gegenteil ver Volkstümliche Wetterregeln. Auch in der Witterung gilt kehrten, erhellt aufs deutlichste aus dem oben angeführten Schriftchen der Grundsatz: alles natürliche erzeugt unnatürliches; alle unLucians, wo es in einem Brief der Armen an Saturn unter anderm natürlichen Vorgänge in der Natur bringen. Wirkungen hervor, die heißt: Verordne auch, daß jeder bald vier, bald fünf Arme zu Tische sonst nicht zu erwarten find. Ist es im Sommer falt( da es doch zieht, aber nicht in der jetzigen, sondern in volkstümlicherer Weise, zu dieser Zeit warm seien sollte), oder ist es im Winter warm( da baß alle gleich viel bekommen, nicht so, daß jener mit Leckerbissen man tälte zu erwarten hat), so giebt es regnerische Tage. Diefelbe fich vollstopft und daß der Sklave steht und wartet, bis jener Regel gilt vom Frühling. Im Winter erwartet der Landmann Kälte. vom Effen müde ist, oder vorbeiläuft, wenn er zu uns kommt, Er ist kein Freund des unnatürlichen warmen oder sehr gelinden während wir uns noch anschicken, zuzulangen, nachdem er Winters, weil die Erfahrung lehrt, daß auf einen warmen Winter uns die Schüssel bloß gezeigt hat und wieviel von dem ein schlechter Sommer folgt.
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Kuchen übrig ist. Wenn ein Schwein aufgetragen wird, soll Die Wetterregel: Morgenrot, Regenbrot'" gründet fich auf dens er nicht dem Herrn die ganze Hälfte mit dem Kopf vorsetzen und selben Grundsatz. Nach der Nacht erwartet man einen dunstfreien den andern verhüllte Knochen bringen. Befiehl auch den Mund- flaren Himmel; ein übermäßiges" Rot deutet auf eine übermäßige" schenten, fie sollen nicht warten, bis jeder von uns siebenmal zu Sättigung der Luft mit Wasserdunst hin. Abendrot, gut Wetterbrot'" trinken gefordert hat, sondern bei einmaligem Berlangen sofort ein- ist eine Regel, die für uns Norddeutsche eines Bufazes bedarf, um schenken und einen großen gefüllten Becher gleich dem Herrn über- als erprobt gelten zu fönnen. Sie mag ausführlich so lauten: zeigt. reichen. Der Wein muß für alle Tischgenoffen derselbe sein; denn sich am späten" Abend ein schöngoldenes Rot am westlichen Himmel, dieser wo steht das Gesetz geschrieben, daß er sich am Wein mit schöner oder auch: ist der Westen am Abend hell", und ist dabei Blume berauschen, ich mir vom Most den Magen sprengen laffen Busatz ist durchaus nötig- der Norden hell", so giebt es faft un foll?" Und wenn an einer andern Stelle Lucian fordert:" Falls bedingt am folgenden Tage gutes Wetter; denn der dunst- und der Reiche seine Sklaven bewirtet, so soll er mit seinen Freunden sie wolkenreine Westen und Norden lehren uns, daß wir am folgenden bedienen," so geht daraus hervor, daß viele Sklavenhalter an diesen Tage teine Veränderung in der Atmosphäre zu befürchten haben. wichtigsten Punkt der Festvorschriften sich nicht mehr im mindesten Zeigt aber der Westen dunkle, schwere Banten", so ist Regen im störten. Anzug. Ist der Westen zwar rein, der Norden jedoch nicht, Erscheint ist das kommende Wetter sehr zweifelhaft. Wohin es in der Kaiserzeit mit der harmlosen Ausgelassenheit fo und schrankenlosen Narrenfreiheit des Saturnalienfestes unter Umständen das Rot am westlichen Himmel nicht am späten Avend, fam, zeigt mit grauenvoller Deutlichkeit ein schrecklicher Vorgang sondern zu einer unnatürlich frühen Stunde, z. B. schon um 4 Uhr in der Geschichte der ersten Cäsaren. Nachdem Nero mit seiner des Nachmittags, und befindet sich diese Erscheinung nicht tief am herrschsüchtigen Mutter Agrippina , die ihm auf dem Wege des Ver- westlichen Himmel, sondern höher, und fehlt dem Not die schöne brechens zum Thron verholfen hatte, zerfallen war, hatte diese sich goldene Beimischung, so spricht der wetterkundige Schiffer von Brand ihrem vierzehnjährigen Stiefsohn Britannicus , der größeres Anrecht an der Luft" und macht sich auf Sturm gefaßt. auf die Kaiserwürde hatte als Nero , genähert und damit bei Nero Manche Wetterregeln haben ihre Begründung in der Erfahrung, schwere Besorgnisse erregt. Als mun die Saturnalien des Jahrs 55 welche man hinsichtlich des Einflusses des Monds auf unsre Erde n. Chr begangen wurden, fiel am kaiserlichen Hof Nero die Würde eines gemacht, und knüpfen sich an die Stellung des Monds und die Mahltönigs zu, und er gab seinem Adoptivbruder den Befeht, Mondphasen. Hängt die Mondfichel, so lautet dieser Erfahrungssatz, irgend ein Lied zu fingen, in der Hoffnung, der Knabe werde tief am westlichen" Himmel, und ist dabei die leuchtende daß der fich lächerlich machen. Anstatt dessen aber trug Britannicus Seite der goldenen Sichel der Erde zugekehrt, so ein Gedicht vor, das auf seine unverdiente Zurüdjeßung Mond auf dem Rüden liegt", so ift Regen zu erwarten. anspielte und den ziemlich unverhüllten Beifall der Festtafel Andre Wetterregeln ftügen fich auf Erfahrungsschlüsse aus der Bil fand. Da reifte in Neros Hiru der verbrecherische Plan, sich des dung und Stellung der Wolken. Zeigt sich am Himmel ein Schiff, gefährlichen Nebenbuhlers zu entledigen. Er ließ sich von der be- d. H. ziehen sich von einem Buntte im Osten, also den Vorderteil rüchtigten Giftmischerin Locusta ein Tränklein brauen, das aber nicht eines Schiffes bildend, bis zu einem Punkte im Westen, also den start genug war, Britannicus zu töten; nachdem jedoch Nero die Hinterteil eines Schiffs bildend, lange Wolkenlinien hin, und ist Locusta höchsteigenhändig geprügelt hatte, erhielt er von ihr ein dieses Schiff in seinem mittleren Teil verwischt, als wenn uns eine höllisches Gemisch, das er an einem der folgenden Tage des Festes unberufene Hand mit einem Bleistift oder einem Wischer eine bei Tafel seinem Bruder beibringen ließ und zwar mit solchem Er- Zeichnung verdorben hat, so tritt nach kurzer Zeit Unwetter ein. folg, daß der Knabe vor den Augen der schreckensbleichen Gäste im Diese Wetterprophezeiung ist den Schiffern und den Seeleuten wohl Augenblick verstarb; so verstand Nero die Saturnalien zu begehen. die gelbe Wegeschnede ihre Autorität beffer als die am Abend bekannt. Von den vielen Wetterpropheten des Tierreichs behauptet Wieviel aber auch das Fest im Verlauf der Jahrhunderte von tanzenden Mücken, welche zunächst nur warmes" Wetter ankündigen, seinem ursprünglichen Charakter eingebüßt haben mochte, so hielt doch oft allerdings auch gutes. Trägt die Schnecke Gras auf dem Schwanz, das römische Volk daran als einer Gelegenheit, sich einmal gründlich so giebt es nasses Wetter, trägt sie Sand, so ist gutes Wetter im auszutoben und die Sorgen und Nöte des Daseins alljährlich auf Anzug. Auch die Fische sind gute Wetterpropheten. Ist das Wetter ein paar Tage zu vergessen, mit großer Beharrlichkeit fest noch so schön, so fehlen dennoch oft die Fische; ein Zeichen von und feierte die Saturnalien mit närrischer Ausgelassenheit tommendem Unwetter. in Rom , wie in den Provinzen. Einen wie starten Halt ant der Volksseele das Fest hatte, sollten die christlichen Glaubenseiferer der ersten Jahrhunderte erfahren, als sie, wie gegen Neue Freie Boltsbühne: Ein Handschuh von alle Arten heidnischen Lebensgemisses, auch gegen das sündhafte Björnson.- Björnson wird beinah Mode in Berlin . Seine Stücke Teufelswerk des Saturn donnerten. Schon Tertullian ( gest. 216) werden nicht nur gelobt, sondern auch gegeben. Und sie gefallen flagt, daß sich auch Christen an der Feier der Saturnalien be- nicht nur der Kritik, sondern auch dem Publikum und werden Kassenteiligten, und wenn das Konzil von Laodicea( 314) den heidnischen stücke. Vielleicht ist diese Popularität des Dichters nicht ohne EinGebrauch untersagte, so blieb das doch ganz umsonst. Was der fluß auf die Aufführung des Handschuh" gewesen. wir sehen Kirche zu verdrängen gelang, war die Erinnerung an den Gott feinen andren Grund. Ist es durchaus notwendig, die Stücke ausSaturn als Festheiligen: aus den Saturnalien wurde zunächst das zugraben, in denen der große Dichter Björnson noch kein großer Dichter mit tollem Mummenschanz auch von der niederen Geistlichkeit be- war? Björnsons Entwicklung als Dramatiter ist ja ganz eigenartig. gangene Narren- oder Eselfest, das in die dreizehn heiligen Tagel Erst im Alter scheint ihm das Wesen des Dramas aufgegangen a
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Theater.
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