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Er schwieg einen Augenblick still und blickte beschämt nieder. Dann fuhr er fort:
" Sag ehrlich, Hilde, glaubst Du, daß ich es verantworten kann? Vielleicht ist es nicht notwendig. Vielleicht thue ich es nur... weil Mascha Lose es für richtig hält. Ehrlich! Du mußt nämlich wissen, das ist nicht wie ein Ausflug nach Potsdam . Ich weiß ja nicht wie viel, aber es muß furchtbar viel kosten."
Dent nur! Unter ganz fremde Bölfer! Auch Neger sieht man die Senatsverhandlungen konnte die Staatszeitung ausführliche in Ostende und Indier und noch fremdere Völker, das Berichte bringen, weil diefelben feit Cäsars erstem Ronfulat( 59 v. Chr.) heißt, meine gute Hilde... Du entbehrst so viel um meinet- vollständig protokolliert wurden und zwar vermittelft einer eigen willen. Meinst Du wirklich, ich könnte das verantworten? tümlichen Kurzschrift, die um jene Zeit erfunden wurde. Das sind die sogenannten tironischen Noten, die also heißen nach ihrem ErKinder, Ihr müßt nicht glauben, ich wolle deshalb reisen, finder, einem Freigelaffenen des Cicero, Namens Tiro. Von den weil ich mich so furchtbar freue! Aber ich soll doch Alen- heutigen Stenographien unterschied sich dessen erst neuerdings genaner derungen machen!" erforschtes System grundsäßlich vor allem dadurch, daß, während bei jenen, auch in der Debattenschrift, nur solche Bruchteile des Ge sprochenen weggelassen werden, die aus dem Zusammenhang ohne weiteres und mit Notwendigkeit zu ergänzen find, bei dem antiken Verfahren Tiros zahlreiche Worte einfach fortbleiben, andre mur mit den Anfangsbuchstaben angedeutet werden, wobci die Wiederherstellung des Gesagten nur durch Buhilfenahme des Gedächtnisses möglich ist. Obwohl aber dem gemäß die tironischen Noten bei weitem nicht so untrüglich waren wie die bentigen stenographischen Syfteme, so haben sie doch Du bist ein Narr, Johannes. Du wirst auf der Stelle ihren Zwed erfüllt, und während der ganzen Kaiserzeit, so lange der thun, was ich Dir sage. Das Geld ist gefundenes Geld. Senat noch regelmäßig tagte, dazu gedient, seine Verhandlungen in Wir müssen uns auch einmal etwas gönnen. Sparen ist vollständiger Wiedergabe fchriftlich zu figieren. Aus diesem offiziellen für die Kaz, and wenn der Himmel einstürzt, kriegen wir Protokoll wurden solche Teile, die die kaiserliche Regierung zur allalle blaue Nachtmüßen. Wir teilen das Geld einfach. Für gemeinen Kenntnis zu bringen wünschte, in der Staatszeitung ver öffentlicht. meine Hälfte besorge ich uns die Plüschgarnitur, die wir Während uns mm im übrigen aus dem Inhalt der Hunderte uns schon so lange wünschen. Mit der andren Hälfte fährst von Jahrgängen des römischen Reichsanzeigers mur hier und Du nach Ostende ." dort vereinzelte Notizen direkt erhalten sind, findet sich aus Nein, Hilde, das kann ich nicht verantworten. Auch seinen Berichten über die Senatsverhandlungen eine Anzahl in einer sonst zum wäre es zu viel. In wenigen Tagen bin ich wieder daheim, größerer Bruchstücke wiedergegeben und da kann ich doch nicht so viel Geld verbrauchen." großen Teil recht minderwertigen Sammlung von Kaiser „ Das verstehst Du nicht, Johannes. Die andre Hälfte biographien, einen Verfallsprodukt, das der Zeit des Diokletian aber behalte ich doch. Solltest Du nicht auskomment, fo( gegen 300 n. Chr.) angehört. Sittengeschichtlich wohl der intereffan mußt Du eben zusehen. Retourbillet nimmst Du nicht. Sie este unter diesen Berichten ist einer aus der Beit des Kaisers Alexander Severus ( 222-235 11. Chr.), in dem der grauenhafte Verfall der werden Dich schon wieder nach Hause schicken. Wegen der römischen Welt zum abstoßenden Ausdrud gelangt und durch eine Schule. Und dann werdet ihr in acht Tagen genug bon- turze Scene flarer veranschaulicht wird, als es langatnige Ausein einander haben. Wer an Brot gewöhnt ist, kommt wieder." andersetzungen vermögen. Die Beiten der Julier und Flavier , unter Du glaubst also wirklich, Hilde... aber dann wäre denen die bekannten Namen Cäsar, Auguftus, Tiberins, Caligula , es auch die höchste Zeit.. Kinder, Hilde, verachtet mich Nero , Domitian besonders hervorspringen, waren längst vorbei. Der nicht! Ich nehme das Opfer an. Ich bin zu glücklich!" fogenannten glücklichsten Zeit des Kaiserreichs( 96-180 n. Chr.), als Geh noch einmal zum Kaufmann. Er hatte vorhin die Cäsaren Nerva , Trajan , Hadrian und die beiden Antonine, Anto ninus Pius und Marc Aurel , zwar beim besten Willen keineswegs nicht Zeit genug. Er soll auch nachsehen, wie viel der billigere dem allgemeinen Verfall im Innern und nach Außen hatten Einhalt Zug foftet." gebieten können, wohl aber als ehrenhafte und einfichtige Bersönlichkeiten die vorhandenen und nicht zu beseitigenden llebel nicht noch durch berbrecherische oder wahnsinnige Despotenlaunen verschlimmert, sondern nach Kräften gemildert hatten, dieser entschwundenen Zeiten gedachte man nur mit wehmütiger Sehnsucht. Mit Marc Aurels ente arteten Sohn Commodus brach die Epoche der Soldatenkaiser an, in der die zügellofen Regimenter der Prätorianergarde nach ihrem Belieben Kaiser ein- und absetzten. Schon waren die Prätorianer so weit gegangen, gegen einen Breis von 5000 Mark pro Kopf dem reichen Didins Julianus die Herrschaft zuzuschlagen( 28. März 193), und selbst der Kaiser Septinius Severus, der noch zu den besseren gerechnet wird, hatte auf dem Sterbebett feinen Söhnen und Nach folgern Caracalla und Geta außer dem Nat, einträchtig zu herrschen, die Regierungsmagime ans Herz gelegt:„ Bereichert die Soldaten, alle andern verachtet." Bier Jahre lang( 218-222) hatte Syrier Elagabal mit den tollsten Ausschweifungen sein Geliebter Hierocles führte den officiellen Titel„ Gatte Kaisers" den Thron der Cäsaren geschändet,
"
Bohrmann ging hinaus, kam aber im nächsten Augenblicke wieder.
" Hilde," sagte er bestürzt, mein bißchen Französisch wird nicht reichen."
Katzenspaß! Die Kietzen kann wahrscheinlich gar nicht Französisch. So geh doch nur."
"
Weißt Du was, Hilde, ich habe noch das kleine französische Handbuch, vom Seminar her. Das nehme ich mit. Es stehen Konversationen darin."
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Eine Kaiferrede
der
Bei
aus dem römischen Reichsanzeiger. bes Das Beitungswefen gilt für eine Errungenschaft der Neuzeit bis es sogar den Brätorianern zuviel wurde und sie ihn, als er seinem und mit Recht, da ja ini wesentlichen erst seit Erfindung der Buch- zum Mitregenten erhobenen 17 jährigen Vetter Alexander Severus druckerkunft regelmäßig erscheinende Zusammenfassungen interessanter nach dem Leben trachtete, stürzten und ermordeten: der junge Tagesereignisse allmählich auf der Bildfläche erschienen sind, und erst Alexander, der einen vortrefflichen Charakter und hohe Bildung, im Laufe des verflossenen Jahrhunderts die Tagespresse die ge- all diesen Militärrevolutionen hatte der Reichsrat oder das Herrenaber nicht viel Energie befaß, wurde Kaiser( 10. März 222). waltige Entfaltung angenommen hat, zu der fie gegenwärtig gelangt ist. Jener Saß erleidet aber doch wenigstens eine Einhaus Roms, der Senat, den fünf Jahrhunderte früher ein griechischer schränkung, insofern thatsächlich schon beinahe anderthalb Jahr- Staatsmann eine Versammlung von Königen naunte, und der datausende, bevor Gutenberg durch die Herstellung der betweglichen mals in Gemeinschaft mit der Volksversammlung und den von ihr Lettern mechanische Vervielfältigung von Geschriebenem in großem gewählten Beamten die Republik regierte, nur insoweit mitgewirft, Umfange erft möglich machte, eine tägliche Beiting herausgekommen und als er den ohne ihn getroffenen Entscheid der Soldaten nachträglich jahrhundertelang ununterbrochen erschienen ist. Es sind das die sanktionierte, dem gestürzten Staiser noch hinterher einen Fußtritt acta diurna( täglische Geschehnisse"), die Staatszeitung des römischen berjezte und den neuen mit allen Ehrenbezeugungen, die kriecherische Reichs, die seit Julius Cäsar täglich erschien. Seiner Anordnung zu wenn es die schlimmsten Verbrechen waren, edel, weise und Schmeichelei erfinnen kann, überhäufte, alles, was er that, und folge wurde fie auf einem öffentlichen Blaze ausgestellt, wo fie ge- bewunderungswürdig fand und in der ekelhaftesten Weise vor ihm lesen und abgeschrieben werden konnte. Die Vervielfältigung ge schah in der Weise, daß berufsmäßige Schreiber so viel Kopien auf dem Bauch rutschte, um ihn alsbald im Stich zu 811 verdammen, wenn es mit seiner Herr machten, als sie Abonnenten besaßen, denen dann ihre Exemplare lassen und Wie diese Adels- Versammlung das Handbis in die entlegenſten Teile des Reichs zugeschickt wurden; von dem lichkeit zu Ende ging. berühmten Redner Cicero 3. B. hören wir in seinem Briefwechsel, werk des Byzantinismus betrieb, davon giebt den besten Begriff der daß er während seiner Statthalterschaft über die Kleinasiatische Land- folgende Bericht der acta diurna über die Senatssitzung vom schaft Cilicien im Jahre 51 v. Chr. regelmäßig die Staatszeitung 6. März 223 n. Chr., in der die Senatoren dem jungen Kaiser anzugestellt erhielt. Dieser originelle Reichsanzeiger enthielt feit dem trugen, sich nach den berühmten Kaisern des zweiten Jahrhunderts Untergang der Republit vor allem Berichte über Vorgänge in der Antoninus zu nennen, auch sich in einer Weise geberdeten, die wie kaiserlichen Familie, wie Geburten, Todesfälle, Leichenbegängnisse, Hurra- Hochschreier anmutet. Recht sympathisch ist das Auftreten des eine Karikatur auf das Treiben unsrer heutigen Byzantiner und Reisen usw., von politischen Dingen, was man der Deffentlichkeit zu staisers, wie er offiziell hieß, Aurelius Alexander Cäsar Augustus , übergeben für gut befand, hauptsächlich kaiserliche Verordnungen,
Beschlüsse und Reden im Senat, Maßregeln der hohen Beamten, der trotz seiner achtzehn Jahre fich nicht von der Schmeichelei die Kriegsthaten der kaiserlichen Generäle, Gerichtsverhandlungen, Bauten, Sinne unnebeln läßt, sondern bescheiden und frei von aller Großdann aber auch Vorgänge in den Kreisen der oberen Behntausend, fprecherei die ihm angebotene Ehrung zurückweist.
wie Geburts, Heirats, Chefcheidungs- und Todesanzeigen. Ueberg( Schluß folgt.)