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und noch bei Stifth traf. Mies to ftant, so

Geschwister Jordan nicht allein und noch bei Tisch traf. Wie so start, so ewig, so göttlich, daß Sie feine Konstruktion nach­an jedem zweiten Dienstag des Monats hatten sie drei Gäste: ahmen, wenn Sie davon sprechen, was weiß ich, was für den Abbé Marle, den Doktor Novarre und den Lehrer Her- einen atheistischen Staat aufzubauen, in welchem Gott durch meline, die Soeurette gern an ihrem Tisch vereinigte, und eine Maschine erseht würde, die die Menschen regierte und die sie scherzhaft ihren Großen Rat nannte, weil sie ihr erzöge!"

in ihren wohlthätigen Werken beistanden. Die ſo

Eine Maschine, warum nicht?" rief Hermeline, gereizt festverschlossene Crêcherie, wo Jordan in faſt klöfter- durch das Stück Wahrheit, das in dem Angriff des Priesters licher Abgeschiedenheit ein stilles Gelehrtendasein führte, lag. Rom   ist nie etwas andres gewesen als ein Vampyr, öffnete sich diesen drei Männern, die als vertraute Freunde der das Blut der Welt gesogen hat."

behandelt wurden. Man hätte freilich nicht sagen können, Wenn der Streit zwischen den beiden sich zu solcher daß sie diese Gunft ihrer Einigkeit dankten, denn sie stritten Heftigkeit gesteigert hatte, pflegte der Doktor Novarre in seiner fortwährend mit einander; aber ihre Diskussionen unter- leicht ironischen, versöhnlichen Art einzugreifen.

hielten Soeurette, und sie freute sich darüber, daß sie auch Jordan zu zerstreuen schienen, denn er hörte lächelnd zu. Sie haben also schon gegessen?" sagte sie zu Lucas. ,, Aber Sie trinken doch eine Tasse Kaffee mit uns, nicht wahr?"

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,, Nun, nun, meine Herren, ereifern Sie sich nicht. Sie sind nicht mehr weit von einer Verständigung, da Sie sich gegenseitig vorwerfen, daß der eine des andren Religion nach. ahme.

Der Doktor, ein kleiner, schmächtiger Mann mit fein­ Die Tasse Kaffee wird gern angenommen," erwiderte geformter Nase und glänzenden Augen, war ein toleranter, er heiter. Sie sind wirklich zu liebenswürdig gegen ein wenig ironischer Geist, der, ganz der Wissenschaft ergeben, mich, während ich eigentlich die stärksten Vorwürfe verdiente." den politischen und socialen Fragen sein tieferes Interesse Die fleine Gesellschaft begab sich in den Salon, durch verweigerte. Er sagte, gleich Jordan, dessen intimer Freund deffen geöffnete Fenster man auf die Rasenflächen und die er war, daß er die Wahrheiten nur an dem Tage in sich auf­Bäume des Parks sah, die ihren kräftigen Duft hereinsandten. nehme, wo sie wissenschaftlich bewiesen seien. Im übrigen war Auf einem Tischchen stand eine Porzellanvase mit einem Strauß er ein bescheidener, fast schüchterner Mann, ohne jeden Ehrgeiz, herrlicher Rosen, die der Doktor Novarre liebevoll züchtete, der sich damit begnügte, feine Kranken nach bestem Wissen zu und von denen er jedesmal Soeurette einige mitbrachte, wenn behandeln, und der keine andre Leidenschaft hatte, als die er auf die Crêcherie geladen war. Pflege feiner Rosen innerhalb der Mauern seines Gartens, wo er einsam in glücklichem Frieden lebte.

Während der Kaffee gereicht wurde, sekten der Pfarrer und der Lehrer ihre Diskussion fort; seit dem Beginn der Mahlzeit hatten sie nicht aufgehört, über die Fragen der Bildung und Erziehung miteinander zu streiten.

Wenn Sie bei ihren Schülern nichts ausrichten," ſagte der Abbé Marle, so ist es, weil Sie Gott   aus Ihrer Schule verjagt haben. Gott   ist der Herr der Geister, wir wissen alles nur durch ihn."

Der große starke Mann mit der Adlernase und dem vollen Gesicht mit den regelmäßigen Zügen sprach mit der starren Autorität feines Glaubens, fette alles Heil der Welt auf den Katholizismus und auf die strikte, huchstabengetreue Befolgung feiner Dogmen. Und ihm gegenüber saß Hermeline, der Lehrer, ein kleiner magerer Mann mit knochigem Gesicht, spigem Stinn und eckiger Stirn, ebenso starrsinnig, formalistisch und autoritär, der mit taltem Grimm seine Religion des mechani­schen, durch Gefeße und militärische Strenge zu fördernden Fortschritts versocht.

Ach, lassen Sie mich zufrieden mit Ihrem Gott, der dic Menschen nur zum Irrtum und zu Leiden führt! Wenn ich bei meinen Schülern nichts ausrichte, so kommt dies einmal davon, daß man sie zu früh wegnimmt, um sie in die Fabriken zu schicken. Und ferner kommt es hauptsächlich davon, die die Disciplin sich immer mehr lockert und daß der Lehrer gar feine Autorität mehr hat. Wenn ich meinen Jungen ein paar odentliche Stockstreiche geben dürfte, so würde ihnen das schon den Schädel öffnen."

( Fortsegung folgt.)

Derfall.

( Deutsches Theater  .)

An der Mutter Maria" von Ernst Rosmer   ist nur der eine Umstand bemerkenswert, daß es in einer Mittagsvorstellung des Deutschen Theaters aufgeführt werden konnte. Ich will voraus­schicken, daß ich die übrigen Arbeiten der Dame( Ernst Rosmer   ist ein Pseudonym) nicht kenne. Ich bitte also mein Urteil, das leider nicht milde ausfallen kann, nur auf das vorliegende Stüd be­ziehen zu wollen. Ich schide diese paar Zeilen vorans, weil mir von urteilsfähiger Seite gesagt worden ist, daß Frau Rosmer bereits recht feine Leistungen aufzuweisen hat, und weil ich nicht in den Verdacht kommen möchte, dieſe mir unbekannten Sachen ebenso niedrig einzuschätzen, wie ich leider Mutter Maria" einzuschäßen gezwungen bin.

Ich will mit dem Bekenntnis beginnen, daß ich von dem Stüd, wie man zu sagen pflegt, nicht die Bohne verstanden habe, oder doch nur das eine verstanden habe, daß es sich um eine überans traurige, feichte und zum Teil geradezu blödsinnige Schwägerei handelt. Nichtsdestoweniger will ich versuchen, den Gang der Hand­lung niederzuschreiben. Vielleicht ist einer meiner Leser so glücklich, den tieferen Sinn des Unfinns zu entdecken. Befehlen wir also unsere Seele dem Himmel und fangen wir an:

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um

Die Handlung spielt im Hochgebirge. Zu Anfang ist ein Eremit auf der Scene, der im Stück der verständigste und liebenswürdigste Charakter ist. Er ist überhaupt der einzige Charakter, in dessen Da Soeurette einen kleinen Ruf des Eutsegens ausstieß, Adern menschliches Blut rollt. Wenn es auch in den Grundzügen sette er seine Ansicht ausführlicher auseinander. Nach seiner fein neuer Mensch ist, den wir fennen lernen, so ist es Ueberzeugung gab es nur eine Rettung aus der allgemeinen doch immerhin ein Mensch und das genügt in der tristen Verderbnis: die Kinder unter die Disciplin der Freiheit zu Ohnmacht dieses Stücks vollkommen, angenehm auf­beugen, ihnen das republikanische Bewußtsein so einzuprägen, zufallen. Während der ersten Scene, in der unser Eremit ein mit Gewalt, wenn es sein muß, daß es ihnen zeitlebens im durchaus nicht poesieloses Zwiegespräch mit dem Tode führte, glaubte Blute bleibt. Sein Ideal war, aus jedem Schüler einen ich an eine feine, wenn auch vielleicht kleine Arbeit. Dann tritt so ein rabiater Naturbursche auf, so eine Art Uebermensch an Willen Diener des Staats, einen Sklaven des Staats zu machen, und Muskeln, der an den Jäger in Wenn wir Toten erwachen" der seine Individualität dem Staate vollständig opfert. antlingt. In diefer Scene- in der zweiten des Stücks­Für ihn gab es nichts Höheres, als daß alle dasselbe geht eigentliche Jammer an. Die Scene selbst ist auf dieselbe Art lernen sollen, zu demselben Zwecke, der immer noch hoffnungsvoll, zumal da Rayßler den Jäger Von da an geht Allgemeinheit zu dienen. Das war seine harte und trostlose mit großer Kraft und Frische spielte. Religion einer von den Reminiscenzen der Vergangenheit es leider abwärts. Der Jäger oder Bergsteiger oder was er sonst mit Stockstreichen zu befreienden Demokratie, die dann ist, hat einmal oben im vereisten Hochgebirg ein schönes Weib ge aufs neue zu Zwangsarbeit verurteilt sein und unter der sehen, so eine Art Fee des Hochgebirgs, die im Mondschein droben mit ihren liebenswürdigen Schwestern sinnbethörende Tänze auf­Zuchtrute der Herren ihr vorgeschriebenes Glück finden sollte. führt. Dieses Weib will also der fühne Willensmensch erringen. Außerhalb des Katholizismus ist nur Finsternis," wieder- Daß die Sache schief geht, wissen wir bereite, da der dunkle Engel holte starrsinnig der Abbé Marle. des Todes, der auf der Bühne weilt, uns davon unterrichtet hat. Der Tod führt persönlich einen Bergrutsch herbei, wobei er allerlei Beschwörendes hersagt, das ich zu meinem Bedauern nicht verstanden habe. Der Jäger versammelt sich also zu seinen Vätern, und der Schauspieler, der die Rolle spielt, tam fich abschminken und nach Hause gehen, was mich bereits in diesem Stadium der Handlung mit Neid erfüllte. An Stelle des Jägers fommt nun die Fee, die er gesucht hat, vom Berge hernieder. Sie vermißt ihren Gürtel, den ihr der Jäger geraubt hat. Später stellt sich heraus, daß er fie auch gefügt hat, mithin also mindestens in den Vorhof seiner Seligkeit Das Gerüst des Katholizismus," versetzte er, ist noch gelangt ist. Mit diesem Gürtel muß es eine recht sonderbare Be­

,, Aber er steht ja vor dem Zusammenbruch!" rief Hermeline. Eben darum bedürfen wir eines neuen gesell schaftlichen Gerüftes."

Der Pfarrer war sich zweifellos sehr wohl bewußt, daß der Katholizismus im entscheidenden Kampfe mit der Wissenschaft lag, welche jeden Tag weiter siegreich vordrang. Aber er wollte es nicht offen zugeben, er gestand nicht einmal ein, daß seine Kirche leerer und leerer wurde.