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einen ausgiebigen Refervefonds zu gründen und dafür jähr- Gemütlichkeit! Wie schön malten wir uns dies aus der Ferne ans! Sie füün malten Ferne aus lich sagen wir ein Drittel des Reingewinns zurückzulegen." Und selbst aus einiger Nähe, im hineilenden Zug, als endlich der Fernande   unterdrückte eine Gebärde univillkürlichen Stefansturm sichtbar wurde und unser ganzer Wagenabteil( um Protestes. Sie fürchtete nichts mehr, als daß die Geldmittel zeitungsdeutsch zu reden) fich wie Ein Mann erhob und rief: Serwak alter Steffel!" ihres Geliebten sich verminderten, und daß die Befriedigung als uns die neue Elektrische durch die neuen Häusermassen der ehe­da glaubte ich schon, ich hätte sie. Und dann weiter, ihrer Prunt- und Genußsucht darunter leiden könnte. Sie mals so auigen Brigittenau führte, vorbei an irgend einem Kram­mußte sich darauf beschränken, Boisgelin einen Blick zuzuwerfen; laden, der sich Brigittenauer Louvre" nennt da glaubte ich dieser erwiderte jedoch schon aus eignem Antriebe rasch: sogar, der gemütliche Altwiener sei als ein unvergleichlicher Satiriker Nein, nein, lieber Freund, nur jetzt nicht, ich kann neu erstanden. nichts erübrigen, ich habe zu große Ausgaben. Ich ver- Nun ging es frischgemut durch die Straßen und in die Häuser, sichere Dich übrigens noch einmal meiner Dankbarkeit, denn um die alte Wiener   Gemütlichkeit" in ihrer heutigen Form" zu als Du auf Aus finden. An der Du bringſt mir reichere Erträgnisse ein, als Du mir in Ausüberstadtbahnten Niechwässerchen, hatte ich gerade eine der glorien­Wien", dem ruhmlos schleichenden und ruhelos sicht gestellt haft. Später werden wir sehen. Wir sprechen reichsten Stätten Altwviens vor mir: das Theater an der Wien  ", das t t. privilegierte". Nicht etwa in seinem Glanz, am aller­Aber Fernande   blieb, nervös, und ihr geheimer Zorn wenigsten mit einer Wiederaufführung seiner berühmtesten Première, machte sich gegen Nise   Luft, der das Stubenmädchen der von Mozarts Bauberflöte vor 110 Jahren. Halb schon in Schutt und allein zu essen gegeben hatte, und die mun hereinkam, um Staub geriffen, brödelte es vor mir dahin, um falls wir dem guten Tag zu sagen, ehe sie sich zu einer kleinen Freundin guten Schiller diesmal trauen dürfen das neue Leben aus den begab, bei der sie den Nachmittag verbringen sollte. Sie Ruinen blühen" zu laffen. Herr Redacteur  ! Hätten Sie die Giebel war nun bald sieben Jahre alt, ein reizendes, rosiges, immer gruppe des Theaters mit dem Papageno gesehen, der sich da über lachendes Kind, mit einem wirren, krausen Köpfchen blonder verflucht, an dem Sie mich etwas Alt- Gemütliches in Neu- Wien Gerümpel und Gebrödel noch aufrecht hielt- Sie hätten den Tag Haare. suchen hießen! noted bonde

noch darüber."

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Hier sehen Sie ein ungehorsames Kind, lieber Boisgelin, das mich noch krank machen wird. Fragen Sie sie doch, was fie neulich nach dem Vesperbrot gethan hat, zu dem sie Ihren Sohn Paul und die kleine Louise Mazelle geladen hatte." Ohne im geringsten in Verlegenheit zu geraten, fuhr Nise fort, heiter zu lächeln, und sah alle Leute mit ihren strahlenden blauen Augen an.

O," fuhr die Mutter fort, sie wird ihre Schuld nicht bekennen. Trotz meines zehnmal wiederholten Verbots hat sie wieder die alte Thür in der Gartenmauer geöffnet und die ganze schmutzige Bande von der Crêcherie hereingelassen. Dazu gehört unter andern der Kleine Nanet, ein abscheulicher Junge, in den sie sich vernarrt hat. Ihr Paul war übrigens auch dabei, ebenso Louise Mazelle, und sie alle sind gut Freund mit der Kinderschar dieses Bonnaire, der uns in so unschöner Weise verlassen hat. Jawohl, Paul bildet ein Paar mit Antoinette, Louise mit Lucien, und Fräulein Nise nebst ihrem Freund Nanet waren die Anführer bei der gemeinschaftlichen Verwüstung der Gartenbeete! Und Sie sehen, fie wird nicht einmal rot vor Scham!"

Jun Das ist nicht wahr!" erwiderte Nise unbefangen mit ihrem hellen Stimmchen. Wir haben gar nichts verwüstet, wir haben ganz brab miteinander gespielt. Und Nanet ist sehr lustig." d

the Diese Antwort brachte Fernande   vollends in Born  .

" So, Du findest ihn lustig? Höre, wenn ich Dich noch einmal mit ihm beisammen sehe, bekommst Du acht Tage kein Dessert. Ich will nicht, daß wir durch Deine Schuld mit den Leuten da nebenan zu thun bekommen. Sie würden überall herumgehen und sagen, daß wir ihre Kinder anloden, um sie trant zu machen. Verstehst Du, diesmal ist es Ernst, und Du bekommst es mit mir zu thun, wenn Du noch einmal mit diesem Nanet zusammentriffft!"

" Ja, Mama," sagte Nise mit ihrem fröhlich- unbekümmerten Lächeln. undank

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Als sie alle Anwesenden der Reihe nach gefüßt hatte und mit dem Stubenmädchen fortgegangen war, sagte die Mutter noch:

" Ich werde ganz einfach die Thür vermauern lassen, um diesem Kinderverkehr ein für allemal ein Ende zu machen. Nichts ist verderblicher als das Spielen mit solchen Ge­nossen, die Kinder können sich da alle möglichen Krankheitenholen." Delaveau und Boisgelin hatten sich nicht eingemengt, da sie die ganze Sache für eine unwichtige Kinderei hielten, aber sie waren der Ordnung und Disciplin wegen mit strengen Maßregeln einverstanden. Die Zukunft sproßte jedoch un­aufhaltsam weiter, Nise bewahrte in ihrem eigensinnigen Köpfchen und Herzen das Bild Nanets, der so lustig war und so hübsch spielen konnte.

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( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten)

Wiener   Ringellpielbrief.

Sehr geehrter Herr Redacteur  !

Was war das doch für eine Illusion, der wir uns hingaben, als wir verabredeten, ich solle einen Aufenthalt in Wien   dazu benützen, Ihnen ein Bild zu geben von der heutigen Form der alten Wiener

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Judessen ist ja ganz in der Nähe die Secession" und' als Aus­ftellung diesmal eine Reihe von Del- und Wasserwerken Johann Victor Krämers zu sehen. Wiener   Backhendel, das Symbol jener Gemütlichkeit, malt er mun gerade nicht. Aber wenn Sie mir eine Redensart verstatten wollen, die zwischen dalkert und geschwollen" die richtige Mitte hält, so lassen Sie mich ausholen wie folgt: das jubelnde Sonnenlicht, das wir im übertragenen Sinn des Wortes an der Donau   zu finden hofften in Krämers Werken ist es im unübertragenen Sinn des Wortes auf die Leinwand übertragen. Jm Ernst: Der Gang stand dafür, und ich wünschte Ihren werten Kunstreferenten Herrn-hl an meine Stelle. Wie schön könnte er da jagen: Krämer fällt aus dem Rahmen des gegenwärtigen Uebers maßes an Mittelmäßigem in den Kunstschaubuden sehr vorteilhaft heraus"! In der That lernte ich kaum jemals einen Maler kennen, Theatralisch und hingestellt" ist auch bei ihm nicht weniges; doch der so wie Krämer im stande ist, mit Kleren und Reflexen zu heren. seine Stadtbilder und feine Gartenblicke haben's miran gethan". Ich bitte recht sehr: dispensieren Sie mich nur noch eine fleine Weile von meiner Pflicht des Wiener   Suchens; ich habe heute so etwas wie einen Farbendurst, und da möchte ich schnell noch sehen, wie sich das Schönste, was es weit und breit au Malerei giebt: die alten Venetianer, in ihrer jetzigen Aufstellung in Gottfried Sempers Muſeumsbau ausnehmen. Also nur schnell durch prächtigste Innenarchitektur, die ich jemals fah, hincin zu Lizian den marmorstrogenden Vorraum des Museums, vielleicht die und zur Justina" Morettos und zu den Wiener   Stadtbildern Canalettos( allerdings aus einer vorbachendligen Zeit); dann noch ein fliegendes Busserl den Venetianerinnen Balma Vecchios zu geworfen, und ich stehe nun wieder auf den Straßen Wiens zu Ihrer Verfügung.

Wohin aber nanu? Lassen Sie mich's furz machen: Wien   ist furchtbar ernst geworden! Ob sich manche Leute das überhaupt vorstellen können, daß der Wiener   jest in politische Versammlungen geht, obendrein in socialdemokratische? Und nun verraten Sie mich nicht, und sagen Sie nur ja niemandem, was mir da für ein Einfall und leider auch für ein Ausfall gekommen ist! Sie werden selbst mich der Jdee kaum für fähig halten, auf die ich geraten bin. Ich faltulierte nämlich ganz einfach so: wenn irgendwer mir einen treffenden Bescheid geben kann, wo denn jetzt das echte Wienertum fißt, so muß es die Wiener Arbeiterzeitung" sein. Sezte mich also rasch in einen der berühmten darmerschütternden Omnibusse, die so großartiges an inuerer Massage leisten, daß dem verstocktesten Patienten leichter werden muß, und ließ mich die Mariahilfer­ftraße aufwärts zur neuen Residenz der Redaktion farren. Dort trat ich mit Heldenmut hin vor die beiden künftigen Bürgermeister wiens, vor die Herren Dr. Victor Adler und Engelbert Bernerstorfer, und schrie sie mit Donnerstimme an: Wo find die Wiener   Back­hendel?!"

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Sehr geehrter Herr Redacteur  ! Sie sind gewiß auch schon oft im Traum geflogen. Sicherlich aber find Sie, selbst in Ihren tühnsten Träumen, niemals so blizschnell, so stilecht, so weltdurch dringend geflogen wie ich aus den vier Armen jener Redaktion hin ausflog über die Mariahilferstraße bis hinein in die innere Stadt, borbei an Tilgners Mozart- Denkmal, von dem ich einen der ab­stehenden Engelsflügel im Flug wegriß. Bis ich mich endlich in der verbreiterten Kärntnerstraße schön, wie nur ein Wiener   Straßenbild sein tann( nämlich die Kärntnerstraße) auf festem Boden wieder­fand, mich nur noch ein paarmal um meine eigne Are drehend. Ein mitleidiger Herr fing mich auf. Er sah so echt wienerisch aus, über dem Gesicht die Sechser, net z' groß und net z' flan", auf dem Kopf den gebügeltsten" Stöffer", und er fragte mich so weichherzig: Hab'n' s Eahna was' tha'?", daß ich mich sofort in die Situation fand und ihn ganz winjelweich fragte: Ach, bitte Sie, fönnen Sie mir nicht vielleicht sagen, wo denn die alte Wiener   Gemütlichkeit ist?" Wurde aber der fuchsteufelswild! Existiert nicht mehr!" flang es scharf schriftdeutsch von seinen Lippen. Wa- a- s?" stöhnte ich,

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