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Ab und zu
Ein Weile schüttern die Räder, der Boden dröhnt, dann wieder alles still.
hier gefeffen? Es mußte wohl eine Täuschung sein. Das wird auf dem dürftigen Heidegras leuchten rote Walderdbeeren. dem andren Blaz gewesen sein. Ich ging zum nächsten teine braust ein Zug vorbei, ein Vorortszug, ein Fernzug, der hinabBant, ich suchte den dritten, vierten, fünften, suchte alle Bläge fährt nach Wien oder hinauf nach Petersburg ; das ist der einzige des Orts ab, nirgends auch nur der Schatten einer Bank. Erschöpft Gruß, den das Leben an diese Stätte sendet. ließ ich mich schließlich auf einem niedrigen Eisengeländer nieder, der Rajenflächen rahmte, bis sich Schwielen und Striemen zu bilden anfingen. Kein Zweifel! Ich war einem eigentümlichen Wahnsinn berfallen, der Bankblindheit oder dem Bankwahn. Entweder sah ich jetzt die Bänke nicht, obwohl sie da waren, oder ich hatte im Borjahre mir eingebildet, welche zu sehen, wo in Wirklichkeit keine da waren. Graufend verließ ich den verzauberten Ort.
Und mitten in der Stille redet die Bank.
Meine Bank hat Juschriften. Die haben allerdings viele Bänke. Wenn Guste Müller und Frizze Schulze hinaufklettern auf den Müggelturm, malen sie ihre Namen auf die Holzwand, jedes Liebespaar schreibt sich ein, an der Stelle, wo es gewesen ist, und schriebe es sich bloß auf die Treppenstufen. Zu meiner Bant tamen teine Liebespaare, dazu liegt fie viel zu weit hinaus, auf meiner Bank machten nur die Wandrer Raft, die für eine Zeit ihres Lebens auf der Landstraße zu Hause sind. Es find gewefen zwei Tapezier' Die waren auf der Walze!"
Am späten Abend desselben Sonntags tehrte ich in der Bahnhofswirtschaft des Ortes ein und da hatte ich das unerwartete Glück, mit einer Autoritätsperson der banklosen Gemeinde zusammen zutreffen. Es war der Nachtwächter, der dem augenblicklichen Befund nach zu schließen die Gepflogenheit hatte, die Nacht, die keines Menschen Freund ist, in dem Wartefaal des Bahnhofs zuzubringen. Den ganzen Nachmittag über hatte mich das Bankrätsel gequält man begreift, wie erfreut ich war, endlich einen Mann zu finden, haben Erich Lehmann aus Bunzlau und Max Horn aus Bitterfeld der sicherlich über die Verhältnisse und Probleme dieser merkwürdigen frei nach Heine in die vermorschte Lehne hineingeschnitten und Kommune unterrichtet war. Ich bestellte Bier, geriet bald ins Ge- darunter:" Wir haben hier gerastet 20. 6. 98." Dicht daneben in spräch mit dem Nachtwächter und nach einigen Vorbereitungen stellte großen Buchstaben ein wohl bekannter, vertrauter Gruß, das Mahnwort: Proletarier aller Länder vereinigt Euch!" ich ihn direkt vor die Frage:
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Sagen Sie mal, giebt's denn hier an all den schönen Plätzen feine Bänke, auf denen man sich ausruhen kann?"
Woll, schön find de Pläge aber Bänke, is nich!" " Ja, aber warum denn, wozu sind denn die Plätze da?" " Sigen kann hier jeder auf sein eijenet Jrundstick." " Hm! Aber es giebt doch auch Leute, die leinen eignen Garten haben."
Die jiebt's. Ebent deshalb!"
bil Die Logit meines Gewährsmannes blieb mir dunkel, und ich mußte das Berhör in einer andern Richtung fortsetzen, nachdem ich die Absicht des Nachtwächters bemerkt hatte, über das ebent des halb" hinaus teine weiteren Aufklärungen zu geben. Er stand offenbar unter dem Druck des Amtsgeheimnisses.
" Ja, lieber Mann," fuhr ich also fort, gab es denn nicht noch im Vorjahr zahlreiche Bänke hier? Es kann doch also nicht Knauferigkeit sein, die die Leitung der Gemeinde veranlagt, derart mit Siggelegenheiten zu sparen."
Jewiß, die jab es früher bei uns haufenweise. Im vorchten November haben wir se aber alle nach Berlin verkloppt, vor alt natierlich."
erregt
" Aber das ist doch geradezu verrückt," warf ich ziemlich dazwischen. „ Erloben Se mal," fuhr die Autorität gemiltlich fort, teene Beamtenbeleidijung nich! Det is nich verridt, det is, jage id Ihnen, sittlich." Asie, Was ist es?" jso
„ Sittlich! Idk meene nämlich, wir haben die Bänke von wejen det Poussieren wegjenommen. Uf'n Rathaus hat sich erst Uf'n Rathaus hat sich erst ' n Hauptmann un denn' ne Kommerzieuratsjattin über die Liederlich feit uf'n Bänken beschwert. Denken Sie sich, sojar aus Berlin sind de Mächens hieher jekommen und haben, wenn's schummerich wurde, uf unsre Jemeindebänke jefeffen, und ich sage Ihnen, nich alleene: Na, un mit det Jas is so nich ville los hier, ufpassen konnte id ooch nich uf allens, und' n Mitbürjer zu befehlen, wegzujehen, wenn er mit'n Mächen uf de Banke pouffiert, konnte ick doch voch nich na, und so haben wer denn de Bänke wegjeschafft. Jetz haben wir ooch Ruhe; denn uf'n Rasen lassen wer se mu nich ruff. Det wird nich jeduldet. Die Sittlichkeit der Jemeinde ist de Hauptsache, un wenn Sie sich in der Hize nf ne Banke segen wollen, so fahren Se ebent nach Berlin , Da stehn se
Der Nachtwächter hatte gesprochen. Tief erschüttert stieg ich in den Zug nach Berlin . Erst als ich am Dönhoffplay- übrigens ohne lichten Sattun auf einer Bant saß, beruhigte ich mich allmählich # über das ebenso geniale wie einfache Mittel, die kommunale Sittlich teit in der Umgegend von Berlin zu heben.
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Bis zum nächsten Jahre, vermute ich, wird diese fittliche Gemeinde auch all die zahlreichen, gefährlich unfittlichen Linden bäume fällen, deren Duft heuer noch die Jugend zur Sünde lockt.- Joc.
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Kleines Feuilleton.
Ta oe. Eine Bank. Ganz weit draußen im Walde steht sie, da wo die Bahn nach Schlesien vorüberfährt, eine entlegene Stelle. Früher ging die Landstraße über den Platz. Jetzt ist der Ueber gang über die Bahn gesperrt. le
Halt, so lange die Barriere geschloffen ist 1" steht auf einem berwetterten Holzschild.
Die Barriere wird nie mehr aufgezogen! Der Uebergang ist weiter oben nach Ertner zu; über die alte Landstraße ist der Wald gewachsen, ein Spaziergänger verliert sich hin und wieder noch hierher, sonst fein Mensch. Die Wagen und die Wandrer gehen den neuen Weg. Es ist still geworden, nur die Bank erinnert an die Beiten, wo hier der Heerweg vorüberging.
Ich gehe gern nach der Bank.
Es ist ein traulicher Blazz. Auf Stunden in der Runde kein Dorf, fein Haus; nichts als wärtischer Kiefernwald. Die Weisen und die Finken fingen. Am Bahndanın blüht der Himvielsbrand, aus
Aus Sachsen komme ich, nach Berlin gehe ich und suche Arbeit", hat Heinrich Förster aus Meißen in ungelenten Buchstaben hingemalt. " Suche ich auch, und schon so lange!" flagt ein andrer daneben; es flingt wie ein Schmerzensruf und die Schrift ist zittrig.
Allen Genossen meinen Gruß," schreibt ein Steinfeger, und dicht daneben singt ein andrer:
Ein Sohn des Volkes will ich sein und bleiben." Kämpft für Freiheit und Recht," mahnt eine fleine Krigelfchrift an der Lehne. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit 1" hat ein Maurer auf dem Sigbrett eingeschnitten. Zu meiner Linten lese ich in schön gefchivungenen Buchstaben:
ham
dis
id us
Der Kampf der Freiheit ist ein schwerer Kampf, Er trägt nicht Gold, er trägt nicht Fürstengunst. Er bringt Verachtung, Kummer, Schmach und Not, und doch ist dieser Kampf der schönste Kampf." Ein reisender Tischler" hat den Spruch verzeichnet, die Worte mögen nicht genau stimmen, aber der Gedanke ist echt und der ist das beste.s Allen gulen Genoffen, die hier raften, wünsch' ich Glück", flingt freundlich der halbverwischte Gruß eines Schneiders.
Und so hat jede Stelle ihre Jufchrift, und auch nicht eine ist leer geblieben, und darum gehe ich gern zu meiner Bant. Still ist es rundum und einfam, aber ich fühle mich nicht einsam da, ich bin in Gesellschaft.
Wenn ich fige und die verwetterten Inschriffen lese, wird die Einsamkeit lebendig!
neber den alten Heerweg kommen schattenhafte Gestalten; fie sehen nicht sehr vertrauenerwedend aus. Ihre Kleider sind zerriffen, durch die Schuhe pfeift der Wind".
Meine Nachbarin, Frau Kanzleirat Lehmann, wäre entschieden ganz entsetzt, wenn sie ihnen allein im Walde begegnete." Ich bin garnicht entsetzt. entsegt.d
Ich sehe sie kommen und winke Ihnen zu, und sie grüßen wieder und sehen sich zu mir und erzählen mit fiillen, lautlosen Stimmen.. Es sind alte Geschichten, die sie erzählen, alte Geschichten, längst bekannt.
Geschichten von dem jungen Handwerksburschen, der hinaus zog in die Welt, das Glück zu fuchen. reme
Aber das Glück stand auf einer rollenden Kugel, und wenn er glaubte, er hätte es gehafcht, schwebte es wieder davon. Und das Glück hielt es nur mit den Reichen, und dem Armen Ji Shirdsg blieb nichts als Unterdrückung, Ausbeutung und Not. Und es gab teinen Ausweg aus alledem, gar feinen. Wirklich keinen? ions sid hrud dun ador Der alte Stromer in der zerplunderten Jacke nimmt den vers beulten Schlapphut vom Haupt, fährt mit den schattenhaften Fingern über die Inschrift und spricht sie nach mit seiner stillen, lautlosen Stimme: 0
Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!"
Aber vielleicht hat er gar nicht gesprochen, vielleicht war es nur ein Waldesrauschen.
-Krähenfang. Eine eigenartige Vogelstellerei wird nach eine Mitteilung der Nerthus" am Ufer des Kurischen Haffs ausgeübt, der Krähenfang, von den Fischern Rabenziehen" genannt. Wenn bei startem Wind die Krähen in großen Scharen die Haffufer entlang ziehen, gehen die Vogelfänger am Morgen hinaus an den Strand und stellen ihre einfachen, aus alten Fischernetzen und einigen Holzbügeln hergestellten Fangvorrichtungen auf. Nachdem die zahine Lockträhe augebunden und der Köder ausgestreut ist, verbirgt sich der Bogelsteller in einer primitiven Schutzhütte, von wo aus er das Netz mittels der Zugleine blitzschnell zum Zuklappen bringen tanu. Meistens braucht er nicht lange auf Beute zu warten. Die Krähen werden zum Teil im eignen Haushalte verzehrt, zum Teil zum Preise von 10 bis 15 Pf. von audren
schern gekauft, da der etwas dunkel gefärbte Braten gar nicht übel schmecken soll. Die zahmen Lockträhen, deren Flügel gestuyt find, so daß fie mur fleine Strecken fliegen können, werden bereits in