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der Stabsarzt wütend, Sie haben nichts zu meinen. Sie sind blind,| Sauce war in das Fleisch gezogen, die neuen Kartoffeln verstanden! Na, und wo haben Sie sich das zugezogen?" schrumpelten zusammen. Eigentlich hatte sie Hunger, in all der Ich habe zuviel gelesen, studiert!", entschuldigte sich Blimple. Arbeitshaft des Vormittags hatte sie nicht einmal gefrühstückt. " Dacht ich mir's doch! Und so einer wagt sich hier zu melden! Sie auch jetzt nicht, sie hatte keine Luft, nein, wahrhaftig, die war Ja, und wenn ich Ihnen einen guten Rat geben darf, erkundigen Sie ihr vergangen. Sie sah nach dem kleinen Aufwartemädchen, das müde fich mal" der Stabsarzt firierte verächtlich den ungepflegten Bart und gelangweilt am Fenster stand und in einem alten Papierfetzen Plimptes nach der Adresse von Haby !" las: Du fannst ja gehen, Anna!"

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" Nun kommt die Hauptsache," erklärte der Unteroffizier mit einer gewiffen Feierlichkeit, Achtung, tiefe Rumpfbeuge!" Plimpte beugte sich nach vorn.

Roch tiefer!" fchrie der Unteroffizier.

Blimple strengte sich an, daß sein Geficht glühte.

" Biel tiefer, viel tiefer, Mensch!" schrie der Unteroffizier. Aber Plimpte tonnte nicht mehr. Bergebens versuchte der Lazarettgehilfe mit einem Faustpuff in das Kreuz nachzuhelfen. Das Rückgrat Plimptes vermochte nicht der Weisung zu folgen. " Nu haben wir aber genug von Ihnen," donnerte der Unteroffizier, " Sie find ja' ne ganz nichtswürdige Kreatur. Schämen Sie sich nicht?"

Der Stabsarzt füllte schnell ein bereit liegendes Formular mit dem Vermerk Böllig untauglich!" aus und unterschrieb cs. Der Unteroffizier und der Lazarettgehilfe setzten ihre Namen darunter.

Dann gab man Plimpte das Blatt, stopfte ihm das Kleider­bündel unter den rechten Arm, und der Unteroffizier kommandierte: " Ziehen Sie sich draußen Ihre Lappen au!" Jn Bligesschnelle war Blimple aus dem Zimmer befördert, die Stiefel, die Brille und die Personalatten wurden ihm nachgeworfen.

Im Fluge streifte Plimpte den Lieutenant der Reserve Adolar von Aehbold- Strohwitz, der soeben sich aufchickte, das Zimmer zu be­treten. Der Stabsarzt bemerkte kaum den neuen Gast, als er ihm freudestrahlend entgegenstürzte. Ah, grüß Gott , Adolar, das ist recht, daß Du auch hierher kommst!" Sie hatten nämlich in dem­felben Regiment gedient und dieselben Geliebten gehabt.

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" Ja", feufzte Adolar, es wird Zeit, daß ich anfange, mich nüglich zu machen. Man wird alt. llebrigens, Mieze läßt grüßen. " Du meinst Gustl." verbesserte ihn der Stabsarzt.

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" Sehr wohl, diesmal heißt sie ja Gustl. Du siehst, Brüderchen, man wird alt, ich behalte die vielen Namen nicht mehr. Aber nun los mit der Untersuchung. Soll ich mich ausziehen?"

" Ja? Schon?" Die Kleine fuhr auf. " Ja, ja, lauf' nur" fie lächelte müde wieder später."

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der Herr kommt

Sie blieb am Herde stehen, bis draußen die Korridorthir ins Schloß fiel, damn ging fie in die Borderstube zurück. Wie still es da war, nur die Uhr ging, ihr eintöniges Tictack hob noch die tiefe Nuhe.

Sie ging im Zimmer auf und ab, mur um ihre Schritte zu hören, dabei fiel ihr Blick auf den Hut, der auf dem Schränkchen lag. Ein bitterer Zug flog über ihr Gesicht: Ja, der konnte wieder in den Kasten wandern, natürlich war es nichts mit Schlachtenfee. Nein, natürlich nicht!

Wenn er nach Hause kam, war er müde und legte sich schlafen. Mittagsruhe; sie dauerte aber bis zum Abend. Das war alle Sonntag so. Sie setzte sich auf den Stuhl am Fenster, mit starren Augen sah sie in die Sonne, die grell und blendend auf den Dielen lag.

Draußen auf den Straßen lärmten die Spaziergänger. Zu hellen Scharen zogen fie vorbei. Frauen und Mädchen in Sommers Kleidern, Männer mit Kindern auf dem Arm, dicht besetzte Kremjer rafselten über die Steine, die Glocken der Nadler und Radlerinnen flangen schrill und lustig dazwischen.

Wo die alle hinzogen! Lockende Bilder stiegen vor ihr auf. Stille Waldwege, blaue Wasser, volle Wirtshausgärten mit fröhlichen, buntgeputzten Menschen.

Früher hatte sie auch unter ihnen geseffen, früher, als sie noch zu Hause war. Ach, es war doch schöner gewesen zu Hause! Warunt war sie nicht zu Haus geblieben? Warum? Sie vergrub das Ges sicht in den Händen. So saß sie eine ganze Weile.

Eigentlich hatte sie ihn auch gar nicht gewollt, wenn Mutter nicht so viel geredet hätte. Und alte, Jungfer werden wollte man doch auch nicht, und wer founte wissen, ob noch ein andrer tam, überdies einer mit so sicherem Einkommen!

,, Nicht nötig", erklärte der Stabsarzt, ich kenne Dich ja!" Dann wandte er sich an den Unteroffizier und den Lazarettgehilfen: Und am Ende geliebt hatte er sie auch. Hübsch war sie ja ge­" Ich verbürge mich für meinen Freund Adolar. Dreimal ist erwesen damals, hübsch, ach ja, eigentlich war fie's auch heute noch; durchs Examen gefallen. Biermal ist er vorbestraft wegen Duells sie ließ die Hände sinken und sah in den Spiegel, ein Lächeln huschte mit tödtlichem Ausgang. Konservativ und christlich ist er bis auf über ihr Gesicht. die Knochen. Die Brufiweite ist kolossal. Er hat niemals ein Buch gelesen. Aber eine Freude will ich Ihnen doch machen. Messen Sie mal die Waden!"

Der Lazarettgehilfe schob Adolars perlgrane Hose ein wenig empor und die seidenen Strümpfe herunter. Es war ein über wältigendes Schauspiel! Der Unteroffizier legte einen Papier­streifen um die Wade und mit selig verklärtem Autlig flüsterte er Enorm!"

Als der Unteroffizier seine Fassung wiedergewonnen hatte, äußerte er: Nun fehlt noch die Rumpfbeuge. Auf die können wir nicht verzichten."

Adolar setzte sich in Positur.

Der Unteroffizier kommandierte:" Rumpfbeuge t- i- e- fff! Sofort berührte Adolars glänzender Scheitel, der vom Nacken bis an die Nase reichte, die Diele.

Die drei Zuschauer gerieten außer sich. Sie schrien Bravo und Matschten wie besessen in die Hände.

" Wo hast Du denn das gelernt? fragte der Stabsarzt. " Sehr einfach," erklärte Adolar, ich habe mich drei Monate bei einem Schlangenmenschen trainiert. Außerdem habe ich einen Dukel, der Geheimrat im Minifterium, und eine Tante, die Hof dame ist."

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Du bist geradezu gottbegnadet!" sagte der Stabsarzt gerührt. Ich gratuliere Dir. Es ist erreicht, oder, wie Haby neuerdings zu fagen pflegt: Allzeit! Boran."

Alsdann händigte der Stabsarzt seinem Freunde das folgende Attest ein:

Heute am... fand sich Adolar Freiherr v. Achbold- Stroh­witz, Lieutenant der Reserve, hierselbst zur Untersuchung ein. Wir stellen nach genauester Prüfung fest, daß der Genannte in jeder Beziehung hervorragend tauglich ist, das Bürgermeisteramt zu bekleiden. Die Bürgermeister- Prüfungskommiffion."( Folgen die Namen.)

Aber das war nur für einen Augenblick. Dann sprang fie jäh auf und schritt von neuem auf und ab. Diese Stille! Diese Stille! Wenn wenigstens noch jemand käme! Besuch, eine Freundin, irgend wer! Ja, die würden kommen, heute am Sonntagnachmittag, heute, wo alles draußen war mit Mann und Kindern! Alles sie nicht! Sie würde auch noch nicht mal öffnen. Nein, es brauchte niemand zu wissen, daß sie hier allein saß, verlassen. Ja, richtig verlassen. Sie lachte auf, dann schrat sie jäh zusammen, draußen tuarrie ein Schlüssel im Schloß, die Thür ging. Das war er".

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Und da trat er auch schon in die Stube. Er kam mit schweren, etwas schwankenden Schritten, den Schritten eines Mannes, der viel getrunken, sein Gesicht war rot, seine Augen glänzten, mit einem bierseligen Lachen tam er auf sie au: Hab' ich Dich- wa- warten Lassen, laffen Du Du mein " Guten Tag!" sagte sie, nichts weiter. Sie wich vor ihm zurück, er schien es aber nicht zu merken, er warf sich in die Sofaecke und schleuderte die schweren Schuhe von den Füßen. Er war nicht gerade betrunken, aber sehr redselig er erzählte in einem fort: Siehste, wir wir haben nämlich Freunde getroffen, den den dicken- Braumeister, weißte, und demn- denn- Bierprobe hatten wir; Essen bringste?" Sie hatte ihn reden lassen und die Teller hereingeholt; er schob sie heftig zurück; er schrie: Ach was, Essen, denkste, ich wer' auf Deine Tunte warten? Wild­braten haben wir gehabt Wi Wildbraten." Er sank in die Kissen zurüd.

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Es ist auch nicht mehr schön," sie deckte die Schüsseln wieder zu, sehr ruhig, sehr gleichmütig nur um ihre Mundwinkel zuckte es. Sie setzte sich wieder an ihren Fensterplag und faltete die Hände im Schoß. So faß sie ganz still und sah auf die Straße.

Er hatte die Beine schon lang ausgestreckt, unter zusammens gefniffenen Brauen blinzelte er zu ihr hinüber, dabei sah er den Hut auf dem Schränkchen, und nun schien ihm eine Erinnerung zu Gott wir wollten ja nach Schlachtenfee Nachschrift! Die östreichischen Kreditaktien fallen noch Sämmern. Schla­Schla immer. Ich bin trostlos! Aber nächsten Sonntag, Trudeken - nächsten Sonntag ganz bestimmt, bestimmt-" er war schon halb im Schlaf.

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Kleines Feuilleton.

Joc.

dg. Aus einer Ehe. Eins, zwei, drei!" Sie hatte nicht erst mitzuzählen brauchen, sie wußte auch so, wie viel es schlug: drei Uhr nachmittags, und er" war noch immer nicht zurück. Um zwölf Uhr hatte er daheim sein wollen. Der Frühschoppen dauerte wieder mal lange. Sie ging nach der Küche und sah nach dem Effen. Die

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Schlachtensee.

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Nächsten Sonntag", sie wiederholte es ganz leiſe, gauz für sich, und wieder flog ein Zucken über ihr Gesicht. Nächsten Sonntag! Als ob es nächsten Sonntag anders war wie heute, wie alle Sonn tage!

Ein Schluchzen ging durch ihren Körper.sod ng and di Unten auf der Straße sangen helle Stimmen:

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Freut Euch des Lebens, So lang noch das Lämpchen glüht.-

Vastusdien