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die häufig zu zahlenden Gebühren in Gestalt von Wegegeld, Ein ärgerliches Hindernis bildeten die vielen Zollschranken und Brückenpfennig oder Fährgeld, wo Brücken fehlten, Thorgroschen usw. Diese lästigen Steuern wurden nicht nur von jeder Stadt und jedem fleinen Landesherrn, deren es bekanntlich eine große Zahl gab, sondern auch von größeren Grundbefizern erhoben; abgesehen von freiem Geleit, das zum Schutz gegen Wegelagerer teuer erkauft werden mußte.
war; und sie waren mit dabei gewesen, wenn die Kinder von vier Rädern, in denen der Siz direkt auf der Age ruhte oder hüben und drüben über die Gartenmauer letterten, um im günstigsten Falles in starken Gurten hing, mußten die bedauernsgeheinten miteinander zusammen zu kommen. Heute jedoch werten Reisenden sich von morgens bis abends auf den unbeschreibwar Lucken ein hübscher, fräftiger Junge von dreiundzwanzig lich schlechten Straßen rütteln und stoßen lassen. Ueber diese Karren waren Reifen gespannt, an denen man Leinentücher oder Teppiche Jahren, während sie selbst zwanzig zählte. Er verfertigte befestigte, um einigermaßen Schutz gegen Sonnenbrand, Regen oder allerdings keine Schiffchen mehr, die von selbst übers Wasser wind zu haben. liefen, aber er war unter Lucas' Leitung ein sehr tüchtiger, Mitunter wählten krante Personen zur Beförderung die Roßerfindungsreicher Mechaniker geworden, der sich mit dem bahre, fie bestand aus zwei langen Stangen mit einer Vorrichtung Montieren von Maschinen beschäftigte, und von dem er- zum Sißen oder Liegen; an diese Stangen wurde vorn und hinten wartet wurde, daß er der Crêcherie dereinst noch wertvolle ie ein Pferd angespannt. Dienste leisten werde. Er war durchaus kein feiner Herr geworden, sondern fegte im Gegenteil eine Art Stolz darein, ein einfacher Arbeiter zu bleiben wie fein Vater, den er verehrte. Die Leidenschaft, die Louise für ihn gefaßt hatte, wurzelte zum Teil sicherlich auch in ihrer ungestümen Auflehnung gegen die Denkart ihrer Klasse, in ihrem tiefinner lichen Trieb, den Anschauungen ihrer Umgebung entgegen zu handeln. Jedenfalls wurde die Kinderfreundschaft, die sie mit Lucien verband, bei ihr bald zur leidenschaftlichen Liebe, und die Hindernisse, die dieser Liebe entgegengestellt wurden, verstärkten nur ihre Leidenschaft. Lucien selbst, durch die Zuneigung des hübschen, lebhaften, frohsinnigen Mädchens beglückt, liebte sie bald mit gleicher Innigkeit. Aber er war der Ueberlegendere von beiden, er wollte niemand wehe thun, und obendrein fonnte er sich trüber Zweifel nicht erwehren, ob sie nicht viel zu fein, viel zu reich für ihn sei. Er beobachtete daher eine resignierte Passivität und sagte nur, er würde nie eine andre heiraten, wenn er sie verlöre. Sie jedoch bäumte sich bei dem Gedanken, daß man sie hindern könnte, ihm zu gehören, in heftiger Empörung auf und wollte ganz einfach ihrem Elternhaus samt ihrem Reichtum den Rücken kehren, um mit ihm zu leben.
Sechs Monate dauerte der Kampf der Liebenden um ihr Glück. Bei den Eltern Luciens erregte der Gedanke an eine solche Heirat, die sie für ein Glück hätten halten sollen, nur tiefinneres Mißtrauen. Besonders Bonnaire in seiner festen Slugheit hätte es lieber gesehen, daß sein Sohn die Tochter eines Kameraden heirate. Die Zeiten waren vor geschritten, und es war keine Ehre mehr, an der Hand einer Lochter der sterbenden Bürgerklasse um eine Stufe aufzusteigen. Bald war wohl die Zeit da, wo es umgekehrt im Interesse der Bürgerklasse sein mußte, durch Vermischung mit dem Volk ihr Blut zu verbessern und ihm neue Gesundheit und Kraft einzuflößen. Im Hause Bonnaires entstandt Streit aus diesen Anlaß, denn seine Frau, die schreckliche Toupe, hätte wohl ihre Einwilligung gegeben, aber unter der Bedingung, daß sie selbst eine Dame werden und Schmuck und schöne Kleider tragen könnte. Die ganze große Veränderung, die rings um sie vorgegangen war, hatte ihre Lust zu glänzen und zu herrschen nicht im geringsten vermindert.
( Fortsegung folgt.)
( Nachdruck verboten.)
Reisen und Gasthausleben
im Mittelalter.
In früheren Jahrhunderten verursachten schon die Vorbereitungen zu einer Reise viele Umstände und Kosten; die große Unsicherheit der Straßen machte eine Bedeckung von bewaffneten Begleitern not wendig. Weil ferner die Städte, in denen Nachtquartier genommen werden tonnte, oft sehr weit entfernt von einander lagen, und die Reise auf grundlosen Wegen durch endlose Wälder nur äußerst langsam von statten ging, fo mußte nicht selten im„ Wirtshause des heiligen Julian" logiert werden, das heißt, es wurde bei Mutter Grün" übernachtet, wie es heute heißt. Deshalb war es nötig, außer den Reittieren für die Reisenden und für die bewaffneten Diener, noch eine Anzahl Saumtiere anzuschaffen und mitzunehmen, die mit dem Reisegepäck, mit Betten, Decken und Matratzen, mit Lebensmitteln und Kochgeschirr belastet wurden.
Einzelne dieser Mißstände übertrugen sich bis in das 19. Jahrhundert; in Leipzig wurde das Thorgeld erst im Jahre 1824 abgefchafft, und in Hamburg bestand die nächtliche Thoriperre noch in den fünfziger Jahren.
Wenn die Reisenden nach langer, mühseliger Fahrt oder anstrengendem Ritt endlich des Abends den Ort erreichten, wo sie eine gastliche Herberge zu finden hofften, so galt es erst, den Thorwart herauszupochen, der nach langem Harren und erst nach Entrichtung des Thorgroschens die Pforte öffnete. Hierauf folgte ein peinliches Verhör( namentlich in Kriegszeiten) durch die Thorwacje, und erst wenn dieses befriedigend ausgefallen war, blieb es den müden Reisenden überlassen, in dem Gewire enger, finsterer Gaffen die ersehnte Herberge aufzusuchen. Die Ankunft der Reisenden wurde vom wirt und der Dienerschaft gänzlich ignoriert, denn es sollte der Schein erweckt werden, als sei dem Herbergsvater an den Gästen gar nichts gelegen. Auch das Thor des Hauses war nicht gastlich geöffnet, sondern erst nach langem vergeblichen Klopfen und Rufen öffnete sich ein Schiebfensterchen, in dem der Kopf des Hausfnechts sichtbar wurde, der sich nach dem Begehr der Fremden er
besondere Kammern vorhanden; in den allermeisten Fällen mußten Für vornehme Reisende waren nur in den besten Gasthäusern die Ankommenden mit ihrem Gepäckt sich in der allgemeinen Gaststube aufhalten. Dieser Raum war stets überheizt und wurde nie gelüftet, er war oft von Gästen überfüllt, namentlich zur Zeit der Meffen. In der großen unsauberen Stube hausen reisende Kaufleute, fahrendes Wolf, Gautler, Abenteurer mit Weibern und Kindern; diese Gäste gebahren sich in der zwanglosesten Weise;- wenn sich vornehmere Reisende einfinden, so werden diese angestarrt und durch Singen und Musizieren, Lachen und Schreien oft belästigt. Kommt ein Gast durchnäßt an, will er Kleider und Wäsche wechseln, die Stiefel mit den Pantoffeln vertauschen, so muß er das vor versammeltem Volt thun. Zur Reinigung vom Reiseftaub steht für alle nur ein Waschbecken bereit, dessen schmutzige Beschaffenheit Etel erregt. Wagt es ein Gast, über solche Zustände Beschwerde zu führen, fo wird er grob abgefertigt mit dem Bedeuten, daß es ihm freistehe, in einer andren Herberge Unterkunft zu suchen. Aber die Wirtshäuser glichen einander wie ein Ei dem andern, und mancher Gast mußte froh sein, wenn er ein trockenes Plätzchen und ein schüßendes Dach gefunden hatte.
Der Aufenthalt in derartigen Räumen war aber bisweilen auch mit Gefahr verbunden; denn in jener Zeit mußte jeder bewaffnet sein schon der eigenen Sicherheit wegen; auch der Friedfertigste konnte leicht in eine Rauferei verwickelt werden. Welcher Art die Zustände waren, zeigt ein Züricher Ratsbeschluß vom Jahre 1314, der befiehlt: Jeglicher Wirt, wenn der Gast in sein Haus tommt, soll ihm heißen, sein Meffer von ihm legen. Thut er's nicht, so soll er ihm weder zu effen, noch zu trinken geben."
Auch bezüglich der Verpflegung, die in sehr willkürlicher Weise erfolgte, mußten die Reisenden sich der strengen Hausordnung fügen.
In heutiger Zeit steht es jedem Gaste frei, zu speisen, wann es ihm beliebt, in den mittelalterlichen Herbergen blieben dergleichen Wünsche selbst dann unberücksichtigt, wenn der erschöpfte Reisende einer Stärkung dringend bedurfte.
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Erst in ziemlich später Abendstunde, wenn die Ankunft neuer Gäste nicht mehr zu vermuten ist, werden über die Tische, behufs gemeinsamer Speisung, Tafeltücher gebreitet, was in manchen Gasthäusern auch unterbleibt. Nachdem alle Anwesenden in bunter Reihe auf den Schemeln Platz genommen haben, erhält jeder einen Glaskrug, ein Stück Brot, Teller und Löffel von Holz, Mit alleiniger Ausnahme der wenigen großen Heer- und Reichs- vorgesetzt; Gabeln waren damals noch nicht gebräuchlich, und das straßen waren die Verkehrswege in so vernachlässigtem Zustand, daß Meffer fehlte in teiner Tasche. Hierauf eine lange Geduldsman sich im Mittelalter zum Bived einer notwendigen Reise( denn probe; dann bringt der Hausknecht, der zugleich Kellner und MundVergnügungsreisen tannte man zu jener Zeit nicht), fast ausnahms- fchent ist, Wein auf den Tisch; dieser aber ist sauer und taum zu los der Reitpferde bediente; die Frauen bevorzugten Maultiere zum genießen. Von welcher fürchterlichen Beschaffenheit der Tischwein Reiten, weil diese sanfter und ruhiger sind und eine sichere Gang- iener Zeit fein mochte, läßt sich leicht daraus ermessen, daß im art haben. Mittelalter Nebenpflanzungen in so rauhen Lagen gepflegt wurden, Nur alte und gebrechliche Leute, die ins Bad reisten und nicht die für den Weinbau gar nicht geeignet waren. Der Volksmund mehr fähig waren, mehrere Tage oder Wochen im Sattel zu figen, benzten Wagen als Transportmittel, die aber nicht die geringste Bequemlichkeit boten. In plumpen, federlosen Karren auf zwei oder
scherzte in wiziger Weise, daß jeder Zecher, der einen reichlichen Nachttrunt vom gewöhnlichen Landwein gethan hatte, in der Nacht geweckt werden, mußte, damit er sich auf die andre Seite legen konnte,