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bei aber den verschiedensten Standpunkten zum Ausgangspunkt dient, Sinit eines Bibelspruches zu entstellen, ja, in sein direktes Gegenteil wie das bei der Bibel der Fall ist. Darüber ließ sich schon vor zu verkehren. Es dürfte schiver halten, eine Bibelstelle ausfindig zu beinahe zwei Jahrhunderten der große Franzose Montesquieu in machen, wegen deren die spisfindige Teglverbesserung und rabulistische äußerst geistreicher Weise aus, wenn in seinen„ Persischen Briefen" Haarspalterei frommer Erklärer tollere Purzelbäume geschlagen hat, der junge Perser Nica beim Besuch einer Bariser Klosterbibliothet als jenen berühmten Evangelienifaz, wo Christus in schneidendster mit deren flugem, vor dem mohammedanischen Morgenländer das Schärfe den Reichen ihr Urteil spricht. Ein vornehmer Jüngling ist Tezte Ergebnis seiner gereiften Lebenserfahrung rückhaltlos äußernden an ihn herangetreten mit der Frage, was er zu thun habe, um das mönchischen Bibliothekar folgendes Gespräch führt: Mein Vater," ewige Leben zu erwerben. Chriftus verweist ihn auf die mosaischen fagte ich zu ihm, was find das für dicke Bände, die diese ganze Gebote und seine eigne Kardinalvorschrift:„ Du sollst Deinen Seite der Bibliothek in Anspruch nehmen?"" Das sind," sagte er nächsten lieben wie dich felbft". Als der Heilsbegierige erwidert, zu mir, die Interpreten der Heiligen Schrift." Deren das habe er von Jugend auf gehalten, und fragt, was er noch zu giebt es eine große Anzahl," erwiderte ich ihm,„ die Heilige thun habe, spricht Jesus zu ihm:„ Wenn Du vollkommen sein willst, Schrift muß ehemals sehr dunkel gewesen und gegen- fo gehe hin, verkaufe Deinen Befiz und gieb ihn den Armen; dann wärtig sehr klar fein. Bleiben noch irgendwelche Zweifel? Samt es wirst Du einen Schaß im Himmel haben, und komme, folge mir nach". noch bestrittene Punkte geben?"„ Ob es deren giebt? Du lieber Da der Jüngling sich auf diese Aufforderung betrübt von dannen schleicht, Himmel! Ob es deren giebt!" antwortete er mir. Es giebt ihrer weil er im Besiz großer Habe war, äußert Jesus zu seinen Jüngern: fast ebenso viele wie Zeilen". Ja," sagte ich zu ihm, was haben Wahrlich, ich sage Euch, daß ein Reicher schwerlich in das Himmeldenn all diese Schriftsteller gethan?" Diese Schriftsteller", er reich kommen wird. Wiederum sage ich Euch: es ist leichter, daß ein widerte er, haben keineswegs in der Heiligen Schrift gesucht, was Kamel durch ein Nadelöhr geht, als daß ein Neicher in das Reich man glauben muß, sondern was sie selbst glauben; fie haben sie Gottes fonimt." Als die Jünger hiervon erschreckt fragen:„ Wer keineswegs als ein Buch betrachtet, worin die Lehrsätze enthalten kann den gerettet werden?" sagt Jesus:„ Bei den Menschen ist dies wären, die man annehmen müsse, sondern als ein Wert, das ihren unmöglich, bei Gott aber ist alles möglich." eignen Ideen Autorität geben könne: darum haben sie allen Sinn darin verdreht und haben all ihre Stellen auf die Folterbank gespannt. Es ist das ein Land, wie die Leute aller Sekten Landungen machen und gleichsam auf Plünderung gehen, es ist das ein Schlachtfeld, wo die feindlichen Nationen, die sich entgegentreten, einander zahlreiche Kämpfe liefern, wo man sich angreift, wo man scharmützelt auf cine Unmasse verschiedener Methoden!" Was hier so wißig zugespitzt gesagt ist, hat freilich heute keinen Anspruch mehr auf uneingeschränkte Geltung. Es ist gar keine Frage, daß die moderne Bibelkritik auch dem Niesenden zuzurufen:" Zur Gesundheit!"," Profit!" Schon Profit! Allgemein herrscht heute noch überall der Brauch, auf rein philologischem Gebiet eine Menge unanfechtbarer und un mancher wird sich schreibt die„ Köln . 8tg.", über diesen Gebrauch schätzbarer Ergebnisse geliefert hat, die jeder vorurteilslos an die gewundert haben, der bei den meisten Völkern der Erde verbreitet Sache Herantretende ohne weiteres als richtig afterkennen mußit, ja, sich sogar bis in die ältesten Zeiten der Geschichte verfolgen was freilich die katholischen Theologen und den rechtgläubigen läßt. Man giebt zwar an, daß die Beglückwünschung beim Niesen Protestantismus nicht hindert, bei ihren vorgefaßten Meinungen von einer im sechsten Jahrhundert n. Chr. in Italien graffierenden stehen zu bleiben. pestartigen Epidemie herrühre, und daß das Niesen das Zeichen des
( Schluß folgt.)
Kleines Feuilleton.
Wie auf dem Gebiet der Bibelforschung, so hat auch auf dem unmittelbar bevorstehenden Todes gewesen sei, weshalb man Stranten schwierigen Boden der katholischen Legendenlitteratur eine unzugerufen habe: Gott helfe Dir!" Doch ist diese Sitte zweifellos befangene, philologische Kritik manches Treffliche geleistet, und viel älter und läßt sich schon bei den Griechen und Römern nach dafür wenigstens feien ein paar furze Beispiele angeführt. In der weisen. Homer läßt die Götter des Olymps laut Jupiter anrufen, St. Ursula- Kirche in Köln a. Nh. wird noch heute zu bestimmten wenn irgend eine göttliche Nase vom Niesen erschüttert wird, und dieser Zeiten als wertvolle Reliquien ein widerwärtiges Gemisch Gebrauch war allgemein unter den Griechen üblich. In einem griechischen von Menschen- und Pferdeknochen ausgestellt, die aller Wahrschein Epigramm wird einer, der Jupiter beim Niesen nicht angerufen lichkeit nach von irgend einem mittelalterlichen Schlachtfeld stammen, hat, damit entschuldigt, daß seine ungeheuer lange Nase soweit vom vom blinden Köhlerglauben aber als die Gebeine der heiligen Ursula Ohre entfernt sei, daß er das Niesen nicht habe hören können. Als und ihrer 11 000 Jungfrauen angestannt werden. Der Legende zu Themistokles einen zu seiner Rechten niefen hörte, deutete er das als folge war diese Ursula eine fromme Königstochter, die auf einer ein Zeichen, daß er Xerxes besiegen werde. Dagegen bedeutete ein ausgedehnten Wallfahrt mit nicht weniger als 11 000 Gefährtinnen Riesen zur Linken Unglück. Bei Beginn eines Unternehmens zu niesen, von den ruchlosen Händen heidnischer Hunnen in Köln den Märtyrer sahen die Griechen als böses Omen an, und das gilt noch heute in tod erlitt. Die innere unwahrscheinlichkeit dieser Geschichte ist Indien . Als Xenophon seine berühmten Zehntausend vor Beginn angenfällig, wird aber beseitigt durch eine geschickte philologische ihres glorreichen Rückzugs anredete und sagte: Wir haben Konjettur. Der Begriff 11 000 Jungfrauen" wird nämlich lateinisch große Hoffnung auf Errettung". woffte es das Unglück, geschrieben niit XIM virgines wiedergegeben; dies kann aber auch daß gerade ein Soldat bei dem Worte bei dem Worte" Errettung" nieste, undecim martyres virgines, b. b. 11 Märtyrerjungfrauen gelesen und sogleich rief das ganze ganze Heer Jupiter, den Erretter, werden. Es ist klar, daß, wenn man einen Lesefehler als vorliegend an. Xenophon aber wußte wußte dem unglücklichen Omen eine annimmt, die Legende ein ganz andres Gesicht gewinnt und andre Bedeutung zur geben, indem er das Niesen bei dem Worte Erdurchaus nichts Ümwahrscheinliches mehr an sich hat. Ganz rettung als eine Bestätigung Jupiters deutete. Aristoteles suchte ähnlich löst sich ein Teil der für den ersten Augenschein un- vergebens den Grund zu erforschen, warum seine Landsleute, um entwirrbaren Widersprüche, die bestehen zwischen den Angaben sich gegeit die Folgen des Niesens zu schüßen, den Jupiter Soter der katholischen Ueberlieferung über die Zahl der Blutzeugen in anriefen, und durch ihn erfahren wir auch, daß die Griechen das den Zeiten der Christenverfolgungen unter den römischen Kaisern Niesen als etwas Heiliges betrachteten. So viel Ernst wie bei und ganz unanfechtbaren Thatsachen. Während die fromme Legende den Griechen ist freilich hinter dem ähnlichen Brauch bei den von ganzen Märtyrerheeren zu berichten weiß, darunter christliche Römern nicht mehr zu suchen, und wenn der griechische Komiker Soldaten, die wegen Verweigerung der Anteilnahme an heidnischen Philemon als aufgeklärter Mann über die Bedeutung, die seine Ceremonien hingerichtet sein sollten, immer gleich zu vielen Tausenden- Beitgenossen dem Niesen beimaßen, gespottet hat, so meint auch so sollen z. B. unter Trajan oder Hadrian auf dem Berge Ararat Cicero, wenn man an die geheimnisvolle Bedeutung zufälliger 10 000 christliche Soldaten an einem Tage gefreuzigt worden sein Worte glauben wolle, so müßte man auch das Stolpern, weiß einerseits die heidnische Geschichtsschreibung von solch' bemerkens- das zerreißen der Schuhriemen und das Niesen als Wahrzeichen bes werten Thatsachen rein gar nichts, und andrerseits sagt ein so un- trachten. Die Erwähnungen bei römischen Schriftstellern sind unanfechtbarer Zeuge, wie der heilige Origenes, ausdrücklich: Nur zweideutig. So schrieb Plinius in seiner Naturgeschichte: Warum wenige den Umständen nach, eine äußerst geringe Zahl von beglückwünschen wir die Niesenden, was sogar der Kaiser Tiberius , Christen ist ihrer Gottesfurcht zum Opfer gefallen." Deshalb bekanntlich der unfreundlichste aller Menschen, wenn er im Wagen brauchen aber die fabelhaften Angaben der Legenden nicht immer faß, verlangt haben soll, und warum halten es einige noch für gegleich Lügen zu sein, sondern wenigstens, was die militärischen wissenhafter, zum Wunsch auch den Namen hinzuzufügen?" In Märtyrer angeht, ist manchmal eine einfache und planmäßige Er- diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, daß besonders in der flärung ihrer merkwürdigen Vervielfältigung angängig. Die römischen Kaiserzeit wohl Taschentücher für beide Geschlechter fateinische Abkürzung MIL. fann nämlich sowohl milia( Tausende), im Gebrauch waren, daß sie aber leider nicht der Nase als milites( Soldaten) bedeuten, so daß, was eigentlich 10 Soldaten zu gute kamen, die man höchft primitiv zu reinigen pflegte, von den und den Legionen heißen sollte, sich durch ein Miß- überhaupt scheinen die katarrhalischen Erscheinungen durch Einverständnis beim Lesen in 10 000 Wann von den betreffenden wirkung des milden Klimas viel seltener gewesen zu sein als Truppenteilen verwandeln konnte. bei uns. Defters wiederkehrender Schnupfen bei Frauen wird von Das wären also ein paar kleine Belege, wie nüglich, wie auf Juvenal selbst als Scheidungsgrund erwähnt. Die hohe Bedeutung, hellend philologische Methoden, mit wissenschaftlicher Borurteilslofig die man von jeher dem Niesen beilegte, beschränkte sich aber keines feit angewandt, auch auf dem vielumstrittenen Gebiet der Gotteswegs auf die beiden Völker des klassischen Altertums. Bei der gelahrtheit wirken können. indischen Sekte der Thugs war das Niesen ein Anwesenheitszeichen Dem sei nun ein geradezu laffisches Beispiel gegenüber ihrer blutigen Gottheit. Sie halten es für religiöse Pflicht, ihrer gestellt, das in der ergötzlichsten Weise zur Anschauung bringt, Göttin Bhoranie möglichst viele Menschen zu opfern. Sie töten fie wie willkürliche Konjelturenmacherei und finnverdrehende Auslegungs- mur durch Erdrosselung und sind berüchtigt wegen der vist, mit der fünfte von den theologischen Sachwaltern bestimmter Meinumgen sie ihre Opfer anzuloden und die Spuren ihrer grauenhaften Thätigs und Interessen dazu benutzt worden sind, den an sich völlig flaren feit zu verwischen wissen. Hat einer der Unglücklichen bereits den Strid