718

Schon hatte er sich entschlossen, das Haus wieder zu berlassen, als cine plötzliche Bewegung im Gewimmel ihm gestattete, in den engen Ring hineinzusehen, wo sie Rundtänze tanzten.

gefügt. Das Gerücht konnte doch noch nicht bis hier heraus einzelnen Nationen sich in ihrer Kunst deutlich von einander ab heben, indem gelangt sein... sich in jeder eine gewisse Eigenart des Er wagte es nicht, sich für länger umzudrehen, als für Gesamtcharakters ausgeprägt hat, innerhalb deren sich erst unterscheiden; es hat sich ein Künſtle= ben Moment, den er brauchte, um den dicken fetten Karten- die Individuen risches Niveau gebildet, auf das jeder gestellt wird, spieler zu betrachten, welcher jene Aufklärung gegeben: es war alle find mehr oder weniger einer ausgeprägten künstlerischen ein Fischerbaas vom Fjord ein paar Meilen unterhalb Disciplin unterworfen. Einen solchen einheitlichen Charakter auch Hammernäs. mil bei der deutschen Malerei der Gegenwart zu bestimmen, scheint un Das ganz aus und fertig" legte sich ihm auf die möglich. Wer wollte aus alle dem, was deutsche Maler heute Brust. Er machte den Versuch, den Nacken trogig auf schaffen, einen einheitlichen Zug herausfinden, wie es uns bei den zurichten. Ob es wirklich ganz aus und fertig" sei bei den Franzosen , bei den Engländern ohne weiteres möglich scheint? Es Juhl'schen droben auf Hammernäs, darüber würden die fei denn, daß man den primitiven Naturalismus, das unbedingte Würfel vielleicht doch erst jetzt fallen; hier ward es ihm aber Haften am Material der Natur, eine gewisse grobe Sachlichkeit, dafür nimmt! Während dies den einen als ein Zeichen mangelnder fünſt­trotzdem schwül, drückend. licher Kultur erscheint, sehen die andern freilich in diesem Nicht­absebentönnen vom Stoff einen Wesenszug des deutschen Geistes. Wie man darüber auch denken mag, die Thatsache bleibt jeden falls bestehen und die jetzige Ausstellung lehrt sie besonders deutlich, daß verschiedene Tendenzen, die über den Naturalismus hinauss zuführen schienen, bisher nicht zum Durchbruch gelangt sind. Was ist aus der neuen" Phantasiekunst" geworden, die vor einigen Jahren zu erblühen schien? Nichts, nach den letzten Ausstellungen zu urteilen. Ein paar unglaublich schwächliche Bilder Stoeving, Lippisch, Stassen, das ist alles, was Böcklin natürlich abgesehen überhaupt in dieser Richtung genannt werden könnte. Und gerade auch bei diesen Bildern, die ihrem Stoff­gehalt nach über die Realität hinausführen, fällt ein kleinlicher Realismus, ein ängstliches Haften am Modell in erster Linie auf. Ein andrer Künstler, Ludwig von Hofmann , auf den man end Wer weiß, was der Hochgewachsene, elegante Commis große Hoffnungen setzte, enttäuscht auch immer mehr. Seine jezigen ihr mochte angethan haben; genug, als er mit sicherer Miene Bilder scheinen ihn als völlig haltlos zu erweisen; plöglich hat er, Anregungen des leßten Winters folgend, die Technik gewechselt und herankam, um sie zum Tanz zu holen, schlug, sie ein Gelächter malt nun in pointillistischer Manier leer dekorative Bilder, deren an, wandte ihm den Rücken zu und tanzte mit dem Hausreizlose Farbengebung nichts von dem hält, was die glänzende kolo­böttcher. ristische Begabung einmal verheißen hatte.

Lang und schmal hing ein Mädchen am Arm eines frischen, kleinen, vierschrötigen Heringsbaas, der eine Peajacke und einen Glanzhut trug... Ihr Haar ganz wirr, ihre Augen kohlschwarz... Rejer erkannte sogleich die Fischmagd von der Backhausthür. Sie tanzte geschmeidig; jedoch vor gebeugt und bleich, wie sie sich über den Arm ihres Tänzers lehnte, schaute sie aus wie eine lauernde Kaze, die sich zum Sprunge bereit macht. Dieser Ausdruck war auffallend und unwillkürlich drängte Rejer sich näher...

Daß solch eine in Flicken gehüllte Fischmagd mit ein Baar Diebsaugen sich so dreist benehmen dürfte, dies, die Wahrheit zu sagen, empörte Rejer. Daheim hielt die dörfische Sitte den Unterschied zwischen Mensch und Mensch ganz anders aufrecht.. ( Fortsetzung folgt.)

Berliner Secession .

Die Ausstellung der Berliner Seceffion bestätigt im allgemeinen wieder den Eindruck, den die Ausstellungen deutscher Künstler in der letzten Zeit überhaupt hinterlassen haben, daß gegenwärtig ein gewiffer Stillstand auf dem Gebiete der Malerei in Deutschland ein getreten ist. Vor drei, vier Jahren glaubte man Ansätze zu be­ftimmten Stilentwickelungen beobachten zu können, die bis heute nicht nur zu keinen bemerkenswerten Ergebnissen geführt haben, sondern nicht einmal mehr weiter verfolgt zu werden scheinen. Andre nene Probleme, die ernsthaft fünstlerischer Natur wären, werden von deutschen Malern auch nicht aufgeworfen; wohl aber macht sich eine entschiedene Verflachung älterer Tendenzen geltend, und einzelne Künstler verzetteln infolge ihrer Sucht, nur immer etwas Neues oder wenigstens andres zu schaffen, ihre ursprüngliche Begabung.

Die Seceffion darf dabei den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, von dem gegenwärtigen Schaffen der deutschen Maler nur das Beste zu zeigen. Andre Ausstellungen, wie etwa die diesjährige Dresdener , hinterlassen in ihrer deutschen Abteilung nicht entfernt den günstigen Eindruck wie sie. Was in der Großen Berliner Kumftausstellung fich wieder so überraschend start hervorwagt, die Sensations­malerei, ist von ihr natürlich völlig ausgeschloffen; für die Aufnahme der Bilder waren in der That nur die fünftle rischen Qualitäten ausschlaggebend. Und es sind auch fast alle die besten deutschen Namen charakteristisch vertreten; man kann die Ausstellung also sehr wohl als Grundlage für eine allgemeinere Be­urteilung verwerten.

Der erste Eindruck war das starke Hervortreten der Kunst des Auslandes, die der Zahl nach durchaus nicht das lebergewicht hat. Diese Empfindung hat sich immer mehr befestigt. Sieht man auch von den großen älteren Werken ab, die wir eingehend betrachtet haben, den Arbeiten der Renoir , Monet , Pissarro , Israels und Maris, so zeigen doch auch die übrigen Leistungen der Ausländer, die uns bereits durch die Ausstellungen der letzten Jahre vertrauter sind, ein Niveau, dem gegenüber die Arbeiten der deutschen Künstler als Ganzes sich nicht behaupten können. Man hat die Empfindung, daß in den ersteren eine viel intensivere künstlerische Kultur zum Ausdruck gelangt. Die Zeit ist vorüber, in der man, gleichsam in der Frende über den Besitz nengewonnener malerischer Ausdrucksmittel wahlles das in der Natur Geschaute auf die Leinwandfläche über trug. Rein fünstlerische Werte werden stärker herausgearbeitet, aus dem ungeordneten Material der Natur werden die ästhetisch zu ver­wertenden Elemente herausgehoben und zu einem künstlerischen Ganzen umgeschaffen. Auf diesem Wege ist das Ausland, wie es in der Ausstellung vertreten ist, schon viel weiter. Diese Werke sind von vorn herein unter bestimmten fünftlerischen Gesichtspunkten an­geschaut, der Wert der farblichen und linearen Komposition ist in ihnen viel stärker in Betracht gezogen. Es ist bezeichnend, daß die

-

vont

vont

Eine andre Tendenz, die sich vor einigen Jahren mit großer Entschiedenheit ankündigte, ist gleichfalls nicht an ihr Ziel gelangt. Man sprach damals mit einiger Blöglichkeit sehr viel von der Linie". Nachdem die neue Farbenanschauung gewonnen sei, müsse nun auch die Linie wieder zu ihrem Rechte kommen. Man forderte überall auch lineare Komposition und verfolgte die Versuche von Malern wie Walter Leist it ow, in einem eigenartigen Linienstil durchgeführte Landschaften zu malen, mit lebhaftem Interesse. Für die Malerei Zum Teil ist diese Be­

ist aber bisher nichts herausgekommen.

wegung allerdings in die dekorative Kunst und weiter zum Stunft geverbe abgeleitet. Leistikow selbst ist entschieden davon zurück­gekommen. Noch hat er in der Secession freilich ein Motiv das stark flächig behandelt ist und aus dem Grunewald, dem die Konturen der in Baumkronen für die Wira mitsprechen; indeffen ist diese Art fung schon weit entfernt von der früheren, bei der er mit direkt gezeichneten bizarren Linienführungen arbeitete. Aber auch in der jetzigen Gestalt bringt diese Malerei keine besondere Wirkung hervor.

Sind jedoch diese Bemühungen, über einen unbedingten Naturalismus hinwegzukommen, indem man in neue Bahnen cins lenkte, gescheitert, so muß um so nachdrücklicher darauf hingewiesen werden, daß er bei einzelnen Künstlern eine außerordentliche Ver­tiefung und fünstlerische Durchbildung erfahren hat. Allen voran ist Mar Liebermann zu nennen. Man muß bewundern, mit der doch nicht mehr junge welcher Frische und Energie In seinen letzten beiden Bildern: Künstler weiter arbeitet. Strande ", hat er Biergarten in Leyden " und" Reiter am die Schwere, die seinen Arbeiten immer eigentümlich schien, völlig überwunden. Die erstaunliche Lebendigkeit und die malerische Feinheit, besonders bei dem letztgenannten Bilde, die sichere und die springenden Punkte treffende Zeichnung, die vortreffliche Behandlung der Luft und des Wassers und die machtvolle Raumgestaltung, die das den Blick tief hinein über die See bis zum Horizonte zieht, alles zengt von einer künstlerischen Kultur, die dieses Werk in der That neben die Leistungen der Franzosen stellt. Hier finden sich die­selben ästhetischen Werte, die die Naturdarstellungen jener so hoch er­Heben, die feine Komposition der Gruppe in den Raum hinein, das Abwägen der farblichen Werte zu einem geschlossenen Ganzen, der Rhythmus der Linienführung in der Reitergruppe, jene Elemente, durch die eine bloße Naturstudie erst zu einem Kunstwerk wird.

Was die Secession an guten Bildern enthält, legt den Schluß nahe, daß sich eine gesunde Fortentwicklung der deutschen Malerei in dieser Richtung bewegen wird. Es sind eine ganze Reihe von jüngeren Künstlern da, die durch eine starke Selbstbescheidung weiter­fommen. Das Porträt und namentlich das Interieur erfreuen sich einer besonderen Bevorzugung. Auf dem legteren Gebiet fommt ein Verlangen nach größerer Farbigkeit zu seinem Recht. Man findet in diesen Bildern wohl viele Dinge gehäuft, aber sie sind mit fein entwickeltem Geschmack zu einem harmonisch gestimmten Ganzen geordnet. Emil Bottner, Christian Landenberger , Ulrich Hübner wären als Beispiele zu nennen. Dasselbe gilt von der Tierdarstellung, in der Rudolf Schramm - gittau die Aufmerksamkeit immer mehr auf sich lenkt.

Auf das Wirken solcher Künstler wird man besonders zu achten haben. Niemals wird man so turzsichtig sein dürfen, die große tulturelle Bedeutung zu vergessen, die die moderne Stunstbewegung,