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Es sollte eine Vorprüfung abgehalten werden. Nejer obachtung machen kann, wie die Roheitsdelifte verhältnismäßig hatte schließlich gearbeitet und sich ausgehungert und sich ganz nicht so schwer bestraft wurden, wie einfache Verfehlungen dumm studiert und ließ nun alle Sieben gerade sein. Aller­dings konnte er mit dieser oder jener Frage Pech haben; aber er vertraute auf das Glück, auf die gute Meinung des Lehrers und auf seine eigene Kaltblütigkeit.

Der Examinator begann ihn aber, unangenehm genng, in jener Partie zu fragen, die nach Weihnachten   studiert worden war, und da er hier gleich auf eine große Lücke in Rejers Kenntnissen stieß, so sette er mit einer Sicherheit, als ob er alles erraten habe, seine Sonde von einem Hohlraum niemals anders wohin als gerade in die

in den andren, Hohlen   Räume!

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Den Kameraden schien es nicht, als ginge die Sache Rejer nahe.

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Jedoch abends, als er allein in seinem Stübchen saß, die Ellenbogen auf den rauhsplitterigen Tisch gestützt, die zusammengelegten Bücher und die Rechentafel vor sich, da berriet sein Antlitz andre Gefühle. Unbeweglich steif starrte sein Blick vor sich hin. Am Talglicht rauchte eine lange Schnuppe; sie warf ihren flackernden Schimmer auf die gegen überliegende Brandmauer und auf den zugestopften Stumpf von einem Ofenrohr...

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Er hatte eigentlich übermenschlich... wie ein Roß.. gearbeitet... für dies Examen, sich in diesem Loch von einer Rammer geplagt wie nie vorher in seinem Leben! Er hatte so ungeheuer viel auf die eine Karte gesetzt gemeint, einen neuen Grund zu seinem Fortkommen zu legen, -mit einem Satz emporzuschnellen

Die innere Bewegung zitterte in seinen Gesichtsmuskeln; er hatte ein schneidendes Gefühl von Verzweiflung!

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und Vergehen. Die Polizei- und Kriminalstrafen zeigen, wie oft bei leichteren Vergehen, Diebstahl 1. dergl. auf die härtesten Strafen erkannt wurde. Bei Gropius, Beiträge zur Geschichte Berlins  " ( Berlin  , 1840) wird mitgeteilt, wie 1412 eine Frau lebendig be­graben wurde, weil sie einen Rock entwendet hatte. Eine Frau Dorothea erlitt 1435 dieselbe grausame Strafe, weil sie einem Lichtens berger Bauern etwas Speck, einige Töpfe und Keffel entwendet hatte. Eine Frau Brabantynne stahl zwei Heringstonnen, eine ge wiffe Frau Anna bereicherte sich auf unehrliche Weise mit dem Ober­rock des Gastwirts von Lichtenberg  ; beide wurden, die letztere sogar int Beisein der Ratsherren Plez und Walsleben, lebendig begraben und noch im Jahre 1447 erleidet Barbara Walke dieselbe Strafe, weil sie in Ge­meinschaft mit ihrem Gatten Mertens die Kirchengefäße und Kleinodien zu Kösterinke a. d. Oder gestohlen hatte. Die Strafe des Verbrennens wird manchen Personen wegen verübter Zauberei" auerkannt, so i. 3. 1406 einem gewissen Nikolaus und 1423 einer Frau wegen Falschmünzerei, einem gewiffen Hoberg wegen Dieb stahls   in der Marienkirche, einer Frau Barbara, 1484 wegen be trügerischen Verkaufs von Blei und Zinn statt Silber usw. Diebe hatten, so ein Junge vor dem Haufe des Claus Schulze, weil er wurden gewöhnlich vor dem Hause aufgehängt, wo sie gestohlen eine Tonne Heringe auf die Seite gebracht hatte, so ein Branden­ burger   Bürger wegen Pferdediebstahls. Mädchen und Frauen pflegten für dasselbe Verbrechen, wenn nicht sehr erschwerende Um stände hinzukamen, ausgehauen oder gestäupt zu werden, so die Magd Katheke in Diensten des Begerenschen Hauses, weil sie ein Tuch und eine Börse mit vier Groschen gestohlen. Im Jahre 1430 wurde ein Weib ausgepeitscht, weil es in böslicher Weise Bilsentraut samen in die Oefen des Badhauses im Krögel geworfen, daß die

Badenden beinahe erstickt wären.

Roh find diese Strafen auch in späterer Zeit geblieben. Noch im 16. Jahrhundert gab es für Unkenschheit" eine besondere brutale Sühne. Kam ein Mädchen zu Falle, so wurde es unter dem Hohn Nicht so leichtsinnig hätte er all diese Jahre dahingelebt, des Volkes auf das Rathaus gebracht. Dort schor ihm der Büttel wenn er nicht darauf gebaut hätte, daß er diese Prüfung die Haare und bekleidete es mit einem Schleier; das Mädchen sogleich nach seiner Heimkunft ganz ohne Schwierigkeit machen mußte dann sein Leben lang mit gefchorenem Kopf gehen, dem und mit einem einzigen Wurf die Stellung eines Steuer- der Haarschmuck galt dem Sinn des Volles nicht bloß als die manns erreichen würde, eines Steuermanns, der vermöge schönste Zierde des Mädchens, sondern auch als ein Zeichen seiner Jungfräulichkeit. seiner verläßlichen, praktisch erworbenen Seemannskunde schon Noch im 17. Jahrhundert bildeten öffentliche Hinrichtungen förm bald mit einem Fuße auf der Leiter stand, die zunt selbstän- liche Volksfeste. Das Volk drängte sich mit wollüftigem Kizzel dem digen Kommando eines Fahrzeuges emporführte. grauenhaften Schauspiele zu. Ein Berliner   Bürger namens Wend­( Fortsetzung folgt.) land hat sich 1648 Aufzeichnungen über die Hinrichtungen jener Zeit gemacht. Sie sind kulturgeschichtlich höchst interessant.

( Nachdruck verboten.)

Von der Langen Brücke, der heutigen Kurfürstenbrücke, stürzte man die unglücklichen Franen ins Wasser, die in Angst und Ver­zweiflung ihr außereheliches Kind getötet hatten. Zuvor hatte man fie in Säde genäht, und hernach wurden sie beim Rathause ent­hauptet. Die fatte Tugend stand dabei und weidete sich an dent gräßlichen Schauspiel. Auch auf Mordbrennerei stand der Tod. Dèr Mordbrenner wurde getöpft und dann verbrannt. Wendland weiß zwei Fälle zu erzählen, in denen Kinder von 15 Jahren, die Fener angelegt hatten, in solcher Weise hingerichtet wurden. 1656 wurde ein des Mordes befundener Adliger nicht bloß gerädert, sondern ihm zuvor noch öffentlich vor den Volke die Brust mit glühenden 8angen gekniffent.

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Strafen und Strafverfahren aus der Berliner   Vergangenheit. Einen der Hauptschäden des Kulturlebens vergangener Jahr­hunderte bildete die allenthalben herrschende Unsicherheit der Person. Nicht allein waren durch das Fehdewesen des Mittelalters, durch die zahlreichen Räuberbanden das scharenweise umherstreifende fahrende Volk" der Landstraßen, die Sicherheit der Verkehrswege, das Leben und Eigentum der Reisenden aufs äußerste gefährdet; selbst hinter den schützenden Manern der Städte drohte den Bewohnern beständig Eine schlimme Strafe war das Spießrutenlaufen. Mußte eint Gefahr. Totschläge und schwere Körperverletzungen gehörten zu den Soldat oder sonst jemand in der Breitenstraße Spießruten laufen, alltäglichsten Vorkommnissen. Berlin   teilte diese schlimme Lage mit fo wogte vom Schloßplag bis nach dem Köllnischen Rathause eine vielen andern deutschen   Städten, wo es tvomöglich noch schlimmer dichtgedrängte Menge von Zuschauern, welche sich am Anblick der aussah, denn das Augsburger Achtbuch weist für die Beit 1338-68 Rutenschläge und des herabströmenden Blutes ergözte. Wendland 172 Totschläge, Breslau   1357-99 fogar 243 Totschläge auf. Mit erzählt uns auch von einer eigentümlichen Strafe, die er An diesem Tage mußte Ernst der Sicherheit in den Straßen Berlins   stand es noch Ende des 20. Mai 1676 vollstrecken sah. 16. Jahrhunderts so schlimm, daß zur Nachtzeit betrunkene adlige Stachow zu Kölln auf dem Fischmarkte fünf Stunden daselbst auf Raufbolde in die Bürgerhäuser brachen, Bürger verlachten und ver- dem Eſel reiten, ihm ward zu sonderbarem Schimpf die Diebstarre trieben. Zweifämpfe auf offener Straße zur Nachtzeit waren ein dreymal um den Esel geführt, solches geschah bei volfreicher Ver­fast regelmäßiges Schauspiel und Peter Haftig erzählt, daß ſammlung." Aber solche öffentlichen Strafroheiten mußten auch eine am 21. Mai 1600 am hellen lichten Mittag um 2 Uhr allgemeine Verwilderung des Gefühls zur Folge haben, die manch in der heiligen Geiststraße ein Edelmann Marthe Wispert mal den seltsamsten Ausdruck fand. So sah sich das Volk im Januar von Andreas Retzdorff, den er gefordert hatte, er gefordert hatte, im Stampfe 1676 vor dem Berlinischen Rathause wohl das grauenhafte Schau­erstochen wurde. Doch auch die Bürger selbst machten es spiel der Enthauptung einer des Mordes verdächtigen Frau an, als nicht beffer und wenn zur Nachtzeit der Ruf erschallte:" Bürger ihr aber hernach die Haut abgezogen" werden, d. h. als der Leichnam heraus!" so war dieses das Signal zu furchtbaren Schlägereien und Stechereien. 8u Pfingsten und an den Markttagen mußten die Thore mit doppelten Wachen besetzt werden, um das Raubgesindel abzuhalten, welches aus den Gräben und Elsengebüschen der Land­wehr von Kölln in die Stadt drang und bewaffnete Bürgerscharen mußten oft förmliche Treibjagden auf Mörder und Räuber ver­anstalten, um dieselben aus ihren Schlupfwinkeln in der Köllner Landwehr aufzustöbern.

Es war eine durch alle Gesellschaftsklassen ziehende Gewalt­thätigkeit und Brutalität, welche damals beobachtet werden konnten. Entsprechend dem Handelten denn auch die Listen der abgeurteilten Straffälle faft nur von Messer- und Schwertziehen, Störungen des Stadtfriedens, nächtlichem Umherziehen auf den Märkten und auf den Gassen mit tödlichen Waffen, hinterliftigen Ueberfällen, gewalt thätiger Selbsthilfe und widerrechtlicher Freiheitsberaubung.

Zweden der Anatomie dienen sollte, erhob es lebhaften Protest. Es erschien dem Aberglauben des Volkes als eine entsetzliche Entweihung. Später gewöhnte sich der Berliner   jedoch auch daran. Wendland  berichtet aus dem Jahre 1694: Den 10. Januar ward ein Weibs­stück vor dem Berlinischen Rathause enthauptet. Sie ward in einen Sarg gelegt, daß sie sollte begraben werden, die Doktoren aber baten sie aus und ward auf dem Köllnischen Rathause anatomiert; man tonnte sie tagelang für zwei Groschen zu fehen bekommen."

Die schreckliche Zeit der Herenverfolgung und der Herengerichte in Deutschland   brachte auch bei uns eine Verschlimmerung der rohen Strafen und des Strafsystems. Der Große Kur fürst begünstigte den Herenprozeß; 1679 erließ er sogar eine besondere Verordnung, in welcher er ausdrücklich befahl, alle Heren zur gerechten Strafe zu ziehen". Nach Bürger Wendlauds Auf­zeichnungen wurde auf dem Rabensteine vor dem Sanct Jürgenthor Be- lein alter Herenmeister von Bossen enthauptet. Sein Blut ward in

Entsprechend der rohen Art der Zeit waren denn auch Strafen und Strafverfahren besonders hart, wobei man oft die