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einem neuen Topf aufgefangen, welches einer, so mit einem schweren| langsam fich geöffnet hatten, wurde eine schöne junge Dame sichtbar. Gebrechen beladen, warm austrank und nachmals im Felde herum- Sie faß auf einer Rosenbank, und an ihren Schultern waren ein lief". Man sieht, bis zu welchen Fieberphantasien sich die vom Baar Schwingen befestigt. Sie stand sogleich auf, und kaum hatten Herenwahn trunkenen Leute verstiegen. In der Mark Brandenburg sich die Gäste von ihrem Stamen erholt, als der merkwürdige Vogel zu fand 11111 zivar der Herenprozeß niemals die Aus- fingen begann. Es war ein wißiges kleines Couplet, das einen dehnung wie in den schwarzen Winkeln Deutschlands . Immerhin Hinweis auf die verschiedenen Arten Suppen, die serviert wurden, aber fanden solche statt und regten die Bevölkerung auf. enthielt und auch auf das Mißgeschick Santos Dumonts und andrer So das entsetzlich ungerechte und grausame Verfahren gegen die Luftschiffer Bezug nahm. Die Sängerin war die beliebte Marguerite Bänerin Maria Müller vor dem Gericht in Neustadt a. d. Dosse. Deval, von der die Kritiker sagen, sie hätte das ausdrucksvollste Die Bäuerin war von einem halbwahnsinnigen Frauenszimmer Gesicht aller Frauen der französischen Bühne. Als das Liedchen zu Namens Schröder der Hererei beschuldigt worden. Obwohl die Ende war, schloß sich der Käfig und verbarg die Jusassin dem Blick. Schröder während des Prozesses starb, wurde das gräßliche Ver- Aber eye der Fisch serviert wurde, öffnete er sich von neuent, fahren gegen die arme" Here" mit aller raffinierten Grausamkeit und die Sängerin ließ wieder ein passendes Liedchen hören; sie durchgeführt und die unschuldige Person 1667 hingerichtet.( Riedel, brachte darin auch Frankreichs Erfolge im Bau von Unterseebooten Märkische Forschungen" II. B8 .) lleber die Herenprozesse, die in zur Sprache. So erschien Mlle. Deval bei jedem Gang und sang Berlin selbst geführt wurden, liegen detaillierte Nachrichten nicht vor. ein Couplet. Einige Verse bezogen sich auch auf Anwesende, aber Doch weiß man, daß auch bei uns mit der Folter nicht gespart immer waren sie wiẞig und zeugten von bestem Geschmad. Sie sang sehr wurde; die schändliche Herenprozeßführung Deutschlands wurde auch viele Couplets, und die Gäste flatschten herzlich Beifall und ers in Berlin angewandt. flärten, sich nie in ihrem Leben so gut amüsiert zu haben. Mlle.. Spricht man von dem grausamen Strafverfahren vergangener Deval oder die eingesperrte Nachtigall", wie sie genannt wurde, ist Beit, von Heren- und Aberglauben, so darf man des berüchtigten über ihren Erfolg sehr erfreut. Ich war vollkommen bequem unter­märkischen Judenprozesses nicht vergessen, der 1510 stattfand und mit gebracht. Alle Arrangements waren schön. Es war die originellste Verbrennung von 38 unschuldigen Menschen in Berlin und der Ver- Idee, von der ich je in der Pariser Gesellschaft gehört habe. Ich treibung der Juden aus der Mark Brandenburg endete.( Schriften fühlte mich wirklich wie eine Nachtigall in meinem Käfig. Die des Vereins f. d. Geschichte Berlin , Heft XXI., Berlin 1884.) Dem Komponisten waren die besten in Paris . Es war ein Potpourri Prozesse lag ein Kirchendiebstahl in dem havelländischen Dorfe von Witz und Gefühl. Ich bin gebeten worden, bei der Gräfin Knobloch zu Grunde; die Monftranz und geweihte Hoftien" waren v. Tredern, die zu den großen Damen der Pariser Gesellschaft ge­gestohlen worden. Der Diebstahl hatte an und für sich nichts Auf- hört, eine ähnliche Vorstellung zu geben." fälliges, aber die fanatische Priesterschaft, die nach einem Grinde fuchte, um sich der Juden zu entledigen, bezichtigte die Juden storbenen Berliner Schauspielers Ostar Blende bringt die -Ein Stück eigner Lebensbeschreibung des unlängst ver des Hostiendiebstahls, wobei ihr der fiberglaube der Zeit zu Hilfe Ich wurde mun ausersehen, die edle Kochkunst kam, daß die Juden Hoftien aus Haß gegen das Christentum mit" Magd. 8tg.": Vorliebe erwürben. In dem Städtchen Bernau wurden Teile der zu erlernen, was mir auch innerhalb dreier Jahre gelang. Ich kam Monftranz gefunden, der Kesselflicker Fromm als der Dieb verhaftet einem der ersten Geschäfte mich zu vervollkommnen, und hier dann nach Berlin , um hier noch ein halbes Jahr als Volontär in und ihm auf der Folter das Geständnis" erpreßt, er habe eine Hoftie nach Spandan an einen gewissen Salomon verkauft. Ein geschah es, daß der damalige Chef de Cuisine den Entschluß, zum Das trug fich nämlich hochnotpeinliches Verfahren gegen die Juden wurde eingeleitet; die Theater zu gehen, in mir erweckte. 811: Immer wenn der Alte"( man nennt fast alle Chefs schrecklichsten Folterqualen angewendet und das gräßliche, im Aber- so) nicht in der Küche war, las oder deklamierte ich den glauben der Zeit wurzelnde Verfahren damit beendet, daß am Lehrlingen und den Küchenfeen fast alle Schillerschen oder Freitag nach Margarethen Anno 1510" auf dem Neuen Markt zu Goetheschen Gedichte und Dramen vor; sie verstanden zwar nichts Berlin dem Paul Fromm das Urteil verkündet wurde, daß davon, hörten aber doch andächtig zu, bis auf die sogenannte talte man ihn auf einen Wagen binden, die Gassen auf­

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Justiz jener Tage war Genüge geleistet.

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und niederführen, mit Zangen reißen und danach in ein Mamsell", die immer anfing zu weinen, wenn ich deklamierte, und Feuer legen" werde; den unglücklichen 38 Juden aber wurde mir dann unter Schluchzen zurief:" Hären Se bloß uff, das is zu verkündet, daß man sie zu Pulver verbrennen" werde. Dent Urteil scheene! Ne, awer iber Ihnen awer auch!" Die Dame war aus folgte denn auch die gräßliche Bollstreckung in den Straßen Berlins Wurzen in Sachsen . Dabei ereignete es sich doch hier und da, daß und Köllns inmitten einer johlenden Menge." Hinter dem Raben- manchmal nicht alles klappte", das heißt, es brannte mal ein Braten an oder die Sauce brodelte bis zur Unkenntlichkeit eir, steine" fand dann das gräßliche Schauspiel sein Ende, in dem Feuer- ja, eines Tages warf einer der Lehrlinge statt Salz in tod des Frommen und der Achtunddreißig in einem drei Stockwert hohen den Fischtopf eine ganze Handvoll Cayenne Pfeffer hinein, brennenden Scheiterhaufengerüft. Der entseglichen abergläubischen so daß die Gäste oben einen Mordsstandal machten und Im übrigen blieben bis in das 18. Jahrhundert hinein Berlins ich, der ich als Volontär die Oberaufficht hatte, alles auspatschen Straßen der Schauplag eines grausamen Strafsystems, welches durch mußte. Da wollte mein Unſtern oder Glücksstern, wie Sie's nehmen die Roheit seiner Ausführung nur zur Verwilderung des Volkes beitrng. wollen, daß, als ich wieder mal Schillers Jungfrau" laut dekla­mierte und die Kalte" ebenso heulte, der" Alte" ganz eilig die Das Spießrutenlaufen der Soldaten in der Breitenstraße war mierte und die Kalte" ebenso heulte, der ein fast tägliches verrohendes Schauspiel, nur manchmal unterbrochen Treppe herabfaufte, und ich in meiner Angst und Verwirrung das in den Sauerkohltopf es war Reclamsche Ausgabe durch einen Aft des Hängens auf dem Neuen Markt, wo der Soldaten warf, in welchem ich gerade, um das Anbrennen zu verhüten, galgen stand. Noch 1705 erhielt ein Diebstahls- Gesetz den Zusatz, herumrührte; und damit der Chef es ja nicht merkte, ftupfte" daß der Dieb oder der Hehler vor dem Hause, in welchem der da plöglich Diebstahl geschehen war, aufgehängt werden sollten, ohne Rücksicht ich es mit dem Kochlöffel noch tiefer unter; auf den Wert des Objekts. Allerdings stand es in jenem Jahre um fagte der Alte":" Schuell, Blende, geben Sie her, ich will die Sicherheit Berlins so schlecht, daß zu verschiedenen Malen hier weiter rühren, tranchieren Sie inzwischen die Fasanen," nahm am hellen Tage eine Räuberbande in die Häuser eindrang und Raub- mir bei den Worten den Löffel aus der Hand und rührte langfam hin und her. Ich war starr vor Schrecken, und ehe ich mich noch er­und Mordthaten beging. holt hatte, hörte ich hinter mir die Worte:" Himmeldonn was steckt denn in dem Kohl?" In meiner Angst hatte ich den Fasanen die Brüste frenz und quer zerschnitten, und ob sie je Keulen gehabt hatten, war absolut nicht mehr zu erkennen. Ich sah mun, wie der Alte" Schillers Jungfrau" mit Daumen und Zeigefinger aus dem Sauerkohl zog, das Titelblatt las, mich mit vorwurfs­vollem Blick ansah und sagte: Also mit so was gebeit Sie sich ab?( er hatte sofort erraten, daß ich der Miffethäter war). Wir sprechen uns morgen!" Die Kalte" heulte schrecklich. Als ich nun in meiner Zerstreuung und Verwirrung auch noch zum Abend vier Hasen ungespickt und so braun gebraten hatte, daß sie aus fahen, wie frisch geräucherte Rotwürfte, da war's vollends vorbei. Noch am selben Abend sagte mir der Chef sehr gleichgültig:" Herr Blencke, Sie brauchen von morgen ab nicht mehr zu arbeiten", an Ihnen ist Hopfen und Malz verloren, gehen Sie zunt Theater, Sie find ein Hampelmann." Der Käfig find ein Hampelmann." Was er mit der letzten Bemerkung fagen wollte, weiß ich heute noch nicht.-

Die Grausamkeit der Strafen trug eben, weit entfernt zu bessern und zu schrecken, nur dazu bei, das wolf gegen das Blutvergießen abzustumpfen, die Noheit des Empfindens zu steigern und die Geneigtheit zum Verbrechen zu fördern.- E. R.

Kleines Feuilleton.

k. Hirnschwund. Die Sucht nach Neuheiten unter den " Führern" der Gesellschaft scheint in Paris ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Die Gräfin Pillet- Will hat, so erzählt ein englisches Blatt, für die neueste Sensation gesorgt. Bei einem großen Festmahl, das fie gab, hatte sie eine beliebte Schauspielerin und Sängerin in einen schön vergoldeten Käfig auf dem Tisch eingeschlossen. Der Käfig öffnete sich vor jedem Gang des Menus, und die Sängerin führte ihn mit einem passenden Couplet ein. Die Gräfin ist ungeheuer reich und einführendes" Mitglied der eleganten Pariser Gesellschaft. Zu dem berühmten Diner waren im ganzen 84 Personen geladen. Als die Gäste sich an den prächtig gedeckten Tisch setzten, wurde ihre Aufmerksamkeit durch einen ungewöhnlich großen Gegenstand in der Mitte erregt. Es erschien zuerst als ein riesiger Haufen Rosen, aber bei näherer Betrachtung sahen sie, daß sich unter den Blumen ver­goldete Stäbe verbargen. Sie erwarteten mit größter Spannung die Ankunft der Suppe und die Erklärung des Geheimnisses. Gerade als die Suppe tam, öffnete sich das Ding in der Mitte der Tafel langfam. Es war ein Vogelkäfig. Als die beiden Hälften

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Musik.

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Central Theater. Wenn eine Zeitströmung auftaucht, und sei sie auch mur modisch und vorübergehend, so soll auch Dem, der besseres leisten kann, nicht verwehrt werden, sie wenigstens versuchsweise mitzumachen. Man möchte böse werden, daß nun das zu einem Operetten- Theater ersten Ranges berufene Central- Theater sich verüberbrettelt, und kann doch nicht wissen, was dieser Mode vielleicht auch für die komische Tonmuse abzugewinnen ist. Jeden falls reicht die Ausdrucksfähigkeit der Mufit weit genug, um von ihr sozusagen alles erwarten zu lassen. Man muß sich nur einmal