Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 200.

24]

"

Drauf los!

Sonntag, den 13. Oktober.

Nachdrud verboten.)

Roman von Jonas Lie .

"

Kann ich das wissen, Steuermann?" Rejer drehte das Rad heftig um. Sie ist lubgierig, die verdammte Gretel!" Der Steuermann blieb nachdenklich beim Heck stehen, bis eine neue Hagelbö ihn unter Deck trieb.

Für Rejer dagegen kam der Hagelschauer gerade recht. Während die Eisnadeln sich ihm in die Wangen und in die entzündeten Augenlider gleichsam hineinbohrten, tobte in feinem Junern ein nicht viel milderes Unwetter.

Warum fragte ihn der Steuermann? Was hatte der Steuermann um sie herumzuspionieren? So... er wollte seine Verhältnisse ordnen... abzwacken und knickern... So... fo!

Das war eine Empfindung, die er bisher noch nicht ge­fannt hatte! Er wurde ihm ein bischen heiß, der Tanz!

Er sah sie vor sich... mit dem goldscheckigen Haar, so schön und prächtig.... Und der Ausdruck, mit dem sie von ihm Abschied genommen....

Einen Seemann? Nein, so etwas mochte sie nicht! Tachte er höhnisch. Aber die Arme! Einem hübschen Steuermann, der gewinnt, wo er immer sich zeigen mag, dem wird sie wohl auch nicht widerstehen können!

Ein Mann für sie? Dazu gehört etwas, mein lieber Lind. Also so steht's mit Dir!

Es war eine schwere Sturzsee, die Rejer auf dieser Wache über den Kopf bekommen... Eine Entdeckung, um so ge­wichtiger, da sein Blick eigentlich ebenso wenig tief in sie ein­drang als in die Nacht. So unflar wie das Meer draußen standen vor ihm seine eignen Gefühle und die Gesinnungen Sara Rördams. Nur eines sah er: daß der Steuermann ein Auge auf sie geworfen.

Rejer begann nun nach dem Steuermann scharf Ausgud zu halten. Derselbe glich wahrhaftig sich selbst gar nicht mehr! Die Leute hörten von ihm kein angenehmes Wort mehr... Und sonst war er es, der mit seiner Luftigkeit alles aufzufrischen pflegte, wenn es schief stand; er wollte, daß die Arbeit von statten gehe wie ein Tanz. Darum komute er mit der Mannschaft auch machen, was er wollte, sie um den Finger wickeln wie ein Seidenband! Fein und flott, immer, an Bord und zu Land, wie geboren fürs Kommandobrett!- Darauf verstand sich Rejer.

Richtig, der Steuermann verließ in Cardiff nicht das Schiff, sonst pflegte er der letzte zu sein, welcher Luftbar­

-

feiten verschmähte!

Noch mehr bestärkt wurde Nejers Verdacht an einem der Tetten Tage in Cardiff . als der Nutersteuermann die Boft vom Konsulate brachte und darunter ein Brief für Rejer war. " Höre, Juhl," sagte der Steuermann Lind abends, als sie mit dem Löschen der Ladung fertig geworden. ich habe mich auf dem Land mit extrafeinem Rauchtabak versehen... ein halbes Pfund davon ist für Dich aufgehoben, das wird auf der Reise hinab uns zu gute fommen!" ,, Vielen Dank, Steuermann!"

Du bekamist heute einen Brief? Ich sah

-

1901

Kojenkleider und die zum Trocknen aufgehängte Wäsche ein­gerechnet, nach dem Süden. Sie liefen neun Knoten bei stetig flarem Himmel, stetig zunehmender Hike und wie die Mittagssonne bewies- stetig verminderter Breite. Nach und nach erschien ein Stück Sonnensegel achterwärts und dann ein Stück vorn.

Auf dem Deck spazierten die Hühner umher und scharrten in den Hobelspänen des Zimmermanns, während dieser arbeitete. Hund und Katze hatten allen Krieg eingestellt; sie mochten nicht mehr in dieser Hize. Er lag mit der Schnauze zwischen den Pfoten in dem Stümpfchen Schatten des Groß­mastes, sie streckte sich und guckte nach den Hühnern. Unter der Back flickte man Schuhe und Stiefel oder schneiderte.

Ueberall gab es Werkstätten. Bootsmann Jakobsen, der nun von der Hitze auch genug bekommen, hatte sich's bei der Anfertigung zweier prächtiger, neuer Blocksteerte unter einem besonderen kleinen Zelte beim Vordermast bequem gemacht. Der Götheborger befand sich achterwärts; er war ein Tausendkünstler und hatte nur zur Aufgabe, die Brust des Steuermanns Lind zu tätowieren. Ein Anker, lautete der ein Antertau nach eigener Zeichnung, das aussah wie ein Befehl; als es aber dazu kam, verlangte der Steuermann großes S.

Einer Ankertrosse glich es nicht!" spöttelte der Göthe­borger vorn in den Bart.

Rejer stand in Grübelcien versunken im Lee.., Ein Ankertau wie ein S! Hahaha!" Er fand es hier fürchter­lich heiß!

Der Wind war so gut wie ganz erstorben, so daß die Schooten und Taue schlaff herab hingen und die Blöcke flapperten. Man befand sich nun ungefähr unter der Linie; es war tagsüber bis Sonnenuntergang ungewöhnlich dunstig und schwül gewesen.

Nun ballte sich in der Ferne etwas wie Wolfen zu­sammen... diese zeigten immer schärfere Goldränder. Nun war's im Westen nicht mehr Dunst, sondern hastig slichende Wölkchen, die einen dunkleren Farbenton annahmen... mit da und dort aufblißendem Schimmer.

Der Kapitän und der erste Steuermann, die mit cin­ander auf dem Heckbalken standen und Beratung pflogen, erkannten auch gleich, was das bedeutete. Es tam eines der rasch vorübergehenden, orfanartigen Gewitter, welche in diesen Breiten nicht selten sind.

Da war fein Augenblick zu verlieren; es galt. das Bark­schiff allen Tuches zu entkleiden, Leesegel, Oberiegel, Sonnen­segel und alles, was man Segel nennen konnte, zu bergen, bis das Fahrzeug nur vor den Stümpfen dalag.

Vor der Hütte brüllte das Sprachrohr. der Wind begann mit allerlei schneidenden Tönen zu pfeifen, während die Abend. fonne im Niedergange unter den hinjagenden Wolken gleißte und flammte und wie aus langen dunkelroten Blutfahnen über die Wogenfpigen, welche rabenschwarze Schatten warfen, hindrohte.

Das Fahrzeug, welches mit lebendigen Segeln in den Wind gedreht war, tauchte schon hie und da die Nase in die Deiningen und bekam manchen Schaumspritzer im Luv.

Die Sonne fant hinab und ließ eine tiefrote Glut unter Frederiks. der Wolkenbank zurück, und im nächsten Moment war das värn" auf das Couvert geschrieben. Wohl von einem der Schiff mit peitschenden und schlagenden Segeln in wilde Kameraden? Giebt es etwas Neues? Verlobt man sich flott?"

-

Finsternis gehüllt, in welcher Blige aufzudten, sich jagten und ihre Zickzacklinien kreuzten, zwanzig bis dreißig in der Minute, und der Himmelsgott fuhr mit krachenden Nein, der Brief war von daheim... an die Reederei Wagen über sie hin und der Sturm schrie und gellte im geschickt." Tauwert.

Oho!" dachte Rejer.

Ah so! Aber es ist wohl möglich, daß Dir jemand von den Kameraden in Frederiksvärn einmal schreibt?" ,, Rann sein!"

-

"

Die Leesegelspieren waren eingeschoben, die Bram- und Zoppiegel geborgen, die Unterfegel aufgegeit, wobei die Taue sich rasselnd und heulend in ihren Blöcken und Taljen über­Du mußt mir's erzählen, wenn Du etwas Neues hörst, holten. Die Besan ward aufgegeben und nun ging es an Keine Hand blieb müßig! was immer es sei! Man langweilt sich auf der Reise... die Marsraaen- reff dicht!" und ich bin dort geboren, darum macht es mir Vergnügen." Marsbulienen los... Marsbrassen im Luv hol ein... Sie hatten Dungerneß und die Südwestspitze von Eng- Marssegel laß fallen!" Land hinter sich und strebten nun schon die dritte Woche mit Die Mannschaft enterte im Dunkeln über die große einer Ladung Stückgut, die nach Kapstadt und Port Elisabeth Marsraae; da schlug das Segel aber plößlich back, das bestimmt war, mit allen Segeln, die ziehen konnten, die Fahrzeug war zu start in den Wind gejagt es fing cine

-

"

-