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Schleppen müssen sind," tröstet der Arbeiter, denn sieht man I düufel mit Recht beschämend nennt, daß bei gleicher Statur das Verhältnis Die zeriffuen Stiebel nicht."

Die Umstehenden lachen, das Fräulein dreht kaum den Kopf; mit einem vernichtenden Blid mißt sie den Spötter:" Wenn Sie mich jetzt noch einmal anquatschen, laß ich Sie arretieren."

Na, man immer sachte! Warum denn mich gleich hängen?" Sie imponiert dem Mann offenbar gar nicht, er lacht ihr gerade in's Gesicht. Die audren lachen mit, selbst die alte Frau mit den Kindermänteln lächelt. Es ist unerhört", sagt das Fräulein. Wirklich ganz unerhört, man sollte doch einen Schußmann rufen! Ist denn ein Schußmann zu sehen? Natürlich ist feiner da." Er sucht grade' n Mörder", ruft eine Stimme aus dem Hinter grunde.

Aber, Lieschen, unser Wagen kommt!"

Wo denn?" Das Fräulein hat den Zorn vergessen: Sie Fürmt vorwärts:" Doch man rasch, Mama, rasch, rasch, Jott nee, nu nuddelst Du wieder."

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Aber ich ich kann doch nicht!" Die alte Frau feucht, fie balanziert den Schirm und die Pakete. Die Tochter faßt sie am Mantel und schiebt sie mitten in den Menschentnäuel am Wagen. Du, doch man rasch, rasch." Sie fuchtelt mit beiden Armen um sich herum. Neben ihr schreit jemand: Au, Fräulein, drängeln Se doch nich so stößt sie einen direkt vor die Brust." Es ist die alte Frau mit den Kindermänteln; fie setzt eben den Fuß auf das Trittbrett.

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Das Fräulein drängt sich an ihr vorbei: Nasch, Mutter, so eil' Dich doch!" Sie streckt ihr die Hand entgegen. Besetzt 1" sagt der Schaffner. Alles besetzt."

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Wo das große Paket Platz hat, kommen wir zwvei auch noch mit. Und ich war eher da."

,, Nein die Frau, meine Dame. Alles besetzt! meine Dame. Steigen Sie runter!" Der Schaffner hilft der alten Frau vollends in den Wagen.

Das Fräulein wirft ihr einen wütenden Blick nach:" Ja, die nimmt er mit, natürlich: seinesgleichen!" Damn wendet sie sich zu der Mutter herum: Nee, Mama, es ist aber auch schrecklich mit Dir, fonntest Du Dich denn nicht sputen? Du weißt doch, wie roh und rücksichtslos die Menschen beim Einsteigen find."-

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zwischen Stammlänge und Beinlänge bei beiden Geschlechtern das gleiche, das Weib also in diesem Buntt ebenso schön proportioniert wie der Main   fei. Das heiße also: Die Gliederung der Körperlänge in Stammlänge und Beinlänge wird ausschließlich durch die Statur beeinflußt und ist vom Geschlecht durchaus unabhängig." Damit ist der Ruf des weiblichen Geschlechts als des schönen gerettet, die seit Jahr­tausenden in Wort und Bild folportierte Berleumdung des weiblichen Geschlechts, es habe zu kurze Beine, endlich und endgültig widerlegt, und Korsett und Stöckelschuhe, welchem Umstande sie auch ihre Ent stehung verdanken mögen, als Mittel zur Vorspiegelung falscher Thats fachen" tönnen sie nicht mehr ausgegeben werden. Ob es nicht be schämend ist für die Stünstler, Aesthetiker und Philosophen, daß erst ein Anatom und Arzt kommen mußte, um ihnen diese schwarzgallige und selbstüberhebende Ketzerei nachzuweisen, bleibe dahingestellt, ebenso wie die weitere Frage, ob nicht auch auf manch andrem Gebiete für alle drei solch eine ärztliche Behandlung manchmal ganz angebracht wäre. Aber der Verfasser ist offenbar mehr Anatom als Arzt, denn anstatt die Wunde, die er verursacht, mit lindem Balsam zu bes streichen und mit sanfter Hand zu verbinden, wühlt er darin herum, indem er dem von ihm rehabilitierten weiblichen Geschlecht folgende, im Stile des großen Frankfurter   Philosophen und Weiber feindes abgefaßte Ehrenerklärung" abgiebt: Nur eine durch Selbstbeweihräucherung Nikotin­habituelle erzeugte geistige vergiftung konnte beini männlichen Eigendünkel eine so hoch­gradige Gesichtsfeldeinengung hervorrufen, daß er die Vollkommen heit der weiblichen Schönheit nicht in ihrem ganzen Umfange zu überschauen vermochte und infolgedessen das Bein des Weibes als zu kurz erklärte." Und diesem Weisheitsspruch, bei dessen Formulierung Schopenhauer   wirklich mit großem Glücke nachgeahmt worden, fügt Pfitzner nun als Gesamtergebnis seiner Forschung folgenden für uns Männer höchst beschämenden Sazz hinzu: Das Weib hat wohl. proportionierte Beine; es hat nicht so affenartig lange Arme wie der Mann; es hat einen zierlicheren Kopf, minder vorstehende Backenknochen und ein abgerundeteres Gesicht; mit einem Worte: bei homo sapiens Linné repräsentiert unbestreitbar das Weib das schöne Geschlecht".- ( Straßb. Boft.")

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Humoristisches.

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Siehst Du die elegante Dame dort, Die erlebt jedes Jahr ihren

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Arbeitsteilung. das ist die Baronin Weizened. Roman hier in Karlsbad  ." Ach und das Töchterchen das arme Kind!" " Das ,, arme Kind" schreibt dann den Roman. Und vom Honorar gehen sie nächstes Jahr wieder nach Karlsbad  ." Information. Mein Fräulein, würden Sie die Meine Mit Freuden!"

werden 2"-

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" Ich wollte mich nur über das Angebot vergewissern, augen. blidlich habe ich keinen Bedarf." ( Lust. Bl.")

Notizen.

Von Max Liebermann   ist eine kritische Studie

Das Gastspiel der dänischen Jbsen Schauspielerin Betty Hennings   im Residenz Theater umfaßt drei Tage und wird jedesmal die Nora" bringen; es beginnt am 26. Oftober. Fällt der Versuch gut aus, dann soll im nächsten Jahr mit standinavischen Künstlern eine größere Rundreise unternommen werden, für die außer Berlin  , München   und Wien   noch Paris  , Brüssel, Amsterdam   und London   in Aussicht genommen find.

Der angebliche Schönheitsfehler des Weibes. In einer Socialanthropologischen Studie", die von der Zeitschrift für Morphologie und Anthropologie"( Verlag von Erwin Nägele in Stuttgart  ) veröffentlicht worden ist, worden ist, kommt der Straßburger Professor der Anatomie Dr. Wilhelm figner auf ein Thema zu sprechen, das wohl wert ist, auch einmal in das breitere Licht der Deffentlichkeit gerückt zu werden. In Werken über Kunst, Aeſthetik, Philosophie usw. begegnet man nicht selten Aussprüchen, die, so befremblich sie an und für sich dem Leser erscheinen mögen, doch durch die Sicherheit, die Unfehlbarkeit, mit der sie vor getragen werden, überzeugen, und auch von denen, die es wissen tönnten, ohne weitere Prüfung als bare Münze hingenommen und weitergegeben werden. Das gilt namentlich auch in Bezug auf die Anatomie, in der nur zu gern ein Dilettantismus schlimmster Art oft genug sich breit macht. Einen sprechenden Beweis dafür bietet Arthur Schopenhauer   in seinem vielangeführten Sage aus Parerga und Paralipomena  " über das Weib: Das niedrig gewachsene, schmalschulterige, breithüftige und furzbeinige Geschlecht das schöne nennen, konnte nur der vom Geschlechtstrieb ummebelte über Jozef Israels   bei Bruno Cassirer  ( Berlin  ) erschienen. männliche Intellekt." Pfigner fommt zu dem Ergebnis, daß, wenn wir in angeborener Selbstüberhebung" den Mann als die Norm der Schönheit ansähen, beim Weibe das untere Ende des Rumpfes um 1/2 Prozent der Körperlänge zu tief liege, was bei einer mittleren Statur von 155 Centimeter weniger als 8 Milli­meter ausmache. Ist es nun denkbar", fragt er mit begründetem Spott, daß eine Figur von 155 Centimeter Höhe deswegen einen un­proportionierten Eindruck mache, weil ihre Hauptteilung 3/4 Centimeter tiefer liegt als bei einer schönproportionierten ist das Künstlerauge so scharf, diese Differenz überhaupt herauszuspüren? Oder der andre Einwand: Man behauptet, im Sigen erscheine das Weib größer als im Stehen, weil seine Beine im Verhältnis zur Stammlänge zu kurz feien. Um wie viel sind sie zu kurz? Im Mittel um 15 Millimeter und das ist weniger als die Breite des Kleinen Fingers einer schlanken Hand." Auf diesen verschwindend kleinen Unterschied, der für das Auge taum wahrnehmbar sein kann, hat Larisch Der Nürnberger Lehrer Gebhard, der sich zum nun die tollsten Schlüsse aufgebaut, indem er dem Weibe Opernsänger ausbildete und in Köln   schon mit Erfolg auf unterstellt, daß es von jeher darauf ausgegangen sei, diesen getreten war, mußte wieder in den Schullehrerdienst Mangel aufs vollkommenste zu verbergen. Das sei nämlich zurüd tehren. Ein zweijähriger Urlaub, um den Geb durch die Schaffung der langen Gewänder und durch Schaffung einer hard nachgesucht hatte, wurde verweigert. tünstlichen Gliederung der Natur durch Erfindung der Taille und des Korsetts geschehen. Dieser Gedankengang habe, meint Pfitzner, etwas ungemein Bestechendes; denn er stimme so recht zu der Spezifischen Natur des Weibes, mit glücklichem Instinkt und an­geborener praktischer Begabung das nächstliegende, einfachste und zu gleich rationellste Mittel zu wählen. Schade mur, daß er trotz alledem falsch ist. Weit eher fönnte man annehmen, daß die Einsicht von jenem angeblichen Schönheitsfehler zur Erfindung der hohen Absätze, der Stöckelschuhe geführt habe. Aber auch davon kann keine Rede sein. Auf Grund umfangreicher Messungsergebnisse führt Profeffor Psigner viel mehr den Nachweis, den er überraschend und für den männlichen Eigen Verantwortlicher Redacteur: Carl Leid in Berlin  .

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Ein abendfüllender Cyklus von vier Einattern Arthur Schniglers ist vom Deutschen Theater zur Aufführung angenommen worden. Der Cyflus foll bereits im November in Scene gehen.

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Rudolf Christians   scheidet im Herbst 1903 aus dem Verbande des Schauspielhauses aus. Christians hat sich Direktor Heinrich Conried   in New York   verpflichtet; er wird für neun Monate im Jahr eine Gage von 40 000 m. erhalten.

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Die Ausstellung in Darmstadt   schließt mit einem Defigit von 170 000 m. ab, für das die Garantiezeichner auf kommen müssen.

Die Göttinger tönigl. Gesellschaft der Wissenschaften stellt für das Jahr 1908 eine Preisaufgabe, in der gewünscht wird: eine auf Beobachtung der überlieferten Tegte gegründete, auf die Erkenntnis des historischen Zusammenhanges gerichtete Untersuchung der wichtigsten im lesbischen und jonischen Liede, der chorischen Lyrit und den lyrischen Zeilen des Dramas angewendeten metrischen Formen unter Berüc fichtigung der hellenistischen   und der älteren römischen Poefte. Der Preis beträgt 1000 m.

Drud und Verlag von Mag Bading in Berlin