Unterhaltungsblatt des Vorwärts
9. 218.
7]
Trelly.
Donnerstag, den 7. November.
( Nachdruck verboten.)
Aber wie?" fragte der Lehrer verblüfft. „ Eigentlich mit dieser Flint'", entgegnete McKinstry mit Ernst und Würde und zeigte auf das Gewehr in seiner Hand, ,, denn ich bin ein bißchen hikig. Ich ließ dem alten Davis sagen, wenn ich Seth und Cressy wieder zusammen säh', dann schösse ich ihn nieder. Deswegen haben wir uns' n bißchen erzürnt, und das hat dann wieder die Harrisons gefreut; aber ich denk', auch das Gesetz läßt mir meine Vater rechte. Und nun sagte Cressy, wie der Seth aus dem Wege ist, da könnt' sie wieder in die Schule gehen und noch mehr Bildung lernen. Und ich denke, sie hat recht. Und wir beide dachten, weil sie aus der Schule gegangen ist, die feinen Kleider zu kaufen, da wär's ganz in der Ordnung, daß die Schule nun auch' was davon hab'".
Die Sache erschien immer verzweifelter. Der Lehrer wußte, daß der Mann neben ihm einen zweiten Einwurf von feiner Seite nicht so ruhig aufnehmen würde. Allein vielleicht gerade das veranlaßte ihn, jetzt, da er die Gefahr kannte, noch mehr dies für seine Pflicht anzusehen, und sein Stolz empörte sich dagegen, daß hinter Mc Kinstrys Bekenntnissen eine Drohung versteckt liegen könnte. Dennoch begann er voll Nuhe:
-
Werden Sie es aber auch nicht bedauern, daß Sie diese durch den Bruch des Verlöbnisses und die Ausstattung Ihrer Tochter gebotene Gelegenheit nicht benützt haben um sie in einem größeren Pensionat in Sacramento oder San Franzisko unterzubringen? Glauben Sie nicht, daß es ihr Tangweilig sein und sie der Gesellschaft bloßer Kinder müde werden wird, nachdem sie bereits erfahren hat, wie an genehm-" er wollte sagen„ ein Liebhaber", befann sich indes und fügte hinzu: einem jungen Mädchen die Frei heit ist?"
-
-
1901
Vertrauen nicht offenbaren. Er gab sich zufrieden mit dem ebenso schwächlichen Auskunftsmittel schwacher Menschen in solchen Fällen gutmütigem Gehenlassen. Gut," sagte er leichthin, ich werde sehen, was sich thun läßt. Aber werden Sie auch allein nach Hause gehen können? Soll ich Sie begleiten?" Als Mc Kinstry das mit einer Geberde ablehnte, fügte er, wie um der Unterredung ein Ende zu machen, hinzu:„ Ich werde Ihnen von Zeit zu Zeit Bericht erstatten, wenn's Ihnen recht ist."
"
"
Mir," betonte Mc Kinstry, aber nicht da unten," fuhr er mit einer Handbewegung nach dem Ranch fort. Bielleicht ists Ihnen recht, wenn ich mal beim Vorbeireiten an der Schule ins Fenster sehe? Ah- Sie wollen nicht," AH setzte er hinzu und sein Gesicht färbte sich dunkler.„ Na, meinetwegen."
,, Sie werden einsehen, daß das die Kinder bei der Arbeit stören würde," erläuterte freundlich der Lehrer, dem es durch den Sinn ging, welch unendliches Vergnügen das gerötete, einfältige Gesicht Me Kinstrys am Fenster dem kleinen Hans Filgen bereiten würde.
„ Schad't nichts," gab Mc Kinstry gedehnt zurück. Rommen Sie mit nach dem Hotel,' nen Schluck zu trinfen?"
" Ich möchte Sie nicht einen Augenblick länger Ihrer Frau entziehen," sagte der Lehrer mit einem Blick auf die verwundete Hand des andren. Danfe sehr. Adieu."
"
-
"
an Wie
Sie schüttelten sich die Hände, wobei Me Kinstry sein Gewehr unter den Arm schob, um die gesunde Hand hinreichen zu können. Der Lehrer sah ihn langsam den Weg nach dem Ranch einschlagen. Mit einem Gefühl, halb unruhig, halb angenehm, daß er einen Schritt gethan, dessen Folgen wichtiger waren, als er in Augenblick übersehen konnte, wandte er sich in entgegengesetzter Richtung dem Schulhause zu. in So Gedanken versunken war er er, daß Onkel Ben erst dachte, als er dort angekommen war. Me Kinstry es einst gethan, näherte er sich dem Hause durch das Dickicht an der Hinterseite und schlich sich ans Fenster, um einen Blick hineinzuthun. Aber fern davon, die Stille " Herr Ford", entgegnete Mc Stinstry, der in seiner und Abgeschiedenheit zu zeigen, welche den wilden Sinn Mc schwerfälligen Einseitigkeit den Gedanken des Lehrers nicht Kinstrys so seltsam berührt hatte, tönte das Schulhaus wieder schnell genug zu folgen vermochte, wenn ich eben sagte, wie von den lauten Scheltworten einer jugendlichen Stimme, der ich in Ihre stille, friedliche Schule sah, das schien mir kein jenigen Rupert Filgens, welche scharf an das Ohr des Lehrers Platz für Cressy, so wollte ich damit nicht sagen, daß ihr schlug. so' n Plaz nicht dienlich wäre. Was sie nie als kleines Mädchen bei mir und meiner Alten gefunden hat und nie in' nem Pensionat finden kann' ne Stelle, wo sie Kind ist; die Luſt am tindischen Spiel und das findliche Wesen, die sind ihr aus dem Reisewagen auf den Prairien verloren gegangen oder in St. John zurückgeblieben. Sie war ein erwachsenes Mädel, das heiraten konnte, aber ein Kind ist sie nie gewesen. Die jungen Kerls haben ihr die Cour geschnitten, aber gespielt, wie es Knaben und Mädchen thun, hat sie nie. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß Blair Rawlins' Tochter es nicht verstanden hat, ihrer Tochter ' was Bess'res beizubringen, denn sie hatte genug mit mir zu thun. Wenn's Ihnen also recht ist, Herr Ford, wollen wir über' ne große Schule nicht weiter reden; ich möchte lieber, daß Cressy wie ein fleines Mädchen ist unter den andern Kindern. Mir wär' ein gut Stück wohler, wenn ich wüßte, daß sie mit Ihnen dasigt und den Vögeln und Bienen und Ihnen zuhört, wenn ich fort bin hinterm Vieh her oder mich mit den Harrisons herumraufe. Vielleicht hat's hier zu viel Zänkerei gegeben, seit sie kind war, vielleicht muß sie auch mehr wissen als ein Bursch, der ihr die Cour schneidet und sich für sie rauft."
-
-
,, Sie brauchen gar nicht Dobell oder Mitchell gegen mich auszuspielen verstehen Sie! Was wissen Sie denn von den beiden, was? Sehen Sie' mal Jhr Geschreibsel an. Wenn Hans das nicht besser fertig friegt, dann gäb's Haue. Natürlich ist's die Feder nicht Ihre steifen Finger- Gott bewahre! Sie verlangen wohl die schönsten Federposen und goldene Federn für zwei Bits die Stund '? Ich will Ihnen ' was sagen! Hol' der Henker Ihren ganzen Kontrakt! Da ist schon wieder' ne Feder entziei! Sie sollten lieber' n Baumpfahl in die Hand nehmen!"
Der Lehrer trat vorsichtig ans Fenster und schaute ins Innere. Einer wunderlichen Eingebung folgend hatte der fchöne Rupert Onkel Ben dazu veranlaßt, vor einem der tleinsten, wahrscheinlich seines Bruders, Tische auf der Erde Platz zu nehmen in einer Stellung, welche seinen Ellenbogen genügend Raum ließ zu allen Verdrehungen, wie sie bei angehenden Schriftgelehrten üblich sind, und wobei sein junger Lehrer ihn überragte, so daß er auf seinen großen Schüler herabschießen konnte wie eine boshafte, aber graziöse Elster. Was dem Lehrer aber am meisten ins Auge fiel, war, daß Onkel Ben, ohne das Unwürdige seiner Lage zu empfinden, seinen Quälgeist nicht nur mit unverwüstlicher Laune, sondern mit unverhohlener Bewunderung betrachtete und nicht die geringste Neigung zeigte, seinen Verzicht ernst zu nehmen.
Immer langsam voran, Rup," sagte er launig,., Du bist ja auch' n mal flein gewesen. Natürlich steh' ich für allen Schaden ein. Das nächste Mal bring' ich mir meine eigenen Federn mit."
Der Lehrer schwieg. War dieser einfältige, schwerfällige Raufbold auf eine Wahrheit gestoßen, welche ihm mit seinem schärferen Verstand niemals gedämmert hatte? Einen Augenblick schwankte er; Sann fiel ihm Cressys neueste Liebelei mit Joe Masters ein, mit dem sie vor ihrer Mutter hinterm Berge hielt. Hatte sie auch den Vater getäuscht? Oder täuschte ihn der Vater mit seinem wechselweisen Hervorkehren von Drohung und Freundlichkeit Kraft und Schwäche. Mit der schwächlichen Er nahm die Feder zwischen die Zähne, stellte sich langSophisterei des Chnikers mißtraute er dem Guten, das seinem sam auf seine Füße, beschattete die Augen und blickte aus Steptizismus unverständlich war. Dennoch mochte er, wenn einer Entfernung von sechs Fuß bewundernd auf sein Werk er die schlummernde Wildheit des Mannes an seiner Seite herab. Die Hände in den Taschen und den Rücken dem und dessen verwundete Hand betrachtete, seinen Mangel an Fenster zugekehrt, that Rupert mit spöttischer Miene dasselbe.
-