Anterhaltungsblatt des Vorwärts

Nr. 229.

Sonntag, den 24. November.

( Nachdruck verboten.)

echtem Gold. Sie wollten nach Sakramento machen."

1901

Hochzeit

18]

Trellfy.

Roman von Bret Harte .

Da Seth augenscheinlich die Absicht hatte, ihr in den Weg zu treten, blieb sie stehen und erhob warnend die rechte Hand. Trotz des Tuches und der Haube lag in ihrer Haltung eine gewisse Würde. Worte, die nicht mehr zurückzunehmen find, Seth Davis," sagte sie hastig, find zwischen Ihnen und meinem Mann gefallen. Aus'm Weg also, damit ich

vorbei kann."

"

,, Aber nicht zwischen Ihnen und mir, Tante Rachel," sagte er mit bittender Stimme, indem er die altgewohnte Anrede brauchte. Gegen Sie hab' ich nichts Gegen Sie hab' ich nichts- und das kann ich beweisen durch das, was ich Ihn'n sagen wollt. Ich komm' nicht mein'twegen, denn was mich und Euch alle angeht," fuhr er mit bösem Blick fort, da giebt's in ganz Kalifornien nicht Gold genug zu dem Ehering, der mich und Cressy zusammenhalten könnt. Ich wollt Ihn'n bloß sagen, daß Sie betrogen und zum Narren gemacht werden. Während Sie in die Kirch' rennen und Hiram sich mit Pa rumbalgt und Joe Masters herumlungert, und mit jedem hingeworfenen Knochen zufrieden ist, hat der niederträchtige, scheinheil'ge Yankeeschulmeister Ihre Tochter im Arm."

an.

" Du berlog'ner Bengel," rief Seth und faßte ihn hart Doch Frau Me Kinstry legte sich ins Mittel. ,, Lassen Sie den Jungen los," sagte sie mit funkelnden Augen. Ich habe mit Ihnen zu reden."

Seth ließ Hans fahren. Das ist' n Unsinn," warf er er ist von dem Ford bestochen."

ein, Doch nachdem Hans hinter dem Busch Deckung gefunden hatte, wollte er ihnen noch eine Probe geben mit That fachen. " Ich weiß noch mehr," rief er.

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" Geh weg, dummer Jung'," brauste Seth auf.

,, Scheriff Briggs ist über die Grenz' geritten mit' m Haufen Männer und Pferden," erzählte Haus eifrig, um nicht unterbrochen zu werden. Ich hab' sie geseh'n. Maur Harrison sagt, sein Vater wollt den alten Me Kinstry' raus­iagen. Hurra!" Frau Me Kinstry richtete ihr gebräuntes Gesicht scharf nach Seth. Was sagt er da?"

"

Nichts als Kinderei," antwortete er, halb scheu, halb trohig ihrem Blick begegnend. Und wenn's wahr wär', dann wär's Hiram Me Kinstry ganz recht."

"

"

Aus'm Weg, Seth Davis," rief sie und schob ihn beiseite. Voll Argwohn legte sie ihm die Hand auf die Schulter. " Wenn das' ne Niederträchtigkeit von Ihnen ist, sollen Sie's büßen." Sie ging an ihm vorbei auf Hans zu, der aber bei dem Ei, wenn er's schon weiß und' n Aug' dabei zudrückt? Nahen der großen Frau mit den bösen Augen die Flucht Ei, wenn er damit zufrieden ist, bloß um sich bei den ergriff. Sie zögerte einen Moment, drohte Seth mit der

" Laßt das, Seth Davis," sagte Frau Me Kinstry ernst, oder sind Sie Mann genug, das einem Mann zu sagen? Das ist Hirams Sach'."

verdammten Yankees lieb Sind zu machen?" fragte Seth Hand und eilte in der Richtung nach davon.

boshaft.

Wilder Zorn ergriff Frau Me Kinstry, doch mehr aus banger Furcht wegen ihres Gatten Grundsatlosigkeit, als wegen des Vergehens ihrer Tochter. Dennoch sagte sie ver­weisend:

,, Das ist gelogen. Wo sind Ihre Beweise?" Beweise?" entgegnete Seth. Wer schleicht sich ums Schulhaus und red't heimlich mit'm Lehrer, und wer bringt ihn mit Cressy vor den Leuten zusammen? Ihr Mann. Wer schleicht sich alle Nachmittag' mit dem schuftigen Schulmeister davon? Ihre Tochter. Wer steckt immer heinlich zusammen? Ihre Tochter und der Schulmeister. Beweise?- Fragen Sie jeden. Fragen Sie die Kinder. Sieh da Du, Hans fomm'' mal her."

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Er hatte sich plötzlich nach einem Brombeerstrauch am Wege gewandt, hinter welchem der Lockenkopf Hans Filgens aufgetaucht war. Der aus der Schule heimkehrende Junge legte sorgfältig Tafel, Bücher und seine Frühstückstasche, welche zur Hälfte mit Brombeeren von der nämlichen Unreife wie er gefüllt war, zu Boden und kam heran.

Hier ist' ne Dime*), Hans, da kannst Dir Bonbons kaufen," redete ihn Seth an mit dem Bemühen, sein erregtes Gesicht zu einem Lächeln zu bringen.

Hans Filgens kleine, von den Beeren beschmutzte Hand schloß sich eilig über dem Geldstück.

Nun lüg' nicht. Wo ist Cressy?" ,, Bei ihrem Schak."

dem Grenzlande

Sie hatte der Erzählung des Knaben nicht so viel Glauben geschenft wie den schlimmen Enthüllungen Seths. Wenn irgend eine Nichtswürdigkeit im Gange war, würde Seth, überzeugt von Cressys Untreue und ohne weitere Hoffnung auf die Vermittlung ihrer Eltern, das schon wissen. Wenn Hiram nicht gewarnt worden, stat er noch in seinen albernen Träumen von Verfeinerung. Um diese Zeit war er mit seinen Leuten bei dem Vieh auf der Weide; um sich zu überzeugen, mußte sie selbst nach der Grenze gehen.

Sie erreichte das Wäldchen von Silberpappeln und Sykomoren, und ein paar hundert Meter weiter gelangte sie zu dem sanft nach Süden sich abflachenden Abhange, welcher schließlich in die das strittige Gebiet ausmachende Wiese aus­lief. Trotz Staceys abfälliger Kritik über seinen Wert hatte eine gewisse Ironie der Natur diesen Schauplatz von wildem Hader, Gewaltthätigkeiten und Blutvergießen zu einer eigen­artig friedlichen Landschaft gestaltet. Der sanfte Abhang zeigte fich im Frühling als ein Teppich von himmelblauen Blumen und war später dicht angefüllt mit Mariposas. Ueber die Wiese zog sich in verschiedenen Krümmungen ein Streifen Erlengebüsch, welches einen hier seltenen Wasserlauf andeutete, von dem in der trockenen Jahreszeit nur ein kleiner Teich übrig blieb, in dem der unveränderlich blaue Himmel sich spiegelte. Man hatte keinen Versuch gemacht, die weite Fläche zu bebauen; Sandhafer, Senf und üppiges Gras ließen sie als ein buntfarbiges Meer erscheinen, dessen Wogen so hoch gingen, daß Roß und Reiter davon verdeckt wurden. Selbst die Spuren menschlichen Kampfes, die ausgerissenen Pfähle und umhergesträuten Zaunrefte wurden für immer darunter verborgen. Sumitten der Fläche, in der Nähe des Wasser­laufes stand Me Kinstrys Scheune, deren bauchige Wände das darin geborgene Heu kaum zu fassen vermochten, so daß es Besorgt schaute Frau aus allen Deffnungen hervortrat. Me Kinstry darauf hin. Kein Zeichen von Leben, keine Regung Red nur, Hans, und hab' keine Angst." ließ sich in der Nähe gewahren, wie immer stand das Gebäude Hans hatte keine Angst er dachte nur nach. Nichtig! da, einsam und verlassen. Doch als sie den Blick nach Ihm fiel ein, daß er seinen Prinzen"- den prächtigen rechts wandte, sah sie jenseits des Wasserlaufes, wie das Stacey, eben am Grenzlande her hatte kommen sehen. Was grüne Grasmteer sich regelmäßig bewegte, und was diese Be­war poetischer und effektvoller, als ihn mit Cressy in Ber- wegung hervorrief, erkannte sie aus den breitkrämpigen bindung zu bringen. Prompt antwortete er: Hüten, welche in der Richtung auf die Erlen sich näherten. Er war kein Zweifel mehr, von der andern Seite war eine Menschenmenge im Anzuge.

"

Recht so. Was für' nen Schat." Hans zögerte. Er hatte den Lehrer einmal mit Cressy zusammen gesehen; die andren Kinder hatte er unter einander erzählen hören, daß sie sich liebten. Aber als er Seth und Frau Me Kinstry ausah, fühlte er, daß etwas viel Schlimmeres als das von ihm verlangt würde, und da er ehrlich war und erfinderisch, meinte er, daß das Geld auch verdient werden müsse.

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"

Herr Stacey. Er gab ihr' ne Uhr und' n Ring von

*) Ein Dime= 10 Cents war damals die kleinste Münze in Kalifornien .

Ein Ruf und das Galoppieren von Pferden hinter ihr gab ihr einige Erleichterung. Sie hatte fainn Zeit, beiseite zu