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fommt er wieder und spricht, he wär' dem Lieschen sein! Bräuem und Pfingsten sollt die Hochzeit sein."

Der Flurschütz lachte bitter.

"

Was ein Hafen werden will, krümmt sich beizeiten. ' 3 ist ja ne Sünd' gegen mein eigen Fleisch, aber ich hab' den Bub' nie ausstehn können."

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Der Berliner   Magiftrat hat befchloffen, die von ihm angefertigten Anschauungstarten über die Entwicklungslinien der Arbeitslosigkeit zu vervielfältigen und an alle Arbeitslosen zu Weihnachten zu ver­teilen. Steine Stadtverwaltung hat bisher in so großherziger und vollkommener Weise das Problem der Arbeitslosigkeit gelöst. Die Arbeitslosen beabsichtigen infolgedeffen, den Herren Kirschner und Fischbeck je eine Ehrenschnee- Schippe zu überreichen,

Mittlerweilen hatten sie das Dorf erreicht. Der Säg­müller blieb bei der Krone stehen und sagte, er habe einen Den Socialdemokraten fann man es niemals recht machen. mordsmäßigen Durst, auch gebe er ein Dippchen zum besten. Immer bellagen fich die Genoffen, daß ihre Geguer sich keine Mühe Der Flurschütz lehnte ab, er dürfe die Zeit jetzt nicht geben, sich über das Wesen der Socialdemokratie zu unterrichten. Wenn 11111 aber die Polizei berpaffen, denn der Bürgermeister habe ihn bestellt. Mit und nichts davon verstehen. diesen Vorwurf als berechtigt anerkennt, und ihrerseits die einem Mach's gut!" gingen sie auseinander. informieren, so schimpfen sie wie unfinnig über- Spigel. redlichsten Anstrengungen macht, sich über die Socialdemokratie zu

Der Bettelfaspar schnupperte um des Flurschüßen Gehöft herum. Sobald er ausspioniert hatte, daß der Hausherr abwesend war und die Christine in der Küche schaffte, machte er sich an das Mädchen heran.

Christine, mein Schäßchen, willst Du für einen armen Hungerleider was thun?"

Christine mochte den Strunzer nicht abweisen und gab ihm Speck und Brot. Kaspar sette sofort seine Kauwerkzeuge in Bewegung und quatschte dabei mit vollen Backen:

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Jun

,, Kein besser Leben ist

Auf dieser Welt zu denken,

Als wenn man ißt und trinkt

Und läßt sich gar nichts tränken."

Schade," sagte dieser Tage, im Olymp Meister Phidias zu den Kollegen Michel Angelo   und Donatello  , schade, daß ich auf der Erde keine auffindbare Leichenſtätte habe.

"

Was kann Dir daran liegen," fragten die beiden andern. " Ich hätte mich dann so schön im Grabe herum drehen können."

bemerkte der alte Phidias  .

*

Donna Laura, die Schwiegermutter des Grafen Bülow, be absichtigt sich von dem Reichskanzler scheiden zu lassen. Ich kann nicht mehr mit Dir leben," erklärte sie neulich zornig zu dem un­glücklichen Grafen, denn Du willst ja nicht mehr auf die Stimme des Auslandes hören."

Reinhold Vegas hat eine Lehrstelle für Aesthetit an einem

Den Muffel hinunterschluckend, bat er um ein Gläschen renommierten Töchterpensionat des Berliner   Westens angenommen. Aepfelwein. Christine lachte.

Hent wird nig verzapft."

Schad', sagte der Kaspar, sich auf einem Küchenschemel niederlassend, hätt gern was zum Neden eingenommen." Zum Reden? Du Schelm! Du brauchst Dein Mund stück nicht zu schmier'n."

H's fönnt' doch der Fall sein, wo ich als Freiersmann fonim'."

"

Als Freiersmann?"

Atrat zu Dir."

Sie dachte der will sich ein Späßchen machen und setzte sich lächelnd in Positur. Er aber nahm die Müße ab und sprach:

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In akademischen Berliner   Künstlerkreisen hat es das peinlichste Aufsehen erregt, daß der Nobelpreis für idealistische Kunst an keinen der bei der Siegesallee   beschäftigten Bildhauer verliehen worden ist. Man wird infolgedeffen auf diplomatischem Wege das dringende An­finnen an die schwedische Regierung richten, fünftig das Preisgericht nach Berlin   zu verlegen.

Die socialdemokratische Fraktion wird in der Zollkommission einen Antrag auf hohe Schutzölle für ausländische Orden einbringen, die der Tarif freiläßt.

Das ist endlich einmal eine vernünftige socialdemokratische An­regung. Die inländische blühende Produktion muß in der That gegen die ausländische Schmutzkonkurrenz geschützt werden, die ge­eignet ist, den Wert der inländischen Orden herabzudrücken. Außerdem finden wir es überhaupt in unsrem Zeitalter des nationalen Egoismus nicht hübsch, wenn Minister fremde Orden tragen. Das deutet doch darauf hin, daß sie sich Verdienste um das Ausland erworben haben.

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Mephisto, fagte neulich meine Frau zu mir, als ich sie durch eine Bemerfung geärgert hatte. Du irrft Dich, Kind," berichtigte ich sie, Du meinst Sokrates  ."

"

Geschrieben steht: es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. Dadrüber hab' ich die Tag' mit dem Katzen­hannes gesprochen. Der hat seine achtzehn Morgen Land, könnt' Mädchen haben, soviel er wollt. Lezt ist ihm eine angetragen worden aus Klingenrod mit zehn Stück Vieh. Wann einer was hat, spielt die Aelt' keine Roll'. No ist der Hannes ein pußiger Mensch. Der sitzt bei seinen Rägerchen und denkt: kommt Zeit, tommt Rat. Eg bin ich aber doch einmal hinter ihn gangen und hab' ihn geherigd ausgehorcht. Ja, spricht er, wann dann geheirat' werden soll, die Christine Die nationalliberale Partei wird demnächst zum Katholicismus beim Flurfchük, die wär' mir recht. No, sprech' ich, soviel ich übertreten. Spahn wird die Taufe vornehmen und Paasche der das Mädchen kenn', die schlägt eine gute Versorgung nicht Papft des nationalliberalen Katholicismus werden. aus. Wann Dir's recht ist, geh'n ich als Freiersmann. He sagt ja. Ez bin ich da und sprech': Der Johannes Schäfer hält um Dich an und steht Dir bei in Kreuz und Leid. Bist Du's zufrieden, gilt der Verspruch."

( Fortsetzung folgt.)

Bonntagsplanderci.

Vermischte Nachrichten vom Tage.

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" Der Parlamentarismus ist auf dem Marsche," so erklärte unser Freund Schuhmeier in östreichischen Abgeordnetenhause. Erschrocken über die Kühnheit seiner Behauptung stotterte er bei dem legten Worte ein wenig. Von diesem Stottern hat man dann viel Wesens gemacht, und man fand den Zwischenruf nicht geledt genug.

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Bei einer der Geisterfeancen der Potsdamer Aristokratie erschien neulich auch der Geist des Nitters Götz von Berlichingen   mit der gepanzerten Fauft. Was hältst Du von uns und unsrer Zeit fragte den Geist der Baron von Spirituffelig. Da machte Herr Göz eine schenfälige Geberde und rief in die Gesellschaft donnernd sein berühmtestes, jest parlamentarisch gewordenes Wort. Alles wurde entgeistert, die Gräfinnen fielen in Ohnmacht und die Frei­fräulein erröteten sogar im Dunkeln.

Aber habt Euch nicht so, Kinder", schrie der Geist verwundert, ,, die ollen Griechen nannten auch ihre Venus- Kallipygos und das war doch das Hehre, das Ideale!"

Berliner   Geschäftsräumen der Bibelgesellschaft sämtliche Bibeln, jogar Die Polizei hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft soeben in den die für Blinde gedruckten, in Beschlag genommen. Die Konfiskation geschah auf Grund des§ 130 der Strafgesezgebung: Aufreizung ver­schiedener Bevölkerungsklassen zu Gewaltthätigkeiten.

Inkriminiert find besonders folgende Stellen:

Amos 2, 6, 13. 14; Sie treten den Kopf der Armen in Kot und hindern den Weg der Elenden Ciche, Ich will's unter euch fuarren machen, wie ein Wagen voll Garben knarret, daß der, so schnell ist, font nicht entfliehen, noch der Starke etwas vermögen, und der Mächtige nicht soll sein Leben erretten können. Amos 5, 7 und 21: Die ihr das Recht in Wermut ver fehret, und die Gerechtigkeit zu Boden stoßet Ich bin curen Feiertagen gram, und verachte sie, und mag eure Versammlungen nicht riechen.

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Amos 6, 3 ff.: Die, ihr euch weit vom bösen Tag achtet, und trachtet immer nach Frevelregiment; und schlaft auf elfen beinernen Lagern, und pranget auf euren Ruhebetten. Und trinket Wein aus den Schalen, und salbet euch mit Balsam, und bekümmert euch nicht um den Schaden Josephs. Darum sollen sie nun vorn angehen unter denen, die gefangen weggeführt werden, und soll das Schlemmen der Pränger aufhören... Denn ihr wandelt das Recht in Galle  , und die Frucht der Gerechtigkeit in Wermut. llud tröstet auch des, das so gar nichts ist, und sprach: Sind wir denn nicht start genug mit unsern Hörnern."

Auffassung gegen den Bolltarif der Regierung aufreizen. Alle diese und viele andre Stellen sollen nach staatsanwaltlicher

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lehen begeben, um dort das Weihnachtsfest zu feiern. Chamberlain und Eduard VII  . haben sich nach Beths

Joc.