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( Nachdruck verboten.)
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boch nicht.
" Eh sperr Dich doch nicht, Christine, und komm." Nein, Konrad, ich geh'n nicht aus dem Haus." " No guck eins so eine Harttöpfigkeit." Ste lächelte.
' s muß halt auch Hartköpf' geben."
Er ließ nicht nach, sie blieb bei ihrer Weigerung. Da zog er endlich traurig ab, die Kirmesfreude war ihm verdorben.
"
In der blizzblanken Stube saß Christine im Feiertagsfleid. Die ganze Woche über hatte sie unmenschlich geschafft und das Unterste im Haus zu oberst gekehrt. Man konnte nicht wissen, es kam Besuch. Da sollte niemand die Nase Der Flurschütz hatte unterdessen mächtig gepafft und rümpfen. nicht das mindeste dreingeredet, doch konnte man in feinem Der Flurschütz hatte dieser Generalreinigung ftillbergnügt Gesicht lesen, wie angenehm ihn des Mädchens entschiedene zugeschaut. In ihrer Puzwut glich die Christine seiner Marie Haftung berührte. Kaum war der schöne Konrad gefelig. Die faß hier freilich in ihrem Eigentum und wußte, gangen, wurde er mit einem Male redsprächig und erging für wen sie sich abrackern that. Ja, wußt's denn die Christine sich in heitren Erinnerungen an die Kirmesfeste während egern nicht? Er lachte behaglich vor sich hin. Sie war num feiner Burschenzeit. Selbigmal war's gemütlicher wie jetzt, bald ein Jahr in seinem Dienst und galt ihm längst nicht wo alles einen neumodischen Anstrich hatte. Aus der mehr als Magd. Sie führte das Regiment wie die leib- Mitte der Dorfjugend heraus wurden neun Plazburschen" hafte Frau. Nur daß sie für sich in ihrer Kammer fchlief. gewählt, die den Wirtschaftsbetrieb auf eigene Faust überIn ihrer Gescheidigkeit hatte sie ihn rein ausgeeckt, brauchte nahmen und auch für die Musik aufkommen mußten. Ein ihn bloß anzugucken, um auf die Sekunde auzusagen, Hauptspaß war, wenn die Plazburschen auf einem mit was die Uhr bei ihm geschlagen hatte. Du Racker, dachte vier Pferden bespannten Wagen in der Stadt das Kirmeser oft bei sich, du bist mit allen Salben geschmiert! bier holten. Ein Vorreiter mit langen, weißem Rittel, Und ihre Art gefiel ihm so wohl, daß er danach roter Weste und Stulpenstiefeln ritt voran. In der Stadt Verlangen trug, alles vor ihr abzuladen, was ihm wurden die Pferde ausgeschirrt. Der Bierbrauer lud zu auf den Herzen lag. Als Flurschütz stand man gesondert einem Fäßchen ein und setzte ein zweites und drittes darauf. von den Bauern. Mischte man sich unter die Kleie, fraßen Die Ausgelassenheit war unbeschreiblich. Zuweilen gab's einen die Säue. Alleritt Respekt vor der Feldpolizei! Das auch eine Prügelei. Spät abends trat man die Rückfahrt Amt brachte Aergernis und Verdruß. Da lief einem manch- an. Das ganze Dorf war aufgeblieben und begrüßte die mal die Galle über. Und alles so in sich hineinzufressen, Heimkehrenden mit lautem Hallo. Den fonntäglichen Kirmesdas hätte ihn ganz verzwerbelt gemacht. Er mußte seine zug eröffnete der Hammelleiter mit einent feisten Hammel. Aussprache haben. Sie hatte eine feine Manier, ihn geruhig Auf dem Hammel ruhten begehrlich aller Augen, denn er zu machen, wann's bei ihm überkochte. Das Higköpfige riß wurde später herausgespielt und dem glücklichen Gewinner ihn leicht mit fort. Betrachtete er's von allen Seiten, so mit Musit ins Haus geführt. Während der Kirmeszeit war war's gottseben für ihn ein Glück, so ein umgänglich Frauen es den Plazburschen verboten, ihr Bett zu berühren. In bild um sich zu haben. einer Stube wurde Stroh geftrent, darauf sich Plazzburschen und Musikanten lagerten. Aber wehe dem, der sich heimlich in sein Quartier entfernte, er wurde in aller Frühe mit derben Schlägen aus den Federn getrieben und angeseilt von Zweien fortgeführt. Ein schöner Brauch war auch verschwunden, die Kirmes am Dienstag zu begraben. Die Burschenschaft zog vor das Dorf, alter Rochtopf wurde in die Erde verscharrt, wobei ein Schalk die Grabrede hielt. Die Musik spielte einen Trauermarsch, und friedlich ging man auseinander.
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Auf der Schleifwiese jubilierte das junge Volf. Verhalten flang die Tanzmusik herüber. Den Kopf zurück gebogen lauschte Christine und ihre Augen leuchteten auf. Einer wunderlichen Vorstellung gab sie Raum: Der Jakob war zurückgekommen und sah gar hübsch und stattlich aus. Sie gingen mitsammen in die Krone und führten einen Schwälmer auf. Die ganze Bauerschaft guckte zu. Pozz tausend! Was die zwei hopfen konnten. Und die Burschen sangen im Chor dazu:
Seng der da die Hosebängel Länger bi die Strempe, Es der da des rechte Ben Kärker bi des lenkte."
Jegt tanzte jedes ein Weilchen allein, dann wieder rechtsum, linksum als Paar, dingel ringel hopsasa! Das Herz hüpfte ihr vor Freude im Leibe. Jakob, Jakob, bist wieder da!
Sie fuhr zusammen.
Liebes Gottchen! Was waren das für Hirngespinste. Für fie gab's keinen Jakob mehr, für sie waren Kirmes und Tanz borbei.
Der Flurschütz saß, seine Pfeife schmauchend, am offenen Fenster und sah verstohlen zur Christine hinüber. Die bunte Tracht stand ihr gut zu Gesicht. Für wen hatte sie sich so herausgepukt? Ob sie heut auf die Wiese ging? Tanzburschen fanden sich genug. Ein bitteres Gefühl stieg in ihm auf. Es hätte ihm den Tag verdorben, sie um den Kirmesbaum fliegen. zu sehen. Ei, ei, war er gar eifersüchtig? Narrenpossen! Wer sprach von Eifersucht? Nur, weil sie sonst nicht gelüftrig war und mit ihrer Gesetztheit in den Spektakel nicht paßte. Uebrigens hatte sie ihren freien Willen. Mochte sie immer zum Tanzen gehen. Er war der letzte, ihr's zu verwehren.-
Jemand kam die Straße herauf und schwenkte von fern schon lustig den Hut. Es war des Sägmüllers Oberknecht, der schöne Konrad, in vollem Wichs. Nun stolzierte er in die Stube herein: einer von den hochgewachsenen, sehnigen Burschen, wie sie im Hessenland häufig sind. Dem Brauch gemäß jezte ihm Christine Kuchen vor und schenkte ihm ein Glas Aepfelwein ein.
Der schöne Konrad hatte ein Auge auf die Christine und brachte gleich sein Anliegen vor. Sie solle seine Tanzmagd sein, jezt komme man noch gerade recht.
" Ich hab' Dir's vorgest' schon gesagt," beschied ihn die Christine freundlich, ich mach' hau' keine Kirmes mit," Der Konrad wollte keine Ausflucht gelten lassen.
So erzählte der Flurschüß in breitem Erguß. Christine lauschte mit halben Ohr, denn ihre Gedanken waren ganz wo anders. Der Nachmittag dünkte ihr endlos lang.
Gegen abend richtete sie das Essen, heute lauter Leckerbissen. Der Flurschüß ließ sich wohl sein dabei und schmauste wie gewöhnlich für zwei.
Nun wischte er sich übersatt den Mund und setzte die Pfeife wieder in Brand. Die Christine saß ihm gegenüber. So geschnazzig hatte sie nie ausgeschaut. Und die schwarzen Guckelchen und das feine Geficht: da wurde einem ganz artlich zu Mut. Auf der Schleifwiese hätte sie das Geriß gehabt. Dagegen verzichtete sie auf Trubel und Tanz und leistete lieber ihm Gesellschaft. Sie spürte, daß sie zu ihm gehörte. Das Herz schlockerte ihm wie vor dreißig Jahren. Ja, auf was wartete er noch? Er hätte sie doch nimmer fortgelassen. Die Gelegenheit mußte man beim Schopf erwischen. Er war doch wahrhaftig Manns genug. Wozu das Gezäppel? Jegt frei heraus.
Da legte er die Pfeife beiseite, räusperte sich und sprach: Wie sie gest' abend die Kirmes angespielt haben, sein ich droben auf dem Ribbacherweg gestanden. Gud , wann ich als Mufig hör'n und' s drückt mich was, dadebei werd' ich ganz griebelig. No hab' ich an vielerlei denken müssen und hab' so vor mich hin simeliert: Da sitst Du einzling in Deinem Gehöft, hast Gott sei Dank Dein bißchen Brot. Was thust Du Dir hier als Maulwurfsjäger weh, wo Du für keins zu sorgen hast? Geb' in Gottesnamen den Flurschütz ab. Gönn' die paar Kreuzer einem armen Schlucker. So hab' ich in mich hineingesprochen. Ez mein' ich,' s hätt mir eins zugepispert: Ei, Daniel, hast Du das Zählen verlernt? Wer spricht dann von einzling? Ich schätz', da sein zwei- die Christine und Du.. Wann die Christine allegar bleibt, dernacher überleg' Dir's noch einmal und schmeiß' den Flurschütz nicht so fort."
Er hemmte seinen Redefluß und sah Christine forschend an. Die Christine hatte Grüße im Kopf. Die merkte doch, wohinaus er wollte. Vielleicht, daß sie ihm entgegenkam und