Als ob es daran noch etwas zu sehen giebt!" Frau Lily zuckt verächtlich die vollen Schultern.
Nichts giebt es daran zu sehen, Frau Lily, nichts als eben einen fahlen Baum voller Regentropfen; nur wenn die Sonne drüberläuft, funkelt und bligt er in tausend Farben; es sieht grade aus wie Diamanten, und wenn der Wind die Zweige schüttelt, fällt es herab wie ein Funfenregen." Man kann sich aber das Zeug dabei verderben", sagt Frau Lily, unter nasse Bäume gehe ich nie und am wenigsten im Winter, die Winterhüte sind so empfindlich."
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Kulturgeschichtliches.
br. Apotheken und Destillen". Es ist bekannt, daß in den Einzelstaaten der nordamerikanischen Union , die den Verkauf geistiger Getränke verboten haben, die Apotheken einen zwar geheimen, trotzdem aber schwungvollen Handel mit Spirituosen, die sie natür lich nur zu Heilzwecken führen dürfen, treiben. Aus dem 17. Jahrhundert ist ähnliches auch aus Deutschland zu melden. Der Brannts wein tauchte in Deutschland durch Vermittlung von italienischen Staufleuten im 14. Jahrhundert als Heilmittel auf, in Hessen nicht vor dem Schlusse des 15. oder Idem Anfange des 16. Jahrhunderts. Als früheste Spur des Branntweins in Hessen wird erwähnt, daß 1472 Landgraf Wilhelm„ gebranntes Wasser" nach Rauschenberg geschickt erhielt. In der Gesetzgebung kommt er vor 1509 nicht vor. Auch damals und noch lange Zeit nachher war Und nun sigen Sie hier und sehen auf den See und immer es tein dem Wein und Bier gleichstehendes allgemeines Getränk, wieder auf den See, ist denn das nicht zum Sterben langweilig? sondern Handelsartikel und Medikament, mur wurde er schon früh Wenn ich raussehe, hab' ich doch die Potsdamer Brücke vor mir und mißbräuchlich zu Gelagen und Zechen verwendet. A. Stölzel alle Augenblick ist was anders los und man hört die Elektrischen führt in seiner Abhandlung Wein- und Branntweinschank in Kurbimmeln! Aber Sie hier mit dem See... Da würde ich melan- hessen " eine Reihe dieser zum Teil schwere Strafen auflegenden cholisch! Immer dasselbe!"
Hm, ja, Frau Lily, das sind sie freilich!" Frau Lily betrachtet ihre Fußspigen und bohrt mit dem schmalen Ladsticfelchen in den weichen Teppich. Für Winter- Waldwege wären die nicht gemacht!
" Immer dasselbe, Frau Lily! Sehr richtig!"
" Im Sommer, ich sage ja, wenn noch Sommer wäre, da ist mal' ne Regatta und die Dampfer fahren, und man hört die Menschen singen und lachen. Aber jetzt das Einerlei.
Und Fran Lily sieht durch das Fenster hinaus
" In der That Frau Lily, ein schreckliches Einerlei so ein See! Immer dasselbe Bild! Wenn die Sonne lacht liegt er blau und still. ein einziger fristallklarer Spiegel. Wenn der Sturm ihn fegt, bäumt er sich auf und die Wogen sprühen weißen Schaum und jagen und überſtürzen sich. Immer dasselbe: ist kein gutes Wetter, ist sicher schlechtes."
Und im Winter ist meistens schlechtes," seufzt Frau Lily in inniger Teilnahme, nein ich sage, wie man nur hier draußen bleiben kann! Und wenn es mm erst gar noch friert!"
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Als ob es nicht schon gefroren hätte, Fran Lily! Wenn auch nicht bei Euch da drin in der Stadt, hier draußen doch! Als wir eines Morgens erwachten, trieben auf dem Wasser weiße Schollen, und sie trieben und schoben und stießen aneinander mit dumpfem Klang, und rundumher stand der Wald im Raubreif, silberübersponnen, märchengligerud. Jeder Baum eine Riefenkoralle, jeder Wipfel verloren in blauweißen flimmernden Dunst. Große Vögel famen von den Bergen und strichen flügelschlagend durch die Luft, und die Sonne stieg auf aus Gold und Purpur und warf über all die weiße Pracht ein weites, goldnes Strahlennek! Und nächstens wird der See zu sein, Frau Lily, und wir werden den Stahlschuh an die Sohle schnallen und drüber hinfliegen, vom Sturm getrieben!"
„ Aber elektrisches Licht brennt nicht dazu", trotzt Frau Lily,
und falt muß es denn auch werden; o Gott, o Golt, ich wette, Sie stecken zwanzig Breßkohlen in den Ofen und haben das Zimmer noch nicht warm. Wie werden Sie den Winter überstehen?"
"
Als ob der Winter noch lang ist, Fran Lily! Nächsten Monat ist ja schon Februar, da blühen im Garten die Schneeglöckchen, und dann kommt der März und der April und die Kaffeeküchen thun fich auf, das Karussell und die Rutschbahn geht! Und der ganze Wald ist voller Berliner! Dann giebt es wieder etwas zu sehen!"
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Volkskunde.
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Verordnungen an: so wurde 1622 und 1656 Branntwein aus Frucht zu machen hinfüro gänzlich verboten". Die Kirchenordnung von 1657 dagegen will des Sonntags nur die„ Weinkeller, Apotheken und Bierschenken" zugehalten haben und kein Gesaufe unter dem Gebete gestatten. Der fürstliche Befehl vom 28. September 1672 findet, daß gegen die früheren Sabbathordnungen in denen Wein, Branntwein, Bier- und andren Wirtshäusern, Kellern und ver dächtigen Orten", sogar in den Apotheken Gäste gesetzt werden, und schärft das Verbot eiur.
1795 heißt es in einem amtlichen Aktenstücke:" In den älteren Beiten war Wein der einzig bekannte potus hilaritatis( Trank der Heiterkeit), der Brannt: vein höchstens in Apotheken bekannt. Das sind ganz bekannte Dinge. Die Zeiten haben sich indes verändert und hat der Branntwein nunmehr den Wein verdrängt.
Heute sind die Apotheken in Deutschland nicht mehr in Ver fuchung, Branntwein zu Trinkzwecken zu verkaufen, denn Gelegenheit zum Branntweintrinken ist in überreicher Weise vorhanden. Der Staat und das Reich ziehen aus demselben großen Gewinn, noch größeren die Junker.
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Sumoristisches.
Beim Wort genommen. Schauspieler:... Wit der Gage auszukommen, ist wirklich eine se nnst!" Direktor:" Ich hab' Sie auch als Künstler engagiert!"-
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Stoßseufzer. Moderner Dichter:„ Wenn doch endlich' mal jemand meine Gedichte kommentieren wollte! Ich zu neugierig, was sich die Menschen dabei
wäre
denken!"
-Höchste Eifersucht. Was machst Du denn, Emilie? Du willst mir doch nicht das Bild Deines Gatten aus dem Photographie- Album nehmen?"
„ Nein! Ich will ihm nur einen andern Plaz aniveisen hier zwischen den jungen Damen braucht er nicht zu stecken!" („ Flieg. Bl.")
Notizen.
-Johannes Schlaf hat ein neues Schauspiel„ Elfchen" geschrieben; das Stück spielt im Jahre 1848.-
Adolf Klein ist auf weitere sechs Jahre dem LessingTheater verpflichtet worden.-
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neue Wiedertäufer Sette an Wolga . Im Globus " erzählt N. v. Seidlig nach einer russischen Quelle: Das große, etiva 50 Werst westlich von der Wolgastadt Wolst, unfern der von dort nach Riasan führenden Eisenbahn im Gouvernement Ssaratow gelegene Dorf Kriashin ist seit den siebziger Jahren des jüngstverflossenen Jahrhunderts zum Schauplag einer höchst eigentümlichen Sette geworden, Die Neue Bühne", deren Vorstellungen an Nachmittagen welche hierher von den Bauern Sinowjew und Filatow ein im Neuen Theater stattfinden werden, wird noch in diesem Monat geführt wurde und den Namen der Beretreftichenzy" in ihrer ersten Vorstellung zwei Stücke von Herbert Eulen( Wiedertäufer) führt. Filatows Schivester Jrina, fein Genüge findend berg Apollo und Thespis " und Münchhausen" an der Taufe, mittels welcher ihr Bruder die von der rechtgläubigen bringen. Kirche Uebertretenden in seine Gemeinde aufnahm, gründete ihre Dr. Martin gidel ist als Oberregisseur an eigene Sette. Ein jeder Adept mußte wiedergeboren werden, wozu Bolzogens Buntem Theater" engagiert worden. an erster Stelle eine besonders auserwählte Hebamme geladen Das Trianon Theater", aus dem Bierbaum wurde, welche die zur Geburt nötigen Gegenstände vorbereitete, so: bereits geschieden ist, wird in den nächsten Tagen zum zweitenmal Lebenden und wieder zu den lieben Wäsche, Windeln, Seife, Waschbecken und dergleichen mehr, worauf eröffnet" werden Irina ein weites und langes weißes Hemd anthat und sich mitten Liedern" zurückkehren. auf der Diele niederlegte, Kandidat worauf der Wolzogen will am 18. Januar in seinem Bunten Wiedergeburt sich von Kopf zu Fuß entblößte und unter Theater eine leberbrettl- Substriptionsredoute das Hemd kroch. Unterdessen stöhute, ächzte Irina, und die veranstalten. Eintrittskarten kosten 10 M.( Künstlerkarten 5 M.); Hebamme arbeitete und mühte sich um sie ab wie um eine für Belegen Logen oder zusammenhängenden Auf wirklich Gebärende. Sobald aber der Geborene heraustam( was Barlettplägen wird eine Extragebühr von 20 m. erhoben. sehr langsam in einer halben bis einer Stunde geschah), rief die diese Weise kann ein neuer Aufschwung des Ueberbrettls nicht auss Wehmutter:" Sie ist entbinden!" aus.„ Dank sei dem Herrn!" bleiben. Bansewein wird nächstens einen bürgerlichen Mittagstisch, rief die Gebärerin, worauf man sie in ein Bett legte. Der Neu- das Trianon- Theater einen Nachmittagsthee veranstalten, die„ silberne geborene" aber lag indeffen auf dem Boden und schrie wie ein Bunschterrine" es mit frischen Puffern" versuchen. Kleines Kind. Dann begann die Wehmutter den kleinen" zu waschen, wickelte ihn und trug ihn mit Hilfe andrer auf den Ofen. Der Neugeborene" mußte in solcher Lage acht Tage verbleiben, sich aus den Händen der Hebamme nähren, am achten Tage fand seine Taufe statt. Darauf trat das Leben in seine Rechte ein.
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An der Wiener Hofoper gelangt demnächst eine Oper von Josef Forster Der tote Manu" zur Aufführung. Der Text ist einem Fastnachtsspiel von Hans Sachs entnommen. c. Wie aus Paris gemeldet wird, ist Raffaels berühmte Madonna des hl. Antonius von Padua von Pierpont Morgan für 2 000 000 m. gekauft worden.
Berantwortlicher Redacteur: Carl Leid in Berlin . Drud und Verlag von Mag Bading in Berlin .